Orlacs Hände

Orlacs Hände
Filmdaten
Originaltitel Orlacs Hände
Produktionsland Österreich
Originalsprache Deutsch
Erscheinungsjahr 1924
Länge 90 Minuten
Stab
Regie Robert Wiene
Drehbuch Louis Nerz
Produktion Pan-Film
Musik Pierre Oser
Kamera Günther Krampf, Hans Androschin
Besetzung

Orlacs Hände ist ein österreichischer Science-Fiction- und Horrorfilm von Robert Wiene aus dem Jahr 1924. Er wird dem Spätexpressionismus im deutschsprachigen Film zugeordnet.

Inhaltsverzeichnis

Handlung

Einem Konzertpianisten, Paul Orlac, der bei einem Zugunglück beide Hände verloren hatte, werden die Hände eines gerade hingerichteten Mörders angenäht. Von nun an wird der Pianist von Panikattacken und Ängsten gepeinigt. Er glaubt, mit den Händen des Mörders auch dessen "Vorliebe" zum Töten übernommen zu haben. Seltsame Zeichen und unheimliche Drohbriefe verstärken diese Ängste. Als sein Vater, mit dem er verfeindet war, getötet wird, gerät der Pianist unter Mordverdacht. Er findet erst wieder Ruhe, als er das Komplott aufklären kann.

Hintergrund

Orlacs Hände entstand nach dem Buch von Maurice Renard. Es ist einer der ersten Filme, der sich mit den Ängsten vor Transplantationen beschäftigt. Drehort war das Filmatelier der Listo-Film in Wien.

Die Uraufführung fand Anfang September in Wien statt.[1] Die Deutschland-Premiere folgte am 24. September 1924 im Berliner Haydn-Kino. Den Filmverleih übernahm die deutsche Berolina-Film. Die französische Version lief unter dem Titel Les Mains d'Orlac an, die englischsprachige als The Hands of Orlac. 1928 folgte die Erstaufführung in den Vereinigten Staaten, wo die Aywon Film Corporation den Vertrieb übernahm.

Für die Kulissen zeichneten die Filmarchitekten und Szenenbildner Hans Rouc, Karl Exner und Stefan Wessely verantwortlich.

Kritiken

„Spätexpressionistischer Stummfilm, der realistische Kriminalfilm-Motive mit Elementen der seinerzeit noch jungen Wissenschaft der Psychologie verbindet und damit die Bewusstseinslage der unsicheren 20er-Jahre zum Ausdruck bringt. Ein beeindruckendes Spiel mit Licht und Schatten, dessen neu hinzugefügte avantgardistische Klangbilder gewöhnungsbedürftig sind.“

Lexikon des Internationalen Films[2]

„Das Sujet verfügt über eine äußerst packende Exposition und hält die Spannung bis zur letzten Szene, von einem vorzüglich abgestimmten Ensemble, mit Konrad Veidt an der Spitze, bestens zur Geltung gebracht. Die Regieführung ist straff und sorgfältig, besonders in den sehr realistischen Szenen von der Eisenbahnkatastrophe, die Aufmachung geschmackvoll, die Geschehnisse der Handlung wirksam unterstreichend. Die Photographie in jeder Hinsicht auf der Höhe. Ein Inlandsfilm, der den besten fremden Erzeugnissen nicht nachsteht.“

Paimann's Filmlisten, Nr. 441, 19. September 1924, S. 181

„Ein selten spannender, phantastischer Film, nach dem Roman von Maurice Renard außerordentlich geschickt inszeniert, in der Mischung von Impression und Realistik, getragen von der unerhörten Gestaltungskraft Conrad Veidts. [Beschreibung der Handlung] Wie gesagt, ein ausgezeichnetes inszeniertes Bild, vor allem von Veidt unerhört gespielt, neben dem Fritz Kortner und Sorina stehen. – Bei der Premiere [in Berlin] stritten sich Pfeifer mit der Majorität der Begeisterten, die unendlichen Beifall bei den Aktschlüssen und bei offener Szene spendete. Der Film läuft vor täglich ausverkauftem Hause, ausgezeichnet illustriert durch Schmidt-Gentner, und im Mozartsaal – man möchte fast sagen – persifliert durch einen amüsanten kleinen Linder-Film ‚Zu Hilfe!‘, den man allerdings besser nicht vorher, sondern nachher gespielt hätte, damit das Düstere, das Schreckliche, Gespenstische und Grauenvolle, das dieser Film naturgemäß erzeugen muß, etwas gemildert worden wäre. – Trotzdem muß noch besonders betont werden, daß ‚Orlacs Hände‘ bereits thematisch eine Bereicherung unseres gleichförmig gewordenen Kinospielplanes bedeutet. Selbst in den Provinzkinos wird man den Realismus herkömmlicher Produktion gern durch ein Werk phantastischer Wucht unterbrechen.“

