- Dämmstoff
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Ein Dämmstoff ist ein Material mit geringer Wärmeleitung, das in der Bauindustrie, im Anlagenbau oder bei der Herstellung von Kühlschränken, Gefrierschränken o. ä. zur Wärmedämmung eingesetzt wird. Außerdem weisen Dämmstoffe auch schalldämmende und andere bauphysikalische Eigenschaften auf.[1]
Inhaltsverzeichnis
Geschichte
Die klimatischen Verhältnisse in den nördlichen und südlichen Breitengraden zwingen den Menschen seit jeher, sich mit dem Thema Wärmedämmung zu beschäftigen. Seit Jahrtausenden nutzt der Mensch das Prinzip der geringen Wärmeleitfähigkeit ruhender Luftschichten für den Wärmeschutz. Schon in der Bronzezeit wurden in waldreichen Gebieten schilf- oder strohgedeckte Blockhäuser gebaut, die einen guten Wärmeschutz hatten. Erstaunlich ist, dass sogar die Wände in der Bronzezeit schon zweischalig gebaut wurden. Mit zwei lehmbeworfenen Flechtwänden, deren Zwischenraum mit trockenem Gras gefüllt wurde, erreichte man hervorragende Dämmwerte, die erst mit der Wärmeschutzverordnung von 1995 wieder erreicht wurden. Bis in die heutigen baukonstruktiven Maßnahmen – wie zweischaliges Mauerwerk – wurde das Prinzip der ruhenden Luftschichten immer wieder aufgenommen.
Der Einsatz von Dämmstoffen kam Anfang des 20. Jahrhunderts in den Fokus durch Kühlhäuser, die mit der Entwicklung der Kältetechnik möglich wurden. Als erste Dämmstoffe nutzte man Kork, Glaswolle und Vulkanfiber. Der bauliche Wärmeschutz gewann an Bedeutung
- durch die Möglichkeiten, Decken, Wände und die Gebäudehülle auf das statisch erforderliche Maß zu beschränken
- durch die steigenden Anforderungen an Wohnkomfort bzw. Feuchteschutz.
Man verwendete vor allem Holzwolle, Kork, Flachsfaser, Baum- und Schafwolle, Leichtbaustoffe auf der Basis von Bims oder Schlacke (Metallurgie) und mineralische Fasern. Der Beginn der Chemieindustrie in den vierziger Jahren führte auch zu ersten Kunst(harz)schäumen.[2]
Die 1937 eingeführte „DIN 4106 Richtlinien für die Mauerdicken der Wohnungsbauten und statisch ähnlicher Bauten” definierte erstmals die Grundlagen für die Anforderungen an Wanddicken nach Klimazonen. Die ersten Mindestanforderungen für den Wärmeschutz im Hochbau entstanden 1952 mit der „DIN 4108 Richtlinien für den Wärmeschutz im Hochbau”. Weitere Impulse für die Entwicklung und den Einsatz von Dämmstoffen kamen als Folge der Ölkrise durch die 1. Wärmeschutzverordnung 1977. Mittlerweile gilt die Energie-Einspar-Verordnung (EnEV). [3]
Bauphysik
Dämmstoffe weisen eine Reihe von bauphysikalischen Kenngrößen auf:
Dichte
Die Dichte und der Dämm- bzw. Leitwert eines Dämmstoffs stehen in einem engen Zusammenhang, im Allgemeinen gilt: Je geringer die Dichte des Dämmstoffs, desto höher ist sein Wärme-Dämmwert. Für die Schalldämmung ist es oft umgekehrt; auch beim sommerlichen Wärmeschutz ist eine größere Dichte von Vorteil.
Wärmedurchgangskoeffizient
Der Wärmedurchgangskoeffizient gibt im statischen Zustand eines geschlossenen Systems (also ohne äußere Einwirkung wie z. B. Wind) an, wie viel Wärme in einer bestimmten Zeit pro Fläche durch ein bestimmtes Wandelement bei 1 Kelvin Temperaturgefälle (früher in K-, heute in U-Werten) dringt.
Wasserdampfdiffusionswiderstand
Der Wasserdampfdiffusionswiderstand gibt an, in welchem Maß der Dämmstoff von Wasserdampf durchdrungen werden kann. Dies ist (neben seiner Eigenschaft, Feuchte aufnehmen bzw. abweisen zu können) wichtig für den Einsatzort des Dämmstoffs. Dampfdichte Konstruktionen sind in Bereichen mit hohem Dampfdruck, also z. B. in Bädern und im Erdreich notwendig, während diffussionsoffene Dämmstoffe in der Nähe von organischen Materialien zu deren Schutz beitragen können. So kann bei diffussionsoffenen Dächern die eindringende Feuchte wieder abgegeben werden, während bei dampfdichten Dächern die Gefahr besteht, dass sich die Feuchte in der Holzkonstruktion anreichert und so langfristig zu deren Zerstörung beitragen kann.
Schalldämmung, Trittschalldämmung
Da Schall über ein weites Frequenzspektrum reicht, ist hier eine Kombination von verschiedenen Eigenschaften nötig. Tiefe Frequenzen wie Gebäudeschwingungen und Frequenzen knapp über der unteren Hörgrenze lassen sich gewöhnlich nur durch große Massen dämpfen (Trägheit der Masse). Höhere Frequenzen werden in porösen Materialien absorbiert („Schallabsorption“, „Schalldämpfung“).
