SMS Scharnhorst

SMS Scharnhorst
Deutsches ReichDeutsches Reich (Reichskriegsflagge)
Großer Kreuzer SMS Scharnhorst 1907/08
Schiffsdaten
Schiffstyp Großer Kreuzer
Schiffsklasse Scharnhorst-Klasse
Baubezeichnung: Großer Kreuzer D
Kiellegung: 1905
Stapellauf (Schiffstaufe): 22. März 1906
Indienststellung: 24. Oktober 1907
Bauwerft: Blohm & Voß in Hamburg
Besatzung: 840
Baukosten: 20.319.000 Goldmark
Schwesterschiffe
SMS Gneisenau
Technische Daten
Konstruktionsverdrängung: 11.616 t
Maximale Einsatzverdrängung: 12.985 t
Länge: über Alles: 144,60 m
Wasserlinie: 143,8 m
Breite: 21,60 m
Tiefgang: 8,37 m
Maschinenanlage: 18 Dampfkessel
(kohlegefeuert)
3 stehende 3-Zylinder-Dreifachexpansions-
Dampfmaschinen
Anzahl der Schrauben: 1 vierflügelig Ø 4,7 m und
2 vierflügelig Ø 5,0 m
Wellendrehzahl: 121/min
Leistung: 28.783 PSi
Leistung an den Wellen: x PS pro Welle
Höchstgeschwindigkeit: 23,5 kn
Fahrbereich: 5120 sm bei 12 kn
Brennstoffvorrat: 800 - 2000 Tonnen Kohle
Panzerung
Gürtelpanzer: 80 mm
Deck: 35 - 60 mm
Türme: 30 - 170 mm
Barbetten: 150 mm
Kasematten: 150 mm
Bewaffnung
Geschütze 21 cm L/40: 8 mit 700 Schuss
(davon 4 in 2 Zwillingstürmen und
4 in Kasemattenaufstellung)
Waffenreichweite 21 cm: 163 hm bei 30°
124 hm bei 16°
Geschütze 15 cm L/40: 6 mit insges. 1020 Schuss
Geschütze 8,8 cm L/35: 18 mit insges. x Schuss
Torpedorohre Ø 45 cm: 4
Kommandanten
Fregattenkapitän/Kapitän zur See
Otto Philipp
1. Oktober 1908 bis 22. März 1909
Kapitän zur See Felix Schultz Dezember 1913 bis Dezember 1914

Die SMS Scharnhorst war ein Großer Kreuzer (Panzerkreuzer) der kaiserlichen Marine im Ersten Weltkrieg. Sie war das Flaggschiff des deutschen Ostasiengeschwaders. Die Namensgebung erfolgte nach dem preußischen Generalfeldmarschall Gerhard von Scharnhorst.

Inhaltsverzeichnis

Technik

Umbauten und Erkennungsmerkmale

Der Kreuzer wurde zweimal in geringerem Umfang umgebaut. Zunächst wurden 1912 die Kranbrücken entfernt und die dortigen Scheinwerfer auf neue Plattformen hinter der Brücke und in die Masten versetzt, die ebenfalls modifiziert wurden. Je ein Scheinwerfer kamen in den Vortopp und auf die Vormarsdecke und zwei diagonal versetzt auf die Großmarsdecke.[E 1]

Kurz vor Kriegsbeginn wurde der Fockmast nochmals geändert, u.a. erhielt er einen auffälligen und schon auf große Entfernung sichtbaren Fleckerstand (Ausguck). Vom fast baugleichen Schwesterschiff SMS Gneisenau konnte die Scharnhorst ab Fertigstellung sicher nur durch die Anordnung der Dampfrohre an den Schornsteinen unterschieden werden.[E 1] Insbesondere hatte die Gneisenau backbords an der Vorderseite des zweiten Schornsteins ein Dampfrohr, das über das Schornsteingitter hinausragte, während auf der Scharnhorst alle Dampfrohre unterhalb der Schornsteinoberkanten endeten.

