Teresia Benedicta a Cruce

Teresia Benedicta a Cruce
Edith Stein auf einer deutschen Briefmarke (1983)

Edith Stein, Ordensname Teresia Benedicta a Cruce, (* 12. Oktober 1891 in Breslau; † 9. August 1942 im KZ Auschwitz-Birkenau), war eine deutsche Philosophin, Frauenrechtlerin, katholische Nonne jüdischer Herkunft und Märtyrin. Papst Johannes Paul II. sprach sie am 1. Mai 1987 selig und am 11. Oktober 1998 heilig. Ihr Gedenktag ist der 9. August.

Inhaltsverzeichnis

Leben

Kindheit und Ausbildung

Breslau 2006, Nowowiejska-Str. 38:
das Haus in der ehemaligen Michaelisstraße, in dem die Familie Stein wohnte.

Edith Stein wurde als jüngstes von elf Kindern in eine jüdisch-orthodoxe Familie geboren. Vierzehnjährig unterbrach sie das Gymnasium in Breslau und lebte fast ein Jahr bei ihrer Schwester Else Gordon in Hamburg. Zu der jüdisch-orthodoxen Tradition ihres Elternhauses entwickelte die junge Edith Stein ein kritisches Verhältnis und bekannte sich zeitweilig zum Atheismus.

Ihre früh verwitwete Mutter ermöglichte allen Kindern eine solide Ausbildung. An den Universitäten Breslau, Göttingen und Freiburg im Breisgau studierte Edith Stein vor allem Philosophie, Psychologie und Geschichte. Nach ihrer Doktorarbeit (1916) mit dem Thema Zum Problem der Einfühlung war sie bis 1918 wissenschaftliche Assistentin ihres Doktorvaters, des Philosophen Edmund Husserl in Freiburg. Obwohl mit Auszeichnung promoviert, wurde sie als jüdische Frau nicht zur Habilitation zugelassen. An der Universität Göttingen legte sie 1919 erfolglos die Habilitationsschrift Psychische Kausalität vor; in Breslau und Freiburg im Breisgau bewarb sie sich vergebens mit der philosophischen Abhandlung Potenz und Akt.

Konversion und Ordensbeitritt

Den Wendepunkt im Leben Edith Steins bildete die Lektüre der Autobiographie der Unbeschuhten Karmelitin Teresa von Ávila, deren Buch sie in einer einzigen Nacht von Anfang bis Ende las. Am 1. Januar 1922 in Bad Bergzabern wurde Edith Stein durch die Taufe in die römisch-katholische Kirche aufgenommen. Anschließend siedelte Edith Stein in die Pfalz über, wo sie Lehrerin an der konfessionellen Mädchenschule St. Magdalena der Dominikanerinnen in Speyer wurde. Ihr väterlicher Berater und Seelenführer in dieser Zeit war Domkapitular Joseph Schwind.

Gedenktafel für Edith Stein in Beuron

Zwischen 1927 und 1933 hatte sie intensiven Kontakt zur Erzabtei Beuron; 15 Aufenthalte sind nachgewiesen. Der Beuroner Erzabt Raphael Walzer hielt sie über Jahre von ihrem Plan ab, in den Orden der Unbeschuhten Karmelitinnen einzutreten, und bat sie, weiterhin und verstärkt in der Öffentlichkeit zu wirken. Daher wechselte Edith Stein 1932 zum katholischen Institut für wissenschaftliche Pädagogik in Münster (Westfalen), wo sie besonders gern die Kirche St. Ludgeri besuchte. In Münster beschäftigte sie sich u. a. mit Thomas von Aquin. In dieser Zeit begegnete sie dem Philosophen Peter Wust. Sie hielt Vorträge zur Frauenfrage und zu Problemen der neueren Mädchenbildung. Am 14. Oktober 1933, zur ersten Vesper des Hochfests ihrer Namenspatronin Teresa von Ávila, trat Edith Stein mit 42 Jahren als Postulantin in den Kölner Karmel Maria vom Frieden ein und nahm zur Einkleidung ein halbes Jahr später den Ordensnamen „Schwester Teresia Benedicta a Cruce“ (d. h. „die vom Kreuz Gesegnete“) an. Zwei Jahre später, 1936, ließ sich auch Ediths ältere Schwester Rosa (* 1883) taufen. Rosa Stein lebte später als Außenschwester an der Pforte des Karmels in Köln und siedelte dann mit ihrer Schwester auch in den Karmel von Echt über.

