- Nouvelle Vague
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Nouvelle Vague (frz.: „Neue Welle“) ist eine Stilrichtung, die im französischen Kino der späten 1950er Jahre entstand.
Inhaltsverzeichnis
Die Anfänge
Ende der 50er Jahre entstand in Frankreich eine Bewegung unter jungen Cinéasten, die sich gegen die eingefahrene Bildsprache und den vorhersagbaren Erzählfluss des etablierten kommerziellen Kinos wandte. Die Vertreter waren junge Regisseure mit Erfahrung als Filmkritiker, die vor allem in Les Cahiers du cinéma veröffentlichten. In ihren Artikeln stellten sie sich gegen die Verbiederung und die Vorhersehbarkeit des französischen Qualitätskinos (cinéma de qualité) und propagierten vor allem Filme von Regisseuren wie Alfred Hitchcock, Howard Hawks, Jean Renoir und Roberto Rossellini.
1954 veröffentlichte François Truffaut den Artikel Eine gewisse Tendenz im französischen Film (Une certaine tendance du cinéma français). Dieser Text gilt als erste eigene theoretische Grundlage der Nouvelle Vague und wendet sich vor allem gegen jene Drehbuchschreiber, die uninspiriert Romanvorlagen adaptieren, ohne selbst einen Bezug zum Kino zu haben. Die Forderung: "Männer des Kinos" sollten Kino machen und sich nicht von Schriftstellern vorschreiben lassen, was verfilmbar ist und was nicht.
Politik der Autoren
Begründet auf den Schriften Alexandre Astrucs und unter Federführung von André Bazin, dem Chefredakteur und einem der Gründer der Cahiers, entwickelten sie die Politik der Autoren (politique des auteurs). Diese Politik forderte vom Regisseur, sich an allen Schritten der Filmproduktion zu beteiligen, um so einen eigenen persönlichen Stil entwickeln zu können. Mit dieser charakteristischen Handschrift des Regisseurs sollten die Filme persönlicher und individueller werden und aus dem Schattendasein der Literatur treten. Dabei werde nicht der einzelne Film eines Regisseurs bewertet, sondern immer sein Gesamtwerk. Was zähle, sei das Verhältnis eines Autors (auteur) zu seinem Film, was sich in der Art seiner Umsetzung ausdrücke. Er unterscheide sich vom Regisseur (réalisateur), der stets nur die vom Drehbuchschreiber vorgeschriebene Geschichte umsetze. Autor (auteur) sei daher, wer Beobachtetes wiedererschafft (récréer). Er könne insofern auch einem fremden Stoff durch Bearbeitung und Transzendierung seinen persönlichen Stempel aufdrücken. Die Politik der Autoren solle deshalb nicht mit dem Autorenfilm in Deutschland verwechselt werden. Auch eine Übersetzung mit Auteur-Theorie ist falsch, da sie die mit ihr verbundenen Forderungen an die Regisseure unterschlägt.
Michel Marie begreift die Nouvelle Vague als eine Kunst-Schule (école artistique). Die Politik der Autoren könne in diesem Sinne als ästhetisches Programm verstanden werden, wonach der Autor seine Weltanschauung (vision du monde) dem Film einschreibt. Das feste Korpus von Debütfilmen, die sich auf ein gemeinsames Programm beziehen und als Nouvelle Vague wahrgenommen werden, spricht ebenfalls dafür, von einer Schule zu sprechen. Ein fester Gruppenzusammenhang wird durch die publizistische Unterstützung der Filmzeitschriften (Cahiers du cinéma) gefördert und vor allem - Michel Marie betont dies ausdrücklich - existieren gemeinsame Feinde: die Autoren der Rive Gauche, versammelt um die wesentlich politisiertere Filmzeitschrift Positif.
