Patriarchat (Kirche)

Patriarchat (Kirche)

Ein Patriarchat (sächlich; griechisch πατριαρχία, von πατήρ, patér Vater und αρχή, arché „Ursprung“, „Herrschaft“) ist ein Verband von Bistümern an deren Spitze ein Patriarch steht.

Ein Patriarchat ist das Jurisdiktionsgebiet eines Patriarchen bzw. einer patriarchalen Kathedra (Patriarchenstuhl, Patriarchalsitz) und kann sich auch auf eine Teilkirche (Gläubige) eines bestimmten kirchlichen Ritus beziehen.

Patriarchate gibt es in den byzantinisch-orthodoxen, orientalisch-orthodoxen Kirchen und in der römisch-katholischen Kirche. Auch die Mitglieder der Tschechoslowakischen Hussitischen Kirche bezeichnen ihr Oberhaupt als Patriarchen.

Inhaltsverzeichnis

Die altkirchlichen Patriarchate

Herausbildung des Bischofsamtes

Nachdem sich im 2. Jahrhundert anstatt der kollegialen Leitung durch Gemeindeälteste (Presbyter) die Bischofskirche durchgesetzt hatte, war das zentrale Element der kirchlichen Leitung das Bischofsamt. Auctoritas (Autorität) und Dignitas (Würde) dieses Amtes entsprangen der successio apostolorum (Apostolische Sukzession); jeder Bischof galt über eine lange Reihe von Vorgängern als Nachfolger der Apostel. Bei Ignatius von Antiochia tendierte seine fast monarchische Auctoritas bereits zu einer umfassenden Lehr-, Weihe- und Jurisdiktionsgewalt.

Diokletian & Konstantin

Durch die diokletianische Verwaltungsreform (Ende 3. und Anfang 4. Jahrhundert) wurde das Römische Reich in drei Präfekturen neu gegliedert:

  • Praefectus praetorio Illyrici, Italiae et Africae
  • Praefectus praetorio Galliarum
  • Praefectus praetorio per Orientem

Die Präfekturen gliederten sich weiter in die (zivilen) Diözesen (unter Diokletian 12, je vier pro Präfektur). Zu jeder Diözese gehörten die einzelnen Provinzen. Der dritten Präfektur (Praefectus praetorio per Orientem) gehörte unter Diokletian die vier zivilen Diözesen Thrakien, Asia, Pontus und die Diözese des Orients (oder: des Ostens) an.

Unter Kaiser Konstantin dem Großen wurde Ägypten aus der Diözese des Orients ausgegliedert und zu einer eigenständigen, fünften Diözese geformt.

Konzil von Nicäa: "Metropolitanverfassung" (325)

Auf dem von Konstantin einberufenen Konzil von Nicäa wurde 325 die so genannte „Metropolitanverfassung“ eingerichtet:

„Die alte Sitte soll in Ägypten, Libyen und Pentapolis Bestand halten, dass der Bischof von Alexandria über dies alles die Obergewalt inne hat, da auch dem Bischof von Rom dies zukommt. Auf gleiche Weise sollen sowohl der Kirche von Antiochien als auch den anderen Exarchien den Kirchen ihre Vorrechte gewahrt bleiben.“

In der Folge bildeten sich darauf aufbauend die kirchlichen Verwaltungsgebiete (kirchliche Diözesen) heraus, die späteren Patriarchate. Die Präfekturen Praefectus praetorio Illyrici, Italiae et Africae und Praefectus praetorio Galliarum bildeten das durch das Patriarchat von Rom verwaltete westliche Abendland (Okzident). In Ägypten bildete sich das Patriarchat von Alexandria (Alexandrien). Das Patriarchat von Antiochia erbte das Gebiet der (zivilen) Diözese des Orients (Praefectus praetorio per Orientem). Die übrigen (zivilen) Diözesen (Thrakien, Asia, Pontus) hatten möglicherweise zunächst eigene Patriarchate.

  • Rom (Präfekturen Gallien & Illyricum, Italien und Africa)
  • Alexandria (Gebiet der zivilen Diözese Ägypten)
  • Antiochia (Gebiet der zivilen Diözese des Orients).

Konzilien von Konstantinopel (381) und Chalcedon (451)

Auf dem Konzil von Konstantinopel 381 erhielt der Bischof von Konstantinopel die Rechte eines Obermetropoliten für die übrigen Diözesen (Thrakien, Asia, Pontus). Die Bestrebungen Konstantinopels, den ersten Rang nach Rom zu erlangen, werden auf diesem Konzil ebenfalls erfüllt. Der dortige Bischof erhält den Ehrenvorrang nach Rom. Auf dem Konzil von Chalcedon 451 wird auch dem Bischof von Jerusalem ein Jurisdiktionsvorrang eingeräumt.

Verwendung des Titels Patriarch und Ehrenordnung

Erst seit Justinian I. - also ab der ersten Hälfte des sechsten Jahrhunderts - wurden diese Obermetropoliten Patriarchen genannt. Sie waren ranggleich und standen zueinander in einer festen Ehrenordnung:

Durch ihre Communio vermittelten die Fünf den Bistümern ihrer Jurisdiktion die Kirchengemeinschaft mit allen Ortskirchen. Sie waren Garanten der Kircheneinheit. Zur Klärung von Konflikten bediente man sich Konzilien.