Zwar wurden später die (ansonsten anders als beim Vorgängerpaar SMS Yorck und SMS Roon baugleichen) Bootskräne auf der Scharnhorst normalerweise achteraus und auf der Gneisenau nach vorn verzurrt, aber das ist kein sicheres Unterscheidungsmerkmal, da es ursprünglich nicht verwendet wurde und bei Benutzung der Kräne auch wertlos ist.

Erst im Krieg waren beide Schiffe wirklich leicht unterscheidbar, weil die Gneisenau zwar den ersten Umbau wie die Scharnhorst erhielt, aber nicht den zweiten Umbau, so dass der Fleckerstand im Vormast sofort die SMS Scharnhorst verriet.

Der Anstrich wechselte mehrfach. Fertiggestellt im weiß/ocker des "Auslandsanstrichs 98" als Kaiserbegleitschiff, dann in das typische hellgrau/mittelgrau umgepönt, wurde die Scharnhorst nach Verlegung nach Ostasien nochmals kurzzeitig in den "Auslandsanstrich 98" (dann als sog. Tropenanstrich) umgestrichen (dann schon im Aussehen nach dem ersten Umbau), um ab 1911 endgültig "grau" zu werden.

Geschichte

Die SMS Scharnhorst wurde als zweites Schiff einer neuen Klasse von Großen Kreuzern (sowohl die Panzerkreuzer als auch die Schlachtkreuzer wurden in der Kaiserlichen Marine als Großer Kreuzer bezeichnet) im Jahre 1905 bei der Werft Blohm & Voß in Hamburg auf Kiel gelegt. Sie war wie ihr Schwesterschiff SMS Gneisenau für den Einsatz in den Gewässern der deutschen Kolonien Deutsch-Neuguinea, Deutsch-Samoa und Kiautschou konzipiert. Ihr Stapellauf war am 22. März 1906 und ihre Indienststellung fand am 24. Oktober 1907 statt. Am 1. Mai 1908 trat sie, SMS Yorck ablösend, ihren Dienst als Flaggschiff des Befehlshabers der Aufklärungsstreitkräfte (B. d. A.) der Hochseeflotte an. Bis zum 11. März 1909 übte sie diese Funktion aus. Daraufhin wurde sie, da diese Verwendung künftig von Großkampfschiffen (Schlachtkreuzern) übernommen werden sollte, zuerst noch ohne ihr Schwesterschiff nach Ostasien (Tsingtau) entsandt.

Auslandseinsatz

Am 1. April 1909 verließ sie mit Konteradmiral Friedrich von Ingenohl an Bord Kiel und traf am 29. April in Colombo mit dem bisherigen Flaggschiff des deutschen Ostasiengeschwaders SMS Fürst Bismarck zusammen. An diesem Tag wurde die Scharnhorst Flaggschiff des Geschwaders. Seit 1909 war sie als solches in Tsingtau (heute: Qingdao) stationiert. Am 14. März 1911 traf das Schwesterschiff Gneisenau in Tsingtau ein. Bis zum Kriegsausbruch im Jahr 1914 kreuzte die Scharnhorst in chinesischen und japanischen Gewässern und unternahm mehrere Fahrten in die Südsee.

