Olympische Sommerspiele 1900/Schießen

Olympische Sommerspiele 1900/Schießen
Olympische Ringe

Die in der französischen Hauptstadt Paris im Rahmen der Weltausstellung (Exposition Universelle et Internationale de Paris) ausgetragenen Internationalen Wettbewerbe für Leibesübungen und Sport (Concours Internationaux d’Exercices Physiques et de Sports) umfassten Wettbewerbe im Schießen, die Bestandteil der Olympischen Sommerspiele 1900 (Spiele der II. Olympiade) waren.

Die Wettbewerbe im Schießen bestanden im Übrigen aus einer Vielzahl von Wettkämpfen, die nach Vorstellung von Pierre de Coubertin, dem Begründer der modernen Olympischen Spiele, und nach Maßgabe des Internationalen Olympischen Komitees (IOC) nicht als olympisch angesehen werden. So stellt die internationale Beteiligung eine Grundvoraussetzung für einen Olympischen Wettbewerb dar, doch die Konkurrenzen bestanden zu einem Großteil aus nationalen Schützenfesten und Militärwettkämpfen. Hinzu kam eine Reihe von Wettkämpfen für professionelle Schützen. Das Preisschießen war eine in jener Zeit weit verbreitete und lukrative Angelegenheit, die Annahme von Geld für eine sportliche Leistung entsprach jedoch nicht dem Olympischen Gedanken, weshalb Profis nicht bei Olympischen Wettbewerben starten durften. Weitere Wettbewerbe, die keinen Olympischen Charakter besaßen, waren das Schießen auf lebende Tauben, das Armbrustschießen und das Kanonenschießen.

Eingang zum Camp de Satory

Das IOC ordnete 9 Wettbewerbe im Schießen dem Olympischen Programm der Spiele der II. Olympiade zu. Hierbei nahm das Schießen mit dem Armeegewehr mit 5 Wertungen (liegend, kniend, stehend, als Dreistellungskampf und als Mannschaft) eine herausragende Stellung ein. Von den insgesamt über 6000 teilnehmenden Schützen beteiligten sich nur 72 Sportler an den olympischen Wettbewerben.

Mit Ausnahme des Wurfscheibenschießens, dass an einem Schießstand auf der Île de Séguin bei Billancourt ausgetragen wurde, fanden die Wettbewerbe im Camp de Satory statt, einem Militärlager bei Versailles. Die einzelnen Wettbewerbe waren über einen längeren Zeitraum verteilt und wurden zwischen dem 15. Juli und 7. August abgehalten.

Inhaltsverzeichnis

Armeegewehr 300 m, stehend

Platz Land Athlet Punkte
1 DEN Lars Jörgen Madsen 305
2 NOR Ole Östmo 299
3 BEL Charles Paumier du Verger 298
4 BEL Paul van Astbroeck 297
5 SUI Franz Böckli 294
6 SUI Emil Kellenberger 292

Datum: 5. August bis 7. August

Es beteiligten sich 30 Schützen aus 6 Nationen.

Das stehende Schießen war die erste Disziplin im Dreistellungskampf und wurde zusätzlich gesondert gewertet. Es mussten 40 Schuss in 4 Serien zu je 10 Schuss abgegeben werden. Geschossen wurde auf eine Zielscheibe mit 10 Ringen und einem Durchmesser von 1 m. Maximale Punktzahl damit 400.

Am Schießstand



Armeegewehr 300 m, kniend

Platz Land Athlet Punkte
1 SUI Konrad Stäheli 324
2 SUI Emil Kellenberger 314
DEN Anders Peter Nielsen 314
4 BEL Paul van Astbroeck 308
5 NED Marcus Ravenswaaij 306
6 NED Uilke Vuurman 303

Datum: 05.08. bis 07.08.

Es beteiligten sich 30 Schützen aus 6 Nationen.

Das kniende Schießen war die zweite Disziplin im Dreistellungskampf und wurde zusätzlich gesondert gewertet. Es mussten 40 Schuss in 4 Serien zu je 10 Schuss abgegeben werden. Geschossen wurde auf eine Zielscheibe mit 10 Ringen und einem Durchmesser von 1 m. Maximale Punktzahl damit 400.

