Museum Godeffroy

Museum Godeffroy

Das Museum Godeffroy war ein Museum in Hamburg, das von 1861 bis 1885 bestand.

Inhaltsverzeichnis

Geschichte

Der Hamburger Reeder Johan Cesar VI. Godeffroy hatte seine Kapitäne ab 1860 angehalten, zoologisches, botanisches und völkerkundliches Material von den Fahrten nach Australien und in die Südsee mitzubringen. Nachdem sich sehr viel Material angesammelt hatte, wurde der Zoologe Dr. Eduard Graeffe[1] angestellt, um die Sammlung zu einem wissenschaftlichen Museum zu ordnen. 1861 öffnete das Museum Godeffroy in Teilen des Kontorhauses der Firma "J. C. Godeffroy & Sohn" am Alten Wandrahm 26. Ab 1876 wurden in dem gegenüberliegenden Gebäude Alter Wandrahm 29 zwei Etagen angemietet, die untere enthielt die zoologische, die obere, die anthropologisch-ethnologische Sammlung. Die zoologische Abteilung präsentierte Vögel inklusive Nester und Eier, sowie wirbellose Tiere, wie z.B. Muscheln, Schnecken und Käfer. Für Fische, Reptilien und Amphibien sowie Säugetiere fehlte der Platz. Die anthropologische zeigte Waffen, Geräte, Schmucksache, Bekleidung etc., sowie Schädel, Skelete und Gipsabgüsse davon. Im Alten Wandrahm 29 blieb das Museum bis zum Verkauf. Ab 1881 waren die Gebäude vom Abriss bedroht, da Hamburg sich entschlossen hatte, dem Deutschen Zollgebiet beizutreten. Dafür sollte gesamte Areal von Kehrwieder bis Alter Wandrahm sollte „niedergelegt“ werden, um dort die zukünftige Speicherstadt zu bauen. Mit der Umsetzung des Planes wurde 1885 begonnen.

Zu den Forschungsreisenden, die im Auftrag von "J.C. Godeffroy & Sohn" Naturalien sammelten, gehörten unter anderem Amalie Dietrich, Eduard Graeffe, Johann Stanislaus Kubary, Richard Parkinson, Andrew Garrett, Eduard Dämel, Franz Hübner und Theodor Kleinschmidt. Von den (Kauffahrtei-) Kapitänen, die sammelten, sind namentlich bekannt und hervorgetreten Jürgen Heinrich Witt, H.W. Wendt, Brück und Alfred Tetens. 1863 wurde Johannes Schmeltz als Kustos (wissenschaftlicher Mitarbeiter) eingestellt. Er sorgte u.a. dafür, dass die mitgebrachten Gegenstände von anerkannten Wissenschaftlern von naturwissenschaftlichen Vereinen und Universitäten aus ganz Europa analysiert wurden. Anschliessend wurden sie in die Sammlung eingegliedert. Er betreute auch den Verkauf der Dubletten.

Von 1864 bis 1881 wurden acht „Catalog(e) der zum Verkauf stehenden Doubletten aus den naturhistorischen Expeditionen der Herren Joh. Ces. Godeffroy & Sohn in Hamburg mit Bemerkungen über die Lebensweise einzelner darin enthaltener Objekte“ herausgegeben.

Das Journal des Museum Godeffroy erschien in fünf Bänden. Hier wurden umfangreiche Fachaufsätze publiziert. Die ersten vier zu je drei Heften erschienen in den Jahren 1873 bis 1881 und wurden von Johannes Schmeltz zusammengestellt. Verlegt wurden die Journale von dem Hamburger Seekartenhändler Ludwig Friederichsen. Der letzte Band erschien erst 1909 mit Unterstützung der „Wilhelm von Godeffroy Familien-Fidei-Comiss-Stiftung“. Er widmete sich ausschließlich den Fischen der Südsee von Andrew Garrett, deren erster Teil im Band IV veröffentlicht worden war.

Zu den Ergebnissen der Forschungsreisen gehörten neben schriftlichen Aufzeichnungen auch Zeichnungen und Fotografien. Große Bekanntheit haben die ca. 470 Zeichnungen von Fischen von Andrew Garrett. Von den Reisenden Jan Kubary und Franz Hübner ist bekannt, dass sie fotografiert haben. So entstand im Laufe der Zeit ein Verzeichniss der Photographien des Museum Godeffroy welche Australien und die Südsee betreffen von fast 600 Bildern. Dieser Katalog wurde 1880 veröffentlicht. Abzüge der Fotografien wurden nach Bedarf in unterschiedlichen Formaten angeboten. Eine Zusammenstellung von 175 Fotografien und 28 Tafeln wurde unter dem Titel Süd-See-Typen, Anthropologisches Album des Museum Godeffroy veröffentlicht. Sie war als Ergänzung zu der über 700 Seiten starken Veröffentlichung über die ethnografisch-Anthropologissche Abteilung zu betrachten. Das Museum für Völkerkunde in Hamburg verfügt über einen großen Bestand dieser Fotografien.

