Modeerscheinung

Modeerscheinung
Cartoon aus dem Jahre 1913 zum Diktat der Mode

Mode (v. französ.: mode; aus lat.: modus Art) bezeichnet die in einem bestimmten Zeitraum und einer bestimmten Gruppe von Menschen als zeitgemäß geltende Art, bestimmte Dinge zu tun, Dinge zu benutzen oder anzuschaffen, sofern diese Art, etwas zu tun, nicht von großer Dauer ist, sondern im Verlauf der Zeit infolge gesellschaftlicher Prozesse immer wieder durch neue - dann als zeitgemäß geltende - Arten revidiert wird, sofern sie also zyklischem Wandel unterliegt.

Mit Moden werden also in der Regel eher kurzfristige Äußerungen des Zeitgeistes assoziiert. Vergleichsweise längerfristige Äußerungen des Zeitgeistes, die sich über mehrere Modewellen hinweg in positiver Bewertung halten können, gelten nicht als Mode, sondern als Klassiker.

Jede neue Mode etabliert neue Verhaltens-, Denk- und Gestaltmuster, entweder als neue Optionen (als "Kann" -als neue mögliche Muster) oder als neue Standards (also als "Muss" - allgemein gefordertes Muster - bzw. als allgemein angestrebtes Muster). Jede neue Mode bringt damit neue Wertungen mit sich und bewertet damit auch bestehende Phänomene der menschlichen Umwelt immer wieder neu: Bestimmte Phänomene gelten als modisch, andere als altmodisch, wieder andere als klassisch.

Am häufigsten wird mit Mode die kurzfristig als aktuell geltende Art sich zu kleiden, zu frisieren bzw. nach außen zu geben gemeint. Diese Moden sind Momentaufnahmen eines Prozesses kontinuierlichen Wandels.

Inhaltsverzeichnis

Erweiterte Definition

Soziologisch betrachtet drückt Mode die Normierung gesellschaftlicher Beziehungen, die Zuordnung zu bestimmten Gruppen der Gesellschaft und die Anpassung von Individuen in einem bestimmten Zeitabschnitt aus, sowie den stetigen Wandel dieser Norm, sowie die stetige Infragestellung und die stetige Auflösung bestehender Normen.

Der Begriff beinhaltet folgende Bedeutungsaspekte.

1. etwas, das dem gerade vorherrschenden bevorzugten Geschmack oder den vorherrschenden Überzeugungen entspricht. Es gibt auch wissenschaftliche und intellektuelle Moden.

2. etwas, was gerade üblich ist: Sitte, Brauch, Gewohnheit

3. etwas, was einem ständigem Wandlungsprozess unterzogen ist, einem Wandlungsprozess bzgl. dessen, was in einem gesellschaftlichen Kontext als üblich, vorherrschend oder als dem Zeitgeschmack entsprechend angesehen wird.

Dieser Artikel stützt sich ausschließlich auf diese Definition.

Andere Bedeutungen

Manchmal wird der Begriff „Mode“ auch in anderer Bedeutung verwendet. Diese abweichenden Definitionen werden hier nur erwähnt, aber nicht im Rahmen dieses Artikels verwendet:

  1. „Mode“ wird umgangssprachlich häufig synonym mit „Kleidung“ verwendet
  2. „Mode“ als Verkürzung des Begriffs „Kleidermode

Abgrenzung von anderen Begriffen

Mode und Kleidung

Auch wenn umgangssprachlich „Kleidung“ und „Mode“ oft synonym verwendet werden, ist eine Abgrenzung beider Begriffe von einander zu empfehlen. Kleidung kann nicht nur unter dem Blickwinkel der Mode bzw. Kleidermode betrachtet, ausgewählt und getragen werden, sondern beispielsweise auch unter den Aspekten Fetisch (siehe auch Fetischismus), regional-üblicher Kleidung oder situationsspezifischer Kleidung. Meist ist Mode hier nur einer von mehreren Faktoren, die sich überlagern.

Moden und Modeprozesse betreffen nicht nur Kleidung. Die Moden und Modeprozesse, die Kleidung betreffen, werden hier als „Kleidermoden“ bezeichnet.

Zeitgeist und Zeitgeschmack

Moden werden vom jeweils aktuell herrschenden Zeitgeschmack bzw. Zeitgeist ausgelöst und bestimmt. Sie entsprechen dem Zeitgeist, sie spiegeln ihn wider, aber sie sind nicht mit ihm gleichzusetzen: Während der Zeitgeschmack die Gesamtheit der kollektiven Geschmacksurteile (und der Zeitgeist die Gesamtheit der kollektiven Urteile jeglicher Art) bezeichnet, bezeichnet die Mode die Gesamtheit an neu entstandenen oder neu bewerteten ästhetischen Äußerungen und Verhaltensweisen, die diesem Zeitgeist gerecht werden.

