Platzverweis

Platzverweis

Der Platzverweis (auch: Platzverweisung) im deutschen Recht stellt eine polizeirechtliche Maßnahme dar, um eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit und öffentliche Ordnung abzuwehren. Sie dient somit der Gefahrenabwehr.

Durch diesen mündlichen oder schriftlichen Verwaltungsakt wird der betroffenen Person geboten, einen Standort unverzüglich zu verlassen. Bei Zuwiderhandlung kann die Person auch in Polizeigewahrsam genommen werden. Ein Platzverweis ist grundsätzlich auf maximal 24 Stunden begrenzt, die Rechtslage scheint jedoch nicht eindeutig zu sein.

Die Maximalzeit kann nicht auf Stunden hochgerechnet werden. Die Verweisung hat sich streng am zeitlichen Übermaßverbot zu orientieren – an der Angemessenheit und Erforderlichkeit. Da der geforderte Gefahrenbegriff auf der Tatbestandsseite, im Sinne einer in Einzelfall bestehenden Gefahr, eine konkrete Gefahr fordert, ist vorrangig die Gefahrenlage entscheidend. Beispiel: Eine Gruppe von Süchtigen befindet sich immer im geschützten Bereich einer Bahnhofsanlage, zusätzlich finden hier sogenannte Verkaufs-, Erwerbs- und Anbahnungsgeschäfte statt. Die Personen verhalten sich „Suchend“ nach Rauschmittel-Verkäufern. Hier ist eine Dauer der Platzverweisung über den Zeitraum hinaus, an dem der Bahnhof an diesem Tag geöffnet ist, äußerst zweifelhaft. Eine Regelung „24 Stunden“ scheint auch hinsichtlich einer Durchsetzungs-Gewahrsamnahme nach nicht nachgekommener Verweisung verfehlt, da im Berliner ASOG Bln beispielsweise eine Freiheitsentziehung maximal bis zum Ende des darauffolgenden Tages (max. 48 Std.) erfolgen kann, soweit die Gefahrenlage eine Maximalzeit erfordert.

Inhaltsverzeichnis

Ähnliche Maßnahmen

Soll die Anordnung für längere Zeit gelten, wird hingegen von einem Aufenthaltsverbot gesprochen, das auch eine Gemeinde verhängen kann (in Bayern: aufgrund Art. 7 Landesstraf- und Verordnungsgesetz; in Hessen: § 31 Abs. 3 HSOG). Das Aufenthaltsverbot bezieht sich auf einen räumlich weiteren Bereich als der Platzverweis, der einen engen Bereich umfasst. Vom Platzverweis ebenfalls zu trennen sind Wohnungsverweisungen, die sich stets auf Wohnungen beziehen. Die Wohnungsverweisungen sind in der Regel eng mit dem Gewaltschutzgesetz verknüpft und schränken nur das Recht auf Eigentum nach Art. 14 GG (ggfs. das Recht auf Freizügigkeit nach Art. 11 GG) ein.

Grundrechtseinschränkung

Die Maßnahme des Platzverweises greift nach überwiegender Auffassung weder in den Schutzbereich des Art. 11 GG (Freizügigkeit, „Hinbewegungsfreiheit“) noch den des Art. 2 Abs. 2 Satz 2 GG („Fortbewegungsfreiheit“) ein, sondern stellt lediglich einen Eingriff in die allgemeine Handlungsfreiheit nach Art. 2 Abs. 1 GG dar.

So auch ausgeführt in der Begründung der Polizeirechtsnovellierung im November 2008 des Innenministeriums Baden-Württemberg. Hier wird in der Landtagsdrucksache 14/3165 [1] zum neu eingeführten Platzverweis als polizeirechtliche Standardmaßnahme nach § 27a PolG BW ausgeführt, dass lediglich ein Eingriff in Art. 2 Abs. 1 GG vorliegt. Diese Sichtweise wird bestärkt durch die Argumentation des Verwaltungsgerichtshofs BW. In seinem Beschluss 1 S 1963/02 betreffend eines allgemein verfügten Platzverweises (Betretens- und Aufenthaltsverbots) gegen Mitglieder der Punk-Szene führte das Gericht aus, dass ein Eingriff in die allgemeine Handlungsfreiheit aus Art. 2 Abs. 1 GG vorliegt. Weitere Grundrechtseingriffe wurden nicht diskutiert.

