Hermès (Unternehmen)

Hermès (Unternehmen)
Hermès
Logo von Hermès
Rechtsform Familienbesitz
Gründung 1837
Sitz Paris, Frankreich
Leitung Patrick Thomas
Branche Luxusgüter
Website www.hermes.com und www.hermes-international.com

Hermès [ɛʀˈmɛs] ist ein französisches Familienunternehmen mit Firmensitz in Paris, das sich der Herstellung von Luxus-Modeartikeln, insbesondere den berühmten Seidenschals, widmet. Das Sortiment umfasst u.a. Lederwaren wie Handtaschen und Schuhe sowie Schmuck, Uhren, Kleidung, Accessoires, Parfüm und Porzellan im obersten Preissegment.

Inhaltsverzeichnis

Unternehmensgeschichte

Firmengründer Thierry Hermès

Hermès wurde 1837 von Thierry Hermès (* 1801 in Krefeld; † 1878 in Neuilly) in Paris gegründet und befindet sich seither in Familienbesitz. Thierry Hermès, dessen hugenottische Vorfahren nach Deutschland ausgewandert waren, absolvierte in seinem Geburtsort Krefeld eine Sattlerlehre.[1] Von 1794 bis 1814 war Krefeld allerdings wie das gesamte linksrheinische Gebiet von Frankreich annektiertes Territorium. Durch die Heirat mit der Französin Christine Pierrart zog Hermès 1828 nach Pont-Audemer, nordwestlich von Paris, wo er seinen Beruf als Sattler ausübte. 1837 eröffnete er in Paris sein erstes Geschäft nahe der Madeleine, wo er ein günstiges Ladenlokal in bester Lage mieten konnte. Es handelte sich um einen Betrieb, der hochwertige Sättel und Zaumzeug für Pferde herstellte, die heute noch immer verkauft werden.

Unter der Leitung von Thierrys Sohn, Charles-Émile Hermès (1835-1919), der die Firma nach dem Tod des Vaters leitete, wurde das Sortiment um hochpreisige Koffer und Ledertaschen erweitert, auch weil die Eisenbahn und das Auto mit der Zeit die Pferdekutschen von den Straßen verdrängten. Ende des 19. Jahrhunderts wechselte das Unternehmen in die elegante Pariser Rue du Faubourg Saint-Honoré Nr. 24, seitdem der Stammsitz der Firma. Handtaschen wurden erstmals in den 1920er Jahren eingeführt. Die hervorragende handwerkliche Bearbeitung, die luxuriösen Materialien und ihre lange Haltbarkeit machten die Hermès-Produkte rasch in ganz Europa bekannt. Nach wie vor macht das Unternehmen seine größten Umsätze mit Lederwaren.

Charles-Émile Hermès folgten Anfang des 20. Jahrhunderts seine Söhne, Émile Maurice Hermès (1871-1951) und Adolphe Hermès, als Geschäftsführer des Unternehmens. In dieser Zeit hieß das Unternehmen Hermès Frères (dt.: Gebrüder Hermès). Mit Robert Dumas-Hermès (1898–1978), Schwiegersohn von Èmile-Maurice Hermès, stand ab 1951 erstmals ein eingeheiratetes Familienmitglied an der Spitze der Firma. 1978 übernahm Roberts Sohn Jean-Louis Dumas (1938-2010) die Leitung von Hermès. Seit 2006 wird Hermès von Patrick Thomas, einem Nichtfamilienmitglied und Hermès-Manager seit 1989, geführt, wenngleich andere Hermès-Familienmitglieder weiterhin im Unternehmen tätig sind.