Trend

Darüber hinaus ist Mode auch vom Begriff Trend abzugrenzen in deren Richtung sich die Mode entwickelt. Trend differenziert sich also eigentlich nicht von Mode.

Modern

Das Adjektiv zu Mode ist modisch ("der Mode entsprechend"), nicht zu verwechseln mit "modern", dem Adjektiv zu Moderne. Umgangssprachlich wird der Begriff "modern" häufig im Sinne von "modisch" verwandt.

Mode als Prozess und Status Quo

Der Begriff Mode ist ein unscharfer Begriff. Er bezeichnet zugleich einen Prozess und einen aktuellen Status Quo.

Als Status Quo bezeichnet Mode den Geschmack bzw. die Überzeugungen, die aktuell innerhalb einer Gesellschaft oder einer gesellschaftlichen Gruppe vorherrschen.

Als Prozess bezeichnet er den Prozess der gesellschaftlichen Veränderung dieses Zeitgeschmacks bzw. dieser Überzeugungen. Mode ist in diesem Sinne ein gesellschaftlicher Prozess der Auf-, Um- und Neubewertung von Gegenständen jeglicher Art. Materieller und ideelle Art.

Wenn von Mode als Status Quo die Rede ist, schwingt aber im Hintergrund immer diese Assoziation von Prozesshaftigkeit mit. Die aktuelle Mode ist immer etwas Flüchtiges.

Im Gegensatz dazu weckt der Begriff Zeitgeschmack die Assoziation einer in einer Epoche in etwa gleich bleibenden gesellschaftlichen Bewertung.

Verbreitung

Die heutige Verbreitung von Moden ist durch den Massenkonsum geprägt, wobei Werbung und Massenmedien eine wichtige Rolle spielen. Es lassen sich klare Globalisierungstendenzen in der Mode beobachten.

Historisches

Im Mittelalter galt die Mode als Merkmal der Standeszugehörigkeit, die mit genauen Vorschriften belegt war. Heute ist Mode vor allem ein Mittel der Selbstdarstellung und Individualisierung, Ausdruck des Lebensstils.

Psychologie und Sozialpsychologie der Mode

Die Psychologie der Mode scheint auf den ersten Blick relativ schnell zu beschreiben und zu erklären; häufig werden folgende Aspekte erwähnt:

Es wirken eine Reihe von Grundbedürfnissen zusammen, aus denen die Modeerscheinungen psychologisch erklärt werden können: Das Grundbedürfnis nach Beachtung, um aufzufallen oder Interesse zu wecken. Das Grundbedürfnis nach Anerkennung, Bedeutung und sich selbst und Anderen zu gefallen. Weiterhin wichtig sind die Bedürfnisse nach Abwechslung und Individualität, wobei letzteres mit dem Wunsch nach Konformität im Widerspruch zu stehen scheint.

Dieses Erklärungsmuster greift dennoch zu kurz: denn Mode ist ein hoch-komplexes gesellschaftliches Phänomen, das seine Wurzeln in sehr unterschiedlichen individuellen und kollektiven Bedürfnissen hat.

Ohne die komplementären Bedürfnisse von Zugehörigkeit und Abgrenzung, Konformismus und Individualismus, Expression und Tarnung, Exhibitionismus und Verhüllung ist das Phänomen sicherlich nicht erklärbar.

Dennoch ist das nur ein Teil der Ursachen von Mode. Unüberschaubar viele individuelle Faktoren kommen dazu. Beispielsweise die persönliche Bedeutung konkreter aktueller Modethemen und -bilder für die individuelle Persönlichkeit und die entsprechende Lebenserfahrung. In der Kleidermode wird das besonders deutlich: Kleidung, auch modische Kleidung, ist oft ein sehr persönlicher Ausdruck des individuellen Lebensgefühls, einer aktuellen Stimmung oder von Sehnsüchten, Träumen und Visionen. Insofern ist Kleidung dann auch ein alltägliches Rollenspiel oder Rollen-Einnehmen. Ein Sich-Aneignen erträumter Rollen. Aber auch das ist nur ein Beispiel, das auch jenseits des Bereichs Kleidung anwendbar ist.

