- Naturbaustoff
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Als Naturbaustoffe werden Stoffe bezeichnet, die sich nach den Definitionen für Naturprodukte und Baustoffe beschreiben lassen. Es sind entsprechend natürlich vorkommende Stoffe, die lediglich manuell, mechanisch oder durch Gravitationskraft, durch Auflösen in Wasser, durch Dampfdestillation oder durch Erhitzung zum Wasserentzug verarbeitet wurden.
Naturbaustoffe können sowohl biotische oder biogene (aus der belebten Natur entstammende), z. B. Holz, Schafwolle, Flachs, Hanf, Roggen, Schilf, Seegras, Wiesengras, Stroh, als auch abiogene (aus der unbelebten Natur entstammende) Stoffe wie zum Beispiel Lehmbaustoffe, Perlitegesteine, Bimssteine u. v. a. sein.
Inhaltsverzeichnis
Definition
Gesetzliche Definitionen für „Naturbaustoffe“ gibt es nicht, entsprechend können alle Baustoffe als Naturbaustoffe bezeichnet werden, die zugleich Naturstoffe sind. Als Naturstoffe sind nach Art. 3 Nr. 37 der EU-RL 67/548/EWG, Anhang V und der REACh-Verordnung 1907/2006 natürlich vorkommende Stoffe, die lediglich manuell, mechanisch oder durch Gravitationskraft, durch Auflösen in Wasser, durch Dampfdestillation oder durch Erhitzung zum Wasserentzug verarbeitet wurden, definiert. Der gesetzliche Begriff Naturstoff konvergiert nicht mit dem wissenschaftlichen Begriff denn hier werden Naturprodukte beschrieben.
Daraus resultiert, dass alle weiteren Definitionen als Zubereitungen und Erzeugnisse (Produkte) zu betrachten sind und damit den diversen nationalen und europäischen Richtlinien und Verordnungen unterliegen, wie z. B. der Zubereitungsrichtlinie 1999/45/EG oder dem Geräte und Produktsicherheitsgesetz (GPSG).
Für Baustoffe ist darüber hinaus die Bauproduktenrichtlinie (BPR) zu beachten, die Zulassungen und Inverkehrbringung von Bauprodukten („Baustoffen“) regelt. Gute oder weniger gute Bauprodukte, oder schadstoffarme Bauprodukte und sehr schadstoffarme Bauprodukte lassen sich mit dem Begriffszusatz „Natur“ nicht regeln oder differenzieren. Es sind meist die Zugaben und Mischungen die im kleinteiligen Bereich ein Bauprodukt zum Problemprodukt machen können, was sowohl bei „Naturbaustoffen“ als auch bei rein synthetischen Bauprodukten vorkommen kann. Die Eingrenzungen, Zuordnungen und Definitionen sollen künftig in der Bauproduktenrichtline Nr. 3 „Hygiene, Gesundheit und Umwelt“ geregelt werden.
Eine entscheidende Rolle bei der entsprechenden Bewertung/ Zertifizierung von „Naturbaustoffen“ spielt die Deklaration und Zuordnung aller eingesetzten Rohstoffe. Auch die Stoffe natürlichen Ursprungs „Naturbaustoffe“ können ein Gefährdungspotenzial aufweisen und sind gemäß den gesetzlichen Vorgaben zu kennzeichnen. Mit der REACH-Verordnung wurde ein neues Regelwerk geschaffen, das sowohl den Konsumenten als auch allen Akteuren entlang der Lieferkette mehr Verantwortung bezüglich der eingesetzten Stoffe auferlegt und zur Substitution verpflicht, d. h. die Stoffe und Produkte zu empfehlen, die ein geringeres Gefährdungspotential aufweisen.
Anwendungsformen von Naturbaustoffen
Baustoffe und entsprechend auch Naturbaustoffe werden in unterschiedlichen Bereichen des Bauwesens angewendet. Dabei bezeichnet man alle Rohstoffe, Hilfsstoffe oder Halbzeuge, die zum Errichten von Bauwerken und Gebäuden benutzt werden, als Baustoffe. Das Spektrum reicht von den Baustoffen der elementaren Baukonstruktion (Mauersteine, Holzbalken, Dachziegel, Zement und Mörtel) über den Innen- und Außenausbau (Dämmstoffe, Wandverkleidungen, Treppen, Fensterelemente, Türen) bis hin zu Produkten zur Renovierung (Farben, Lacke, Tapeten).
Baukonstruktion, Holz und Holzwerkstoffe
Die ältesten Baustoffe, die der Mensch verwendet, sind Hölzer, Lehm, Getreidestroh und Natursteine, die vor allem für die Baukonstruktion genutzt wurde. Bis heute stellt vor allem Holz einen sehr wichtigen Anteil der Rohstoffe in der Baukonstruktion, insbesondere für den Dachstuhl sowie für Außenverkleidungen, Wände, Fenster und Innenausbauetn (Fußböden wie bsp. Parkett, Treppen, Wandverkleidungen etc.). Daneben werden allerdings auch heute viele Häuser als Holzhäuser gebaut.
Stroh und Lehm, die vor allem beim Fachwerkbau genutzt werden, werden heute dagegen nur noch selten in Nischenbereichen eingesetzt, vor allem im Restaurierungsbereich sowie im Strohballenbau.