Hermès-Werbeplakat von 1923

Die typischen orangefarbenen Verpackungen (Kartonagen, Einkaufstaschen, Hutschachteln etc.) und das Logo einer vom Fahrgast selbst gesteuerten Pferdekutsche namens Le Duc wurden in den 1950er Jahren eingeführt. Das erste Parfüm von Hermès, Eau d'Hermès, wurde 1951 lanciert. Mit dem Klassiker Calèche wurde 1961 das Parfümgeschäft in eine Tochtergesellschaft übertragen. 1970 folgte der Herrenduft Equipage. Seither sind zahlreiche weitere Düfte für Damen und Herren oder als Unisex-Parfüm entstanden. In den 1970er Jahren gingen die Umsätze des Hauses allerdings zurück. Hermès hatte das Image einer Marke für wohlhabende, ältere Damen. Dank des Einsatzes von Jean-Louis Dumas konnte das Unternehmen in den Folgejahren allerdings schwindende Umsätze in stark steigende Verkaufszahlen umwandeln. Dumas verjüngte u.a. die Kollektionen, stellte neue Designer an, brachte markante Werbekampagnen auf den Weg, band die Zulieferbetriebe stärker an Hermès, lancierte das Uhrengeschäft und forcierte den Ausbau des Boutiquen-Netzwerks. 1993 ging das Unternehmen Hermès an die Pariser Börse, wobei die Hermès-Familie 80% der Anteile behielt.

Im Geschäftsjahr 2010 erzielte Hermès mit Erlösen von 2,4 Mrd. Euro einen Reingewinn von 422 Mio. Euro, was eine Steigerung von 46% im Vergleich zum Vorjahr bedeutete.[2] Für das erste Halbjahr 2011 meldete das Unternehmen im Vergleich zum Vorhalbjahr einen um 49,5% gesteigerten Reingewinn von 291 Mio. Euro.[3] Als Grund für das Wachstum wurde eine gesteigerte Nachfrage nach Hermès-Produkten auf allen Märkten, besonders in den USA und China, genannt. Ein möglicher Rückzug des Unternehmens von der Börse wurde 2011 in den Raum gestellt.

Produkte

Hermès Birkin Handtasche

Das Unternehmen Hermès ist bis heute weltweit für seine hochwertige Handwerkskunst bekannt. Bei ausgewählten Produkten werden sämtliche Produktionsschritte von einem Mitarbeiter alleine ausgeführt. Für bestimmte, in Handarbeit gefertigte Taschen, ist die Nachfrage so hoch, dass es aufgrund der aufwändigen Fertigung lange Bestelllisten gibt und die Wartezeit viele Monaten bis einige Jahre beträgt.

Die 1892 von Thierrys Enkel, Émile-Maurice Hermès, eingeführte Herren-Reisetasche nennt sich wegen ihrer langen Henkel Haut à Courroies, kurz HAC. In den 1930er Jahren wurde eine zunächst wenig erfolgreiche Version für Damen als Petit Sac Haut à Courroies eingeführt, die 1956 von der Fürstin Gracia Patricia von Monaco, besser bekannt als Grace Kelly, auf einem Titelbild von Life getragen wurde. Seither heißt das Modell Kelly Bag und gehört zu den bekanntesten Produkten des Unternehmens. Ein weiteres, sehr begehrtes Modell, ist die Birkin Bag von 1986. Sie ist benannt nach der Schauspielerin Jane Birkin, welche am Design der Tasche mitgearbeitet hatte, nachdem sie im Flugzeug zufällig neben Jean-Louis Dumas, damals Vorstandsvorsitzender von Hermès, gesessen hatte. Beide Taschen sind heute zwei der meistverkauften Modelle des Unternehmens, es gibt sie in den verschiedensten Größen, Farben und Materialien und sie haben mit dazu beigetragen, dass Hermès heute zu den bedeutendsten Luxusmarken der Welt gezählt wird. Eine Hermès-Birkin kostet – je nach Ausführung – 3.000 bis 25.000 Euro. Sie wurde nach ihrer Präsenz in der Kultserie Sex and the City zu einem der begehrtesten Modeartikel der Welt.

Ebenfalls berühmt sind die handbedruckten Seidentücher mit Motiven, die sich häufig auf den Reitsport beziehen. Sie werden seit 1937 hergestellt und in Lyon produziert. Es existieren weit über tausend Motive des sogenannten Carré Hermès, in jedem Jahr kommen zwölf neue Tücher dazu. Ein Hermès-Seidenschal kostet – je nach Größe und Material– 100 bis 800 Euro.

In der beliebten japanischen Fernsehserie Train Man – Densha Otoko spielten Hermès-Tassen eine wichtige Rolle. Ab den 1980er Jahren war der Bereich Porzellan und Essgeschirr bei Hermès verstärkt ausgebaut worden.

