- Nordhessen
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Nordhessen bezeichnet mit dem nördlichen Teil des Bundeslandes Hessen dessen historisches Kerngebiet. Die Region ist – im Gegensatz zu der Bezeichnung Niederhessen – keine historische Landesbezeichnung und auch keine bestehende einheitliche und offizielle Verwaltungsgliederung. Die Benennung ist jedoch weit verbreitet und wird heute häufig verwendet, nicht zuletzt auch zur bewussten Abgrenzung gegenüber dem südhessischen Raum. In Nordhessen wohnen etwa 1 Million Menschen, die größte Stadt ist die kurhessische Hauptstadt Kassel.
Inhaltsverzeichnis
Geographie
Geographische Abgrenzung
Die mit Nordhessen bezeichnete Region entspricht in einiger Hinsicht der Ausdehnung des Regierungsbezirks Kassel.
Eine klare Abgrenzung, insbesondere nach Süden, zu Regionsbezeichnungen wie Mittelhessen und Osthessen besteht jedoch nicht und ist, wenn sie denn versucht wird, oft widersprüchlich. Auf einem 1973 in Kassel abgehaltenen Geographentag, dessen „Festschrift“ unter dem Titel Beiträge zur Landeskunde von Nordhessen erschien, wurde unter Berücksichtigung von kulturräumlichen Gegebenheiten als ungefähre südliche Abgrenzung eine Linie Marburg (Landkreis Marburg-Biedenkopf) – Alsfeld (Vogelsbergkreis) – Hünfeld (Landkreis Fulda und damit die nördliche Vorderrhön) vorgeschlagen.
Als unumstritten gilt, dass – neben der kreisfreien Stadt Kassel – die nördlich dieser Linie gelegenen Landkreise Hersfeld-Rotenburg, Kassel, Schwalm-Eder-Kreis, Waldeck-Frankenberg und Werra-Meißner-Kreis geographisch zur Gänze zu Nordhessen gehören.
Landschaft
Nordhessen ist durch eine waldreiche Mittelgebirgslandschaft geprägt. Darin liegen beispielsweise diese Gebirgslandschaften − sortiert nach Maximalhöhe in Meter über Normalnull (NN): Rothaargebirge (im Upland 843,2 m), Fulda-Werra-Bergland (mit Hohem Meißner, 753,6 m), Kellerwald (675,3 m), Knüllgebirge (635,5 m), Habichtswald (614,7 m), Reinhardswald (472,2 m) und Burgwald (443,1 m ü. NN). Der höchste Berg des oftmals mit dem Begriff Nordhessen gleichgesetzten Regierungsbezirks Kassel ist die 950,2 m hohe Wasserkuppe in der Rhön.
Durch Nordhessen fließen die Flüsse Werra und Fulda, die sich in Hann. Münden zur Weser vereinen. Ein Nebenfluss der Fulda ist die Eder, die mit dem Edersee einen der größten Stauseen in Deutschland bildet. Weitere Stauseen sind unter anderem: Diemelsee und Twistesee.
In der Region befindet sich mit dem Nationalpark Kellerwald-Edersee der einzige Nationalpark Hessens und zudem zahlreiche Naturparke.
Größte Städte
Nordhessen ist im Vergleich zum Rhein-Main-Gebiet dünner besiedelt und somit unter dem Durchschnitt des Landes Hessen. Wirtschaftlicher Mittelpunkt ist mit Abstand die Region Kassel, mit der Stadt Kassel und Vororten wie Lohfelden oder Baunatal. Viele Gemeinden sind administrativ zu Städten zusammengefasst, aber häufig trotzdem ländlich geprägt. Folgende Städte haben mehr als 10.000 Einwohner[1]:
(Gemeinden ohne Stadtrechte sind nicht aufgeführt!)Stadt Landkreis Einwohnerzahl Stand am Kassel kreisfrei 195530 31.12.2010 Bad Hersfeld HEF 30087 31.12.2010 Baunatal KS 27642 31.12.2010 Korbach KB 23581 31.12.2010 Eschwege ESW 19882 31.12.2010 Frankenberg KB 18807 31.12.2010 Schwalmstadt HR 18586 31.12.2010 Vellmar KS 18163 31.12.2010 Bad Wildungen KB 17376 31.12.2010 Bad Arolsen KB 16159 31.12.2010 Hofgeismar KS 15655 31.12.2010 Witzenhausen ESW 15368 31.12.2010 Fritzlar HR 14427 31.12.2010 Homberg (Efze) HR 14263 31.12.2010 Bebra HEF 13789 31.12.2010 Lohfelden KS 13749 31.12.2010 Rotenburg an der Fulda HEF 13640 31.12.2010 Melsungen HR 13384 31.12.2010 Borken HR 12830 31.12.2010 Wolfhagen KS 12847 31.12.2010 Hessisch Lichtenau ESW 12593 31.12.2010 Felsberg (Hessen) HR 10631 31.12.2010 Administrative Abgrenzungen
Da die Region Nordhessen geographisch betrachtet nicht abschließend definiert ist, gibt es je nach Aufgabenbereich unterschiedliche politische Abgrenzungen:
- Regierungsbezirk Kassel: die oben genannten fünf Landkreise, die Stadt Kassel und der Landkreis Fulda
- Das Gebiet des Nordhessischen Verkehrsverbundes: die oben genannten fünf Landkreise und die Stadt Kassel
- Bezirk der Industrie- und Handelskammer Kassel: die oben genannten fünf Landkreise, die Stadt Kassel und der einwohnermäßig größere Teil des Landkreises Marburg-Biedenkopf (Altkreis Marburg)[2]
Geschichte und Kultur
Die heutige Region Nordhessen bildet historisch das Kerngebiet des späteren Bundeslandes Hessen, nämlich das Siedlungsgebiet der germanischen Chatten, deren Name sich im Laufe der Geschichtsschreibung zu Hessen wandelte.