Verfolgung und Ermordung

Auf Druck des Naziregimes erhielt Edith Stein als gebürtige Jüdin 1933 Lehrverbot und musste ihre Stelle in Münster aufgeben. Kurz zuvor, am 1. April 1933, hatten die Nationalsozialisten zum Boykott jüdischer Geschäfte aufgerufen und damit eine Pogromstimmung erzeugt. Unmittelbar darauf bat Edith Stein den damaligen Papst Pius XI., mit einer Enzyklika gegen die Judenverfolgung einzuschreiten. Heinz-Günther Schöttler schreibt dazu[1]:

„… hat sie doch bereits im April 1933 Papst Pius XI. in einem Brief auf den ‚Judenhaß‘ und den begonnenen ‚Vernichtungskampf‘ gegen die Juden in Deutschland aufmerksam gemacht (vgl. FrRu 10 [2003] 162–175). Sie mahnte, ‚wir alle, die treue Kinder der Kirche sind und die Verhältnisse in Deutschland mit offenen Augen betrachten, fürchten das Schlimmste für das Ansehen der Kirche, wenn das Schweigen noch länger anhält‘.“

Der Text des Briefes von Edith Stein, des Begleitschreibens von Erzabt Raphael Walzer (Beuron), der den Brief nach Rom gebracht hat, und die Antwort des Staatssekretärs Eugenio Kardinal Pacelli findet sich bei M. Amata Neyer OCD: Der Brief Edith Steins an Papst Pius XI. In: Edith Stein Jahrbuch 2004, Würzburg 2004, S. 18–22.

„… Hat der Papst, haben die Christen auf ihre und andere warnende Stimmen gehört?“ Vergeblich hat Edith Stein ihre Hoffnung ausgedrückt, „dass die Kirche Christi ihre Stimme erhebe, um diesem Mißbrauch des Namens Christi Einhalt zu tun.“


Eine direkte Antwort aus dem Vatikan erhielt Edith Stein zwar nicht, aber der Staatssekretär und spätere Papst Pius XII. schrieb dem Erzabt Walzer, dass der Brief pflichtgemäß dem Papst vorgelegt worden sei. [2]

Um den Kölner Karmel zu schützen, siedelte Edith Stein mit ihrer Schwester Rosa 1938 in den Karmel im niederländischen Echt über. Während der deutschen Besetzung der Niederlande im Verlauf des Zweiten Weltkriegs protestierten die niederländischen Bischöfe am 26. Juli 1942 in einem Hirtenbrief gegen das Vorgehen der Deutschen gegen die Juden. Als Reaktion darauf wurden 244 zum Katholizismus konvertierte ehemalige Juden, darunter auch Edith und Rosa Stein, am 2. August 1942 von der Gestapo verhaftet und in das KZ Westerbork gebracht.

Von dort wurden die beiden Schwestern Stein am 7. August in das Vernichtungslager Auschwitz-Birkenau mit der Reichsbahn deportiert und am 9. August 1942 in der Gaskammer ermordet. Es war Edith und Rosa Stein nicht mehr möglich gewesen, aus Echt in den Schweizer Karmel Le Pâquier zu fliehen. Anscheinend hatten die dortigen Nonnen die Gefährdung nicht klar genug erkannt, so dass zu viel Zeit mit der Beschaffung der notwendigen Dokumente und der Unterkünfte verstrich. Es wird aber auch berichtet, dass Edith Stein eine privilegierte Rettung für sich selbst ablehnte. Aus ihrem Testament vom 9. Juni 1939:

