Oranienburger Strasse

Oranienburger Strasse

Die Oranienburger Straße (umgangssprachlich auch „O'burger“ genannt) gehört zu den bekannteren Flaniermeilen im Berliner Ortsteil Mitte. Sie ist nach der brandenburgischen Stadt Oranienburg benannt und liegt im oft fälschlich als „Scheunenviertel“ bezeichneten westlichen Teil der Spandauer Vorstadt. Die häufig von Touristen besuchte Straße bietet zahlreiche Sehenswürdigkeiten sowie Bars, Restaurants und Cafés. Sie ist auch für den nächtlichen Straßenstrich bekannt.

Inhaltsverzeichnis

Lage

Die Oranienburger Straße verläuft geradlinig zwischen dem Hackeschen Markt im Südosten und der Friedrichstraße im Nordwesten. Die Einmündung in die Friedrichstraße liegt rund 50 Meter südlich des Oranienburger Tors.

Geschichte

Darstellung der Neuen Synagoge um 1865 (Öl auf Leinwand von Emil Pierre Joseph de Cauwer)

Die Anfänge

Die Straße existiert etwa seit dem 13. Jahrhundert, zunächst unter dem Namen „Spandauer Heerweg“. Sie war damals die Verbindung vom Spandauer Tor der Berliner Stadtmauer nach Spandau. Noch im 17. Jahrhundert befanden sich hier Ackerflächen, eine kurfürstliche Meierei sowie mehrere Ziegel- und Kalkscheunen (Lager für Branntkalk). In Folge von Grundstücksschenkungen der Kurfürstin Sophie Charlotte hatte sich hier bereits Ende des 18. Jahrhunderts eine lockere Bebauung gebildet. Von 1703 bis 1706 wurde am Spandauer Heerweg das Schloss Monbijou errichtet.

Entwicklung zur innerstädtischen Wohn- und Geschäftsstraße

Vor dem etwas nach Norden verlegten Spandauer Tor entstand nach dem Abriss der Berliner Festungsanlage der Hackesche Markt. Mit dem Bau der Akzisemauer bürgerte sich der Name „Oranienburger Straße“ ein. Die offizielle Benennung erfolgte allerdings erst am 26. Juni 1824. Nun setzte auch die Entwicklung zu einer innerstädtischen Straße ein. Das Großbürgertum, zahlreiche Firmensitze, Einrichtungen des öffentlichen Lebens, Kaufhäuser und nicht zuletzt Berliner Juden prägten diese geschäftige Straße.

Die Zeit des Nationalsozialismus

Ruine der Synagoge 1948

Am 24. Januar 1933, eine Woche vor der Ernennung Adolf Hitlers zum Reichskanzler, wurde im Hause Oranienburger Straße 31 ein jüdisches Museum eingerichtet. Das Gebäude kam schon bald in den Besitz des preußischen Staates, der es dem Studentenwerk übergab. In ihm wurde ein Heim für junge Akademiker eingerichtet.

Am 10. Mai 1933 sammelten sich vor diesem Haus Studenten in SA-Uniform, SA-Leute und Anhänger der NSDAP, um von hier aus mit bereitgestellten Lastwagen zur Bücherverbrennung am Opernplatz zu ziehen. Am 9. November 1938 brannte auch die Neue Synagoge in der Oranienburger Straße, jedoch konnte der Brand aufgrund des Einschreitens des Polizeireviervorstehers Wilhelm Krützfeld gelöscht werden. Durch die Luftangriffe 1943/1944 wurden die Synagoge und das Schloss Monbijou zerstört, das Postfuhramt sowie das Logengebäude der Freimaurer, Oranienburger Straße 71/72, sowie zahlreiche andere Gebäude schwer beschädigt.

Von der Nachkriegszeit bis heute

Blick auf die Oranienburger Straße

Zu DDR-Zeiten wurden viele Gebäude nur notdürftig instand gesetzt oder abgerissen. Die Reste von Schloss Monbijou wurden 1960 gesprengt und abgetragen. Die Straße war Sitz dreier bedeutender DDR-Verlagshäuser, darunter des Henschel-Verlages. Legendäre Gaststätten der kleinen Ost-Berliner Szene waren das Studentencafé 116 sowie der Esterhazy-Keller.

Trotz unmittelbarer Nähe zur Friedrichstraße konnte die Oranienburger Straße auch nach der Wende ihre durch den Krieg und Vernachlässigung geschlagenen Wunden nicht vollständig heilen. Einige der alten Gebäude und Fassaden wurden jedoch seit Anfang der 1990er-Jahre historisch getreu wiederhergestellt. Die Oranienburger Straße ist heute eine Straße im Umbruch. Nicht zuletzt durch die Einrichtung des Centrum Judaicum in der Neuen Synagoge und die Ansiedlung zahlreicher Künstler, unter anderem im Kunsthaus Tacheles, ist neues Leben in die Straße eingezogen.

Sehenswertes

Monbijoupark

In der Nähe des Hackeschen Marktes liegt am Standort des abgetragenen Schlosses Monbijou der Monbijoupark, eine etwa drei Hektar große Grünfläche. In ihr befinden sich einige Gaststätten, Ateliers der Kunsthochschule Berlin, mehrere Freizeitsportanlagen und ein Kinderschwimmbad. Der Park wurde 1974 und von 2006 bis 2007 umgestaltet.