Modekollektionen

Eine eigene Prêt-à-porter-Linie für Herren existiert seit den 1970er Jahren, für die Damenmode kam Ende der 1980er Jahre ein Pendant dazu. Bereits ab Ende der 1920er Jahre hatte es Couture-Bekleidung von Hermès gegeben. Verantwortlich für die modernen Damenkollektionen war - unter der Leitung der Französin Claude Brouet, Ex-Chefredakteurin der französischen Marie Claire - zunächst ein Design-Team, zu dem auch der spätere Bottega Veneta Designer Tomas Maier gehörte. 1997 wurde der belgische Avantgarde-Desigener Martin Margiela Kreativchef der Hermès-Damenmode. 2004 übernahm der französische Designer Jean-Paul Gaultier, an dessen eigenem Unternehmen die Hermès-Gruppe auf Jean-Louis Dumas' Initiative hin von 1999 bis 2011 zu letztendlich 45% beteiligt war, die Verantwortung für die Damenlinie. Ab der Kollektion für Herbst/Winter 2011 übernahm der Lacoste-Designer Christophe Lemaire die Leitung der Damenkollektion.[4] Die ebenso hochpreisige Herrenkollektion wird seit 1988 von Véronique Nichanian, einer ehemaligen Designerin für Nino Cerruti, entworfen.[5]

Hermès-Boutique in Tokio

Boutiquen

Hermès-Produkte sind ausschließlich in Hermès-Boutiquen, Hermès-Verakufsflächen in gehobenen Kaufhäusern, dem firmeneigenen Onlineshop oder autorisierten Fachgeschäften erhältlich. Weltweit gibt es - zum Teil auch als Shop-in-Shop in renommierten Kaufhäusern - ungefähr 250 Hermès-Boutiquen, darunter allein sechzehn in Deutschland (mit drei Duty-Free-Shops an deutschen Flughäfen), zwei in Österreich und zehn in der Schweiz.

LVMH

Am 23. Oktober 2010 gab die französische LVMH Group bekannt, dass sie sich durch Aktienkäufe mit einem Anteil von 14,2% an der Hermès International beteiligt habe, welcher infolge auf 17,1% aufgestockt wurde.[6][7] Ende Dezember 2010 war LVMH nach eigenen Angaben bereits im Besitz eines Aktienanteils von über 20% und damit neben den Erben der Familie Hermès Hauptaktionär.[8] Die Eignerfamilie Hermès, welche knapp drei Viertel der Aktienanteile am Unternehmen hält und den Einstieg von LVMH als eine versuchte feindliche Übernahme betrachtet, hatte LVMH-Chef Bernard Arnault öffentlich aufgefordert, sich zurückzuziehen.[9] Anfang Januar 2011 erlaubte die französische Börsenaufsicht AMF der Erbenfamilie ihre Anteile von insgesamt 73% in eine Familienholding einzubringen, ohne - wie normalerweise nötig - ein öffentliches Übernahmeangebot für die ausstehenden Aktien machen zu müssen.[10] Hermès ließ verlauten, dass dies geschehe, um "die Kultur von Hermès dauerhaft zu sichern."[11]

Weblinks

 Commons: Hermès – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Hermès – ein Krefelder erobert Paris, rp-online.de, 19. Januar 2011
  2. Hermès steigert Gewinn um 46%, textilwirtschaft.de, 4. März 2011
  3. Hermès macht 50% mehr Gewinn, textilwirtschaft.de, 31. August 2011
  4. Gaultier sattelt um, abendblatt.de, 28. Mai 2010
  5. „Ich mache Bekleidung, nicht Mode“, faz.net, 25. November 2008
  6. LVMH erhöht Hermès-Anteil von 17,1 auf mehr als 20 Prozent, godmode-trader.de, 22. Dezember 2010
  7. Monsieur Luxe kauft teure Taschen, welt.de, 3. November 2010
  8. LVMH erhöht Anteil an Hermès auf über 20 Prozent , stern.de, 22. Dezember 2010
  9. Hermès will LVMH wieder loswerden, faz.net, 3. November 2010
  10. Hermès vor Übernahme von LVMH sicher, fashionunited.de, 10. Januar 2011
  11. Börsenaufsicht gibt Hermès grünes Licht, textilwirtschaft.de, 7. Januar 2011

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