- Obersorbische Vornamen
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Obersorbische Vornamen sind Vornamen, die im obersorbischen Kulturraum gebräuchlich sind. Sie werden also, anders als Germanische Namen oder Slawische Vornamen, in erster Linie nicht linguistisch, sondern kulturell definiert.[1] Aufgrund der vielfältigen äußeren Einflüsse, denen die obersorbische Kultur ausgesetzt ist, ist auch der Namensbestand vielfältig und orthografisch wie phonologisch variantenreich.
Beispiele für beliebte weibliche Vornamen sind:
Bernadet, Borbora, Dana, Franciska, Hanka, Hańža, Christina, Jěwa, Lejna, Lubina, Madlena, Marija, Marjana, Petra, Ruzalka, Sonja, Wórša, Zusana
und für männliche:
Beno, Bosćij, Dawid, Feliks, Handrij, Jan, Jurij, Korla, Klaws, Křesćan, Maćij, Marko, Michał, Mikławš, Pětr, Roman, Stanisław, Tomaš.
Inhaltsverzeichnis
Herkunft
Die ursprünglichen sorbischen Vornamen waren ausschließlich westslawischen Ursprungs; etliche davon haben sich bis heute erhalten. Einige sind originär sorbisch, das bekannteste Beispiel ist Lubina. Andere, wie Božena, sind weiter verbreitet und finden sich auch in anderen westslawischen Kulturen.
Die Christianisierung brachte dann eine Vielzahl kirchlicher Namen zu den Sorben. Hierunter finden sich biblische Namen wie Hilža und Mato sowie Heiligennamen wie Weronika und Měrćin.
Immer wichtiger für die Vornamensgebung wurde im Laufe der Zeit die deutsche Kultur, aus der Vornamen germanischen wie nichtgermanischen Ursprungs übernommen wurden und werden. Beispiele hierfür sind Norbert, Dytar und Helga sowie Andrea, Diana und Tobias.
Schließlich finden sich auch einige nicht-sorbische slawische Namen wie Bogna oder Andrej. Ein möglicher Grund hierfür könnte ein allgemeines Interesse an slawischer Kultur im Zuge der Besinnung auf die slawischen Wurzeln der Sorben sein.
Eine strikte Trennung zwischen den Namensquellen ist nicht immer möglich. So ist Jadwiga ein nicht-sorbischer slawischer Name germanischen Ursprungs, während Maria zwar aus dem Deutschen übernommen ist, seine Beliebtheit aber christlichen Gründen verdanken dürfte. Wieder andere Namen sind in mehreren Formen aus unterschiedlichen Quellen übernommen worden, so findet sich neben der sorbischen Jěwa auch die deutsche Eva und die polnische (oder sorbisch-deutsche) Ewa, und zwischen der sorbischen Borbora und der deutschen Barbara findet sich die Übergangsform Barbora.
Weiter vergrößert wurde der sorbische Namensreichtum durch die Diminutive. Ursprünglich nur eine Abwandlung von Taufnamen für den privaten Gebrauch konnten sie zu eigenständigen Taufnamen werden. So entstanden beispielsweise aus den Namen Jana und Daniel die Namen Janka und Janika sowie Danko.
Orthografie und Deklination
Orthografie
Der Einfluss der verschiedenen Kulturen wirkt sich auch auf die Schreibweise der Namen aus.
Einige ausländische Namen, wie Angelique, Bianca oder Solveig sowie Enrico, Marcel oder René, sind in Schreibweise und Aussprache unverändert übernommen worden, vermutlich nicht direkt aus dem Ursprungsland, sondern mit Umweg über die deutsche Kultur.
Die meisten Namen liegen jedoch in sorbischer oder deutscher Schreibweise vor. Diese sind häufig identisch. Einordnen lassen sie sich, wenn orthographische Besonderheiten der jeweiligen Sprache auftreten, wie zum Beispiel sorbische Diakritika (č, ě, ł, usw.) oder deutsche Doppelkonsonanten oder -vokale (tt, nn, au, ie usw.) Von vielen Namen finden sich sorbische wie deutsche Schreibweisen, so bei Aleksander/Alexander, Andreja/Andrea, Dytmar/Ditmar/Dietmar, Juta/Jutta, Rajner/Reiner oder Weronika/Veronika. Bei einigen Namen finden sich auch Zwischenformen, so bei Lucaš oder bei Klawdija/Clawdija/Claudija/Klaudia/Claudia.