Rechtsgrundlage

Der Platzverweis stellt eine Standardmaßnahme dar und ist daher in den einzelnen Landespolizeigesetzen jeweils normiert. Platzverweise können gegen Adressaten, die Amtshandlungen der Strafverfolgungsbehörden stören, auch auf § 164 StPO gestützt werden (zumindest als Mindermaßnahme der Festnahme).

  • Die landesrechtlichen Regelungen sind:
    • Baden-Württemberg: § 27a Abs. 1 PolG BW (PolG ist am 22. November 2008 geändert bzw. ergänzt worden) [2]
    • Bayern: Art. 16 Gesetz über die Aufgaben und Befugnisse der Bayerischen Staatlichen Polizei (PAG) [3]
    • Berlin: § 29 Abs. 1 Berliner Allgemeines Sicherheits- und Ordnungsgesetz
    • Brandenburg: § 16 Brandenburger Polizeigesetz
    • Bremen: § 14 Abs. 1 Bremer Polizeigesetz
    • Hamburg: § 12a Hamburger Sicherheits- und Ordnungsgesetz
    • Hessen: § 31 Hessisches Sicherheits- und Ordnungsgesetz (HSOG)
    • Mecklenburg-Vorpommern: § 52 Sicherheits- und Ordnungsgesetz Mecklenburg-Vorpommern
    • Niedersachsen: § 17 Abs. 1 Niedersächsisches Gesetz über die Sicherheit und Ordnung (NSOG)
    • Nordrhein-Westfalen: § 34 Nordrhein-Westfälisches Polizeigesetz
    • Rheinland-Pfalz: § 13 Rheinland-Pfälzisches Polizei- und Ordnungsbehördengesetz
    • Saarland: § 12 Saarländisches Polizeigesetz
    • Sachsen: § 21 Abs. 1 Sächsisches Polizeigesetz [4]
    • Sachsen-Anhalt: § 36 Abs. 1 Sachsen-Anhaltisches Sicherheits- und Ordnungsgesetz
    • Schleswig-Holstein: § 201 Schleswig-Holsteinisches Landesverwaltungsgesetz
    • Thüringen: § 18 Thüringer Polizeiaufgabengesetz in Verbindung mit § 17 Thüringer Ordnungsbehördengesetz

Charakter der Maßnahme

Geht die Störung von einer Person aus oder besteht die Gefahr, dass eine Person eine Gefährdungslage schafft, so kann sie für die Dauer von bis zu 24 Stunden des Platzes verwiesen werden. Die Eingriffsvoraussetzungen sind daher im Vergleich zu anderen Maßnahmen gering. Da die Platzverweisung durch ein Ge- oder Verbot erfolgt, handelt es sich nicht um einen Real-, sondern um einen Verwaltungsakt. Im Zweifel kann die Platzverweisung auch durch eine Ingewahrsamnahme erfolgen. Zur Durchsetzung ist rechtlich auch Unmittelbarer Zwang möglich. Jeder Platzverweis beinhaltet eine Freiheitsbeschränkung.

Verfassungsrechtlich stößt der Platzverweis nicht auf Bedenken durch Juristen. Wird der Platzverweis jedoch zu einem Aufenthaltsverbot, besteht Uneinigkeit, ob die Landesgesetzgeber überhaupt die Regelungskompetenz besitzen, da nach den kompetenzrechtlichen Vorschriften des Grundgesetzes allein der Bundesgesetzgeber zur Bestimmung der gesetzlichen Schranken von Art. 11 GG befugt ist. Vor allem aber dürfen sich Platzverweis und Aufenthaltsverbot in ihrer Normierung nur an dem Individualverhalten der Betroffenen, niemals aber an einer Gruppeneigenschaft orientieren.

Ein Platzverweis ist nicht direkt möglich bei Störern genehmigter Veranstaltungen, da sie polizeifest sind. Personen müssen zuvor nach dem Versammlungsrecht von der Versammlung ausgeschlossen werden (§ 11 VersammlG).

Vgl. Art. 2 GG (Bewegungsfreiheit; Freiheit der Person; Recht auf Leben), Art. 3 GG (Gleichheit vor dem Gesetz; Gleichberechtigung von Männern und Frauen; Diskriminierungsverbote) und Art. 19 GG (Einschränkung von Grundrechten; Wesensgehalts-, Rechtswegegarantie).

Siehe auch

Weblinks

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