Schon jetzt nehme ich den Tod, den Gott mir zugedacht hat, in vollkommener Unterwerfung unter Seinen heiligsten Willen mit Freuden entgegen. Ich bitte den Herrn, daß Er mein Leben und Sterben annehmen möchte zu seiner Ehre und Verherrlichung, für alle Anliegen der heiligsten Herzen Jesu und Mariä und der Heiligen Kirche, insbesondere für die Erhaltung, Heiligung und Vollendung unseres heiligen Ordens, namentlich des Kölner und Echter Karmels, zur Sühne für den Unglauben des jüdischen Volkes und damit der Herr von den Seinen aufgenommen werde und sein Reich komme in Herrlichkeit, für die Rettung Deutschlands und den Frieden der Welt, schließlich für meine Angehörigen, lebende und tote und alle, die Gott mir gegeben hat: Dass keines von ihnen verloren gehe.

Würdigung

Bedeutung

Edith Stein ist die erste katholische Märtyrin jüdischer Abstammung, die heiliggesprochen wurde. Am 1. Mai 1987 wurde sie von Papst Johannes Paul II. in Köln selig- und am 11. Oktober 1998 in Rom heiliggesprochen, was auch Kontroversen nach sich zog.[3]

1999 wurde Edith Stein – zusammen mit der hl. Birgitta und der hl. Katharina von Siena – zur Patronin Europas erklärt.

Eine 5,80 m hohe Skulptur aus weißem Carrara-Marmor, die Edith Stein als eine Patronin Europas mit größerem christlichem Kreuz und kleinerer jüdischer Torarolle zeigt, wurde in die letzte freie Außenkonche des katholischen Petersdoms in Rom gestellt und 2006 von dem Papst Benedikt XVI. geweiht.[4] Die kontrovers aufgenommene großplastische Darstellung der Heiligen Edith Stein im Petersdom in Rom zeigt ihre Bedeutung als erste jüdischstämmige Heilige für die katholische Kirche. Die einigen als fragwürdig erscheinende symbolische Vermengung[5] von christlichem Kreuz und jüdischer Thorarolle an dieser großen Statue hat jedoch auch scharfe Kritik ausgelöst und wurde vor dem Hintergrund eines angespannten jüdisch-katholischen Dialogs teilweise als realitätsfern bewertet.

Edith Stein hat ihre jüdische Herkunft nie verleugnet, obgleich sie auch in Spannung zu ihren Angehörigen stand, die ihre Konversion zum Katholizismus nicht als frohe Botschaft begrüßen konnten. Wie sehr die Christin und Ordensfrau Edith Stein sich dennoch ihrer Herkunftsfamilie bis zuletzt verbunden fühlen musste, zeigt eine der letzten von ihr überlieferten Äußerungen: „Komm, wir gehen für unser Volk!“, als sie und ihre Schwester aus der niederländischen Gemeinde Echt von der Gestapo zur Vernichtung abgeholt wurden.

Ehrungen

Edith-Stein-Denkmal in Köln

Namentliches Gedenken

Der 1978 errichtete Karmel in Tübingen wurde „Edith-Stein-Karmel“ genannt. Diverse Straßen, Schulen, Kliniken und öffentliche Einrichtungen in deutschen Städten führen den Namen Edith Steins. Gedenktafeln wurden an dem Haus in der Dürener Straße in Köln, an dessen Stelle der damalige Karmel gestanden hatte, sowie, gestaltet von Leopold Hafner, an einer Innenwand der Katharinen-Kapelle des Speyerer Domes angebracht. Im Toni-Schröer-Haus in Lambrecht (Pfalz) wurde eine Edith-Stein-Gedenkstätte eingerichtet.

