- Artemis
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Artemis (griechisch Ἄρτεμις) ist in der griechischen Mythologie die Göttin der Jagd, des Waldes und die Hüterin der Frauen und Kinder. Sie zählt zu den zwölf großen olympischen Göttern und ist damit eine der wichtigsten Gottheiten der griechischen Religion.
Inhaltsverzeichnis
Gleichsetzungen
Artemis wurde schon im 5. Jahrhundert mit Hekate identifiziert. In der hellenistischen Theologie wurde sie mit der Mondgöttin Selene gleichgesetzt,[1] in der römischen Kaiserzeit dann mit verschiedenen Göttinnen, vor allem als Mondgöttin mit der Isis.[2][3] Die Tatsache, dass Apollon und Artemis Zwillinge sind, wird in der Spätantike durch einen Dualismus in ihrer Rollenverteilung deutlich: Demnach repräsentierten sie die Gestirne Sonne und Mond; Apollon dem Sonnengott Helios gleichgesetzt, Artemis mit Selene.
Bei den Römern entsprach ihr die Diana und bei den Etruskern die Artumes.
Zuschreibungen
Beinamen
Ihr Geburtsort verlieh der Göttin den Beinamen Kynthia (griech. Κύνθια, „(die) vom Berg Kynthos Kommende“), wobei die lateinische Schreibweise Cynthia lautet. Ein weiterer Beiname der Göttin ist Phoibe (griechisch Φοιβε, lateinisch Phoebe), nach ihrer Großmutter. Auch hatte sie den Beinamen Delia, welcher soviel wie die von der Insel Delos Stammende bedeutet. Nach der griechischen Sage wurden Artemis und ihr Bruder Apollo auf dem Berge Kynthos auf der Insel Delos geboren.
Eine Sonderform der Artemis stellt die Artemis Ephesia dar, die in dem ihr geweihten berühmten großen Tempel in Ephesos, einem der Sieben Weltwunder der Antike, verehrt wurde. Ihre Statue in Ephesos zeigt ihren Oberkröper bedeckt mit Brüsten dar, da sie die Ernährerin aller Lebewesen verkörpert. Nach anderer Deutung handelt es sich um Stierhoden, die für Fruchtbarkeit stehen.
Attribute
Ihre berühmtesten Attribute sind der Pfeil und der silberne Bogen, welcher ihr von den Zyklopen geschenkt wurde und auch die Mondsichel symbolisiert. Mit diesem sandte sie treffsichere Pfeile gegen die Sterblichen, um Krankheiten über sie zu bringen. Neben Pfeil und Bogen sind ihre Attribute das Wermutkraut (lat. „Artemisia absinthium“) und die Zypresse.
Auch gelten die Tiere des Walds als Attribute.
Charakter
Artemis wird meist als jungfräuliche Jägerin beschrieben[4], die allein oder von gleichfalls jungfräulichen Nymphen begleitet durch die Wälder streift.
Artemis hat den Ruf einer grausamen und strengen Göttin: Beispielsweise steht sie mit Männern auf dem Kriegsfuß, da sie jene für die Geburtswehen der Frauen verantwortlich macht. In dieser Funktion als Hüterin der Gebärenden wird sie mitunter mit Eileithyia oder Hera gleichgesetzt. Der zerstörerische Aspekt der Artemis wurde vor allem bei abnehmendem Mond geehrt. Artemis war eine wilde, unzähmbare Göttin, die Leben nicht nur gibt, sondern auch nimmt. Artemis ist, wie Hestia oder Athene, eine jungfräuliche Göttin; sie bewahrt ihre Unschuld mit größter Hartnäckigkeit und verbietet auch ihren eigenen Anhängerinnen eine Defloration.