Armeegewehr 300 m, liegend

Platz Land Athlet Punkte
1 FRA Achille Paroche 332
2 DEN Anders Peter Nielsen 330
3 NOR Ole Østmo 329
4 FRA Léon Moreaux 325
5 SUI Emil Kellenberger 324
6 NED Henrik Sillem 317

Datum: 05.08. bis 07.08.

Es beteiligten sich 30 Schützen aus 6 Nationen.

Das liegende Schießen war die dritte Disziplin im Dreistellungskampf und wurde zusätzlich gesondert gewertet. Es mussten 40 Schuss in 4 Serien zu je 10 Schuss abgegeben werden. Geschossen wurde auf eine Zielscheibe mit 10 Ringen und einem Durchmesser von 1 m. Maximale Punktzahl damit 400.

Armeegewehr 300 m, Dreistellungskampf

Platz Land Athlet Punkte
1 SUI Emil Kellenberger 930
(292+314+324)
2 DEN Anders Peter Nielsen 921
277+314+330)
3 NOR Ole Östmo 917
(299+289+329)
BEL Paul van Asbroeck 917
297+308+312)
5 DEN Lars Jörgen Madsen 905
(305+299+301)
6 BEL Charles Paumier du Verger 897
(298+297+302)

Datum: 05.08. bis 07.08.

Es beteiligten sich 30 Schützen aus 6 Nationen.

Der Dreistellungskampf war eine gesonderte Wertung, die aus der Zusammenfassung der Einzelergebnisse im stehenden, knienden und liegenden Anschlag resultierte. Maximale Punktzahl damit 1200.

Paul van Asbroeck wurde Medaillengewinner, obwohl er in keiner Einzelwertung unter den besten Drei war.

Armeegewehr 300 m, Dreistellungskampf, Mannschaft

Platz Land Athlet Punkte
1 SUI Emil Kellenberger, 930
Franz Böckli, 883
Konrad Stäheli, 881
Louis-Marc Richardet, 873
Alfred Grütter, 832
4399
2 NOR Ole Östmo, 917
Hellmer Hermandsen, 878
Tom Seeberg, 848
Ole Sæther, 830
Olaf Frydenlund, 817
4290
3 FRA Achille Paroche, 887
Auguste Cavadini, 880
Léon Moreaux, 880
Maurice Lecoq, 823
René Thomas, 808
4278
4 DEN   4265
5 NED   4221
6 BEL   4166

Datum: 05.08. bis 07.08.

Es beteiligten sich 30 Schützen aus 6 Nationen.

Der Mannschaftskampf war eine gesonderte Wertung, die aus der Zusammenfassung der Einzelergebnisse im Dreistellungskampf von 5 Schützen einer Mannschaft resultierte. Maximale Punktzahl damit 6000.

Anders Peter Nielsen, der Zweitplatzierte im Dreistellungskampf, konnte mit seiner Mannschaft keinen Medaillenplatz erreichen.

Die erfolgreichen Schweizer Schützen
der beiden Mannschaftswettbewerbe



Armeerevolver 50 m, Einzel

Platz Land Athlet Punkte
1 SUI Karl Conrad Röderer 503
2 FRA Achille Paroche 466
3 SUI Konrad Stäheli 453
4 SUI Louis-Marc Richardet 448
5 FRA Louis Duffoy 442
6 NED Gerardus van Haan 437

Datum: 02.08. bis 03.08.

Es beteiligten sich 20 Schützen aus 4 Nationen.

Es mussten 60 Schuss in 6 Serien zu je 10 Schuss abgegeben werden. Geschossen wurde auf eine Zielscheibe mit 10 Ringen und einem Durchmesser von 50 cm. Maximale Punktzahl damit 600.