Deutsche Namen in sorbischer Schreibweise wie Pawlina finden sich relativ häufig, sorbische Namen in deutscher Schreibweise wie Bronislaw kommen dagegen kaum vor.
Bei Namen, die im Deutschen ein kurzes i (gesprochen wie sorbisch y) oder ein stimmhaftes s (gesprochen wie sorbisch z) enthalten, kann die sorbische Schreibweise der deutschen Schreibweise oder der deutschen Aussprache folgen. Daher finden sich in sorbischer Schreibweise hier oft mehrere Formen, wie bei Silka und Sylka oder bei Jósef und Józef.
Deklination
Ursprünglich endeten weibliche obersorbische Namen in der Grundform auf -a und männliche waren endungslos oder endeten auf -o oder -a. Diese Namen werden im Obersorbischen wie die entsprechenden Substantive dekliniert.
Neuere Namensformen, die nicht mehr diesen Paradigmen entsprechen, können im Extremfall undekliniert gelassen werden. Im Normalfall können sie jedoch dekliniert werden, unter Umständen werden sie dazu leicht angepasst.
Bei weiblichen Namen wie Andrea, deren Stamm auf einen Vokal endet, wird in der Deklination ein -j- eingeschoben:[2]
- → Andrea, Andreje, Andreji, ...
Weibliche Namen wie Katrin, Berbel oder Beatrix, die in der Grundform endungslos sind, werden wie die entsprechenden Substantive dekliniert:[3]
- → Katrin, Katriny, Katrinje, ...
- → Berbel, Berbele, Berbeli, ...
- → Beatrix, Beatrixy, Beatrixy, ...
Bei männlichen Namen wie Wyli, deren Stamm auf einen Vokal endet, wird in der Deklination ein -j- eingeschoben:[4]
- → Wyli, Wylija, Wylijej, ...
Liste obersorbischer Vornamen
Diese Liste enthält nur Vornamen,
- die in obersorbischer Schreibweise geschrieben sind (z. B. Sofija aber nicht Sophia)
und
- deren Verwendung durch Quellen oder bekannte Namensträger belegt sind
Die Quellen zum Anhang finden sich am Ende des Anhangs.
Weibliche Vornamen
Name Quellen und/oder bekannte Namensträger Agnisa Wenzel Aleksandra SgB Andreja SgB Ana Wenzel Anemarija SgB Anerose SgB Aneta SgB Antonija SgB Berbel SgB Bernadet SgB Borbora SgB, Völkel Božena SgB Brigita SgB Dana SgB Dobysława SgB Edita SgB, Völkel Elka SgB Elwira SgB Elžbjeta SgB Ewelin SgB Franciska SgB Gerša SgB, Wenzel Giza SgB Greta Wenzel Habeta Wenzel Halena SgB Hana SgB, Völkel, Wenzel Hanaliza SgB Hanamarja SgB Hanelora SgB Hanka SgB, Völkel Hańža SgB, Völkel; Hańža Bjeńšowa Hańžka SgB, Völkel Hapula Wenzel Helena SgB Herta SgB, Wenzel Hila Wenzel Hilža SgB, Völkel Hilžka Wenzel Hilžbjeta Völkel Christa SgB, Völkel Christina SgB, Völkel Chrystina SgB Ilza Wenzel Irena SgB Irina SgB Jadwiga SgB Jadźa SgB Jana SgB Janka SgB Jěwa SgB; Jěwa-Marja Čornakec, Jěwa Wórša Lanzyna Jozefa SgB Judit SgB Julija SgB Juta SgB Kaca Wenzel Kata SgB, Völkel, Wenzel Katarina SgB, Wenzel Kati SgB Katja SgB, Völkel Katyrna Völkel Katyržinka Völkel Klara Wenzel Klawdija SgB Konstanca SgB Kristina SgB Krysta SgB Kuna Wenzel Lejna SgB Lenka SgB Leńka SgB Lubina SgB; Lubina Hajduk-Veljković, Lubina Holanec-Rawpowa