- Wiener Becken
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Das Wiener Becken bezeichnet aus geologischer Sicht ein tektonisches Becken im Nahtbereich zwischen Alpen, Karpaten und der Pannonischen Tiefebene. Die weite Ebene hat einen spindelförmigen Grundriss mit einer Ausdehnung von 50 × 200 km und liegt zu etwa 80 % in Niederösterreich und Wien, der nördlichste Teil hingegen in Tschechien und der Slowakei. Aus geografischer Sicht wird mit dem Namen manchmal nur das annähernd dreieckige Becken südlich der Donau bezeichnet, während die Nordhälfte meist Marchfeld genannt wird. Geologisch zählt es zum Typus der Einbruchs- und Sedimentbecken. Es trennt die Alpen von den Karpaten, verbindet sie aber über identische Gesteine im Untergrund. Sie ist der westlichste Teil des eurasischen Steppengürtels einer großen Vegetationszone.
Inhaltsverzeichnis
Das Wiener Becken in geografischer Sicht
Morphologisch hat das Becken überwiegend den Charakter einer Ebene, stellenweise aber auch eines flachen Hügellandes. Der Teil südlich der Donau wird unterteilt in die sogenannte Feuchte Ebene im Norden und die Trockene Ebene im Süden, auch Steinfeld genannt. Die fürs Auge deutlichste Grenze dieses südlichen Beckenteils ist die Thermenlinie im Westen, wo sich die Ausläufer der Alpen (Wienerwald) unvermittelt etwa 300-400 m in die Ebene absenken und die Kalkalpen sogar um bis zu 1000 Höhenmeter. Die Linie bleibt bis Wien deutlich sichtbar und läuft bei der Wiener Pforte im Nordwesten der Stadt aus. Die anderen Begrenzungen sind die Donau im Norden, das Leithagebirge im Osten und das Rosaliengebirge im Südosten; dazwischen bildet die Ödenburger Pforte einen Übergang in Richtung Ungarn. Im äußersten Süden, wo das Becken bereits schmal ist und zu den Bergen hin leicht ansteigt, wird es durch die Bucklige Welt und das Semmeringgebiet begrenzt, und nach Osten (zur Pannonischen Tiefebene) durch die Hundsheimer Berge und die Ungarische Pforte.
Der nördliche Beckenteil – hauptsächlich vom Marchfeld eingenommen – hat als Begrenzung im Westen und Nordwesten die Waschbergzone und die Leiser Berge. Im Norden reicht das Becken in die Thaya- und March-Niederungen Mährens und der Slowakei, die Ostgrenze zurück zur Donau verläuft am Fuße der Kleinen Karpaten.
Im südlichen Becken und an seinem Westrand, der Thermenlinie, wo das Gelände von 800 bis 2000 m auf eine Höhe von 150-200 m ü. A. in der Ebene abfällt, kommt es regelmäßig zu kleineren Erdbeben. An der Thermenlinie finden sich hydrothermale Quellen, Heilquellen und Mineralwasser-Quellen. Zahlreiche Bade- und Kurorte liegen an den Beckenrändern, zum Beispiel am westlichen Rand Baden, Bad Vöslau, Oberlaa, Bad Fischau und am Ostrand Bad Deutsch-Altenburg und Bad Sauerbrunn.
Verwaltungstechnisch liegen im Wiener Becken Teile der Bezirke Mödling, Baden, Bruck an der Leitha, Wien-Umgebung, Neunkirchen und Wiener Neustadt.
Wirtschaft
Im Osten herrscht noch die Landwirtschaft vor, wobei hauptsächlich Getreide und Zuckerrüben angebaut werden. Aber auch hier macht sich der Strukturwandel bemerkbar, so wurden zum Beispiel die Zuckerfabriken in Bruck an der Leitha und Siegendorf stillgelegt. An Stelle der Brucker Zuckerfabrik wurde eine Ölmühle für Biodiesel errichtet und die Bauern setzen vermehrt auf den Anbau von Raps und Sonnenblumen.
Durch die Lehmvorkommen entstand schon Ende des 19. Jahrhunderts eine erste Industrie in Form der Ziegelindustrie südlich von Wien. Am südlichen Rand Wiens, am Wienerberg, begann die Geschichte der Ziegelproduktion der Firma Wienerberger AG. In dieser Zeit kamen viele Zuwanderer aus den Kronländern ins Wiener Becken. Diese werden noch heute spricht umgangssprachlich als Ziegelböhmen oder Ziegelbehm bezeichnet. In der Folge der Ziegeleien sind auch viele Ziegelteiche entstanden, die heute zum Teil unter Naturschutz gestellt wurden oder als Badeteiche genutzt werden. Die meisten Ziegelteiche wurden im Zuge der Industrieansiedlungen in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts wieder zugeschüttet.