Neben diesen traditionellen Baustoffen können jedoch auch Mauersteine, Zement und Mörtel sowie Trockenbauplatten den Anspruch an Naturbaustoffe erfüllen, wenn sie bsp. zu 98 % oder mehr aus unbehandelten mineralischen oder nachwachsenden Rohstoffen bestehen.[1] Eine weitere große Gruppe von Baustoffen für den Konstruktionsbau stellen Holzwerkstoffe dar, zu denen unter anderem die im Bauwesen sehr häufig anzutreffenden Grobspanplatten und MDF-Platten gehören. Um als Naturbaustoffe anerkannt zu werden, muss jedoch auch bei der Produktion dieser holzbasierten Baustoffe sichergestellt werden, dass sie keine chemischen Bindemittel, Farbstoffe und Klebstoffe enthalten.[2]
Dämmstoffe
Naturdämmstoffe werden auf Basis verschiedener Nutzpflanzen wie zum Beispiel Flachsfaser (Faserlein), Getreide, Hanf, Holz, Jute, Kork, Schilfrohr, Sisalfaser, Kokos und Wiesengras hergestellt. Außerdem gibt es Naturdämmstoffe auf Basis tierischer Rohstoffen wie Schafwolle. Teilweise werden auch Dämmstoffe aus Recyclingmaterial als Naturdämmstoffe bezeichnet, sofern diese auf biogenen Rohstoffen bestehen (z.B. Cellulosefasern aus Altpapier).
Zum Schutz gegen Schädlings- und Schimmelbefall und zum Brandschutz sowie teilweise zur Verbesserung der Verarbeitungseigenschaften werden Naturdämmstoffen in der Regel geringe Anteile an Zusatzstoffen zugesetzt. Die schützenden Zusätze reichen von Molke, Borsalzen, Soda oder Zement bei Hobelspänen oder Holzwolle-Leichtbauplatten, über Aluminiumsulfat, Paraffin oder Ammoniumsulfat bei Holzfaserdämmplatten. Die meisten der verwendeten Zusätze sind bei Herstellung und Verwendung unbedenklich, in einigen Fällen (zum Beispiel synthetische Faseranteile in Naturfasermatten) behindern die Zusätze allerdings die chemische oder biologische Abbaubarkeit bei der Entsorgung. Um die Formstabilität zu erhöhen werden in zahlreichen Naturdämmstoffen synthetische Polyesterfasern als Stützfasern genutzt. Alternativ hierzu können Kokosfasern, Kartoffelstärke oder Wasserglas eingesetzt werden.
Sonstige Naturbaustoffe
Neben den benannten Konstruktionsbaustoffen und den Dämmstoffen gibt es eine Reihe weiterer Baustoffe, die als Naturbaustoffe ausgewiesen sein können. Hierzu gehören vor allem die verschiedenen Hilfs- und Zuschlagstoffe, zu denen vor allem Klebstoffe und Bindemittel gehören, sowie Fußbodenbeläge, Wandbeläge, Tapeten und andere Baustoffe, die im Innenausbau und bei der Renovierung genutzt werden.
Durchsetzung
Zwischenzeitlich haben sich die Anforderungen an Bauprodukte stark verändert. Die REACH-Verordnung regelt die bislang oftmals ideologisch geprägten Produkt- und Werbeaussagen, die bei genauer Prüfung den Anforderungen nicht stand hielten. (Siehe ÖKO-TEST-Bewertungen zu Lacken und Farben 2006/2007). Neben Fragen der Umweltverträglichkeit und vor allem der Langlebigkeit und Gebrauchstauglichkeit stellt die Frage der Gesundheits- und Allergieverträglichkeit auch die Kennzeichnung der gefährlichen Stoffanteile eine wesentliche Position in der Bewertung dar.
Die erste Bauuniversität, die Bauhaus-Universität Weimar, schuf 1997 bereits einen eigenen Lehrstuhl zum Thema „ökologisches Bauen“[3] und hob damit das Thema aus einem ursprünglich sehr ideologisch besetztem Nischendasein heraus.
Auch der Baustoff-Fachhandel hat sich dieses Themas stark angenommen, Projektentwicklungs- und Ausbildungsinstitutionen bieten zwischenzeitlich internationale Kompetenzträger als Projekt- und Ausbildungspartner an; Produkte werden ständig in ihrer Nachhaltigkeit optimiert und öffentliche Förderungen helfen bei der Markteinführung.
Vor allem im Bereich der Dämmstoffe nehmen „Naturdämmstoffe“ aus nachwachsenden Rohstoffen einen steigenden Marktanteil ein und bieten neben ihren besonderen Vorteilen für das Raumklima vor allem der regionalen Landwirtschaft neue Einkommensquellen.
Weblinks
- APUG Studie – „Umweltzeichen für Bauprodukte“ (PDF-Datei; 1,32 MB)
- „Zertifizierung von Naturbaustoffen“ durch natureplus
- Nicolas Kerz, IEMB „Umweltzeichen/Ökolabel im Baubereich“ (PDF-Datei; 101 kB)
Literatur
- Gerhard Holzmann, Matthias Wangelin: Natürliche und pflanzliche Baustoffe. Rohstoff - Bauphysik - Konstruktion. Vieweg und Teubner / GWV Fachverlage GmbH, Wiesbaden 2009. ISBN 978-3-8351-0153-1.
- Kora Kristof, Justus von Geibler: Zukunftsmärkte für das Bauen mit Holz. DRW-Verlag, Karlsruhe 2008. ISBN 978-3-87181-711-3.
Belege
- ↑ natureplus e.V.: Vergaberichtlinien für Mauer- und Mantelsteinesteine zur Vergabe des natureplus-Qualitätszeichens für Naturbaustoffe, Januar 2005.
- ↑ natureplus e.V.: [cat=02&cHash=21989ccc72 Vergaberichtlinien für Holz- und Holzwerkstoffe zur Vergabe des natureplus-Qualitätszeichens für Naturbaustoffe], Januar 2005.
- ↑ Bauhaus-Universität Weimar
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