Lucija SgB Ludmila SgB; Ludmila Budar Madlena SgB, Wenzel Madlenka SgB, Wenzel Madleńka Madleńka Šołćic Maja SgB Majka SgB Marhata SgB Marija SgB, Völkel, Wenzel Mariš Wenzel Marja SgB, Völkel; Marja Grólmusec, Marja Krawcec, Marja Kubašec, Marja Młynkowa; Jěwa-Marja Čornakec Marjana SgB Marka SgB, Völkel Marša Wenzel Maruša SgB, Wenzel Marta Wenzel Měrana SgB; Měrana Cušcyna Měrka SgB Mila SgB Milena SgB Milenka SgB Mirijam SgB Mječisława SgB Monika SgB, Völkel Mónika Völkel Orta Wenzel Ortej Wenzel Patricija SgB Pawlina SgB Rejza SgB, Völkel Rejzka SgB Rela Wenzel Relka Wenzel Renata SgB, Völkel Reta Wenzel Rodźisława SgB Rozalka SgB Róža SgB, Völkel; Róža Domašcyna Róžamarja SgB Ruta SgB, Völkel Ruzalka SgB Sabina SgB Sara SgB Silka SgB Silwija SgB Simona SgB Sofija SgB, Völkel Stefani SgB Stefi SgB Susana SgB Sybila SgB Sylka SgB Sylwija SgB Sylwja SgB Teresa SgB Tereza SgB Trudla SgB Uršel Wenzel Uršula Wenzel Wera SgB Werina SgB Weronika SgB, Völkel Wita SgB Wojćisława SgB Worša Wenzel Wórša SgB, Völkel; Jěwa Wórša Lanzyna Wuršula Wenzel Wurta Wenzel Zala SgB Zusana SgB Männliche Vornamen
Name Quellen und/oder bekannte Namensträger Aksel SgB Aleksander SgB Alojs SgB; Alojs Andricki Ambrož SgB Arnošt SgB, Völkel; Arnošt Muka, Jan Arnošt Smoler Awgust Völkel; Korla Awgust Kocor Bartiš Wenzel Bartuš Wenzel Beneditk SgB Beno SgB, Völkel Bjarnat SgB, Völkel; Bjarnat Krawc Bjedrich Völkel Błažij SgB Blazyj Wenzel Bohuměr SgB Bohuwěr Křesćan Bohuwěr Pful Bosco SgB Bosćij SgB, Völkel Bosko SgB Božidar Hendrich Božidar Wjela, Božidar Dobrucky Cyril SgB, Völkel Česćiměr SgB Dawid SgB Derwan[5] Derwan (sorbischer Fürst) Dobysław SgB Domaš Völkel Dytar SgB Dytmar SgB Feliks SgB, Völkel Filip SgB Franc SgB, Völkel; Franc Kral, Franc Jurij Lok Frido Frido Michałk Fryca Völkel Gerat SgB Guntar SgB Handrej Wenzel Hadam Hadam Bohuchwał Šěrach Handrij SgB, Wenzel Hanoš Wenzel Hantuš Wenzel Hendrich SgB; Hendrich Božidar Wjela, Jaroměr Hendrich Imiš, Hendrich Jordan Hinc SgB; Hinc Roj Horisław SgB Hrjehor SgB Hurban Wenzel Chrystof SgB Ignac Jan Józef Ignac Freyschlag z Schmiedenthala Jakub SgB; Jakub Bart-Ćišinski, Jakub Lorenc-Zalěski, Jakub Skala, Jakub Ticin, Jakub Jan Józef Wósky z Bärenstamma Jan SgB, Völkel, Wenzel; Jan Buk, Jan Cyž (Jurist), Jan Cyž (Musiker), Jan Pětr Jordan, Jan Lajnert, Jan Pawoł Nagel, Jan Nuk, Jan Radyserb-Wjela, Jan Skala, Jan Arnošt Smoler, Jan Wornar, Jakub Jan Józef Wósky z Bärenstamma Janek SgB Jank Wenzel Janko Wenzel Jaroměr Jaroměr Hendrich Imiš Jósef SgB Józef SgB; Jan Józef Ignac Freyschlag z Schmiedenthala, Jakub Jan Józef Wósky z Bärenstamma Jurij SgB, Völkel, Wenzel Juro Wenzel; Juro Mětšk Kito Völkel Klaws SgB Korla SgB; Korla Awgust Kocor Krystof SgB Křesćan SgB, Völkel; Křesćan Bohuwěr Pful Ławrjenc SgB Maćij SgB; Maćij Wjacław Jakula Maks SgB Maksymilian SgB Marko SgB Matej SgB; Matej Kućank Mato SgB Matuš Wenzel Matyj Wenzel Metod