Osterreiten

Osterreiten
Die Osterreiter ziehen jährlich am Ostersonntag durch die Lausitzer Dörfer

Das Osterreiten (obersorbisch Jutrowne jěchanje; Synonym Kreuzreiten) ist ein altes religiöses Ritual in Form einer Prozession, bei welchem die Auferstehung Jesu Christi verkündigt wird. Es wird bis heute besonders als sorbischer Brauch in der katholischen Oberlausitz, im Gebiet zwischen den Städten Hoyerswerda, Kamenz und Bautzen, gepflegt, und zieht jährlich viele Besucher in diese Region. Auch in Ostritz beim Kloster Marienthal wird ein Osterreiten veranstaltet. Ende der 1990er Jahre hat man den alten Brauch auch bei Lübbenau in der evangelischen Niederlausitz wiederaufleben lassen.[1]

Inhaltsverzeichnis

Ablauf

Ostroer Osterreiter in Nebelschütz

Am Ostersonntag reiten die katholischen Männer einer Kirchengemeinde in Frack (Gehrock) und Zylinder auf festlich geschmückten Pferden in die Nachbargemeinde, um dieser die frohe Botschaft zu verkünden, dass der Herr Jesus Christus auferstanden ist. Es ist Brauch, dass die besuchte Gemeinde einen Gegenbesuch durchführt. Jeder Prozessionszug, der aus über 200 Reitern und Pferden bestehen kann, darf dabei den anderen traditionell nicht kreuzen. Zudem sind die Prozessionsstrecken bewusst so gelegt, dass es ermöglicht wird, in so vielen Orten wie möglich die Botschaft zu verkünden. Vorneweg reiten die Fahnenträger, die Träger der Christusstatue und des Kreuzes.

Vor Beginn der Prozession wird gemeinsam der Ostergottesdienst gefeiert, danach umreiten die Osterreiter (Křižerjo) die heimatliche Kirche, werden gesegnet und begeben sich auf den Weg, die frohe Botschaft in Form von traditionellen Kirchenliedern ins Land zu tragen. Die Kirche bzw. der Dorfplatz, eines jeden Ortes, durch den der Zug führt, wird ebenfalls umritten. Dabei werden ebenfalls sorbische, manchmal auch deutsche bzw. lateinische Kirchenlieder gesungen; kurz vor Ausritt und teilweise auch zwischen den Ortschaften wird laut gebetet.

In der besuchten Zielgemeinde werden die Reiter beköstigt. Vor dem Heimritt wird gemeinsam vor dem Friedhof oder in der Kirche gebetet und die Reiter werden ebenfalls vom Pfarrer gesegnet.

Den Abschluss des Osterfestes bildet seit 1983 ein gemeinsamer Dankgottesdienst aller Reiter in der Rosenthaler Kirche am Osterdienstag.

Pferde und Reiter

Die oftmals reich geschmückten Pferde werden zum Teil von weit her ausgeliehen. Am Vorabend werden diese dann gebürstet und gestriegelt, die Mähnen werden geflochten, der Schweif gekämmt und mit einer Schleife versehen. Die Schleifen sind mit bunten Stickereien versehen, selten mit den sorbischen Farben. Im Trauerfall werden schwarze Schleifen verwendet. Das Pferdegeschirr ist aufwändig mit Muscheln oder Metallbeschlägen verziert. In den letzten Jahren sieht man immer häufiger auch frische Blumen als Schmuck.

Nimmt ein junger Mann bzw. Jugendlicher das erste Mal am Osterreiten teil, trägt er einen kleinen grünen Kranz an der Brust. Bei einer 25-jährigen Teilnahme ist dies dann ein Silberkranz, bei 50 Jahren ein goldener.

