- Patriarch des Abendlandes
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Der Patriarch ist in der Spätantike und heute ein Kirchenoberhaupt mit Jurisdiktionshoheit.
Inhaltsverzeichnis
Wortherkunft
Das Wort entstammt aus griechisch πατριάρχης patriarchos ‚Erster unter den Vätern‘ bzw. ‚Stammesführer‘ oder ‚Führer des Vaterlandes‘; aus πατήρ patér „der Vater“ und ἄρχων archon „Erster, Führer“, zurückgehend auf αρχή arché ‚Spitze, Anfang‘ (αρχη im Neugriechischem bedeutet der ‚Beginn, Start‘, im Altgriechischem ‚Macht‘), vergl. -archie; später übertragen auf ‚Führer (Erste) einer von Männern (Vätern) dominierten Gemeinschaft‘, siehe Patriarchat).
Allgemeine Verwendung
Patriarchen gibt es heute in den Ostkirchen (Orthodoxen Kirche, Altorientalische Kirchen) und in der Römisch-katholischen Kirche (Westkirche und unierte Kirchen).
Orthodoxe Patriarchen stehen an der Spitze der vier verbleibenden spätantiken (altkirchlichen) Patriarchate (Konstantinopel, Antiochia, Alexandria, Jerusalem) und einiger der großen orthodoxen Landeskirchen (das heißt der Serbischen, Russischen, Bulgarischen und Rumänischen Orthodoxen Kirche). Die anderen orthodoxen Kirchen haben Metropoliten oder Erzbischöfe als Oberhäupter.
Das fünfte altkirchliche Patriarchat Rom ist heute Papstsitz und der Papst Oberhaupt der römisch-katholischen Kirche. Den Titel Patriarch des Abendlandes (oder: Patriarch des Okzidents) führt der Papst seit 2006 nicht mehr; in altkirchlicher Tradition ist er dennoch weiterhin der Patriarch der Westkirche. Zurzeit tragen in der römisch-katholischen Kirche zehn Personen den Titel Patriarch (vier in der Lateinischen Kirche und sechs in den mit Rom unierten Kirchen); mit dem Papst haben acht Patriarchen eine eigene Jurisdiktion (zwei in der lateinischen und sechs in den unierten Kirchen).
Daneben gibt es auch die Patriarchen im mosaischen Glauben, als Name der Erzväter und den Leitern des Patriarchats in Eretz-Israel (30–415).
Orthodoxe Patriarchen
Die griechisch-orthodoxen Patriarchen sehen ihre Kirchen als Teil der Einen Katholischen und Apostolischen Kirche, der Orthodoxen Kirche, mit dem Ökumenischen Patriarchen als Ehrenoberhaupt. Weitere autonome Kirchen unterstehen einem der folgenden Patriarchen, die ein Mitspracherecht bei der Besetzung des jeweiligen Kirchenoberhauptes haben:
- altkirchlich
- slawisch (nachkaiserlich)
- Ilia II. Katholikos und Patriarch von ganz Georgien, Tiflis, Patriarchat seit 11. Jahrhundert, neu seit 1943
- Maxim Patriarch von Bulgarien, Sofia
- Kyrill I. Patriarch von Moskau und ganz Russland
- Pavle Patriarch von Serbien
- Daniel Ciobotea Patriarch von Rumänien, Patriarchat seit 1925
Die Ukrainische Kirche Kiewer Patriarchats hat sich von der Jurisdiktionsgewalt des Moskauer Patriarchats abgespalten, und beansprucht Autokephalie und sein Oberhaupt den Patriarchentitel. Diese Abspaltung gilt als nicht kanonisch, das heißt ungültig, da nicht vom Moskauer Patriarchat autorisiert.
- Filaret II. Patriarch von Kiew und der gesamten Rus-Ukraine, seit 1991 (im Gegensatz zum Metropoliten von Kiew der kanonischen Ukrainisch-Orthodoxe Kirche Moskauer Patriarchats).
Die gleiche Stellung wie ein Patriarch – nicht dem Namen nach – haben Kirchenoberhäupter anderer Kirchentitel, die einer autokephalen orthodoxen Kirche vorstehen, siehe Orthodoxe Kirche.
