- Orange 94.0
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Orange 94.0 Allgemeine Informationen Empfang analog terrestrisch, Kabel, Livestream Sendegebiet Wien und Umgebung Eigentümer „Verein Freies Radio Wien" Sendestart 17. August 1998 Rechtsform Nichtkommerzieller Rundfunk Homepage http://o94.at/ und http://sendungsarchiv.o94.at/ Liste der Hörfunksender Orange 94.0 ist ein freier Radiosender aus Wien. Das nichtkommerzielle Lokalradio ist seit dem 17. August 1998 auf Sendung.
Das Programm von Orange 94.0 wird von rund 500 ehrenamtlichen Mitarbeitern produziert, die ca. 200 Projekte bzw. Sendungen in rund 15 Sprachen betreuen. Orange 94.0 ist Mitglied im Verband Freier Radios Österreich (VFRÖ).
Inhaltsverzeichnis
Gründung
Die Gründungsphase von Radio Orange geht bis in die frühen 1990er-Jahre und den damals gegründeten „Verein zur Förderung und Unterstützung von freien lokalen nichtkommerziellen Radioprojekten“ (kurz: Verein Freies Radio Wien) zurück. Zu dieser Zeit, ab Ende der 1980er-Jahre, gab es in Wien und an anderen Orten in Österreich eine rege Piratenradio-Szene. Die entstand, da damals noch der ORF das Monopol für den Hörfunk in Österreich hatte. Diese Aktivitäten und ihr politisches und rechtliches Engagement führten dazu, dass das Rundfunkmonopol durch ein Urteil des Europäischen Gerichtshofes am 24. November 1993 zu Fall gebracht wurde.
Der Verein Freies Radio Wien bemühte sich in der Folge um die legale Verwirklichung eines Freien Radios in Wien, was erst nach Umsetzung des Urteils und der Zuteilung einer Lokalradiolizenz nach fünf Jahren gelang. Am 17. August 1998 ging das Freie Radio in Wien dann als Orange 94.0 erstmals auf Sendung.[1]
Organisation und Finanzierung
Eine Finanzierung durch Radiowerbung lehnt Orange 94.0, ebenso wie andere nichtkommerzielle Radios, ab. 1998 und 1999 waren die Freien Radios hauptsächlich aus Mitteln der Kunstsektion und der Volksgruppenförderung des Bundeskanzleramts unter der Bundesregierung Klima finanziert worden.[2][3] Im Jahr 2000 wurde die Bundesförderung jedoch von der Bundesregierung Schüssel I auf ein Drittel gekürzt und 2001 vollständig gestrichen.[2] Um die daraus entstandene Finanzierungslücke zu füllen, hat der Orange 94.0 vor allem die Projektarbeit als Finanzierungsmaßnahme forciert, ein beträchtlicher Teil davon aus verschiedenen EU-Projektfördertöpfen; eine geringere Finanzierungskomponente war daneben der jährliche „FreieRadioBeitrag“ von ca. 700 Abonnenten.[4][5]
Um Mittel zur Aufrechterhaltung des Sendebetriebes und zur Absicherung der prekären Arbeitsverhältnisse zu erhalten, verhandelte der Sender seit 2001 mit der Stadt Wien über akute Finanzhilfe und eine langfristige Subventionierung.[4][6][2] Dabei wurden die Verhandlungen verzögert, einerseits laut Büro von Vizebürgermeisterin Grete Laska (SPÖ) wegen fehlender wirtschaftlicher Basisdaten und Wirtschaftsprüfung,[7] andererseits war die politische Ausrichtung im Wiener Gemeinderat umstritten. So erklärte Wolfgang Aigner (ÖVP) zum so genannten freien Radio, Freiheit könne nicht sein, am Gängelband des Subventionsgebers zu hängen und man wolle kein „subventioniertes Radio Löwelstraße“.[8][9]