Funktion
In der Ilias wird Artemis die „Herrin der Tiere“ genannt, deren Junge unter ihrem Schutz stehen. Ihre Begleiter sind neben anderen Jungfrauen Hunde. Hunde sind traditionellerweise Wächter des Tores zur Unterwelt; Artemis wird teilweise auch als Unterweltgöttin betrachtet, da sie unter anderem mit der Hexengöttin Hekate gleichgesetzt wird. Sie jagt nach einigen Sagen in Neumondnächten, während sie in den übrigen Nächten den Mondwagen über den Himmel lenkt. Sie schützte sie Frauen jeden Alters sowie Kinder beiderlei Geschlechts. Gleichzeitig wird Artemis zu den Fruchtbarkeitsgöttern gerechnet. Artemis kam als erste von den beiden Zwillingen auf die Welt, und half ihrer Mutter bereits bei Apollos Entbindung.[5] Deshalb beteten die Frauen zu Artemis um eine leichte Geburt.[4]
Mythos
Ihre Eltern sind Hesiod zufolge Leto und der oberste griechische Gott Zeus [6], ihr Zwillingsbruder ist Apollon [4]. Die von Zeus geschwängerte Leto war auf der Flucht vor dessen eifersüchtiger Ehefrau Hera.[5] Diese bewirkte jedoch, dass kein einziger Ort der Erde Leto einen Platz zum Gebären bieten sollte. Schließlich wurde Leto von der schwimmenden Insel Delos aufgenommen.[7] Die Göttin lag neun Tage lang in den Wehen.[5]
Beim Angriff der Giganten auf die Olympischen Götter (Gigantomachie) schoss Artemis den Giganten Gration mit einem Pfeil nieder, der daraufhin von Herakles ebenfalls mit einem Pfeil getötet wurde.
Als Artemis’ Lieblingsgefährtin Kallisto von Zeus beschlafen worden war und den Arkas geboren hatte, wurde sie von Artemis in eine Bärin verwandelt und weggejagt, da eine Entjungferung für die Anhängerinnen der Göttin verboten war. In einer anderen Fassung war es die eifersüchtigen Hera, die Kallisto so bestrafte. Zeus versetzte Kallisto als „Große Bärin“, (lat. „Ursa Major“, Großer Wagen) in den Himmel.
Die bekannteste Erzählung über ein Zusammentreffen mit einem Mann ist die von Aktaion, einem Enkel des Kadmos, welcher ein leidenschaftlicher Jäger war. Als er wieder einmal jagte und sich in der Mittagshitze einen kühlen Platz im Wald suchte, gelangte er in ein schattiges Tal, welches Artemis geweiht war. In seinem Grund befand sich eine Grotte, wo die Göttin gerade badete. Als Aktaion sie dann nackt sah, verwandelte sie ihn in einen Hirsch, um zu verhindern, dass er von dieser verbotenen Begegnung erzähle. Aktaion wurde wenig später von seinen eigenen Jagdhunden zerfleischt.[8]
Eine Interpretation behauptet, dass Aktaion ein Heiliger König war, der mit Artemis in ihrer Hirschgestalt Hochzeit hielt und am Ende seiner Zeit sterben musste.
In der Realität wurde diese Jagd von Artemis-Priesterinnen nachgespielt, die mit Hundekopf-Masken bedeckt waren und einen als Hirsch verkleideten Mann jagten.
Als leidenschaftliche Jägerin freundete Artemis sich mit Orion, dem prächtigen und wilden Jäger, an. Ihr Zwillingsbruder Apollon erzürnte sich darüber und forderte Artemis zum Wettkampf heraus: Es gelinge ihr sicher nicht, einen verschwommenen Punkt sehr weit draußen im Meer mit ihrem Pfeil zu treffen. Artemis schaffte dies sehr wohl - und bemerkte zu spät, dass sie damit den Kopf des dort schwimmenden Orion durchbohrt hatte. Deshalb erhob sie ihn als Sternbild in den Himmel, dessen Schulterstern Beteigeuze hell leuchtet, dessen Kopfstern aber schwerer sichtbar ist.
Ein weiterer Mythos sieht Orion als den Jäger, der alle wilden Tiere des Erdkreises töten wollte. Die Erde oder Artemis selbst brachte daraufhin einen Skorpion hervor, gegen den Orion nichts ausrichten konnte und der ihn schließlich tötete, wonach beide als Sternbild in den Himmel versetzt wurden.