In der Edith Stein geweihten Kirche in Wachenheim an der Weinstraße befindet sich eine Skulptur, die ebenfalls von Leopold Hafner stammt. 1999 wurde von Bert Gerresheim ein bronzenes Edith-Stein-Denkmal geschaffen, das vor dem Priesterseminar des Erzbistums Köln steht. Im Kapellenkranz des Freiburger Münsters befindet sich ein Edith-Stein-Glasfenster von Hans-Günther van Look (2001). Eine Skulptur Edith Steins als Patronin Europas, von Paul Nagel gefertigt, wurde 2006 in der letzten freien Außenkonche des Petersdomes in Rom aufgestellt und von Papst Benedikt XVI. geweiht. Im August 2006 beschloss die Bayerische Staatsregierung, Edith Stein 2008 in die Ruhmeshalle Walhalla in Donaustauf aufzunehmen. Im November 2008 wurde im Rahmen der Einweihung des Edith-Stein-Platzes in Landau (Pfalz) eine Skulptur des Künstlers Peter Brauchle aufgestellt. Im März 2009 wurde Edith Stein in Berlin durch die Ernst-Freiberger-Stiftung mit einer Bronzeplastik von dem Düsseldorfer Künstler Bert Gerresheim geehrt. Die Büste ist Teil der „Straße der Erinnerung“ im Stadtteil Moabit.

Edith-Stein-Preis

Der Edith-Stein-Preis wird vom Göttinger Edith-Stein-Kreis alle zwei Jahre an Persönlichkeiten, Gruppierungen und Institutionen verliehen, die sich grenzüberschreitend sozial engagieren. Er besteht aus einer Medaille mit der Inschrift „Unsere Menschenliebe ist das Maß unserer Gottesliebe“ und ist mit 5.000 € dotiert.

Filme, Dokumentationen

Werke (Auswahl)

  • Das Einfühlungsproblem in seiner historischen Entwicklung und in phänomenologischer Betrachtung. Phil. Diss., Freiburg 1917
  • Zum Problem der Einfühlung. Halle (Saale), 1917. (Teile II und IV aus o.g. Diss.) Neuausgabe in Edith-Stein-Gesamtausgabe, Bd. 5, In Vorbereitung
  • Potenz und Akt. Studien zu einer Philosophie des Seins (1931), posthum erschienen 1988; NA in Edith-Stein-Gesamtausgabe, Bd. 10, ISBN 3-451-27380-2
  • Endliches und ewiges Sein (1937), postum erschienen Freiburg: Herder, 1950; NA in Edith-Stein-Gesamtausgabe, Bd. 11/12, Freiburg 2006- ISBN 3-451-27381-0
  • Kreuzeswissenschaft. Studie über Joannes a Cruce. Louvain: Nauwelaerts, 1950; NA in Edith-Stein-Gesamtausgabe, Bd. 18, Freiburg, 2. Aufl. 2004, ISBN 3-451-27388-8
  • Aus dem Leben einer jüdischen Familie und weitere autobiographische Beiträge. Neu bearbeitet und eingeleitet von Maria Amata Neyer OCD. Freiburg: Herder, 2002 (Edith-Stein-Gesamtausgabe, Bd.1, ISBN 3-451-27371-3)

Die Gesamtausgabe ihrer Werke erscheint als Edith-Stein-Gesamtausgabe (Freiburg/Basel/Wien) in 18 Bänden, seit dem Jahr 2000 auch als Edith-Stein-Gesamtausgabe (ESGA) (Freiburg) in 25 Bänden.

Das Edith-Stein-Archiv befindet sich im Karmel „Maria vom Frieden“ in Köln.