Wirtschaftlich zählt vor allem der nördliche Teil des Wiener Beckens, das zum Umland von Wien gehört, zu den wirtschaftlich stärksten Regionen Österreichs. So ist im Bezirk Mödling das höchste Pro-Kopf-Steueraufkommen Österreichs zu verzeichnen. Erwähnenswert ist hier das größte Industriegebiet der Eco Plus, das Industriezentrum Niederösterreich Süd (IZ NÖ-Süd), das sich über die Gemeindegebiete Wiener Neudorf, Biedermannsdorf, Guntramsdorf und Laxenburg erstreckt sowie die Shopping City Süd (SCS) in Vösendorf. Aber auch der Flughafen Wien-Schwechat mit der um ihn angesiedelten Wirtschaft stellt einen Wachstumsmotor dar. Bis auf Wiener Neustadt, das erst später wirtschaftlich aufgeholt hat, sind Gebiete Dank der Wasserkraft von Schwechat, Triesting und Piesting vorwiegend durch Textilbetriebe sehr früh industrialisiert worden. Viele Betriebe mussten durch den Strukturwandel große Probleme durchmachen. Dies betrifft zum Beispiel auch ehemalige Paradeunternehmen wie die Semperit AG in Traiskirchen. So müssen heute viele Menschen in Richtung Wien auspendeln. Vereinzelt werden aber auch wieder neue Betriebe wie Magna International mit der Europazentrale in Oberwaltersdorf oder der Pferdesportpark in Ebreichsdorf angesiedelt.
Verkehrstechnisch wurde das Gebiet schon sehr zeitig erschlossen. So sind bereits alte Römerstraßen bekannt und die Bernsteinstraße führte durch das Wiener Becken. In der Neuzeit wurden hier zeitig Eisenbahnen gebaut. So führen heute etwa 10 von Wien aus gehende Bahnlinien, 5 Autobahnen durch die Ebene und rund 20 Bundesstraßen verbinden die Verkehrsknoten der Region.
An der Thermenlinie, die als Wetterscheide fungiert, gibt es seit der Römerzeit Weinbau, hier liegen die Weinorte Sooß und Gumpoldskirchen.
Im südlichen Teil, dem sogenannten Steinfeld, ist der Boden durch eiszeitliche Schotterablagerungen sehr karg und der sogenannte Schneebergwind aus dem Westen verbläst die wenigen Zentimeter fruchtbare Erde. Deswegen wurde unter Maria Theresia begonnen, Schwarzföhrenwälder anzupflanzen, einerseits, um Harz für die Pecherei zu gewinnen und andererseits, um den Boden zu befestigen.
Probleme verursachen zum Teil die im Zuge der Industrialisierungswelle in der Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg angelegten Mülldeponien, wie die Fischer-Deponie, die schlecht abgedichtet ihre Schadstoffe, vor allem Kohlenwasserstoffe, langsam an das Grundwasser abgeben. Mit teuren, meist von der öffentlichen Hand durchgeführten, Sanierungen werden aber die Grundwasservorkommen im östlichen Teil, der so genannten Mitterndorfer Senke, als Trinkwasser wieder verwendbar gemacht. Diese Vorkommen können auch zusätzlich zu den Wiener Hochquellenwasserleitungen die Stadt Wien mit Wasser versorgen. Aber auch andere Ortswassernetze wie das von Mödling oder der Triestingtaler Wasserleitungsverband haben hier zusätzliche Quellen.
Das Becken in geologischer Sicht
In der Geologie gilt das Wiener Becken als Prototyp eines tektonischen Einbruchsbeckens. Es stellt die Verbindung zwischen Ostalpen und Westkarpaten dar, die in seinem Untergrund – von kilometerdicken Sedimenten überlagert – geophysikalisch noch gut zu orten ist. Die unterirdischen Berghänge haben entlang einiger Störungslinien und Staffelbrüche wie dem Leopoldsdorfer Bruch und dem Steinbergbruch Höhendifferenzen von bis zu 6 km, was dem Relief des ursprünglichen Gebirges vor der späteren Erosion entspricht. Wirtschaftlich ist es u. a. durch große Erdöl- und Erdgasfelder bedeutsam, aus denen Österreich noch heute über 10% seines Bedarfs fördert.