Die Seherin Manto, eine Tochter des Teiresias, rief die thebanischen Frauen auf, der Gottheit Leto Opfer darzubringen. Niobe jedoch versuchte das Volk zu überreden, der Göttin Leto keine Opfer mehr zu bringen. Sie begründete dies damit, dass sie vierzehn Kinder, sieben Jungen und sieben Mädchen, habe und damit Letos zwei Kinder bei weitem übertraf. Dieses erzürnte die Göttin, die die Geschehnisse vom Berg Kynthos aus angesehen hatte[9], derart, dass sie ihre Kinder Artemis und Apollon bat, ihr Genugtuung zu verschaffen. Mit Pfeil und Bogen tötete Artemis die Mädchen, Apollon die Jungen (ein Motiv zahlreicher antiker Plastiken).[10]
Meleagros, der Sohn des kalydonischen Königs Oineus und dessen Gemahlin Althaia, vergaß einmal, Artemis ein Opfer zu bringen, während er an alle anderen Götter dachte. Daraufhin entsandte diese den furchtbaren Kalydonischen Eber, welcher die Saatfelder und alle anderen bebauten Felder verwüstete. Meleagros begab sich, begleitet unter anderem von Atalante, auf die Jagd nach dem Tier.[11]
Kurz vor dem Beginn des Trojanischen Krieges schickte Artemis eine Windstille, da Agamemnon, der Anführer der Achaier, auf der Jagd eine ihr geweihte Hirschkuh erlegt hatte.[4] Teilweise wird auch als Grund genannt, dieser habe sich gebrüstet, ein besserer Schütze als sie zu sein.[12] Daraufhin forderte Artemis dessen älteste Tochter Iphigenie zum Opfer. Allerdings hatte Artemis im letzten Augenblick Erbarmen mit dem Mädchen, rettete es vom Opfertisch, legte eine Hirschkuh auf den Altar und entrückte sie als Priesterin nach Tauris (siehe oben; vgl. auch: Iphigenie auf Tauris).
Die dritte der zwölf Aufgaben des Herakles bestand darin, eine heilige Hirschkuh mit einem goldenen Geweih zu fangen. Als Artemis ihre Jagdprobe hatte ablegen müssen, war diese Hirschkuh eine der fünf gewesen, die Zeus ausgewählt hatte. Nachdem Herakles die Kuh ein Jahr lang gejagt und schließlich gefangen hatte, zog er sich Artemis’ Zorn zu, da ihr die Hirschkuh geweiht gewesen war. Näheres siehe Kerynitische Hirschkuh.[13]
Bezüge in der modernen Literatur
Der irische Schriftsteller Eoin Colfer benannte seine Romanfigur Artemis Fowl nach der griechischen Göttin. Im dritten Band der Buchreihe „Artemis Fowl - der Geheimcode“ erklärt Fowl: „Artemis ist normalerweise ein Frauenname, nach der griechischen Göttin der Jagd. Doch ab und an taucht ein Mann auf, der wegen seines Talents für die Jagd das Recht erlangt, den Namen zu tragen.“ [14].
In der Buchreihe um Percy Jackson wird Artemis im dritten Band Percy Jackson: Der Fluch des Titanen von Atlas entführt, von Percy, Grover und Thalia jedoch wieder befreit.
Literatur
- Ch. Augè, P. Linat de Bellefonds: Artemis in peripheria orientali. In: Lexicon Iconographicum Mythologiae Classicae (LIMC). Band II, Zürich/München 1984, S. 766–771.
- Anton Bammer: Das Heiligtum der Artemis von Ephesos. 1984.
- E. Bevan: The Goddess Artemis and the Dedication of Bears in Sanctuaries. In: The Annual of the British School at Athens. Band 82, 1987, S. 17-22.
