Prominententransport

Prominententransport

Der verhöhnende Begriff Prominententransport wurde von den Nationalsozialisten geprägt, als am 1. April 1938 zum ersten Mal österreichische Gefangene, meist Prominente, von Wien in das KZ Dachau gebracht wurden.

Diese erste Gruppe von 151 Personen bestand aus bekannten Politikern, Gegnern des nationalsozialistischen Regimes, Christlichsozialen, Monarchisten, Sozialdemokraten und Kommunisten. Etwa ein Drittel von ihnen war jüdischer Religion oder Abstammung. Zum ersten Transport gehörten Wiens Ständestaats-Bürgermeister Richard Schmitz, der spätere Gewerkschaftsbund-Präsident Franz Olah, die Schriftsteller Raoul Auernheimer und Heinrich Jacob, der Librettist Fritz Löhner-Beda, ferner Maximilian von Hohenberg und Ernst von Hohenberg sowie Leopold Figl und Fritz Grünbaum. Weitere bekannte Persönlichkeiten, die deportiert wurden, waren (angegeben ist teilweise deren Tätigkeit nach 1945):[1][2]

  • Walter Adam (1886–1947), Journalist und Politiker, Chef des Bundespressedienstes und Generalsekretär der Vaterländischen Front
  • Hans Sidonius Becker (1895-1948), Mitarbeiter von Walter Adam, Mitbegründer der O5.
  • Stefan Billes (1909–2002), Politiker (SPÖ)
  • Fritz Bock (1911–1993), Politiker und Mitbegründer der ÖVP
  • Robert Danneberg (1885–1942), Politiker und Jurist
  • Ludwig Draxler (1896–1972), Rechtsanwalt und Politiker
  • Alexander Eifler (1888–1945), Offizier und Stabschef des Republikanischen Schutzbundes
  • Desider Friedmann (1880–1944), Zionist, Rechtsanwalt und Präsident der Israelitischen Kultusgemeinde Wien
  • Josef Gerö (1896–1954), Jurist und Politiker
  • Alfons Gorbach (1898–1972), Politiker (ÖVP) und österreichischer Bundeskanzler
  • Robert Hecht (1881–1938), Jurist und Spitzenbeamter
  • Bruno Heilig (1888–1968), Journalist, Schriftsteller und Übersetzer
  • Egon Hilbert (1899–1968), Theater- und Opernintendant
  • August Kargl (1898–1960), Baumeister und Politiker (CS/ÖVP)
  • Eduard Ludwig (1883–1967), Jurist, Politiker (ÖVP) und Diplomat
  • Viktor Matejka (1901–1993), Kulturpolitiker (KPÖ) und Schriftsteller
  • Paul Neurath (1911–2001), Soziologe
  • Maximilian Reich (1882–1952), Sportjournalist[3]
  • Josef Reither (1880–1950), Politiker (CS)
  • Maximilian Ronge (1874–1953), Offizier des k.u.k. Geheimdienstes
  • Arthur Rutra (* 1892; † unbekannt, 1942 von der Gestapo verschleppt), expressionistischer Dramatiker, Schriftsteller und Journalist
  • Ludwig Soswinski (1905–1997), Widerstandskämpfer, Jurist und Kommunist
  • Johann Staud (1882–1939), Politiker (CS)
  • Karl Stepan (1894–1972), Politiker (CS/VF)
  • Janos (Johann) Kotányi (1858-1938), der Gründer des gleichnamigen Unternehmens

Am 31. Mai und am 3. Juni 1938 erfolgten weitere Gefangenentransporte aus Österreich. Im Zuge der Novemberpogrome 1938 wurden 3.700 jüdische Österreicher von Wien aus in das KZ Dachau deportiert; die meisten wurden aber unter der Auflage, das Deutsche Reich zu verlassen, bald wieder entlassen. Während es 1938 und 1939 noch Entlassungen von jüdischen KZ-Häftlingen gab, wenn sie Einreisedokumente für andere Länder vorlegen konnten, setzte nach dem Kriegsbeginn im KZ Buchenwald ein permanentes Morden an jüdischen Reichsdeutschen ein.

Quellen

  1. Abbildung der Transportliste beim Dokumentationsarchiv des österreichischen Widerstandes
  2. Wolfgang Neugebauer, Peter Schwarz: Stacheldraht, mit Tod geladen … Der erste Österreichertransport in das KZ Dachau 1938 (PDF-Datei, 1,2 MB, beim Dokumentationsarchiv des österreichischen Widerstandes), S. Print, Wien 2008, ISBN 978-3-901142-53-6
  3. Maximilian Reich, Emilie Reich: Zweier Zeugen Mund. Verschollene Manuskripte aus 1938. Hg. von Henriette Mandl. Theodor Kramer Gesellschaft, Wien 2007 306 S. ISBN 978-3-901602-30-6

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