Modehäuser

Im 20. Jahrhundert entstanden viele so genannte Modehäuser, welche die Mode der Jahre teilweise sehr prägten und immer noch prägen. Viele davon bestehen heute noch und sind führend unter den Modehäusern. Auffällig ist, dass die meisten aus Frankreich und Italien stammen.

Zitate

  • "Wissen Sie, Phipps, Mode ist das, was man selber trägt. Geschmacklos ist das, was andere tragen." (Oscar Wilde)
  • "Mode ist eine so unerträgliche Form der Hässlichkeit, dass wir sie alle sechs Monate ändern müssen." (Oscar Wilde)
  • "Mode ist nicht nur eine Frage der Kleidung. Mode hat etwas mit Ideen zu tun, damit, wie wir leben." (Oscar Wilde)
  • "Der Mode entkommt man nicht. Denn auch wenn Mode aus der Mode kommt, ist das schon wieder Mode." (Karl Lagerfeld)
  • "Ich bin gegen Mode, die vergänglich ist. Ich kann nicht akzeptieren, dass man Kleider wegwirft, nur weil Frühling ist." (Coco Chanel)
  • "Die Moden wechseln, da sie selber aus dem Bedürfnis nach Wechsel entstehen." (Marcel Proust)
  • "Der Stil ist der Mode überlegen. Er läßt sich von der Mode anregen und greift ihre Ideen auf, ohne sie ganz zu übernehmen. Niemand mit Stilbewußtsein würde seine Art, sich zu kleiden, nur um der Mode willen radikal ändern. Was Stil von Mode unterscheidet, ist die Qualität." (Giorgio Armani)

Siehe auch

Zeitgeschmack, Jugendkultur, Kleidung, Outfit, Kleidermode, Schneider (Beruf), Modedesign, Modefotografie, Nude-Look, Farbtypenlehre, Schönheit, Textilindustrie, Kategorie:Modeschule


Literatur

Allgemein

  • Roland Barthes: Die Sprache der Mode, Frankfurt am Main 1997
  • Pierre Bourdieu, Y. Delsaut, Y. (1975): "Die neuen Kleider der Bourgeoisie" in: Kursbuch 42, S. 172-182
  • Silvia Bovenschen (Hrsg.): Die Listen der Mode, Frankfurt am Main: Suhrkamp 1986
  • Charlotte Perkins Gilman: The dress of women: a critical introduction to the symbolism and sociology of clothing . Ed. with an introd. by Michael R. Hill and Mary Jo Deegan, Westport, Conn. [u.a.] : Greenwood Press, 2002
  • Ingrid Loschek: Mode - Verführung und Notwendigkeit. Struktur und Strategie der Aussehensveränderungen. (320 Seiten, 120 Abb.), München: Bruckmann. 1991
  • Meinhold, Roman: Der Mode-Mythos: Lifestyle als Lebenskunst, Würzburg. Königshausen & Neumann, 2005, 166 S.
  • Carlo Michael Sommer: Mode. (in: D.Frey u. C. Graf Hoyos: Psychologie in Kultur, Gesellschaft und Umwelt, Weinheim: Beltz, 2005

Geschichte

  • Yvonne Deslandres, Florence Müller, Histoire de la mode au XXème siècle, Paris : Somogy, 1986
  • Akiko Fukai et al.: Fashion History, Köln: Taschen, 2008
  • Ingrid Loschek, Fashion of the century : Chronik der Mode von 1900 bis heute, München : Battenberg 2001
  • EVET - Ja, ich will! Hochzeitskultur und Mode von 1800 bis heute: eine deutsch-türkische Begegnung. Hrsg. Wolfgang E. Weick, Alfried Wieczorek, Gisela Framke, Petra Hesse-Mohr. 2008

Nachschlagewerke

  • Encyclopedia of clothing and fashion, 3 Bände, hrg. von Valerie Steele, Detroit [u.a.] : Thomson Gale, 2005
  • Ingrid Loschek: Reclams Mode- und Kostümlexikon (623 Seiten, 513 Abb.), Stuttgart: Reclam. 5. Aufl. 2005
  • Ingrid Loschek: Modedesigner. Ein Lexikon von Armani bis Yamamoto (224 Seiten, 80 Abbildungen. München: Beck, 3. erweiterte Auflage 2007
  • Ingrid Loschek: Accessoires. Symbolik und Geschichte (332 Seiten, 220 Abb.), München: Bruckmann, 1993

Zeitschrift

  • Fashion Theory: The Journal of Dress, Body & Culture, seit 1997

Filme

Weblinks


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