Raphael Walzer

Raphael Walzer
Raphael Walzer im Alter

Raphael Walzer OSB (* 27. März 1888 in Ravensburg als Josef Walzer; † 19. Juli 1966 in Heidelberg) war ein deutscher Benediktiner. Er war von 1918 bis 1937 vierter Erzabt der Erzabtei Beuron, musste 1937 als Gegner des Nationalsozialismus emigrieren und war danach in Frankreich und Algerien tätig.

Inhaltsverzeichnis

Leben

Abtswappen Raphael Walzers auf einer Gedenktafel an seinem Geburtshaus in der Herrenstraße in Ravensburg

Raphael Walzer wurde als Sohn einer Handwerkerfamilie in Ravensburg geboren und trat 1907 in die Benediktiner-Erzabtei Beuron ein. Er legte 1908 seine Mönchsprofess in Beuron ab und erlangte schon 1918 in der Endphase des Ersten Weltkriegs, nach Studien in Beuron und Rom, noch nicht dreißigjährig die Würde eines Erzabts.[1] In den 1920er Jahren initiierte er die Gründung bzw. Wiederbesiedlung einer Reihe von Klöstern (Weingarten, Neresheim, Neuburg, Kellenried und andere), die Modernisierung und Ausbau des Klosters Beuron (zum Beispiel den Westflügel mit Theologischer Hochschule und Wasserkraftwerk bei St. Maurus), die Aufnahme von über 130 Neuzugängen, die Profess von über 150 Mönchen und die Förderung wissenschaftlicher Einrichtungen.[1] 1935 lebten fast 300 Benediktiner im Kloster.

Walzers umfassende Aufbauarbeit in Beuron wurde durch die nationalsozialistischen Machthaber unterbrochen. Er zog zahlreiche Menschen aus Wissenschaft, Kunst und des kirchlichen Lebens an Beuron heran. Er unterhielt engen und freundschaftlichen Kontakt mit Staatspräsident Eugen Bolz und mit Edith Stein, die heute als Heilige der Kirche verehrt wird. Beide wurden Opfer der Gewaltherrschaft der Nationalsozialisten. Diese Kontakte wiesen ihn in die geistige Opposition. Walzer machte innerhalb und außerhalb Beurons von seiner Ablehnung gegenüber dem Nationalsozialismus kein Hehl. Dadurch geriet er in Spannungen mit dem nationalsozialistischen System, aber auch in innerkirchliche Schwierigkeiten. Sowohl von römischer Seite als auch aus dem Orden selber erwuchsen Walzer vermehrt Hindernisse.[1]

1935 musste Walzer Beuron verlassen und emigrierte nach Frankreich. 1937 musste er auf sein Amt verzichten, 1940 emigrierte er nach Algerien. Als Geistlicher der französischen Armee in Algerien gründete er während des Zweiten Weltkriegs in Rivet bei Algier das erste Theologenseminar für deutsche Kriegsgefangene, dessen Leiter er von 1943 bis 1946 war. Da eine Rückkehr nach Beuron nicht möglich war (dort war seit 1937 Benedikt Bauer Erzabt), baute er ab 1950 in Tlemcen in Algerien eine Benediktinerabtei im islamischen Umfeld auf, der er bis 1964 vorstand. Danach kehrte er nach Deutschland zurück.[2]

Er starb 1966 in der Abtei Neuburg in Heidelberg, die er in den 1920er Jahren nach einer über dreihundertjährigen Unterbrechung des Klosterlebens wiederbegründet hatte, und wurde in der Beuroner Krypta beigesetzt.[2]

Literatur

  • Elisabeth Endres, Erzabt Walzer. Versöhnen ohne zu verschweigen, (= Reihe Positives Leben), Ravensburg 1988, ISBN 3-925868-39-9.
  • Jakobus Kaffanke OSB, Joachim Köhler (Hrsg.): Mehr nützen als herrschen. Raphael Walzer OSB, Erzabt von Beuron 1918–1937 (= Beiträge zu Theologie, Kirche und Gesellschaft im 20. Jahrhundert; Band 17). LIT Verlag, Münster 2008, ISBN 978-3-8258-1327-7.

Einzelnachweise

  1. a b c Geschichtliche Würdigung. Buch zu Erzabt Walzer, in: Südkurier vom 19. November 2008
  2. a b orden-online.de, 19. Sept. 2008

Weblinks

 Commons: Raphael Walzer – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien


Vorgänger Amt Nachfolger
Ildefons Schober Erzabt der Erzabtei Beuron
1918-1937
Benedikt Baur

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