Anfangs war Orange 94.0 formal in zwei gemeinnützigen Vereinen organisiert, einerseits den Trägerverein oder Herausgeberverein „Verein Freies Radio Wien“ (zuständig für die Lizenz, Providing, Sendebetrieb, Finanzierung, Öffentlichkeitsarbeit; alle Mitglieder sind im Vereinsvorstand und Österreichische Staatsbürger oder Unionsbürger) und andererseits den Mitarbeiterverein oder Redaktionsverein (verantwortlich für Programmschöpfung; Mitgliedschaft aller Radiomacher die den „Freien Radio Beitrag“ zahlen).[10][11][12] Seit März 2004 gibt es eine interne Struktur mit Geschäftsführung und ordentlichen Angestelltenverhältnissen für 8 bezahlte MitarbeiterInnen.[13][3] Der „Verein Freies Radio Wien“ ist weiterhin als juristische Person der Rechtsträger von Orange 94.0 sowie dessen Herausgeber und Medieninhaber laut § 1 Abs. 8, 9 MedienG,[14] jedoch ist der „Freie Radio Beitrag“ inzwischen kein Mitgliedsbeitrag mehr, sondern eine freiwillige jährliche Spende.[15]
Seit 2004 erhält der Sender durch die Stadt Wien eine jährliche Basisförderung von 320.000 Euro[8][16] und im Herbst 2005 zog Radio Orange um von den alten Räumlichkeiten in der Schubertgasse im 9. Bezirk, wo es seit 1998 saß, in die Klosterneuburgerstrasse Ecke Gaußplatz im 20. Bezirk.[17][3]
Nach zusätzlichen Akutförderungen durch das Bundeskanzleramt in den Jahren 2007 und 2008[18] wurde bei der Vergabe der Medienförderung für die freien und nichtkommerziellen Sender für 2009 und 2010 durch Medienstaatssekretär Josef Ostermayer von der Bundesregierung Faymann für Radio Orange 94.0 eine Summe von ca. 90.000 Euro budgetiert.[19][20]
Programm
Entsprechend der gemeinsamen Charta der Freien Radios in Österreich ist es Ziel von Orange 94.0, jenen Menschen, Gruppen und Meinungen Gehör zu verschaffen, die in anderen Massenmedien nicht oder unterrepräsentiert sind. Besonders hervorzuheben sind dabei die Schwerpunktbereiche „feminismus & queer“ sowie „interkultur & migration“. Rassistische, sexistische, faschistische oder die Würde der Menschen verletzende Inhalte sind ausgeschlossen. Interessierten werden Info- und Einstiegsveranstaltungen angeboten, um selbst programmgestaltend tätig werden zu können. Laut eigener Richtlinie soll die Programmschöpfung grundsätzlich ehrenamtlich erfolgen. Die operative Leitung obliegt der Geschäftsführenden Koordination. Über die Aufnahme neuer Sendungen entscheiden jährlich zu wählende Programmbeiräte.[14]
Das Programm von Radio Orange ist derzeit (2011) in zehn Schienen aufgeteilt,[21] die an jedem Werktag vorkommen. An Wochenenden gibt es Schwerpunkte (Jugend, Kultur, Musik) die übrige Zeit ist keiner Programmschiene zugeteilt. Die zehn Programmschienen sind: Afrika, FrauenLesben, Jugend, Kultur, Magazine, Musik, Musik und Magazine am Abend, Politik und Gesellschaft (und Philosophie), Satire und Sunrise (Morgenprogramm).
