Prämenstruelle dysphorische Störung

Prämenstruelle dysphorische Störung
Klassifikation nach ICD-10
N94.3 Prämenstruelle Beschwerden
ICD-10 online (WHO-Version 2006)

Der Begriff prämenstruelles Syndrom (PMS) bezeichnet in jedem Monatszyklus auftretende, äußerst komplexe Beschwerden bei Frauen, das vier Tage bis zwei Wochen vor dem Eintreten der Regelblutung einsetzt [1] und die nach der Menopause meist verschwindet. Etwa ein Drittel bis die Hälfte aller Frauen im gebärfähigen Alter leiden an einem prämenstruellen Syndrom, vor allem Frauen über dem dreißigsten Lebensjahr. [2]

Inhaltsverzeichnis

Symptome

Der Schweregrad variiert. Ein Viertel der betreffenden Frauen klagt über ernste Symptome und drei bis acht Prozent dieser Frauen leiden unter einer besonders starken Form des PMS,das dann auch prämenstruelle dysphorische Störung (PMDS) genannt wird. Erstere leiden unter einer regelmäßigen Befindlichkeitsstörung, letztere sind in ihrem Arbeitsumfeld und sonstigen sozialen Kontakten erheblich behindert.

  • Körperliche Symptome:
    • Gewichtszunahme durch Wasseransammlungen im Gewebe
    • Hautveränderungen
    • Müdigkeit, Abgeschlagenheit, Erschöpfungssymptome
    • Übelkeit und Kreislaufbeschwerden
    • Magen-Darm-Beschwerden
    • Krämpfe im Unterbauch
    • Kopf- und Rückenschmerzen
    • Heißhunger oder Appetitlosigkeit
    • Schmerzhafte Spannungen, Schwellungen oder extreme Empfindlichkeit gegenüber Berührung der Brüste - die sogenannte Mastodynie
    • erhöhte Sensibilität auf Reize (Licht, Berührung, Lärm, Geruch, Zeit- und Arbeitsdruck)
    • Migräne
    • Ohnmacht
    • Völlegefühl
    • Schmerzen im Bereich der Geschlechtsorgane und im kleinem Becken beim Geschlechtsverkehr - eine sogenannte Dyspareunie
    • Schleimhautreizungen ähnlich Erkältungssymptomen
    • Aktivierung von latenten Entzündungsherden im Körper

Der Zusammenhang zwischen seelischem Befinden, insbesondere aber bestimmten Störungen und dem Menstruationszyklus ist seit langem bekannt. Hippokrates erklärte vor rund 2.500 Jahren die Stimmungsschwankungen in Abhängigkeit von der Monatsblutung als Folge eines „verhinderten Abflusses des Menstruationsblutes“. Zu Beginn des 18. Jahrhunderts wurden menstruationsabhängige seelische Erkrankungen wissenschaftlich exakter erforscht. Im 19. Jahrhundert gingen die Psychiater sogar davon aus, dass rund zehn Prozent aller seelischen Störungen aufgrund organischer Veränderungen (etwa Herz-Kreislauf, Magen-Darm, Störungen der Gehirnfunktion) bei Frauen mit ihrer Monatsblutung in Verbindung stehen. Im ersten Drittel des 20. Jahrhunderts erkannte man schließlich den engen Zusammenhang zwischen bestimmten seelischen Symptomen und Veränderungen im so genannten ovariellen Hormonhaushalt (siehe Menstruationszyklus). Im Verlaufe dieser Forschung fand man schließlich heraus, dass depressive und ängstliche Verstimmungen hauptsächlich in der zweiten Zyklusphase nach dem Eisprung (luteale Phase oder Gelbkörperphase) auftreten, während sich psychisches Wohlbefinden häufiger in der ersten Hälfte (Follikelphase) des Menstruationszyklus beobachten lässt.

Ursachen

Die genauen Ursachen des prämenstruellen Syndroms sind bisher nicht geklärt. Es besteht ein eindeutiger Zusammenhang mit der zweiten Zyklushälfte nach dem Eisprung und der Regelblutung. Denn wird der Übergang in die zweite Zyklushälfte und die Regelblutung durch Medikamente oder Operationen verhindert, bleiben die Beschwerden durch das prämenstruelle Syndrom aus.

In der zweiten Zyklushälfte wird das Gelbkörperhormon (Gestagen) Progesteron produziert, während gleichzeitig die Östrogenausschüttung abfällt. Damit einhergehend steigt die Neigung zum PMS oder gar PMDS. Es wird mehr Wasser im Gewebe eingelagert, was die schmerzhaften Schwellungen an Brüsten (Mastodynie), Händen und Füßen auslösen kann.