Nordhessen setzt sich hauptsächlich aus den historischen Gebieten Niederhessen, Fürstentum Waldeck und Teilen von Oberhessen zusammen; eine andere historische Beschreibung fasst Nordhessen als das vormalige Kerngebiet der Landgrafschaft Hessen-Kassel und des Fürstentums Waldeck. Nach 1866 ging das Kurfürstentum Hessen-Kassel in der preußischen Provinz Hessen-Nassau auf. Als historische Bezeichnung für dieses Gebiet – innerhalb der Geschichtswissenschaft – wird der Begriff Nordhessen nicht verwendet.
Wenngleich Nordhessen ein integraler Bestandteil Hessens ist, und sich auch Nordhessen ebenso als Hessen vestehen, gibt es einige kulturelle Unterschiede, vermutlich bedingt auch durch die verschiedenen hessischen Staaten der Geschichte. Anders als im Rest Hessens gibt es eine Orientierung zur alten Residenzstadt Kassel und nicht in das Ballungsgebiet um Frankfurt. Kulinarisch ist Nordhessen für die Spezialität der Ahlen Wurst bekannt, die Grüne Soße wird anders zubereitet als im Süden des Landes. Architektonisch fällt der extensiche Gebrauch des Fachwerks auf, so finden sich im ländlichen Bereich auch viele Fachwerkkirchen.
Wirtschaft
Traditionell war die Region Kassel bekannt durch größere Betriebe aus dem Bereich Maschinen- und Fahrzeugbau, wie Henschel (eine Nachfolgefirma fertigte den Transrapid) oder Fieseler. In diesem Kontext gibt es das Volkswagenwerk Kassel in Baunatal, Daimler AG Werk Kassel und Bombardier Transportation Werk Kassel. Aufgrund der geografischen Lage und der guten Infrastruktur sind jedoch andere Branchen gewachsen, darunter die Logistik. So entstand das Baunataler Original Teile Center der Volkswagen AG das europaweit größte Ersatzteilelager in Nordhessen, das durch die Volkswagen Original Teile Logistik vernetzt wird oder das Amazon.de Logistikzentrum in Bad Hersfeld. In diesem Bereich liegen auch zumeist die Betriebe in den von der Stadt Kassel und Lohfelden erschlossenen Gewerbegebiete.
Andere Unternehmen umfassen K+S mit Hauptsitz in Kassel, Wintershall mit Hauptsitz in Kassel, Viessmann mit Hauptsitz in Allendorf (Eder), Continental Werk Korbach, B. Braun Melsungen AG mit Hauptsitz in Melsungen. In Frankenberg befindet sich die Firma Thonet, deren Gründer Michael Thonet die industrielle Fertigung von Stühlen entwickelte, lange bevor das Fließband Einzug hielt.
Eine Wachstumsbranche der Region sind die erneuerbaren Energien, begünstigt durch die frühzeitige Schwerpunktsetzung der Universität Kassel auf den Umweltbereich und entsprechende Fraunhofer Forschungsinstitute. So kam es zu erfolgreiche Unternehmensgründungen, wie die der SMA Solar Technology AG, des ISET – Institut für Solare Energieversorgungstechnik und des Zentrum für Umweltbewusstes Bauen e. V. (ZUB).
Das Lohnniveau ist niedriger als im südhessischen Rhein-Main-Gebiet, faktisch kompensiert wird dies durch geringere Lebenshaltungskosten, insbesondere niedrigere Mieten, die durch die größeren Flächen möglich sind.
Politik
Das protestantisch geprägte Nordhessen galt in den Jahrzehnten seit 1945 als sozialdemokratische Hochburg, wobei anders als im Ruhrgebiet diese politische Prägung nicht vornehlich auf ein Industrieproletariat zurückgeht. Die katholische Enklave Fritzlar ist eine christdemokratische Hochburg. Die Region steht im Gegensatz zum zur Region um Fulda, dem katholisch und eher konservativ bestimmten Osthessen. Das bundesweit zu beobachtende Abschmelzen solcher einst sicheren Parteibastionen hat in den letzten Jahren aber auch in Nordhessen stattgefunden. Bei den Landtagswahlen 2003 errang die CDU hier sogar fast alle Direktmandate, die die SPD bei der Wahl 2008 jedoch fast alle wieder zurückerobern konnte.
Einzelnachweise
- ↑ Hessisches Statistisches Landesamt: Die Bevölkerung der hessischen Gemeinden, Wiesbaden, Stand 31. Dezember 2010
- ↑ IHK Kassel
Weblinks
- www.nordhessen.de – Portal der Region, hauptsächlich zum Thema Tourismus
- www.regionnordhessen.de – Portal der regionalen Wirtschaftsförderung
- Regionalplan Nordhessen aus dem hessischen Landesplanungsportal
Kategorien:- Nordhessen
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