Sendungen
Das Angebot an Radiosendungen ist sehr vielfältig und flexibel. Von 400 bis 500 ehrenamtlichen Mitarbeitern werden etwa 150[22][23] bis 170 verschiedene regelmäßige Sendungen[24][25] produziert, je zur Hälfte Musiksendungen und themenspezifische Sendungen.[22] Im moderierten Programm werden etwa 15 verschiedene Sprachen gesprochen, darunter haben die deutschsprachigen Sendungen einen Anteil von 50 %, Deutsch/Englisch 15 %, Türkisch/Kurdisch 5 % und Polnisch 5 %. In 15 % der Sendungen werden sogar mehr als zwei Sprachen verwendet.[23]
Einige Sendungen existieren schon seit den Anfängen 1998, etwa das „Anarchistische Radio Wien“ oder „Stereo SL“ („Electronic Music Magazine & DJ Show“). Die Sendereihe 'Globale Dialoge' von der Sendung „Women on Air“ wurde mehrfach (2006, 2007, 2008) mit dem Radiopreis der Erwachsenenbildung Österreich ausgezeichnet. Ebenfalls ausgezeichnet wurden Sendungen von „Radio Stimme“ (2007)[26] und „Wiener Radiobande"/ „gecko-art“ (2010).[27]
Einige Sendungen widmen sich sprachlichen Minderheiten, so die kurdischen „Radio Dersim“ und „Roj Fm“,[28] das ungarische „Viennahu“[28], die persische Sendung „Sedaje Aschena“, „Radio Äthiopien“ auf Amharisch und weiteren äthiopischen Sprachen, die chinesisch-deutschsprachige Sendung „China am Puls“ und die polnische „Radio Polonia Wieden“, andere wiederum sozialen Randgruppen wie das „Radio Augustin“ der Wiener Straßenzeitung Augustin. In der Programmschiene Politik und Gesellschaft kommen unter anderen die Sendungen „Gegenargumente“ und „Kein Kommentar“ der marxistischen Theoriezeitschrift GegenStandpunkt, „Radio Netwatcher“, „radioATTAC“ der Bewegung attac, das deutsch-türkische „Anatolien Radio“, deren Redakteurin wegen Unterstützung der illegalen linksextremistischen DHKP-C 2005 in der Türkei angeklagt und schließlich aus Mangel an Beweisen freigesprochen wurde,[29] und das „Tierrechtsradio“ des Verein gegen Tierfabriken, dessen Sendeverantwortlicher Martin Balluch in dem Wiener Neustädter Tierschützerprozess angeklagt wurde.[30] Außerdem gibt es unter anderen „WUK Radio“, die Kultursendung des Wiener Werkstätten- und Kulturhauses seit August 1999, auf der Afrikaschiene die fast tägliche Sendung „Radio Afrika“ und die Satiresendungen „Espresso Revue“ und „Club Karate“ (1998–2003, u.a. von Hosea Ratschiller). Anfangs wurden noch die Nachrichtensendungen der BBC ins Programm übernommen,[22] seit ca. 2005 sendet Orange 94.0 eine Wiener Lokalausgabe der „ZIP-FM“ („Zusammenarbeit der Info- und Politikredaktionen Freier Medien“), eine lokal zugeschnittene Variante des täglichen Audiomagazins der Freien Radios.
Orange 94.0 kooperiert mit dem Sender Alex Offener Kanal Berlin und tauscht Sendungen aus, so dass die Sendung „Radio Stimme“ 2011 in Berlin ausgestrahlt wird, und in Wien ist das Magazin „Kol Berlin“ auf Hebräisch und Deutsch und das Berliner „Transgender Radio“ zu hören.[31]
Gemeinsam mit RadioTux und weiteren Radiosendern beteiligte sich Orange 94.0 auch 2007 an der Übertragung der Freiheit statt Angst-Demonstrationen des Radio 1984.[32]
Empfang
Der Radiosender ist in Wien auf der UKW-Frequenz 94,0 MHz und im Wiener Telekabel-Netz auf 92,7 MHz zu empfangen sowie per Live-Stream im Internet.
Im Sendebereich von Radio Orange 94.0 im Großraum Wien sind potenziell 1.700.000 Einwohner in der Lage, den Radiosender zu empfangen.[13] Es gibt jedoch keine Angaben über Hörerzahlen und Einschaltquoten, da Radio Orange 94.0 keine Reichweite durch Radiotest ermitteln lässt. Dies wird einerseits mit den Kosten für diesen Reichweitentest begründet, andererseits auch damit, dass man als nicht kommerzielles Radio keine Zielgruppenerforschung brauche, da keine Radiowerbung vermarktet werde.[28][33] Laut Eigenangaben wurde auf die Livestreams im Jahr 2009 rund 48.000-mal zugegriffen und wurden umgerechnet ungefähr 25.000 gehörte Stunden abgerufen.[34]