Aus Anlass der 49. Versammlung der Gesellschaft Deutscher Naturforscher und Ärzte in Hamburg im September 1876 wurde ein 35 seitiges Verzeichnis der im Museum Godeffroy vorhandenen Ethnographischen Gegenstände veröffentlicht.

Johannes Schmeltz hat zu Beginn des Jahres 1882 einen Führer durch das Museum Godeffroy veröffentlicht. Die Einleitung bietet einen ausführlichen Einblick in die Entwicklung und Geschichte des Museum Godeffroy.

Nach der Einstellung der Tätigkeiten der Firma "J.C. Godeffroy & Sohn" im Dezember 1879 bestand das Museum weiter, da es nicht zum Firmenvermögen gehörte. Kurz vor dem Tod Johan Cesar VI. Godeffroys im Jahr 1885 wurde die Sammlung aufgeteilt und nach langwierigen Verhandlungen an verschiedene Museen verkauft. Eine größere Anzahl der Ausstellungsstücke ist bis heute erhalten. Sie befinden sich im Museum für Völkerkunde zu Leipzig als Teil der Staatlichen Ethnographischen Sammlung Sachsens. Weitere Stücke gingen an das Naturhistorische Museum und blieben so Hamburg damals erhalten. Sie befinden sich heutzutage im Zoologischen Museum[2] der Universität Hamburg und im Museum für Völkerkunde. Andere Teile der Sammlung kamen nach Leiden. Die Verbindung war über den ehemaligen Kustos Johannes Schmeltz zustande gekommen, der ab 1. Mai 1882 als "Conservator" Mitarbeiter des Ethnographischen Museums in Leiden geworden und später deren Direktor war. Das Museum wurde später in Rijksmuseum voor Volkenkunde[3] umbenannt.

Forschungsreisende

  • Der erste Forschungsreisende war Dr. Eduard Graeffe aus Zürich; 1861 reiste er nach Samoa und kehrte 1872 zurück. Bis 1874 führte er die Redaktion des Journal des Museum Godeffroy.
  • 1863 fuhr Amalie Dietrich nach Queensland in Ost Australien; sie lebte in Brisbane nahe der Moratonbay und kehrte im Jahr 1873 zurück. (Die Angaben in dem Führer durch das Museum Godeffroy, die von Johannes Schmeltz stammen, sie sei von 1868 bis 1878 in Australien tätig gewesen, sind falsch und möglicherweise bei der Übertragung in die Druckvorlage entstanden.)
  • 1869 reiste Johann S. Kubary aus Warschau, der ursprünglich Medizin studiert hatte, zum Marshall- und Carolinen-Archipel. Im Mai 1875 kehrte er zurück, fuhr aber im Herbst wieder zurück.
  • 1867 wurde Amerikaner Andrew Garrett für das Museums gewonnen. Von ihm stammen die Original-Zeichnungen von Fischen.
  • Eduard Dämel hatte mehrere Jahre als Assistent des Museums gearbeitet; reiste von 1871 bis 1875 im Auftrage des Museums nach Australien.
  • Im April 1875 fuhr Franz Hübner -ursprünglich Apotheker- auf die Tonga-Inseln und das Neubritannia-Archipel, wo er am 31. December 1877 verstarb.
  • Theodor Kleinschmidt lebte schon längere Zeit auf den Viti-Inseln und begann im Herbst 1875 für das Museum zu reisen, u.a. auf das Neubritannia-Archipel. Am 10. April 1881 wurde er mit zwei Begleitern auf Utuan ermordet
  • P.H. Krause aus Upolu lieferte eine anthropologische Sammlung aus Samoa.

Tier- und Pflanzennamen

Für die Verdienste um die Förderung der Erforschung der Flora und Fauna des Stillen Ozeans wurden Tiere und Pflanzen nach Cesar Godeffroy benannt. Folgend eine kleine Auswahl:

Veröffentlichungen

  • Catalog(e) der zum Verkauf stehenden Doubletten aus den naturhistorischen Expeditionen der Herren Joh. Ces. Godeffroy & Sohn in Hamburg mit Bemerkungen über die Lebensweise einzelner darin enthaltener Objekte. 1864 bis 1881 erschienen in 8 Ausgaben.
  • Journal des Museum Godeffroy. Verlag L. Friederichsen, Hamburg, von 1873 bis 1881 und 1909.
  • Verzeichniss der Photographien des Museum Godeffroy welche Australien und die Südsee betreffen.
  • Verzeichnis der im Museum Godeffroy vorhandenen Ethnographischen Gegenstände. Verlag L. Friederichsen, Hamburg September 1876.
  • Süd-See-Typen, Anthropologisches Album des Museum Godeffroy. Verlag L. Friederichsen, Hamburg 1881.
  • Führer durch das Museum Godeffroy. Verlag L. Friederichsen, Hamburg 1882.