Die Stimmungsschwankungen sind jedoch nicht alleinige Folge der leichten bis starken Schmerzen, so dass in der Psychiatrie auch von einer Lutealphasen-Dysphorie (englisch: late luteal phase dysphoric disorder) gesprochen wird. Rein seelische Ursachen können dabei durch weitreichende Forschungen weitgehend ausgeschlossen werden. Sicherlich spielt Komorbidität mit seelischen Erkrankungen eine Rolle, sie sind aber nachgewiesener Weise nicht die Ursache des PMS oder PMDS. Bestimmte Lebensweisen können die Beschwerden des PMS oder PMDS allerdings positiv oder negativ beeinflussen.

Weitere Faktoren können einzeln oder gemeinsam zur Auslösung oder Verstärkung eines prämenstruellen Syndroms beitragen. Dazu gehören ein Prolaktinüberschuss, Störungen der Schilddrüse, Infektionen mit Pilzen, Umweltgifte, der Genuss von Koffein oder Nikotin, Schlafstörungen, psychische Belastungen und ein Bewegungsmangel.

Therapie

Das Vermeiden des Konsums von salzreichen Speisen, Alkohol, Schokolade und Koffein soll in den letzten Tagen vor Einsetzen der Regelblutung zur Linderung der Beschwerden beitragen. Durch Sport und Bewegung wird das im Körper gelagerte Wasser schneller abtransportiert. Die dadurch erhöhte Durchblutung löst Krämpfe in der Gebärmutter. Vor allem entspannende Sportarten in Sonne und frischer Luft wie Spaziergänge, Radfahren, Joggen oder Schwimmen wirken depressiven Zuständen entgegen. Auch Entspannungsübungen (autogenes Training, Massagen, Bäder, Yoga usw.) können das prämenstruelle Syndrom abschwächen. Weiterhin wirken ausgewogene Ernährung und ausreichender Schlaf mit einem regelmäßigen Schlafrhythmus den körperlichen Symptomen entgegen. Seelische Symptome werden ebenfalls oft durch die genannten „natürlichen“ Therapien gebessert oder behoben. In Fällen starker psychischer Symptome haben sich außer der supportiven Psychotherapie Entspannungstechniken wie etwa autogenes Training, die Achtsamkeitsmeditation und auch die Technik des Voice Dialog oder Big Mind als positiv erwiesen. Vor allem das Erlernen eines positiven Umgangs mit den Symptomen hilft den Frauen, diese Belastung besser zu ertragen. Außerdem sollte der Schlaf-Wach-Rhythmus beachtet werden und in schweren Fällen die Schichtarbeit ausgeschlossen werden.

Medikamentöse Behandlungsweisen: Bei der medikamentösen Behandlung können Schmerzmittel, hormonelle Verhütungsmittel, eine Behandlung mit Hormonen, Wasserausschwemmende Mittel, Kalzium, Vitamin  E oder Vitamin  B6 eingesetzt werden.In einigen Fällen erweisen sich auch selektive Serotonin-Wiederaufnahme-Hemmer als hilfreich, zum Beispiel Sertralin, Citalopram, Paroxetin, Fluoxetin und Fluvoxamin. Ihr Wirkungseffekt erstreckt sich sowohl auf seelische, als auch auf körperliche Symptome, und ist im Wesentlichen für alle Substanzen gleich. Wegen möglicher Nebenwirkungen werden sie meist erst dann eingesetzt, wenn andere Therapien wirkungslos bleiben. Dabei gibt es verschiedene Formen der Anwendung. Das Medikament kann zur Einnahme in der zweiten Zyklusphase verordnet werden, aber auch als Dauermedikation von bis zu einem Jahr Dauer verordnet, wobei beim Wiedereinsetzen von Beschwerden zu einem späteren Zeitpunkt erneut eingesetzt werden kann. Die Dosis liegt dabei weit unter dem üblichen Wert für die Behandlung von Depressionen. Dennoch können Nebenwirkungen auftreten.

Als bekannteste phytotherapeutische Mittel ohne nennenswerte Nebenwirkungen werden der Mönchspfeffer (Vitex agnus-castus), Traubensilberkerze (Actaea racemosa), Johanniskraut (Hypericum perforatum), Nachtkerzenöl (Oenothera biennis) und auch Yamswurzel (Dioscorea mexicana) eingesetzt.

Bei ausgeprägten psychischen Beschwerden durch das prämenstruelle Syndrom kann außerdem eine Psychotherapie bei der Behandlung helfen.

Nach der Menopause verschwinden die Beschwerden des prämenstruellen Syndroms bei den meisten Frauen spontan.

Siehe auch

Literatur

  • M. Harrison: Das prämenstruelle Syndrom. München, 1985, ISBN 3-881-04150-8
  • Hänggi-Bally D: Das prämenstruelle Syndrom. Schweiz Med Forum. 2007;7(41):734-738

Einzelnachweise

  1. www.pschyrembel.de
  2. http://www.sprechzimmer.ch/sprechzimmer/Krankheitsbilder/Praemenstruelles_Syndrom_PMS_Monatsbeschwerden_der_Frau.php


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