Pflasterstrand

Pflasterstrand

Der Pflasterstrand (Eigenschreibweise PflasterStrand) war ein unter diesem Namen von 1976 bis 1990 vierzehntäglich bzw. monatlich erscheinendes und von Daniel Cohn-Bendit herausgegebenes Frankfurter Stadtmagazin.

Bevor es sich „Stadtzeitung für Frankfurt“ und später „Metropolenmagazin“ nannte, erschien es unter einer Reihe anderer Untertitel, die seine kritische politische Ausrichtung ausdrücken sollten, beispielsweise: Sponti-Stadtzeitung, Zeitung für Stadtindianer, Zeitung für Exhibitionisten, Zeitung für Krankfurt, Zeitung der Linksradikalen in Frankfurt, Zeitung für eine Welt mit festen Spielregeln und Gags, Zentralorkan des Rhein-Main-Sumpfes, Zeitung für Träumer/innen, Zeitung für Bankfurt, Zeitung für Punkfurt, Zeitung für Zankfurt, Zeitung für Schweinfurt, Zeitung für Fluchthelfer, Zeitung für Linksaußen.

Das herausragende Merkmal des Magazins war jedoch ein 14-tägiger Veranstaltungskalender für Musik, Kino, Theater, politische, kulturelle und Kinder-Veranstaltungen, der damals in dieser zusammenfassenden Form sonst nirgends gedruckt wurde.

Inhaltsverzeichnis

Geschichte

Der Pflasterstrand ging aus der Zeitschrift FUZZY (Abkürzung für „Frankfurter Uni-Zzeitungs-Ynitiative“) des Frankfurter AStA hervor. Die Zeitschrift verstand sich zunächst als Sprachrohr der linken Sponti-Szene in Frankfurt am Main. Dies wurde verdeutlicht durch ihren Titel, der sich auf den Sponti-Spruch „Unter dem Pflaster liegt der Strand“ bezieht (der Slogan war allerdings älter, und stammte ursprünglich aus dem Mai 1968). Sie bot jedoch darüber hinaus einem breiten Spektrum linker Meinungen ein Forum. Zentrale Person und Spiritus Rector war Daniel Cohn-Bendit. In der Nullnummer vom Oktober 1976 wurde die Zielsetzung formuliert: „[E]ine Darstellung und Auseinandersetzung eines Spektrums [zu] werden, das von den Makrobioten bis zur Revolutionären Zelle reicht, das unsere Fluchtwünsche und individuellen Schwierigkeiten ebenso aufgreift wie politische Dimensionen, die brutale Repression der Polizei ebenso wie die Selbstrepression unter uns Linken.“[1]

Zu einem Eklat kam es, als der Pflasterstrand 1978 im Rahmen einer längeren Diskussion über den untergetauchten Ex-Terroristen der Revolutionären Zellen Hans-Joachim Klein eine Erklärung von dessen ehemaliger Organisation unter dem Titel „Hunde, wollt ihr ewig bellen“ veröffentlichte. Der Vorgang veranlasste die Staatsanwaltschaft, die Räume des Pflasterstrands zu durchsuchen und die gesamte Auflage der betreffenden Ausgabe zu beschlagnahmen. Noch 1985 erschien ein Interview von Cohn-Bendit mit dem zu der Zeit im Untergrund lebenden Klein.

