Südwestdeutsches Stufenland

Südwestdeutsches Stufenland
Das Südwestdeutsche Stufenland mit den Haupteinheitengruppen D57-D62 und D69 nach BfN

Das Südwestdeutsche Stufenland ist eine geologisch und geomorphologisch durch Schichtstufen geprägte Großlandschaft östlich des Oberrheingrabens in Bayern, Baden-Württemberg, Hessen, Thüringen und, zu geringen Anteilen, in der Schweiz. Sie ist durch die Anhebung von Schwarzwald und Odenwald vor etwa 6 Millionen Jahren entstanden und die Entstehung hängt unmittelbar mit der des Oberrheingrabens zusammen. Linksrheinisch liegt ihr das Nordfranzösische Schichtstufenland gegenüber.

Das Südwestdeutsche Stufenland wird in der Literatur auch unter Südwestdeutsches Schichtstufenland, Südwestdeutsche Schichtstufenlandschaft, Schwäbisch-Fränkische(s) Schichtstufenland(schaft) und Süddeutsche(s) Schichtstufenland(schaft) geführt, wobei diese Begriffe im engeren Sinne nur die „echten“ Schichtstufenlandschaften aus Trias und Jura bezeichnen, was die Grundgebirge von Spessart, Schwarz- und Odenwald im Westen ausgrenzt.

Das Südwestdeutsche Stufenland stellt nach den Arbeiten der ehemaligen Bundesanstalt für Landeskunde eine Großlandschaft 2. Ordnung dar, wobei das Oberpfälzisch-Obermainische Hügelland teils als eigenständige Großlandschaft 2. Ordnung aufgefasst wird.[1]

Inhaltsverzeichnis

Lage und Kurzbeschreibung

Das Südwestdeutsche Stufenland stößt in steilem Abfall im Westen an den Oberrheingraben und im Nordwesten an das Rhein-Main-Tiefland. Im Norden stößt es an das Osthessische Bergland mit Vogelsberg und Rhön, im Nordosten an das Thüringisch-Fränkische Mittelgebirge mit Thüringer Wald, Thüringer Schiefergebirge, Frankenwald und Fichtelgebirge (alles Teile der Mittelgebirgsschwelle) sowie im Osten an den Oberpfälzer und den Bayerischen Wald als Teile der Böhmischen Masse. Nach Süden stellt das Tal der Donau die Grenze zu den Voralpen dar.

Die Großlandschaft enthält von Westen nach Osten: 1. die Mittelgebirge Schwarzwald, Odenwald und Spessart (Grundgebirge und Buntsandstein); 2. das von Südwesten nach Nordosten verlaufende Band des Muschelkalks und des Keuperberglandes (Keuper); 3. Schwaben- und Frankenalb (Jura).[2] [3]

Das eigentliche Südwestdeutsche Schichtstufenland besteht aus der Großlandschaft abzüglich der Anteile an Grundgebirge in Spessart, Odenwald und Schwarzwald im Westen. Infolge der unterschiedlichen Widerstandsfähigkeit der Gesteine des Südwestdeutschen Schichtstufenlands haben sich vier Haupt-Schichtstufen entwickelt (s. Abschnitt Erdgeschichtliche Entwicklung).

Naturräumliche Gliederung

Nach dem Handbuch der naturräumlichen Gliederung Deutschlands und seinen Nachfolgepublikationen stellt das südwestdeutsche Stufenland eine naturräumliche Großregion 2. Ordnung innerhalb der Mittelgebirge (1. Ordnung) dar. Die untergeordneten Großregionen 3. Ordnung stellen in der Regel eine Haupteinheitengruppe dar, jedoch werden sie hier in den Stufen Muschelkalk (Gäue), Keuper-Lias(-Dogger) und Jura (bzw. Malm, Alben) je in eine Schwäbische und eine Fränkische Gruppe geteilt.[4]