Kinomatograph, Nr. 938, 8. Februar 1925[3]

Versionen

Die Originalfassung wies eine Länge von 2.507 Metern oder 92 Minuten auf. Die rekonstruierte Version ist 2.357 Meter lang, was in etwa 90 Minuten entspricht. Am 11. Januar 2001 wurde von ARTE eine mit der Friedrich-Wilhelm-Murnau-Stiftung rekonstruierte Fassung ausgestrahlt. Diese Version wurde mit neuer Filmmusik von Henning Lohner sowie mit Hintergrundgeräuschen und der Vertonung einer Verhörszene mittels eines Off-Monologes versehen, was nicht ungeteilte Zustimmung fand. Der Film wurde seither auf zahlreichen Filmfestivals weltweit wiederaufgeführt. Das Filmarchiv Austria plant mit eigenen Kopien ebenfalls eine Rekonstruierung und Wiederveröffentlichung des Films, ein Zeitpunkt dafür steht noch nicht fest. Es existiert auch eine aktuelle DVD-Veröffentlichung mit englischen Zwischentiteln von KINO-International, die eine Filmlaufzeit von 110 Minuten aufweist. Daraus lässt sich schließen, daß die US-Fassung deutlich länger war, als die ursprüngliche deutsche Originalfassung.

Zensurentscheide

Der Film wurde am 25. September 1924 für Deutschland zugelassen, jedoch mit der Einschränkung eines Jugendverbotes. Ein Antrag des sächsischen Innenministeriums vom 10. Januar 1925, wo eine Zensur des Films gefordert wurde, da dieser „geeignet sei, die öffentliche Sicherheit und Ordnung zu gefährden. [...] Gestützt auf ein Gutachten des Landeskriminalamts Dresden erachtet es die Sächsische Regierung nicht für angängig, die inneren Einrichtungen und Hilfsmittel der Kriminalpolizei, insbesondere das Fingerabdruckwesen, in aller Öffentlichkeit bekannt zu machen, weil dadurch die Bekämpfung des Verbrechertums erschwert werde. Unangebracht sei ferner die Darstellung von Mitteln, die es dem Verbrecher ermöglichen, seine Spuren zu verwischen und die Polizei zu täuschen.

Der Zensurantrag wurde von der Oberprüfstelle abgelehnt, da ein von ihr vernommener Sachverständiger des Polizei-Präsidiums Berlin den Sachverhalt als unrealistisch bezeichnet hat. Solche, oder ähnliche Erfahrungen, dass Fingerabdrücke mittels Wachsabdrücken gefälscht werden könnten, wären in Europa bisher nicht bekannt gewordenen, geschweige denn andere Methoden der Fälschung von Fingerabdrücken. Die Oberprüfstelle räumte zwar ein, dass der Film, wenn er eine realistische Methode zur Fälschung von Fingerabdrücken, sofern es sie gäbe, darstellen würde, bedenklich für die öffentliche Sicherheit wäre, stellte aber abschließend fest, dass es sich bei der im Film gezeigten Methode nur um ein „Hirngespinst“ handeln könne.[4]

1996 wurde der Film erneut einer Prüfung unterzogen und freigegeben sowie mit keiner Altersbeschränkung versehen.

Remakes

Es gab folgende zwei Remakes:

Einzelnachweise

  1. Thomas Ballhausen, Günter Krenn: (Alb)Traumhaft: Die Stadt ohne Juden. In: Medienimpulse, Heft Nr. 57, September 2006, S. 35 (Werbeanzeige) und 37 (Filmkritik in Paimann's Filmlisten Nr. 441 vom 19. September 1924), digitalisiert, abgerufen am 15. Juli 2010
  2. Orlacs Hände im Lexikon des Internationalen Films
  3. Zitiert von [1] am 5. Januar 2007
  4. Digitalisierter Zensurentscheid vom 5. Februar 1925 auf www.deutsches-filminstitut.de

Literatur

  • Roland M. Hahn und Rolf Giesen: Das neue Lexikon des Horrorfilms. Lexikon Interprint Verlag, Berlin 2002, ISBN 3-89602-507-4
  • Matthias Bickenbach, Annina Klappert, Hedwig Pompe: Manus Loquens. Medium der Geste – Geste der Medien. Dumont Literatur und Kunst Verlag, Köln 2003, S. 243–305: Monströse Moderne. Zur Funktionsstelle der manus loquens in Robert Wienes ORLACS HÄNDE (Österreich 1924) ISBN 3832178309

Weblinks


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