Musikwinkel

Musikwinkel

Als Musikwinkel bezeichnet man heute im Kern die Orte Markneukirchen, Erlbach, Klingenthal und Schöneck sowie die dazwischen gelegenen kleineren Gemeinden im sächsischen Vogtland. Bis zum Zweiten Weltkrieg bildete diese Region zusammen mit Schönbach und Graslitz auf böhmischer Seite das Zentrum des Musikinstrumentenbaus. Der Begriff Musikwinkel für diese Gegend geht ursprünglich auf den Zwotaer Heimatdichter Max Schmerler zurück, der diese in zwei Publikationen 1914 und 1923 als sächsischen Musikwinkel bezeichnete.

Noch bis zu Beginn des 20. Jahrhunderts wurde die Residenzstadt der Askanier, Dessau, als deutscher Musikwinkel bezeichnet.

Geschichte des Musikwinkels

Vogtland Musikinstrumente (Briefmarkensatz DDR)

Die Geschichte des Musikinstrumentenbaus im Vogtland beginnt in der Stadt Markneukirchen. Hier siedelten sich böhmische Exulanten aus dem Grenzort Graslitz an, die im Zuge der Gegenreformation aufgrund ihres evangelischen Glaubens ihre Heimat verlassen hatten. Sie brachten die Kunst des Geigenbaus in die Stadt. 1677 schlossen sich zwölf Meister in Markneukirchen zu einer Innung zusammen. Der von der kurfürstlich-sächsischen Kanzlei in Moritzburg bei Dresden bestätigte Artikelbrief gilt als die Geburtsurkunde des Musikinstrumentenbaus im Vogtland. Nach und nach siedelten sich im weiteren Verlauf der Bogenbau und die dazugehörige Saitenfabrikation in der Stadt an. Zeitgleich entwickelten sich auch Gitarren- und Zitherbau. Auch Handwerker, die die Kunst der Fertigung von Holzblasinstrumenten und Waldhörnern verstanden, ließen sich um die Wende zum 18. Jahrhundert in der Region nieder. So konnte schon frühzeitig nahezu die gesamte Palette klassischer Orchesterinstrumente hergestellt und vertrieben werden. Später fasste die Kunst des Instrumentenbaus auch Fuß in den Nachbarorten, weshalb auch Adorf und Bad Brambach heute zum Musikwinkel gezählt werden. Ab 1829 kam in Klingenthal die Fertigung der Harmonika-Instrumente dazu. Diese Konzentration brachte großen Reichtum in die Region. An der Wende zum 20. Jahrhundert hatten die Instrumente aus den Ortschaften im vogtländischen Musikwinkel einen Weltmarktanteil von ca. 80 Prozent. Von 1893 bis 1916 bestand in Markneukirchen ein US-Generalkonsulat. Zu dieser Zeit lebten nicht weniger als 15 Millionäre in der Stadt, die damals, gemessen an der Einwohnerzahl, die reichste Deutschlands war. Zu Reichtum kamen jedoch weniger die Musikinstrumentenbauer, als vielmehr die Händler, die so genannten „Fortschicker“.

In der DDR-Zeit wurde ein hoher Anteil von Musikinstrumenten industriell in Großserienproduktion gefertigt. Die meisten dieser Betriebe existieren heute nicht mehr. Nicht zuletzt dadurch gewannen die kleinen und mittleren Meisterbetriebe wieder an Bedeutung. Viele dieser oftmals als Familienbetriebe geführten Unternehmen bezeichnen den Musikwinkel als das Tal der Musikinstrumente, neuerdings im Zuge der Globalisierung auch mit Musicon Valley.

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