Das Südwestdeutsche Stufenland wird wie folgt in Haupteinheitengruppen (zweistellig) und Haupteinheiten (dreistellig) aufgeteilt:[5] [6]
(in Klammern je die Zugehörigkeit zum Grundgebirge (G) bzw. zur Schichtstufe Buntsandstein (B), Muschelkalk (M), Keuper (K), Schwarzer Jura (SJ, Lias), Brauner Jura (BJ, Dogger) und Weißer Jura (WJ, Malm))

Das Bundesamt für Naturschutz fasst das Südwestdeutsche Stufenland mit dem kompletten Oberrheinischen Tiefland (ebenfalls Großregion 2. Ordnung und Grenzregion zum Nordfranzösischen Schichtstufenland im Westen) zur Übereinheit Südwestliche Mittelgebirge/Stufenland zusammen.[5]

Antiklinal-Stufenland zwischen Paris und Böhmerwald

Das Südwestdeutsche Stufenland ist Teil eines Antiklinal-Stufenlandes, das sich vom Böhmerwald bis ins Pariser Becken erstreckt. Dieses Antiklinal-Stufenland geht auf die tektonisch bedingte Aufwölbung der Erdoberfläche zwischen Paris und Böhmerwald zurück. Nach dem Einbruch des Oberrheingrabens im Bereich der maximalen Hebung und Dehnung haben sich vor allem westlich und östlich des Grabenbruchs Schichtstufenländer gebildet, deren Gesteinsschichten jeweils vom Oberrhein weg abfallen: im Westen (Nordfrankreich und Pfalz) das Nordfranzösische Schichtstufenland und im Osten (Baden-Württemberg und Nordbayern) das Südwestdeutsche Schichtstufenland. Diese beiden großflächigen Schichtstufenländer sind im Süden verbunden durch die Schichtstufen vor allem des „Tafeljura“ am Hochrhein, in der Region Basel sowie in der Ajoie und in der restlichen Burgundischen Pforte. Im Bereich des Faltenjura um den Südrand des Oberrheingrabens im Sundgau (Pfirter Jura) sind die beiden Schichtstufenländer (ungefaltete Schichten) auf kurze Distanz voneinander getrennt.

Die beteiligten Gesteinsschichten wurden in den mesozoischen Perioden Trias und Jura gebildet. Durch unterschiedliche Abtragungsresistenz und Klüftigkeit verschiedener ungefalteter und leicht schrägliegender Gesteinsschichten sind durch Erosion Schichtstufen gebildet worden.

Erdgeschichtliche Entwicklung

Das heutige Schichtstufenland war während des Erdmittelalters (Mesozoikum) Sedimentationsgebiet. Vor etwa 350 Millionen Jahren hatte sich in diesen Raum ein großes Becken gebildet, welches von Gebirgszügen und Schwellen umgeben war. Schon davor hatte sich in zahlreichen Senken Abtragungsprodukte des Variskischen Gebirges als Rotliegendes akkumuliert. In der Trias und im Jura lag das Gebiet mal über, mal unter dem Meeresspiegel, so dass abwechselnd Schichten mit kontinentalen und marinen Ablagerungen entstanden.

Die heute charakteristischen Schichtstufen bilden sich seit dem Neogen, nachdem aufgrund plattentektonischer Prozesse der Oberrheingraben vor ca. 30 Mio. Jahren angelegt wurde. Hierbei wurden die Gebiete beiderseits des Grabens stark angehoben, wobei auf deutscher Seite der Schwarzwald und im Westen auf französischer Seite die Vogesen entstanden. Die Anhebung hatte zur Folge, dass im gesamten süddeutschen Schichtstufenland die Schichten nicht mehr horizontal liegen, sondern vom Oberrheingraben ausgehend nach Westen bzw. Osten einfallen. Durch die Anhebung und Schrägstellung der Schichten sind sie nun der Verwitterung ausgesetzt, wobei härtere Schichten der Abtragung länger standhalten als weichere. So verwittern Tonsteine relativ leicht und bilden Verflachungen, während die harten Sandsteine oder Kalksteine weniger verwitterungsanfällig sind und Steilstufen ausbilden. Die dabei entstandenen Strukturformen ermöglichen die Betrachtung der geologischen Schichtglieder an der Erdoberfläche.