Im Verlauf der verschiedenen Kirchenspaltungen wurde die patriarchale Leitung der Gesamtkirche aufgegeben bzw. unwirksam.

Die altkirchlichen Katholikate

Die Oberbischöfe der Kirchen außerhalb des Römischen Reiches führen zunächst den Titel Katholikos, später zusätzlich, neuzeitlich auch allein, den eines Patriarchen. Die wichtigsten Katholikate waren und sind:

Orthodoxe Patriarchate

Seit dem sog. Morgenländischen Schisma gibt es in der byzantinisch-orthodoxen Kirche noch vier altkirchliche Patriarchate:

Im 11. Jahrhundert entstand

Im Gefolge die Slawenmission entstanden die Patriarchate der nachkaiserlichen Zeit:

Vom Moskauer Patriarchat spaltete sich nichtkanonisch (ohne Zustimmung des Moskauer Patriarchats) ab:

Römisch-Katholische Patriarchate

Die römisch-katholische Kirche entstand aus dem altkirchlichen Patriarchat von Rom, und hat die volle Lehr- und Jurisdiktionsgewalt (Jurisdiktionsprimat) über die Gesamtkirche, die aus 23 selbständigen Teilkirchen besteht.

Historisch gesehen hat der Papst als Patriarch von Rom ebenfalls die patriarchale Jurisdiktion über die Westkirche (Okzident). Den gleichbedeutenden Titel „Patriarch des Abendlandes“ führt der Papst in der amtlichen Titulatur seit 2006 nicht mehr.

Die patriarchale Jurisdiktion des Papstes bezieht sich auf Westeuropa, von Polen bis zur Balkanhalbinsel, Afrika westlich von Ägypten, alle anderen Länder die von diesen Ländern kolonisiert wurden (Amerika, Australien) sowie alle Missionen des Lateinischen Ritus im Osten. Sie erstreckt sich über alle zur römischen Ritusgruppe gehörenden (westlichen) Ritenvarianten und über unierte Enklaven des byzantinischen Ritus in Italien, Korsika und Sizilien. Als Patriarch kann er für die Westkirche patriarchale Synoden abhalten und Gesetze erlassen (Ritus, Zölibat, Liturgie).

Neben Rom gibt es noch weitere Patriarchate in der römisch-katholischen Kirche. Zu unterscheiden sind die Patriarchate, in denen der Patriarch eine eigene patriarchale Jurisdiktion über Teilgebiete bzw. Teile der Gesamtkirche ausübt (Patriarchate oder große Patriarchate); und den Patriarchaten ohne eigene Jurisdiktion (Titular-Patriarchate oder kleine Patriarchate).

Zu den großen Patriarchaten gehören:

Das Lateinische Patriarchat von Jersusalem ist das einzige Lateinische Patriarchat mit eigener Jurisdiktion.
Oberbischöfe unierter Kirchen, die nicht zu den altkirchlichen Patriarchaten oder Katholikaten zählen, oder die im Rahmen der Ökumene mit anderen Kirchen keinen Patriarchentitel haben, tragen den Titel Großerzbischof.

Titular-Patriarchate

Als Titular-Patriarchate werden existierende oder titulare Bischofssitze bezeichnet, die keine eigene patriarchale Jurisdiktion haben. Man bezeichnet sie daher auch als kleine Patriarchate. Die Titular-Patriarchate von Westindien und Ostindien sind auch in dem Sinne titular, dass sie titulare Bischofssitze sind (Es existieren keine Bischofssitze dieses Namens). Der zugehörige Titel Patriarch wird hier ehrenhalber (ad honorem) verliehen.

Ehemalige Patriarchate

Die letzten drei wurden während der Kreuzzüge in Konkurrenz zu den „alten“ orthodoxen Patriarchaten gegründet, siehe hierzu auch den Artikel Lateinische Patriarchen des Ostens. Im Zuge der Ökumene mit der Orthodoxie wurden diese nach dem 2. Vatikanum aufgehoben.

Altorientalische Patriarchate

In den orientalisch-orthodoxen Kirchen ist der Patriarch (in der armenischen ein „Katholikos“) jeweils das Kirchenoberhaupt. Zu den altorientalischen Patriarchaten gehören, sortiert nach Ritus:

Einige Kirchenoberhäupter tragen den Titel Katholikos, zusätzlich oder anstelle eines Patriarchentitels.

Siehe auch

Literatur

  • Annuario pontificio. per l'anno 2007. ZDB-ID 370-0 (Päpstliches Jahrbuch).
  • Niccolò Del Re (Hrsg.): Vatikan-Lexikon. Lizenzausgabe. Pattloch, Augsburg 1998, ISBN 3-629-00815-1.
  • Orthodoxia. Jg. 2007, ZDB-ID 585333-3 (Jahrbuch für die Orthodoxie).
  • Steyler Missionswissenschaftliches Institut (Hrsg.): Atlas Hierarchicus. Descriptio geographica et statistica insuper notae historicae Ecclesiae Catholicae. 5. editio elaboravit. St. Gabriel-Verlag, Wien 1992, ISBN 3-85264-399-6 (Jurisdiktionsbezirke, Statistik).

Quellen


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