Neue Synagoge

Etwa auf mittlerer Höhe der Straße befindet sich die Neue Synagoge. Sie ist eine der größten Synagogen der Stadt und war 1859 bis 1866 von Eduard Knoblauch und Friedrich August Stüler als Hauptsynagoge der Jüdischen Gemeinde in Berlin gebaut worden. Bekannt ist das Gotteshaus vor allem durch seine teilvergoldete Kuppel.

Die Synagoge wurde während der Reichspogromnacht in Brand gesteckt, trug davon aber kaum Schäden davon, da der Brand schnell gelöscht wurde. Im Zweiten Weltkrieg wurde der Sakralbau durch Bomben stark beschädigt. Nach dem Krieg wurden einige beschädigte Gebäudeteile abgerissen. Der 1988 bis 1993 rekonstruierte Bau steht heute unter Denkmalschutz und dient als Museum.

Postfuhramt

Das Postfuhramt an der Ecke Tucholskystraße

An der Ecke Tucholskystraße befindet sich das ehemalige Kaiserliche Postfuhramt. Das zwischen 1875 und 1881 erbaute Gebäude wird ebenfalls wie die Neue Synagoge von einer Kuppel gekrönt. In diesem Fall handelt es sich um eine achteckige Ziegelkuppel, die von zwei Flügelbauten flankiert wird. Das Gebäude wurde bis 1973 für seinen eigentlichen Zweck genutzt, danach bis zur Wende für andere Bereiche der Deutschen Post, etwa den Postzeitungsbetrieb.

An der Fassade des Gebäudes finden sich insgesamt 26 Porträts bekannter Persönlichkeiten, die das Postwesen erweitert haben. Eines der Porträts ist allerdings zerstört und der Dargestellte kann nicht mehr identifiziert werden. Das gesamte Gebäude steht heute ebenfalls unter Denkmalschutz.

Ehemaliges Haupttelegraphenamt

Gegenüber dem Postfuhramt und direkt neben dem Monbijoupark befindet sich ein Gebäudekomplex, das in der DDR-Zeit von der Deutschen Post als Fernmeldeamt und anschließend bis 1998 von der Deutschen Telekom genutzt wurde. Vor 1945 war es das Haupttelegrafenamt (HTA) von Berlin. Noch heute befinden sich in den Kellerräumen die Reste der einst größten Rohrpostanlage Deutschlands. Diese konnten bis Ende November 2008 im Rahmen einer Führung durch den Verein Berliner Unterwelten besichtigt werden. Die Zukunft des Gebäudekomplexes und der Rohrpostrelikte ist ungewiss, da das Gebäude einer Investorengruppe gehört.

Kunsthaus Tacheles

Kurz vor der Einmündung in die Friedrichstraße lenkt eine Ruine das Augenmerk des Passanten auf sich. Es handelt sich hierbei um die Überreste der ehemaligen Friedrichstraßen-Passage, die zwischen 1907 und 1909 erbaut wurde. In den 1980er-Jahren wurde mit dem Abriss der teilweise kriegszerstörten Passage begonnen. Im Februar 1990 besetzten etwa 50 Künstler aus Ost und West die Überreste und konnten sie so vor dem weiteren Abriss bewahren.

Das Tacheles entwickelte sich schnell zum Kulturzentrum. Der Ort bietet neben den zahlreichen Kunstobjekten und Protestmalereien auch Platz für Discos, Cafés, Ateliers und ein Kino mit zwei Sälen. Die Ruine steht heute unter Denkmalschutz.

Öffentlicher Verkehr

Straßenbahn

Die Straßenbahn durch die Oranienburger Straße wurde zwischen 1868 und 1877 gebaut, sie wurde mit einer Unterbrechung zwischen 1945 und 1951 durchgehend befahren. Heute verkehren hier die MetroTram-Linien M1 und M6.

S-Bahnhof Oranienburger Straße

Eingang zum S-Bahnhof
Bahnsteighalle des S-Bahnhofs

Unterhalb der Kreuzung mit der Tucholskystraße befindet sich der S-Bahnhof Oranienburger Straße. Im bahnamtlichen Betriebsstellenverzeichnis wird er als BORS geführt.

Der Bahnhof wurde am 28. Mai 1936 als Teil des Nord-Süd-Tunnels eröffnet. Der Bahnhof ist zweigleisig mit einem Mittelbahnsteig aufgebaut. Die Wände weisen wie auch die anderen Bahnhöfe der Strecke braungraue Fliesen auf. Der Stationsname wird in Frakturschrift dargestellt.

Zwischen dem 13. August 1961 und dem 2. Juli 1990 war der Bahnhof geschlossen. Die Züge der West-Berliner S-Bahn fuhren ohne Halt durch und hielten erst wieder hinter der Sektorengrenze. Nach der Wende war die Station Oranienburger Straße der erste der sogenannten „Geisterbahnhöfe“, der wiedereröffnet wurde.

Literatur

  • Laurenz Demps: Die Oranienburger Straße. Parthas Verlag, Berlin 1998, ISBN 3-932529-20-0.

Weblinks

52.52527777777813.3911111111117Koordinaten: 52° 31′ 31″ N, 13° 23′ 28″ O


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