Die wichtigsten Ablagerungsschichten sind nach Abschnitten des Mesozoikums benannt. Diese sind hinsichtlich ihres Ausstreichens von West nach Ost Buntsandstein, Muschelkalk, Keuper, Schwarzer Jura, Brauner Jura und Weißer Jura. Der Buntsandstein bildet die erste der vier großen Schichtstufen. Er findet sich im Nordschwarzwald, im Spessart und am Ostrand des Odenwalds, und sorgte dort für das Weiterbestehen großer Waldgebiete, da der auf ihm entstehende Boden wenig fruchtbar ist. Der Muschelkalk ist Grundlage der fruchtbaren Gäulandschaften von der Baar bis nach Unterfranken. Die vom Muschelkalk gebildete zweite Großstufe ist meist nur wenig ausgeprägt. Der wiederum weniger fruchtbare Keuper ist namensgebend für die Schichtstufe der Keuperbergländer, die als dritte große Schichtstufe vor allem durch den Keupersandstein bedingt wird. Die höchste und markanteste Schichtstufe schließlich – der Nord- und Nordwestrand der Schwäbischen und Fränkischen Alb – wird vor allem vom Weißen Jura, im Südwesten auch vom Braunen Jura gebildet.

Menschliche Nutzung und wirtschaftliche Bedeutung

Der Oberrheingraben und das Mainzer Becken verfügen durch die eiszeitlichen Lössablagerungen über relativ fruchtbares Ackerland. In den Gebirgen des Schichtstufenlands erbringen die Böden geringe bis mittlere Erträge. An den Stellen, an welchen Kalksteine an die Oberfläche gelangen, kommt es durch Verkarstung zu Höhlenbildungen, wodurch in diesen Regionen die Niederschläge fast vollständig versickern. Hierdurch sind diese Gebiete sehr wasserarm. Dies ist etwa bei der Schwäbischen und der Fränkischen Alb der Fall, welche sich nördlich des Oberlaufs der Donau erstrecken. In den niedrigen Lagen des Schichtstufenlands ist Weinbau weit verbreitet, in höheren Gebirgslagen spielt die Forstwirtschaft eine wichtige Rolle.

Einzelnachweise

  1. Aufteilung seit 1969, wie sie noch bis zur Auflösung der Bundesanstalt Anfang der 1990er Jahre publiziert wurde.
  2. Emil Meynen und J. Josef Schmithüsen: Handbuch der naturräumlichen Gliederung Deutschlands. Erste Lieferung, Bundesanstalt für Landeskunde, Remagen 1953
  3. Westermanns Lexikon der Geographie. Braunschweig 1973
  4. Karte der Großregionen und Haupteinheitengruppen, unter dem Link "Quelle" eine Original-Kartenübersicht der Bundesanstalt für Landeskunde über die Großregionen 1. bis 3. Ordnung.
  5. a b Kartendienste des BfN
  6. E. Meynen und J. J. Schmithüsen: Handbuch der naturräumlichen Gliederung Deutschlands Band 2 - Bundesanstalt für Landeskunde, zweite Lieferung Remagen 1955, aktualisierte Karte 1:1.000.000 mit Haupteinheiten 1960

Siehe auch

Literatur

  • H. Dongus: Die Oberflächenformen Südwestdeutschlands. Borntraeger, Berlin, Stuttgart 2000.
  • O. F. Geyer, M. P. Gwinner: Geologie von Baden-Württemberg. E. Schweizerbart’sche Verlagsbuchhandlung, Stuttgart 1991.
  • E. Meynen, J. Schmidthüsen, J. Gellert, E. Neef, H. Müller-Miny, J. H. Schultze (Hrsg.): Handbuch der Naturräumlichen Gliederung Deutschlands. Band II, Bad Godesberg 1959–1962.
  • P. Rothe: Die Geologie Deutschlands. 48 Landschaften im Portrait. Wissenschaftliche Buchgesellschaft, Darmstadt 2005.
  • Roland Walter et al.: Geologie von Mitteleuropa. 5. Auflage. Schweizerbart’sche Verlagsbuchhandlung, Stuttgart 1992, ISBN 3-510-65149-9, S. 369.

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