SgB Měrćin SgB, Völkel; Měrćin Nowak-Njechorński Měrko SgB Měto SgB Michał SgB, Völkel Mikławš SgB, Wenzel; Mikławš Andricki Miliduch[6] Miliduch (sorbischer König) Mječisław SgB Mójzas Völkel Mójzes Völkel Natuš Wenzel Ota Ota Garten, Ota Wićaz Pawoł SgB, Wenzel; Pawoł Nedo, Pawoł Völkel, Pawoł Wirt, Jan Pawoł Nagel Pěc Wenzel Pětr SgB, Völkel; Pětr Młónk, Jan Pětr Jordan Radoměr SgB Rajnar SgB Rudij SgB Sćěpan SgB Stani SgB Stanij SgB Stanisław SgB Syman SgB Tadej SgB Tomaš SgB, Völkel, Wenzel Wałtar SgB Wjacław Macij Wjacław Jakula Wjeleměr SgB Wójsław SgB Wyli SgB Zygmunt SgB Legende
- SgB – Sorbisches Gymnasium Bautzen: „Abiturne lětniki Serbskeho gymnazija Budyšin.“ sorbisches-gymnasium.de
- Völkel – Pawoł Völkel, Timo Meškank: Prawopisny słownik hornjoserbskeje rěče. Hornjoserbsko-němski słownik. 5., wobdźěłany a sylnje rozšěrjeny nakład. Bautzen: Domowina Verlag, 2005. ISBN 3-7420-1920-1.
- Wenzel – Walter Wenzel: Studien zu sorbischen Personennamen. 1987. Band 1, Seite 99f.
Siehe auch
Einzelnachweise
- ↑ Vergleiche die entsprechende Handhabung in Abhandlungen zu Vornamen anderer Kulturräume, etwa den ostfriesischen Vornamen in
- Irma Raveling, Die ostfriesischen Vornamen: Herkunft, Bedeutung und Verbreitung, 3., neugestaltete Auflage, Aurich: Verlag Ostfriesische Landschaft, 1988, ISBN 3-925365-27-3,
- Wikipedia, Anthroponymie # Personennamen des deutschen Kulturraums, (Zugriff: 28. Oktober 2008).
- ↑ Vergleiche Pawoł Völkel, Timo Meškank: Prawopisny słownik hornjoserbskeje rěče. Hornjoserbsko-němski słownik/Obersorbisch-deutsches Wörterbuch. 5., bearbeitete und stark erweiterte Auflage. Bautzen: Domowina Verlag, 2005. ISBN 3-7420-1920-1. Eintrag „Andrea“, Seite 24.
- ↑ Vergleiche Pawoł Völkel, a.o.a.O, Eintrag „Doris“, Seite 96.
- ↑ Vergleiche Pawoł Völkel, a.o.a.O, Eintrag „handy“, Seite 139.
- ↑ Dervan in der englischsprachigen Wikipedia
- ↑ Miliduch in der englischsprachigen Wikipedia
Literatur
- Walter Wenzel, Studien zu sorbischen Personennamen. Band 1: Systematische Darstellung. Domowina-Verlag, Bautzen 1987, ISBN 3-7420-0094-2, S. 99f.
- Ernst Mucke, Wo serbskich swójbnych a wosobinskich mjenach (Über sorbische Familien- und Personennamen). In: Abhandlungen und Beiträge zur sorbischen Namenkunde, hrsg. v. Ernst Eichler, 1984, S. 709–722, (Erstveröffentlichung in: Časopis Maćicy Serbskeje, Jg. 77, 1924, S. 125–138).
Zu Fragen der Grammatik des Obersorbischen (Alfabet, Deklination, Diminutiva, Orthographie, …) siehe
- Wikipedia: „Obersorbische Sprache“.
Falls dort noch nicht erklärt, siehe - Helmut Faska: Pućnik po hornjoserbšćinje. Domowina-Verlag, Bautzen 2003, ISBN 3-7420-1103-0.
- Jana Šołćina, Edward Wornar: Obersorbisch im Selbststudium, Hornjoserbšćina za samostudij. Domowina-Verlag, Bautzen 2000, ISBN 3-7420-1779-9.
Quellen
- Sorbisches Gymnasium Bautzen: Liste der Abitursjahrgänge 1951 bis 2008.
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