Gliederung
Das Wiener Becken gliedert sich in mehrere Bereiche:
- Wiener Becken im engeren Sinn. Es liegt zu etwa 80% in Niederösterreich:
- einige Randgebiete, vor allem
- im Osten bei Ödenburger Pforte (auch Wiener Neustädter Pforte) und Leithagebirge (beides in Österreich)
- im Nordosten die Chvojnická pahorkatina (Chvojnica-Hügelland) in der Westslowakei.
Das Bor-Tiefland und das Chvojnice-Hügelland werden in der Slowakei unter dem Namen Záhorská nížina (Záhorie Tiefland) zusammengefasst.
Der Beckenuntergrund (Basement) besteht – entsprechend den geologischen Zonen der Alpen – von Süden nach Norden aus Grauwacke, Kristallin, Kalkgestein und Flysch. Die Sedimentdecke, die an der Oberfläche eine Dichte um 2,0 g/cm³ hat, ist in 5 km Tiefe durch den Druck auf etwa 2,5 g/cm³ kompaktiert.
Geologisch im Zusammenhang steht auch eine westliche Fortsetzung des Beckens bei Korneuburg. Dieses sogenannte Korneuburger Becken hat Ausmaße von etwa 5 x 18 km und erstreckt sich vom Donauknie bei der Wiener Pforte nach Norden ins Weinviertel, wo es allmählich in die Waschbergzone übergeht. Es wird von zwei niedrigen Bergketten (Bisamberg und Rohrwald) eingerahmt und ist daher vom Typ inneralpines Becken.
Entstehung des Beckens
Die vortertiäre Basis des Beckens sank im mittleren Tertiär – gegen Ende der alpinen Gebirgsbildung vor etwa 20 Millionen Jahren – langsam in die Tiefe, da die Erdkruste im Bereich Wiens eine tektonische Schwächezone hat. Diese Bewegung hält mit 1 bis 2 mm pro Jahr auch heute noch an. Das führt im Jahr zu circa drei bis vier spürbaren Erdbeben, vor allem im südlichen Bereich rund um Wiener Neustadt. Stärkere Beben treten nur alle 20 bis 30 Jahre auf.
In den Jahrmillionen seit seinem Absinken wurde das Wiener Becken mit Meeres- und Fluss-Sedimenten aufgefüllt, deren Mächtigkeiten bis zu 6 km erreichen kann. Sie stammen vom hier befindlichen Meer und aus den Ostalpen, vom Wienerwald und den Karpaten. Die obersten Zehnermeter wurden in den letzten Eiszeiten abgelagert.
Die Sedimente sind – wie auch im ungarischen Pannonien und im südwestdeutschen Rheingraben – vornehmlich klastische Sedimente: Schotter, Sande, Mergel und der „Wiener Tegel“. Sie sorgen für teilweise fruchtbare Ackerböden und gutes Trinkwasser im Untergrund.
Der prätertiäre Beckenboden (Basement) besteht aus Sandstein beziehungsweise Flysch, Kalkstein, Grauwacke und Kristallin und spiegelt die lokalen Gesteine der zutageliegenden Beckenränder bzw. der Randgebirge wider. Das Basement hat eine spezifische Dichte zwischen 2,6 und 2,8 g/cm³, wogegen die Sedimente an der Oberfläche nur etwa 2,0 besitzen.
Der resultierende Dichtekontrast von 0,4 bis 0,8 g/cm³ wurde schon früh mit gravimetrischen Methoden untersucht, aber auch mit Seismik und mittels Lotabweichungen. Denn in Tiefen von etwa 500 bis 4000 m befinden sich große Mengen an Erdöl und Erdgas, die seit den 1930er-Jahren gefördert werden.
Siehe auch
Heuriger, Weinviertel, Tornado in Wiener Neustadt 1916, Pannonisches Klima
Literatur und Weblinks
- E.Thenius, Niederösterreich. Geologie der österr. Bundesländer, Verlag der GBA, Wien 1974
- G.Gerstbach, Bestimmung der Sedimentdicke im Testfeld "Wiener Becken". Zeitschr.f.Vermessungsw., Stuttgart 1982
- Geologische Bundesanstalt, Wiener Becken und angrenzende Gebiete. Geolog.Karte 1:200.000 und Erläuterungen, Wien 1993
- Tiefes Kreidemeer, tropische Flachsee und eiszeitlicher Staub
Einzelnachweise
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