Geschichte und Ursprung

Ursprünglich ritten die heidnischen Slawen im Frühjahr um ihre Felder, um die bösen Geister (des Winters) zu vertreiben und um für eine gute Ernte zu bitten. Dieser, nicht nur slawische, Brauch hielt sich bis über die Zeit nach der Christianisierung in seiner ursprünglichen Bedeutung. Auch heute noch kann man dies in Ostro beobachten, wo die Männer vor dem eigentlichen Osterritt frühmorgens die Felder umreiten.

Wie vielen ursprünglich heidnischen Festen wurde auch dem Osterreiten nach der Christianisierung der Elbslawen eine neue Bedeutung gegeben. Aus dem ursprünglichen Umritt der Felder wurde eine Prozession zu Ehren des Auferstandenen. Gemeinsam mit vielen anderen Bräuchen spiegelt auch das Osterreiten den Ablauf des bäuerlichen Arbeitsjahres und die Bedürfnisse und Wünsche der einfachen Dorfbewohner wider. Im Laufe der Jahrhunderte wurde es fest mit dem kirchlichen Kalender verwoben.

Bereits Ende des 15. Jahrhunderts fanden zwischen Hoyerswerda und Wittichenau Reiterprozessionen statt. Seit 1541 zog die Prozession von Wittichenau nach Ralbitz, da in Hoyerswerda die Reformation eingeführt worden war.[2][3] Damit ist dieses Prozessionspaar das älteste bis heute bestehende.

Nach dem Tiefpunkt von 1974, als nur 487 Reiter teilnahmen, sind die Teilnehmerzahlen bis 2007 wieder auf etwa 1700 gestiegen.

Prozessionen

Osterreiter im Kloster St. Marienstern, Panschwitz-Kuckau

Oberlausitz

Gegenwärtig gibt es in der katholischen Oberlausitz vier Prozessionspaare mit und eine Prozession ohne Gegenbesuch. Die traditionellen Routen sind:

Die Prozession der Stadt Wittichenau ist die einzige, bei der sich auch viele nichtsorbische (50%) Osterreiter beteiligen. Außerhalb des sorbischen Siedlungsgebiets besteht seit 1628 zusätzlich der - ebenfalls katholische - Brauch der Saatreiterprozession zwischen Ostritz und dem Kloster St. Marienthal.

Niederlausitz

Das Osterreiten zwischen Zerkwitz und Klein Radden wird erst seit einigen Jahren (wieder) durchgeführt und erfolgt ohne Gegenbesuch.

Polen (Kawalkada wielkanocna) und Tschechien (Velikonoční jízdy)

Osterreiten im polnischen Ostropa

Das Osterreiten war früher auch in Schlesien und in verschiedenen böhmischen Diözesen verbreitet. Die Tradition wird noch im polnischen Racibórz[4], Pietrowice Wielkie, Zawada Książęca, Sternalice.[5] , Ostropa, Bieńkowice, Biskupice und im tschechischen Lukavec gepflegt.

Fußnoten und Einzelnachweise

  • Schorch, Marén: "Rituelle und symbolische Inszenierung von Zugehörigkeit. Das sorbische Osterreiten in der Oberlausitz", in: Herbert Willems (Hrsg.): Theatralisierung der Gesellschaft. Band 1: Soziologische Theorie und Zeitdiagnose, Wiesbaden: VS Verlag für Sozialwissenschaften, 2009, S. 331-354.
  1. Osterreiter begeistern in Zerkwitz Lausitzer Rundschau vom 26. April 2011
  2. Zur Geschichte der Kreuzreiter-Prozession www.st-mariae-himmelfahrt-wittichenau.de
  3. Herbert Willems (Hrsg.): Theatralisierung der Gesellschaft - Band 1; Soziologische Theorie und Zeitdiagnose, Wiesbaden, 2009, ISBN 3531914421, S.360, (online)
  4. Veranstaltungen www.raciborz.pl
  5. Nowa Trybuna Opolska: [1], [2] (polnisch)

Weblinks

 Commons: Osterreiten – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

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