Literatur

  • Matthias Böckel: Edith Stein und das Judentum. 2. Aufl., Paqué, Ramstein 1991, ISBN 3-88765-022-0
  • Elisabeth Endres: Edith Stein. Christliche Philosophin und jüdische Märtyrerin. Piper, München 1987
  • Joachim Feldes: Auf den Spuren Edith Steins durch Köln. Frankenthal/Köln 2005
  • Christian Feldmann: Edith Stein. Rowohlt, Reinbek 2004, ISBN 3-499-50611-4
  • Francisco Xavier Sancho Fermin: Loslassen – Edith Steins Weg von der Philosophie zur karmelitischen Mystik. Stuttgart 2007, ISBN 978-3-17-019980-4
  • Zdzislaw Florek: Der mystische Läuterungsprozess – ein Weg in die Freiheit. Tiefenphänomenologie des Leidens nach Edith Stein. Phil. Diss., Stuttgart 2004, ISBN 3-17-018221-8
  • Peter Freienstein: Sinn verstehen. Die Philosophie Edith Steins. Turnshare Ltd., London, ISBN 978-1-903343-95-1
  • Hanna-Barbara Gerl-Falkovitz: Unerbittliches Licht. Edith Stein: Philosophie, Mystik, Leben. Grünewald Mainz, 1991.
  • Robert M. W. Kempner: Edith Stein und Anne Frank. Zwei von Hunderttausend. Die Enthüllungen über die NS-Verbrechen in Holland vor dem Schwurgericht in München. Die Ermordung der „nicht-arischen“ Mönche und Nonnen, Freiburg 1968. DNB
  • Elisabeth Lammers: Als die Zukunft noch offen war. Edith Stein – das entscheidende Jahr in Münster. dialogverlag, Münster 2003, ISBN 3-933144-65-5
  • Maria Amata Neyer OCD Edith Stein – das Leben einer ungewöhnlichen Frau, Düsseldorf, 2002
  • Maria Amata Neyer OCD: Der Brief Edith Steins an Papst Pius XI. In: Edith-Stein-Jahrbuch 2004, Echter Würzburg 2004
  • Teresia Renata de Spiritu Sancto OCD (Teresia Renata Posselt OCD): Edith Stein: Schwester Teresia Benedicta a cruce, Philosophin und Karmelitin; ein Lebensbild, gewonnen aus Erinnerungen und Briefen, Freiburg, 1957
  • Konrad Repgen: Hitlers „Machtergreifung“, die christlichen Kirchen, die Judenfrage und Edith Steins Eingabe an Pius XI. vom [9.] April 1933. In: Edith-Stein-Jahrbuch 2004, Echter Würzburg 2004
  • Johannes Schaber, OSB: Phänomenologie und Mönchtum. Max Scheler, Martin Heidegger, Edith Stein und die Erzabtei Beuron. In: Holger Zaborowski & Stephan Loos (Hrsg.): Leben, Tod und Entscheidung. Studien zur Geistesgeschichte der Weimarer Republik, Berlin 2003
  • Katharina Westerhorstmann: Selbstverwirklichung und Pro-Existenz. Frausein in Arbeit und Beruf bei Edith Stein. Schöningh, Paderborn 2004, ISBN 3-506-71337-X