Literatur

  • Katharina Haslwanter, Die Südsee-Sammlung von Prof. Carl Cramer und Dr. Eduard Graeffe am Völkerkundemuseum der Universität Zürich. Magisterarbeit, Universität Wien. Fakultät für Sozialwissenschaften, 2009. (Inhalt ist die Südsee-Sammlung von Prof. Carl Cramer. 1902 schenkten die Erben eine Kollektion von Ethnographica, welche von Dr. Eduard Graeffe während seiner Reisen für Johan Cesar Godeffroy & Sohn gesammelt worden sei.)
  • Birgit Scheps: Das verkaufte Museum. Die Südsee-Unternehmungen des Handelshauses Joh. Ces. Godeffroy & Sohn, Hamburg, und die Sammlungen „Museum Godeffroy“. Goecke & Evers, Keltern-Weiler 2005, ISBN 3-937783-11-3. (Abhandlungen des Naturwissenschaftlichen Vereins in Hamburg; N.F., 40)
  • Birgit Scheps: Die Australien-Sammlung aus dem Museum Godeffroy im Museum für Völkerkunde zu Leipzig. In: Jahrbuch des Museums für Völkerkunde zu Leipzig. Bd. 40, 1994, S. 194–209.
  • Helene Kranz: Das Museum Godeffroy, 1861-1881 Naturkunde und Ethnographie der Südsee. Eine Publikation des Altonaer Museums. marebuchverlag, 2005, ISBN 3-927637-47-5.
  • H. Glenn Penny: Objects of culture : ethnology and ethnographic museums in Imperial Germany. University of North Carolina Press, Chapel Hill/London 2002.
  • J. D. E. Schmeltz, R. Krause: Die Ethnographisch-Anthropologische Abtheilung des Museum Godeffroy in Hamburg : ein Beitrag zur Kunde der Südsee-Völker. Friederichsen, Hamburg 1881. (Eine zeitgenössische Rezension der englischsprachigen Zeitschrift Nature (Nr. 23, Seite 168) vom 23. Dezember 1880)
  • Jan Lederbogen: Ethnographische Photographie: das Beispiel Museum Godeffroy. Magisterarbeit. Univ. Hamburg, 1992.
  • Jan Lederbogen: Frühe Fotografie auf Samoa zwischen Wissenschaftsanspruch und kolonialem Denken; die Fotografien des Museum Godeffroy in Hamburg. In: Jutta Beate Engelhard, Peter Mesenhöller (Hrsg.): Bilder aus dem Paradies. Koloniale Fotografie aus Samoa 1875 - 1925. Jonas Verlag, Marburg 1996, ISBN 3-89445-184-X.
  • Susanne Fülleborn: Die ethnographischen Unternehmungen des Hamburger Handelshauses Godeffroy. Magisterarbeit. Univ. Hamburg, 1985.
  • Thomas Theye: ...ein Blick für alles Bemerkenswerthe .... einige wissenschaftsgeschichtliche Aspekte der Queensland-Photographien Amalie Dietrichs in der anthropologischen Sammlung des Museums Godeffroy. In: Jahrbuch des Museums für Völkerkunde zu Leipzig. Band 42, 2004, ISSN 0075-8663, S. 161–280.
  • Henry A. Ward: Museum Godeffroy. In: Popular Science Monthly. Volume 8, April 1876, S. 699ff.
  • Ray Sumner: Photographs of Aborigines of North-East Australia: A Collection of Early Queensland Aboriginal Photographs, Made by Amalie Dietrich for the Museum Godeffroy. In: Aboriginal History. Vol. 10, 1986, S. 157–170. (based at the Australian National University in Canberra, Australia)

Weblinks

  • Burkhard Strassmann: Handel mit der Lust am Fremden. Die Zeit, Nr.46, 10. Nov. 2005, abgerufen am 25. Okt. 2011 (Eine Hamburger Ausstellung erinnert an die Ausbeutung der Südsee zu wissenschaftlichen Zwecken).
  • Matthias Gretzsche: Südsee-Schätze vom Alten Wandrahm. Hamburger Abendblatt, 30. Nov. 2005, abgerufen am 25. Okt. 2011 (Godeffroy: Wie der Hamburger Kaufmann eine weltbekannte Sammlung aufbaute. Eine Ausstellung im Jenisch-Haus informiert über das älteste Museum Hamburgs.).
  • Julika Pohle: Südseeparadies im Schaukasten. Die Welt, 10. Nov. 2005, abgerufen am 5. Nov. 2011 (Jenisch Haus: Exponate aus dem naturkundlich-ethnographischen Museum des Hamburger Kaufmanns Johann Cesar Godeffroy VI).

Weblinks auf Bestände aus dem Museum Godeffroy

Einzelnachweis

  1. Kurzbiografie
  2. Zoologischen Museum der Universität Hamburg
  3. Rijksmuseum voor Volkenkunde

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