- Paul Parin
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Paul Parin (* 20. September 1916 in Polzela, Österreich-Ungarn, heute Slowenien; † 18. Mai 2009 in Zürich) war ein Schweizer Psychoanalytiker, Ethnologe und Schriftsteller slowenischer Abstammung.
Inhaltsverzeichnis
Leben
Paul Parin wuchs in einer großbürgerlichen, jüdisch-assimilierten Familie auf dem elterlichen Gutsbesitz in Slowenien auf. Er studierte Medizin an den Universitäten in Graz und Zagreb. 1943 wurde Parin promoviert. Es folgte bis 1946 eine Ausbildung als Chirurg. Während dieser Zeit arbeitete Parin 1944/45 als Chirurg bei den jugoslawischen Partisanen. Danach schloß Parin in der Schweiz eine Ausbildung zum Neurologen und Psychoanalytiker an. Seit 1952 hatte Paul Parin eine eigene Praxis als Psychoanalytiker in Zürich.[1]
In den Jahren von 1955 bis 1971 unternahm Paul Parin sechs Forschungsreisen nach Westafrika. Gemeinsam mit seiner Ehefrau Goldy Parin-Matthèy und Fritz Morgenthaler entwickelte er das Fachgebiet Ethnopsychoanalyse: Seit Mitte der 1960er-Jahre wurden die Forscherautoren mit dem gelungenen Versuch international bekannt, die Methoden der Psychoanalyse in der Ethnologie anzuwenden. Mit der psychoanalytisch grundierten Feldforschungsstudie mit dem Titel Die Weißen denken zu viel (1963) wiesen sie nach, dass sich die in Europa und Nordamerika entwickelte und angewandte Psychoanalyse auch für die Arbeit mit Angehörigen anderer Herkunft eignete.
Von 1972 bis 1979 war Paul Parin psychotherapeutischer Mitarbeiter an der Psychiatrischen Universitätsklinik Zürich. Er zählt zu den prominenten Vertretern einer − im Sinne radikaler Aufklärung − politisch engagierten Psychoanalyse. Die Erinnerungen an seine Forschungsreisen hielt er in mehreren Büchern fest; dazu kamen in seiner letzten Lebenszeit noch eine Reihe von Erzählbänden.
Auszeichnungen
- 1992 Erich-Fried-Preis für Literatur
- 1999 Internationaler Sigmund-Freud-Preis für Psychotherapie
Veröffentlichungen
Monografien
- Die Weißen denken zuviel. Psychoanalytische Untersuchungen bei den Dogon in Westafrika. Mit Goldy Parin-Matthèy und Fritz Morgenthaler. Atlantis, Zürich 1963; EVA, Hamburg 2006, ISBN 3-434-50602-0
- Fürchte Deinen Nächsten wie Dich selbst. Psychoanalyse und Gesellschaft am Modell der Agni in Westafrika (mit Goldy Parin-Matthèy und Fritz Morgenthaler). Suhrkamp, Frankfurt am Main 1971; Psychosozial, Gießen 2006, ISBN 3-89806-462-X
- Der Widerspruch im Subjekt. Ethnopsychoanalytische Studien. Syndikat, Frankfurt am Main 1978; EVA, Hamburg 1992, ISBN 3-434-46011-X
- Untrügliche Zeichen der Veränderung. Jahre in Slowenien. Kindler, München 1980; EVA, Hamburg 1992, ISBN 3-434-50012-X
- Zu viele Teufel im Land. Aufzeichnungen eines Afrikareisenden. Syndikat, Frankfurt am Main 1985; Drava, Klagenfurt 2008, ISBN 3-85435-545-9
- Subjekt im Widerspruch (mit Goldy Parin-Matthèy). Syndikat, Frankfurt am Main 1986; Psychosozial, Gießen 2000, ISBN 3-89806-033-0
- Es ist Krieg und wir gehen hin. Bei den jugoslawischen Partisanen. Rowohlt, Berlin 1991; EVA, Hamburg 1997, ISBN 3-434-50417-6