Einzelnachweise
- ↑ ORANGE 94.0 IST FREIES RADIO - Kurzer geschichtlicher Überblick Orange 94.0 Website
- ↑ a b c Förderung für freie Radios Pressegespräch des Verbandes Freier Radios Österreich am 7. März 2007
- ↑ a b c reportagen: Radio Orange 94.0 Daniela Derntl, fm5.at 03/2006
- ↑ a b Radio Orange bittet Stadt Wien um Hilfe. Ausfall der Bundesförderung bedroht Sendebetrieb Pressemeldung Radio Orange 94.0, 26. Februar 2002
- ↑ Radiomarkt in Österreich
- ↑ Radio Orange macht mobil derStandard.at 10. Aug. 2003
- ↑ Radio Orange macht mobil derStandard.at 10. Aug. 2003
- ↑ a b [1] [2] Wörtliches Protokoll Gemeinderat Wien 28. April 2005
- ↑ Streit um Subventionen für freies Radio Orange www.radioszene.de 01-05-2005
- ↑ Medienlandschaft der autochthonen Minderheiten in Österreich von J. Purkarthofer, M. Rainer, A. Rappl, Wiener Linguistische Gazette 72 (2005) Seite 40
- ↑ orange 94,0 - „das freie radio in wien“: schwarze flecken?!… aus: TATblatt nr. +103 (15/98) vom 8. oktober 1998
- ↑ Zulassung Wien940 - Bescheid vom 18. Juni 2001, Kommunikationsbehörde Austria
- ↑ a b Nichtkommerzieller Rundfunk in Österreich und Europa Schriftenreihe der Rundfunk und Telekom Regulierungs-GmbH Band 3/2008
- ↑ a b ORANGE 94.0-Richtlinien Fassung 11. März 2010
- ↑ ORANGE 94.0: FREIER RADIO BEITRAG 2010
- ↑ Streit um Subventionen für freies Radio Orange www.radioszene.de 01-05-2005
- ↑ ORANGE 94.0: Schubertgasse / Klosterneuburger Straße 1 Bilder vom Umzug
- ↑ „Was kann Radio?“ Gespräch mit Helga Schwarzwald (seit Anfang 2004 geschäftsführende Koordinatorin bei ORANGE 94,0) und Sandra C. Hochholzer (seit Juli 2006 Geschäftsführerin der Freien Rundfunk OÖ GmbH). Die Kurzversion dieses Artikels erschien in der KUPF-Zeitung Nr. 125/2/08
- ↑ Eine Million Euro für nicht kommerzielle Sender Der Standard, 31. Mai 2010
- ↑ Radio Orange 94.0: Summe 90.714,29 Euro Foerderungen Nichtkommerzieller Rundfunk 2009/2010
- ↑ ORANGE 94.0: Programme: Schema
- ↑ a b c Medienlandschaft der autochthonen Minderheiten in Österreich von J. Purkarthofer, M. Rainer, A. Rappl, Wiener Linguistische Gazette 72 (2005) Seite 40
- ↑ a b Mehrsprachig und lokal – Nichtkommerzieller Rundfunk und Public Value in Österreich H. Peissl, P. Pfisterer, J. Purkarthofer, B. Busch, Schriftenreihe der RTR-GmbH, Oktober 2010
- ↑ Interkulturelle Aspekte der Ausbildung bei Radio ORANGE 94.0 Frank Hagen, medienimpulse.at Ausgabe 3/2010
- ↑ ORANGE 94.0: Programme:alphabetisch
- ↑ Die Freien Radios erhalten 3 von 5 Auszeichnungen – Freie Radios bekommen RadioPreis radionetz.at 16. November 2007
- ↑ Auszeichnungen für die Sender Ö1, FM4, Radio Orange und Salzburger Radiofabrik - Blinde, Sehende und junge Radiogedanken Von Anton Silhan / WZ Online, 4. November 2010
- ↑ a b c Fremdes aus dem Äther: Wer hört sich das an? Der Standard 17. Mai 2009
- ↑ ORANGE-94.0-Redakteurin in Türkei inhaftiert aus TATblatt Nr. +218, März 2005, Brief von Sandra Bakutz 18. Februar 2005, Keine Verbindung zu Terrororganisation: Sandra Bakutz in Türkei freigesprochen news.at 1. Juni 2005
- ↑ Wir wollen unsere Radiomacher_innen wieder haben! Brief des inhaftierten Tierrechtsradio-Redakteurs Martin Balluch aus dem Gefängnis. verfasst am 3.Juli 2008
- ↑ Berlin für Radio Orange, LoungeFM in Klagenfurt DiePresse.com 28. Dezember 2010
- ↑ Radio 1984 - Live von den bundesweiten Kundgebungen am 6. November 2007
- ↑ Radiomarkt in Österreich
- ↑ ORANGE 94.0: JAHRESBERICHT 2009
Kategorien:- Hörfunksender (Österreich)
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