Altorientalische Patriarchen
Die Kirchen der Altorientalischen Patriarchen erkennen das Konzil von Chalcedon nicht an. Folgende Patriarchen und Katholikoi stehen Kirchen vor, die autokephal sind oder sich als solche betrachten:
- alexandrinischer Ritus
- Shenouda III., Papst von Alexandria und Patriarch von ganz Afrika (Kopten), Kairo, Alexandria
- Abune Paulos, Patriarch und Katholikus von Äthiopien, Addis Abeba, autokephal seit 1950, Patriarchat seit 1959
- Abune Antonios, Patriarch von Eritrea, Asmara, Patriarchat seit 1998
- antiochenischer (westsyrischer) Ritus
- Mor Ignatius Zakka I Iwas, Patriarch von Antiochia und dem ganzen Orient, (Jakobiten), Damaskus
- Baselios Marthoma Didymos I., Katholikos des Orients, Kottayam, Kerala (Indien) (im Unterschied zum Katholikos von Indien, der abhängig ist vom jakobitischen Patriarchen von Antiochia und dem ganzen Orient)
- armenischer Ritus (Armenisch-apostolische Kirche)
- Karekin II. Nersissian, Oberster Patriarch und Katholikos aller Armenier, Kathedra: Etschmiadsin; Sitz: Vagharshapat
- Aram I., Katholikos des Großen Hauses von Kilikien, vor 1915: von Sis
- Torkom Manoogian, Armenischer Patriarch von Jerusalem
- Mesrop Mutafyan, Armenischer Patriarch von Konstantinopel
- ostsyrischer Ritus („Nestorianer“)
- Mar Dinkha IV., Katholikos und Patriarch der Assyrischen Kirche des Orients, Kathedra: Seleukia-Ktesiphon (Babylon); Sitz: Chicago, USA
- Addai II., Katholikos und Patriarch der Alten Kirche des Orients, Bagdad, Patriarchat seit 1968
Einige Kirchenoberhäupter tragen den Titel Katholikos zusätzlich oder anstelle eines Patriarchentitels. Bei der Armeniern gehen die Katholikoi den Patriarchen voran.
Römisch-Katholische Patriarchen
Das Patriarchat von Rom (oder: des Abendlandes, des Okzidents, der Westkirche) war das einzige westliche der fünf ursprünglichen altkirchlichen Patriarchate. Die übrigen bilden die altkirchlichen orthodoxen Patriarchate (siehe dort). Der vom Papst seit dem 5. Jahrhundert geführte Titel „Patriarch des Abendlandes“ (Patriarch des Okzidents), wird seit 2006 vom amtierenden Papst Benedikt XVI. nicht mehr verwendet. Allerdings übt nach traditionellem katholischem Verständnis der Papst die patriarchale Jurisdiktion über die Westkirche und alle Gebiete aus, die nicht einer anderen patriarchalen Jurisdiktion angehören.
Innerhalb der lateinischen Kirche gibt es zurzeit vier Patriarchen. Drei von ihnen stehen Diözesen mit Patriarchalsitz vor, einer steht als Erzbischof einem Erzbistum vor.
- Lateinische Kirche:
- Mit eigener Jurisdiktion
- Ohne eigene Jurisdiktion
- Mit Patriarchalsitz (Bischofssitz ist titulares Patriarchat)
- Ohne Patriarchalsitz (Patriarch ist Ehrentitel = ad honorem)
Von den Patriarchen des Lateinischen Ritus (außer Jerusalem) sind die Patriarchen der mit Rom unierten Kirchen der östlichen Riten zu unterscheiden, die als Oberhaupt ihrer sui iuris-Kirchen über die Ehrenrechte hinausgehende Vollmachten besitzen (Eigene Jurisdiktion).
- Unierte Kirchen (Eigene Jurisdiktion)
- Antonios Naguib, Koptischer Patriarch von Alexandria
- Nasrallah Pierre Sfeir, Maronitischer Patriarch von Antiochia und dem ganzen Orient (Kardinalbischof)
- Ignace Pierre VIII. Abdel-Ahad, Syrischer Patriarch von Antiochia und dem ganzen Orient
- Gregor III. Laham, Melkitischer Patriarch von Antiochia und dem ganzen Orient, – von Alexandria, – von Jerusalem
- Emmanuel III. Delly, Patriarch von Babylon der Chaldäer (Kardinalbischof)
- Nerses Bedros XIX. Tarmouni, Patriarch von Kilikien der Armenier
In der Melkitisch-griechischen Kirche gibt es nominell drei Patriarchate (Patriarchalsitze), in den übrigen jeweils eins.
Eine gleiche Stellung wie die Patriarchen – bis auf den Ehrenvorrang – haben die Großerzbischöfe als Oberhäupter einiger unierter Kirchen.
Siehe auch
Literatur
- Libreria Editrice Vaticana 2007: Annuario Pontificio per l'anno 2007 (Päpstliches Jahrbuch)
- St. Gabriel-Verlag 1992: Atlas Hierarchicus (Jurisdiktionsbezirke, Statistik)
- Ostkirchliches Institut Regensburg: Orthodoxia 2007 (Jahrbuch für die Orthodoxie)
- Niccolo Del Re, Pattloch 1998: Vatikan Lexikon
Weblinks
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