- Psychoanalyse, Ethnopsychoanalyse, Kulturkritik. Paul Parins Schriften auf CD-ROM, hrsg. v. Johannes Reichmayr. Psychosozial, Gießen 2004, ISBN 3-89806-211-2
Beiträge
- Die Verflüchtigung des Sexuellen in der Psychoanalyse. In: Psychoanalytisches Seminar Zürich (Hrsg.): Sexualität. Syndikat/EVA, Frankfurt am Main 1986, S. 11-22, ISBN 3-434-46083-7
Prosa
- Noch ein Leben. Eine Erzählung. Zwei Versuche. Kore, Freiburg 1990; Psychosozial, Gießen 2003, ISBN 3-89806-183-3
- Karakul. Erzählungen. EVA, Hamburg 1993, ISBN 3-434-50031-6
- Eine Sonnenuhr für beide Hemisphären und andere Erzählungen. EVA, Hamburg 1995, ISBN 3-434-50072-3
- Der Traum von Segou. Neue Erzählungen. EVA, Hamburg 2001, ISBN 3-434-50507-5
- Das Katzenkonzil. Mit Tuschezeichnungen von Manù Hophan. EVA, Hamburg 2002, ISBN 3-434-50533-4
- Die Leidenschaft des Jägers. Erzählungen. EVA, Hamburg 2003, ISBN 3-434-50561-X
- Lesereise 1955 bis 2005. Freitag, Berlin 2006, ISBN 3-936252-09-2
Literatur
- Ursula Rütten: Im unwegsamen Gelände. Paul Parin – Erzähltes Leben. EVA, Hamburg 1996, ISBN 3-434-50400-1
- Emilio Modena (Hrsg.): Leidenschaften. Paul Parin zum 90. Geburtstag. Freitag, Berlin 2007, ISBN 3-936252-13-0
- Roland Kaufhold: "Ein moralischer Anarchist": Erinnerungen an den Psychoanalytiker, Schriftsteller und skeptischen Weltbürger Paul Parin, psychosozial 32. Jg. (2009), Nr. 117, S. 117-126
- Dieter M. Adler: Paul Parin. „Wir waren zu jung, um den Rest unseres Lebens hinter der Couch zu verbringen“. Psychologen-Service.de, Bonn 2007, ISBN 3-00-023881-6
Weblinks
- Literatur von und über Paul Parin im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
- Parin, Paul im Historischen Lexikon der Schweiz
- Website für Paul Parin (darin u.a. Gesammelte Werke zum Download)
- Interview mit dem 84jährigen Parin
- taz-Artikel über Parin (vom 6. Mai 2006)
- taz-Artikel über Parin (vom 13. Mai 2006)
- Texte zum neunzigsten Geburtstag von Martin Pollack, Stefan Keller, Maya Nadig und Christa Wolf in der WOZ vom 13. September 2006 (PDF-Datei; 481 kB)
- «Ich lebe gern» – Zum neunzigsten Geburtstag von Paul Parin, Artikel aus der NZZ vom 20. September 2006
- Paul Parin: Das Mikroskop der vergleichenden Psychoanalyse und die Makrosozietät (1976), in: Helga Haase (Hrsg.): Ethnopsychoanalyse. Wanderungen zwischen den Welten, Stuttgart, Verlag Internationale Psychoanalyse, 2008, S. 116-144.
- Besprechung einer CD mit allen Schriften Paul Parins auf haGalil
- Auf der Suche nach einer konfliktfreieren Lust, Nachruf von Ludger Lütkehaus, NZZ vom 19. Mai 2009
- Paul Parin: Zum Tode des Psychoanalytikers, Schriftstellers und skeptischen Weltbürgers, Nachruf von Roland Kaufhold auf haGalil
- Mario Erdheims Nachruf: Unerschöpfliche Neugier auf Menschen. Paul Parin ist tot. Was er lebendig verkörperte, wird nun zu unserer Erinnerung,, in der WOZ vom 20. Mai 2009.
Einzelnachweise
- ↑ Psychoanalytisches Seminar Zürich (Hrsg.): Sexualität. Syndikat/EVA, Frankfurt am Main 1986, S. 205.
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