Seit Mitte der 80er Jahre orientierte sich der Pflasterstrand politisch an der Linie des Realo-Flügels innerhalb der Grünen, den Cohn-Bendit und seine ehemaligen Sponti-Mitkämpfer Joschka Fischer und Thomas Schmid entscheidend mitprägten. Parallel dazu gab es journalistische Professionalisierungstendenzen. Ab 1982 hatte der Pflasterstrand, der bis dahin in erster Linie Beiträge von außen abdruckte, eine feste eigene Redaktion: Albert Sellner (Pseud. „Emil Nichtsnutz“), Matthias Horx („Paul Planet”), Georg Dick („Trino Gordo“), Gisela Wülffing, Cora Stephan („Vita Quell“), Tatjana Botzat, Edith Kohn („Remy Martin“), Gerd Koenen, Johannes Winter („Franz Frühling”), Reinhard Mohr, Esther Schapira, Hartwin Möhrle, Joachim Klein, Werner W. Wille. Leidenschaftlich wurde von Seiten der linken Anwälte (Mike Knöss, Wilhelm Barabas, Armin Golzem und Rupert von Plottnitz) gefochten – nicht zuletzt gegen die RAF-Ideologie und die Argumentationen vieler Unterstützerzirkel. Das Feuilleton entwickelte sich unter der Ressortleitung von Elisabeth Kiderlen zu einem beachteten Diskursort Kultur, für den (fast) alle, die in Frankfurt Debattenbedarf hatten, veröffentlichten: Kasper König, Felix Schneider, Bernd Feuchtner, Heiner Goebbels, Jean Trouillet, Alexander Gauland, Claus Leggewie, Carl Hegemann („Carolina Bonavita“), Taygun Nowbary, Heipe Weiss, Harry Oberländer, Heiko Rosner, Inga Buhmann, Ulrike Kolb, Heike Kühn, Marli Feldvoß, Cornelia Niemann, Gitta Mohrdieck, DiWi Dreyse, Frank Herterich u.v. a. Austausch gab es auch mit der taz, aus deren Lokalredaktion vor allem Heide Platen, Klaus-Peter Klingelschmitt und Michael Miersch Beiträge lieferten. Walter E. Baumann verantwortete das teilweise recht avantgardistische (punkige) Layout und achtete darauf, dass die Politik nicht zu sehr überhand nahm. Ständige Autoren kamen aus Frankfurts Frauenszene, aus den diversen Zentren, Initiativen wie dem „Sogenannten linksradikalen Blasorchester“, „Karl Napps Chaostheater“, aus der Alternativszene der selbstverwalteten Betriebe – vom Druckladen bis zum Kino. Unter dem Künstlernamen Brösel veröffentlichte der Comicautor Rötger Feldmann im Oktober 1979 seine ersten Comicstrips. Mitte der 1980er-Jahre existierte außerdem für einige Zeit eine Regionalausgabe Kassel/Nordhessen.

1987 stieg Matthias Kierzek, Eigentümer der Fuldaer Verlagsanstalt und Mitgründer des Eichborn Verlags, beim Pflasterstrand ein.[2] Er holte Matthias Horx, damals Redakteur beim ZeitMagazin, und weitere professionelle Magazinmacher nach Frankfurt. Aus dem 14-täglich erscheinenden Untergrundblatt wurde ein monatliches Hochglanzmagazin, das gleichwohl nicht den erwarteten Erfolg erzielte. Im August 1990 verkaufte Kierzek den Pflasterstrand an die Presse Verlagsgesellschaft mbH der beiden Verleger Dr. Jan-Peter Eichhorn und Gerhard Krauß, die seit 1982 in Frankfurt das konkurrierende Stadtmagazin Auftritt publizierte. Dort entschied man sich im September 1990, beide Monatstitel aufzugeben. Die beiden ehemals konkurrierenden Teams entwickelten gemeinsam unter der Leitung der vom Pflasterstrand gekommenen Matthias Horx und Hartwin Möhrle eine neue, nun wieder 14-täglich erscheinende Stadtillustrierte, die im Oktober 1990 unter dem Titel Journal Frankfurt erstmals erschien und sich sehr schnell zur bis heute führenden Frankfurter Stadtillustrierten entwickelte.

Mitarbeiter

Mitarbeiter beim Pflasterstrand waren unter anderen Daniel Cohn-Bendit, Gerd Koenen, Matthias Horx, Albert Sellner, Edith Kohn, Reinhard Mohr, Hartwin Möhrle, Klaus Walter, Cora Stephan. Ständige Beiträge gab es von: Micky Remann, Thomas Schmid, Dan Diner, Micha Brumlik, Frank Wolff, Joschka Fischer, Carl Hegemann, Sebastian Cobler, Ahmad Taheri, Eva von Hase, Tom Koenigs, Mike Knöss, Rupert von Plottnitz, Willy Barabas, Matthias Beltz, KD Wolff, Til Schulz, Richard Herding, Peter Zollinger.

Siehe auch

Sekundärliteratur

  • Stephanie Horn: Abschied Vom Kollektiv. Der Frankfurter PflasterStrand. Frankfurt am Main 1989, Brandes & Apsel, ISBN 3-925798-40-4
  • X.2 Der Neoanarchismus. Renaissance und Entwicklung libertärer Presse in der Bundesrepublik von 1968 bis 1985. In: Bernd Drücke: Zwischen Schreibtisch und Straßenschlacht? Anarchismus und libertäre Presse in Ost- und Westdeutschland. Klemm & Oelschläger, Ulm 1998, ISBN 3-932577-05-1, S. 150 ff.

Weblinks

Einzelnachweise

  1. DadA-Periodika, Dok.-Nr.: DA-P0000891
  2. „Pflasterstrand“: Neuer Teilhaber. In: Der Spiegel. Nr. 46, 1987, S. 293b (online).

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