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Heinz-Günther Schöttler, Bamberg, Freiburger Rundbrief Nr. 2, 1. Mai 2007: Jüdische und christliche Symbolik unglücklich vermischt – Die neue Edith-Stein-Statue am Petersdom
  2. Eine verläßlichere Quelle als die Frankfurter Rundschau ist der Beitrag von Prof. Konrad Repgen Hitlers „Machtergreifung“, die christlichen Kirchen, die Judenfrage und Edith Stein Eingabe an Pius XI. vom [9.] April 1933. In: Edith-Stein-Jahrbuch 2004, S. 31–68.
  3. Die katholische Kirche – ein Opfer der Schoah? – Israelische Stimmen zur Heiligsprechung Edith Steins hagalil.com 16-12-1998 <--!„(…) Offensiv wehrt sich die Presse in Jerusalem allerdings gegen die scheinbare Absicht der ‚Christianisierung‘ des Holocausts. Der Fachmann für Beziehungen zwischen Kirche und Judentum Dr. Yitzhak Minervi erinnert in seinem Kommentar an einen Ausspruch des Papstes bei seinem Besuch in Auschwitz 1979, als er im Vernichtungslager sagte, dass dies das ‚Golgatha der modernen Welt‘ ist und ‚hier sechs Millionen Menschen umgebracht wurden, ein Viertel der polnischen Bevölkerung.‘ Die Klarstellung, dass es sich hauptsächlich um jüdische Opfer handelte wurde damals – wie in Polen von Seiten der Kommunisten wie der Kirche üblich – unterlassen. Mit der ‚Heiligen von Auschwitz‘, die zum Christentum konvertierte, was noch jüdischer Tradition eine unverzeihliche Sünde ist, verfolgt der amtierende Papst die Idee den Holocaust in einen untrennbaren Teil des Leidens des christlichen (katholischen!) Glaubens zu verwandeln, lautet der Vorwurf.(…)“-->
  4. Jüdische und christliche Symbolik unglücklich vermischt – Die neue Edith-Stein-Statue am Petersdom Heinz-Günther Schöttler, Bamberg, Freiburger Rundbrief Nr. 2, 2007-05-01 „(…) Am 11. Oktober 2006, nach der Generalaudienz auf dem Petersplatz in Rom, weihte Papst Benedikt XVI. eine Statue von Edith Stein, die als Jüdin 1891 in Breslau geboren und am 9. August 1942 im Konzentrationslager Auschwitz ermordet wurde. Die Statue füllt eine der letzten freien Außennischen an der Westfassade des Petersdoms. Edith Stein, mit „summa cum laude“ bei dem Philosophen Edmund Husserl promoviert, konvertierte zum Christentum und empfing am 1. Januar 1922 die Taufe. Im Oktober 1933 trat sie als Karmelitin in das Kölner Kloster ein und erhielt den Namen Teresia Benedicta a Cruce („die vom Kreuz Gesegnete“); dieser Name steht auch auf dem Sockel der Statue. Zu verdanken ist die aus Carrara-Marmor geschlagene Statue der Initiative des Kölner Erzbischofs, Joachim Kardinal Meisner, geborener Breslauer wie Edith Stein. Die persönliche Integrität Edith Steins und ihr Recht auf Konversion zum Christentum sind unbestritten, ihre Selig- (1987) und Heiligsprechung (1998) ist aber ein für Juden und Christen gleichermaßen höchst mißverständliches Zeichen — und für das Verhältnis zwischen Juden und Christen durchaus prekär. Edith Stein wurde ja nicht in Auschwitz ermordet, weil sie Christin war. Sie wurde vergast, weil sie Jüdin war, nicht wegen ihres Glaubens, „nicht wegen, sondern trotz ihrer Taufe“ (vgl. Elias H. Füllenbach, Die Heiligsprechung Edith Steins, FrRu 6[1999]3-20, hier 15). Vor einer Vereinnahmung Edith Steins als christliche Märtyrerin ist angesichts ihrer (…)“
  5. Jüdische und christliche Symbolik unglücklich vermischt – Die neue Edith-Stein-Statue am Petersdom Heinz-Günther Schöttler, Bamberg, Freiburger Rundbrief Nr. 2, 2007-05-01 „(…) Vor einer Vereinnahmung Edith Steins als christliche Märtyrerin ist angesichts ihrer Selig- und Heiligsprechung immer wieder nachdrücklich gewarnt worden. Die neue Statue leistet keinen Beitrag, diese Irritationen zu mindern oder gar abzubauen — im Gegenteil. Als die Statue enthüllt wird, ist der Schreck und das Unverständnis — nicht nur unter den jüdischen Anwesenden — groß, sieht man doch Edith Stein, wie sie mit beiden Händen eine Torarolle und — dahinter — ein Kreuz hält. Das Kreuz, dem als weiteres christliches Symbol die Dornenkrone beigefügt ist, überragt die Torarolle, auf der in hebräischen Buchstaben ‚Schema Jisrael‘ steht. Mit dieser Kombination von Tora und Kreuz entsteht eine — wie Rabbiner Homolka mit Recht kritisiert — ‚unerträgliche Vermischung‘ jüdischer und christlicher Symbolik, und der Vorwurf christlicher Vereinnahmung der Schoa liegt nahe. Wie soll die Heilige ‚für Beides‘ stehen, wie der Künstler ausdrücklich betont: für Judentum und Christentum, in Torarolle und Kreuz symbolisiert, wo sie sich durch ihre Konversion zum Christentum doch bewusst vom jüdischen Glauben abgewandt hat. Dem jüdischen Betrachter zeigt sich Edith Stein als Figur christlicher Vereinnahmung des Judentums. (…)“

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