Armeerevolver 50 m, Mannschaft

Platz Land Athlet Punkte
1 SUI Karl Conrad Röderer, 503
Konrad Stäheli, 453
Louis-Marc Richardet, 448
Friedrich Lüthi, 435
Paul Probst, 432
2271
2 FRA Achille Paroche, 446
Louis Duffoy, 442
Léon Moreaux, 435
Trinité, 431
Maurice Lecoq, 429
2203
3 NED Gerardus van Haan, 437
Henrik Sillem, 408
Antonius Bouwens, 390
Solko van den Bergh, 331
Anthony Sweys, 310
1876
4 BEL   1823

Datum: 05.08. bis 07.08.

Der Mannschaftskampf war eine gesonderte Wertung, die aus der Zusammenfassung der Einzelergebnisse von 5 Schützen einer Mannschaft resultierte. Maximale Punktzahl damit 3000.

Wurfscheibenschießen (Tontaubenschießen)

Platz Land Athlet Punkte
1 FRA Roger de Barbarin 17
2 FRA René Guyot 17
3 FRA Justinien de Clary 17
4 FRA César Bettex 14
5 FRA Hilaret 14
6 FRA Edouard Geynet 13

Datum: 15.07. bis 17.07.

Es beteiligten sich 31 Schützen aus 4 Nationen.

Geschossen wurde auf 20 Scheiben (Tontauben). Bei Gleichstand entschied ein Stichkampf unter diesen Schützen, die auf 12 weitere Scheiben zu schießen hatten. Die ersten drei Plätze wurden so ausgeschossen.

Die Sieger im Wurfscheibenschießen
v.l.n.r. Barbarin, Guyot und Clary



Ordonnanzrevolver 20 m

Platz Land Athlet Punkte
1 FRA Maurice Larrouy 58
2 FRA Léon Moreaux 57
3 FRA Eugène Balme 57
4 FRA Paul Moreau 57
5 SUI Paul Probst 57
6 FRA Joseph Labbé 57

Die Meinungen der Sporthistoriker über diesen Wettbewerb gehen stark auseinander, ob es sich hierbei überhaupt um einen olympischen Wettbewerb handelt. Die Verwirrung beginnt schon damit, dass der Wettbewerb in den Listen des IOCs als ein Schießen mit der Schnellfeuerpistole über 25 m mit 60 Schuss umschrieben wird. Einen solchen Wettkampf hat es aber gemäß dem offiziellen Bericht zu den Sportveranstaltungen der Weltausstellung nie gegeben. Tatsächlich handelte es sich um einen Wettbewerb mit der Ordonnanzwaffe (Dienstwaffe) über 20 m mit nur 6 Schuss (maximal 60 Punkte).

Der Bericht sagt weiter aus, dass 201 Schützen sich an diesem Wettbewerb beteiligten. Namentlich bekannt sind jedoch nur die im Bericht veröffentlichten 6 Schützen, unter denen sich ein Schweizer befand. Die aus dem Bericht ebenfalls hervorgehende Reihung der Preise muss nicht unbedingt die sportliche Reihenfolge darstellen, denn außer dem Sieger haben alle anderen 5 Schützen die gleiche Punktzahl (57) geschossen, was bei einem fehlenden Stichkampf üblicherweise eine gleichrangige Wertung nach sich zieht.

Letztlich geht der namhafte Sporthistoriker Bill Mallon davon aus, dass der Wettbewerb auch für Profis zugänglich war, weshalb er schließlich endgültig aus der Liste der olympischen Wettbewerbe auszuschließen wäre. Dies wird in diversen Veröffentlichungen auch so praktiziert, entsprechend verändert stellt sich dort auch die Statistik und der Medaillenspiegel dar.

Literatur

  • Volker Kluge: Olympische Sommerspiele. Die Chronik Teil 1. Athen 1896 – Berlin 1936. Sportverlag, Berlin 1997, ISBN 3-328-00715-6.
  • Karl Lennartz, Walter Teutenberg: Olympische Spiele 1900 in Paris. Agon-Sportverlag, Kassel 1995, ISBN 3-928562-20-7.
  • Bill Mallon: The 1900 Olympic Games. McFarland & Company, Inc., Jefferson, North Carolina 1998, CIP 97-36094.

Weblinks


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