Beim Trittschall kommt es auf die Steifigkeit des Materials an. Zu steife, harte Materialien leiten den Schall (der hier durch einen Schlag auf das Material entsteht) ungehindert weiter. Zu weiche Materialien werden bei Belastung so stark verdichtet, dass sie sich bezüglich der Schallleitung anschließend wie harte Materialien verhalten.
Insofern Schall über Resonanzeffekte verstärkt werden kann, gibt es bei jeder Dämmung bestimmte problematische Frequenzen, die durch die Konstruktion durchgeleitet werden. Diese so genannten Resonanzfrequenzen lassen sich in der Regel nicht vollständig vermeiden.
Dämmstoffideologie
Dämmstoffe werden seit langem ideologisch kontrovers diskutiert. So untersucht die Baubiologie den Einfluss von Dämmstoffen auf das Raumklima und die Wohngesundheit, bspw. die Lungengängigkeit von Faserpartikeln. Die Bauökologie diskutiert die Energiebilanz oder die Ökobilanz von Dämmstoffen, also wie lange der Dämmstoff eingesetzt werden muss, um die Energie einzusparen, die bei seiner Herstellung aufgewendet werden musste. Von der „konventionellen Industrie“ wurden und werden die Argumente oft ignoriert, abgelehnt oder – wenn sie das eigene Produkt unterstützen – für eigene Zwecke genutzt.
Qualität
In Deutschland mussten Dämmstoffe früher entweder nach gültigen Normen (z. B. DIN) oder nach genehmigten Herstellervorschriften hergestellt werden. Dabei wurde die Einhaltung dieser Normen bzw. Vorschriften und die Materialqualität (Leitwert, Dichte usw.) von der Bundesanstalt für Materialprüfung bzw. einer von ihr beauftragten Prüfstelle überwacht (Güteüberwachung). Dämmstoffe mussten daher auf Verpackung oder Material ein Prüfzeichen aufweisen (Ü-Zeichen).
Dies hat sich heute im Zuge der europäischen Harmonisierung und Deregulierung geändert. Teilweise sind die Hersteller bei der alten Überwachung geblieben und nennen sie jetzt Gütesicherung; teilweise haben Herstellerverbände eigene Güte- oder Qualitätskriterien veröffentlicht. Deshalb sollte beim Kauf von Dämmmaterialien auf den Nachweis versprochener Eigenschaften geachtet werden; siehe dazu auch Label oder label-online Baustoffe
Gebräuchliche Dämmstoffe
Gebräuchlich sind
- geschäumte Kunststoffe wie Polystyrol (Styropor, XPS), Neopor oder Polyurethan; meist als Hartschaumplatte,
- geschäumte Elastomere auf Basis von Neopren-Kautschuk, EPDM oder ähnlichen gummiartigen Basismaterialien,
- anorganische Dämmstoffe wie Mineralwolle (z. B. Steinwolle oder Glaswolle), Hochtemperaturwolle, Blähton, Perlite, Kalziumsilikat-Platten und geschäumtes Glas (siehe Schaumglas, Blähglas),
- Naturdämmstoffe aus Nachwachsenden Rohstoffen wie Holzfaser, Holzwolle (zement- oder magnesitgebunden, z. B. Heraklith) oder tierische und pflanzliche Fasern wie Schafwolle, Kokosfaser, Hanffaser, Flachsfaser, Kapok, Kork, See- und Wiesengras sowieSchilfrohr(matten) oder Dämmstoffe aus Recyclingmaterial wie Zellulose aus (Altpapier).
Je nach Materialeigenschaften sind diese Dämmstoffe als Platten – teilweise mit Nut und Feder oder Stufenfalz –, in gerollter Form, als Matten, steif oder halbsteif, häufig auch als Vliesstoffe im Handel.
Daneben gibt es lose Dämmstoffe, die als Schüttdämmstoffe lose aufgebracht, als Einblasdämmstoffe in bestehende oder eigens konstruierte Hohlräume eingebracht oder (z. B. bei Zelluloseflocken) feucht auf senkrechte Wände aufgespritzt werden. Lose Dämmstoffe sind aus verschiedenen Materialien verfügbar, unter anderem aus Zelluloseflocken, Ceralith (aus Roggen, Kalk und Wasserglas), Kork, Blähglas oder Blähton. Eine weitere Anwendungsform sind Dämmstoffe, die erst beim Aufbringen an der Baustelle aufgeschäumt werden, wie Polyurethanschaum (PU-Schaum). Dieser wird zum einen als Montageschaum zum Ausfüllen von Hohlräumen und Spalten verwendet – beispielsweise beim Einbau von Fenstern -, zum anderen auch als Wanddämmstoff in Gebäuden und Fahrzeugen aufgebracht.
Vakuum-Isolationspaneele bestehen aus in Folie verpackten Dämmstoffen, die nach der Befüllung evakuiert werden. Dadurch lässt sich die Wärmeleitfähigkeit bis um das 5- bis 10-fache reduzieren.
Industrieller Einsatz
Viele industrielle Prozesse laufen bei Temperaturen bis 1800° C ab. Teil einer effizienten Steuerung dieser energieintensiven Prozesse ist eine Kombination von Feuerfestprodukten. Neben traditionellen, feuerfesten Steinen und Massen (feuerfester Werkstoff), sind in den letzten Jahrzehnten eine Reihe von wärmedämmenden Produkten wie Feuerleichtsteine und Hochtemperaturwolle entwickelt worden.
Weblinks
Commons: Dämmstoffe – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien- chemgapedia: Der Wärmeleitfähigkeitskoeffizient λ
- enbausa: Dämmstoffarten, technische Daten, Kennzahlen
Einzelnachweise
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