- Walter Burkert: Structure and History in Greek Mythology and Ritual. Berkeley/Los Angeles/London 1979, S. 123-142.
- Elif Tül Eǧilmez: Darstellungen der Artemis als Jägerin in Kleinasien. Dissertation. Mainz 1980
- Robert Fleischer: Artemis Ephesia. In: Lexicon Iconographicum Mythologiae Classicae (LIMC). Band II, Zürich/München 1984, S. 755–763.
- Robert Fleischer: Artemis von Ephesos und verwandte Kultstatuen aus Anatolien und Syrien. Études préliminaires aux religions orientales dans l'Empire romain 35. Brill, Leiden 1973, ISBN 90-04-03677-6
- Wolfgang Helck: Betrachtungen zur Großen Göttin und den ihr verbundenen Gottheiten. München/Wien 1971.
- B. Johnson: Lady of the Beasts. Ancient images of the goddess and her sacred animals. San Francisco 1981.
- L. Kahil: Artemis. In: Lexicon Iconographicum Mythologiae Classicae (LIMC). Band II, Zürich/München 1984, S. 618–753.
- G.M. Rogers: The Sacred identity of Ephesos. 1991.
- Theodor Schreiber: Artemis. In: Wilhelm Heinrich Roscher (Hrsg.): Ausführliches Lexikon der griechischen und römischen Mythologie. Band 1,1, Leipzig 1886, Sp. 558–608 (Digitalisat).
- G. Seiterle: Artemis - die große Göttin von Ephesos. In: Antike Welt. Jahrgang 10, Heft 3, 1979, S. 6-16.
- Erika Simon, Gerhard Bauchhenß: Artemis/Diana. In: Lexicon Iconographicum Mythologiae Classicae (LIMC). Band II, Zürich/München 1984, S. 792–855.
- C. Sourvinou-Inwood: Studies in Girl's Transitions. 1988.
- Ulrich von Wilamowitz-Moellendorff: Der Glaube der Hellenen. Band 2. Weidmann, Berlin 1931–1932, S. 147-150 Online (1931, archive.org).
Weblinks
Commons: Artemis – Album mit Bildern und/oder Videos und Audiodateien- Artemis im Theoi Project (engl.)
- Artemis - schützende und gefürchtete Göttin
Einzelnachweise
- ↑ Erster Beleg der Identifikation bei Aischylos fr. 170. In: Tragicorum Graecorum Fragmenta, 18892
- ↑ Apuleius Metamorphosen 11.2
- ↑ Pausanias Beschreibung Griechenlands 10.32.13-17
- ↑ a b c d C. M. Bowra: Klassisches Griechenland. 1965
- ↑ a b c mythologica.de
- ↑ G. Schwab, R. Carstensen: Griechische Sagen. dtv junior, München 1978, ISBN 3-423-70314-8; S. 326
- ↑ G. Schwab, R. Carstensen: Griechische Sagen. dtv junior, München 1978, ISBN 3-423-70314-8; S. 68
- ↑ G. Schwab, R. Carstensen: Griechische Sagen. dtv junior, München 1978, ISBN 3-423-70314-8; S. 36-38
- ↑ G. Schwab, R. Carstensen: Griechische Sagen. dtv junior, München 1978, ISBN 3-423-70314-8, S. 69
- ↑ G. Schwab, R. Carstensen: Griechische Sagen. dtv junior, München 1978, ISBN 3-423-70314-8, S. 72
- ↑ G. Schwab, R. Carstensen: Griechische Sagen. dtv junior, München 1978, ISBN 3-423-70314-8; S. 83/84
- ↑ G. Schwab, R. Carstensen: Griechische Sagen. dtv junior, München 1978, ISBN 3-423-70314-8; S. 207
- ↑ G. Schwab, R. Carstensen: Griechische Sagen. dtv junior, München 1978, ISBN 3-423-70314-8; S. 129
- ↑ Eoin Colfer: Artemis Fowl - der Geheimcode. List Taschenbuch, Berlin 2004, ISBN 3-548-60485-4; S. 278
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