Einflüsse und Vorläufer
Die Einflüsse und Vorläufer der Nouvelle Vague sind im italienischen Neorealismus, in Dokumentarfilmen von Regisseuren wie Jean Rouch und in den amerikanischen B-Movies zu suchen.
Ästhetik
Durch die Entwicklung neuer leichterer Kameras und lichtempfindlicheren Filmmaterials war es den Filmemachern erstmals möglich, ohne künstliches Licht zu drehen und außerhalb der Filmstudios mit der Handkamera zu arbeiten. Die Fotografie des Kameramanns Raoul Coutard war dabei prägend für die visuelle Ästhetik.
Die Regisseure engagierten vor allem junge unbekannte Schauspieler und weniger die etablierten Filmstars. Musik spielte eine wichtige Rolle in den Filmen, ebenso waren neue Filmtechniken und außergewöhnliche Erzählstile charakteristisch. Es entstand der Essayfilm.
Die beste Zeit der Nouvelle Vague dauerte bis Mitte der 60er Jahre. Die entwickelten Effekte und Erzähltechniken werden noch heute, auch in kommerziellen Filmen und der Werbung, verwendet.
Wichtige Regisseure
Kern
Rive Gauche und erweiterter Kreis
Bekannte Schauspieler
- Stéphane Audran
- Jean-Paul Belmondo
- Jean-Claude Brialy
- Claude Jade
- Anna Karina
- Bernadette Lafont
- Jean-Pierre Léaud
- Jeanne Moreau
- Michel Piccoli
- Jean Seberg
- Delphine Seyrig
- Anne Wiazemsky
Kameramänner
Bedeutende Filme
- Die Enttäuschten ("Le Beau Serge", Claude Chabrol, 1958)
- Hiroshima, mon amour (Alain Resnais, 1959)
- Sie küssten und sie schlugen ihn ("Les Quatre cents coups", François Truffaut, 1959)
- Außer Atem ("À bout de souffle", Jean-Luc Godard, 1960)
- Paris gehört uns ("Paris nous appartient", Jacques Rivette, 1961)
- Letztes Jahr in Marienbad ("L'année dernière à Marienbad", Alain Resnais, 1961)
- Cleo - Mittwoch zwischen 5 und 7 ("Cléo de 5 à 7", Agnès Varda, 1961)
- Lola (Jacques Demy, 1961)
- Die Geschichte der Nana S. ("Vivre sa vie", J.-L. Godard, 1962)
- Adieu, Philippine (Jacques Rozier, 1962)
- Jules und Jim ("Jules et Jim", F. Truffaut, 1961)
- Die Außenseiterbande ("Bande à part", J.-L. Godard, 1964)
- Elf Uhr nachts ("Pierrot le fou", J.-L. Godard, 1965)
- Geraubte Küsse ("Baisers volés, F. Tuffaut, 1968)
- Die untreue Frau ("La femme infidèle", Claude Chabrol, 1969)
- Meine Nacht bei Maud ("Ma nuit chez Maud", Éric Rohmer, 1969)
- Tisch und Bett ("Domicile conjugal"), F. Truffaut, 1970)
- Die Mama und die Hure ("La Maman et la putain", Jean Eustache, 1973)
Siehe auch
Literatur
- Simon Frisch: Mythos Nouvelle Vague. Wie das Kino in Frankreich neu erfunden wurde, Marburg: Schüren Verlag, 2007, ISBN 3894725346
- Norbert Grob u.a. (Hg.): Nouvelle Vague, Mainz: Bender, 2006, ISBN 3-936497-12-5
- Michel Marie: La Nouvelle Vague. Armand Colin 2005, ISBN 2-200-34168-7
- James Monaco: The New Wave. Harbor Electronic Publishing 2004, ISBN 0-9707039-5-3
- Emilie Bickerton: Eine kurze Geschichte der Cahiers du cinéma. Zürich: diaphanes 2010, ISBN 978-3-03734-126-1
Weblinks
Kategorien:- Film in Frankreich
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