Bei Ausbruch des Ersten Weltkriegs befand sich das Schiff mit dem Ostasiengeschwader in Ponape. Da der Stützpunkt Tsingtau aufgrund der zu erwartenden japanischen Besetzung nun aufgegeben werden musste, entschloss sich der Befehlshaber des Geschwaders Vizeadmiral Graf von Spee, nach Deutschland zu gelangen. Zunächst lief man die Insel Pagan auf den damals deutschen Marianen (Teil Deutsch-Neuguineas) an, wo auch die Kleinen Kreuzer SMS Nürnberg und SMS Emden zum Geschwader stießen. Am 14. August 1914 verließen die Schiffe die Insel wieder. Die Emden wurde in den Indischen Ozean entlassen, um dort selbständig Kreuzerkrieg zu führen. Das Geschwader durchkreuzte nun monatelang in langsamer Fahrt den Pazifik. Dadurch erreichte Vizeadmiral Graf Spee in beispielhafter Weise die analoge Wirkung einer Fleet-in-being, bei der das Kriegsgeschehen durch die bloße Anwesenheit einer Flotte beeinflusst wird. Es folgten verschiedene Kohlenübernahmen bei den Marshallinseln und vor Deutsch-Samoa. Am 22. September konnte man auf der Reede von Papeete (Tahiti) nur das französische Kanonenboot Zelee versenken. Am 12. Oktober lief das Geschwader die Osterinsel an, um hier erneut zu kohlen. Hier stießen auch die Kleinen Kreuzer SMS Dresden und SMS Leipzig dazu. Zwei Tage später konnte die Fahrt weitergehen.

Gefecht bei Coronel

Postkarte mit der Scharnhorst

Hauptartikel: Seegefecht bei Coronel

Vor der chilenische Küste traf Graf Spee mit seinem Geschwader am 1. November 1914 auf eine britische Kampfgruppe unter Vizeadmiral Cradock. Es kam zur Schlacht bei Coronel. Graf Spee verzögerte die Annahme des Gefechts so lange, bis seine von der Abendsonne beschienenen Schiffe in der Dämmerung mit dem Grau der chilenischen Küstengebirge verschwammen, wohingegen die zuerst von blendender Abendsonne gestörten deutsche Geschützbedienungen nach Sonnenuntergang die britischen Schiffe als klare Silhouetten vor sich hatten. In relativ kurzer Zeit wurden die britischen Panzerkreuzer HMS Good Hope und HMS Monmouth versenkt, wobei die Scharnhorst als Spitzenschiff auf das britische Flaggschiff Good Hope feuerte, und trotz schwerer See und starkem Wind ca. 30-40 Treffer erzielte.

Die Artilleristen der Scharnhorst und der Gneisenau waren Gewinner des alljährlichen Kaiserpreises für gute artilleristische Leistungen. Deshalb wird in britischen Publikationen oft behauptet, die deutschen Schiffe seien mit lang dienenden (fast Berufs-)Besatzungen besetzt gewesen, wohingegen die britischen nur von Fischern und jungen Rekruten ohne jede Erfahrung bemannt gewesen seien. Dem war nicht so. Am 3.Juni 1914 war je die Hälfte der deutschen Besatzungen turnusmäßig durch frische Rekruten und junge Offiziere ersetzt worden, so dass die Briten fast ebenso lang wie die Deutschen Zeit hatten, die Ausbildung der neuen Besatzungsmitglieder durchzuführen. Die erreichten Leistungen stellten dem deutschen Ausbildungssystem und den deutschen Seeoffizieren daher ein hervorragendes Zeugnis aus.

Dem Leichten Kreuzer HMS Glasgow gelang, leicht beschädigt, die Flucht. Der Hilfskreuzer Otranto war schon vorher abgelaufen. Die Deutschen verließen das Gefecht zwar fast unbeschädigt, hatten jedoch teilweise die Hälfte ihrer Munition verschossen. Dieser deutsche Seesieg in einem Geschwadergefecht bedeutete für die Royal Navy einen schweren Prestigeverlust und ließ die neutralen Länder aufhorchen.

Nachdem man am 4. November in Valparaiso die Vorräte ergänzt hatte, setzte das Geschwader seine Fahrt südwärts fort. Anfang Dezember erreichte es das Kap Hoorn. Nach einer letzten Kohlenübernahme wollte der Admiral, am Morgen des 8. Dezember 1914, die Funkanlagen der Falklandinseln zerstören und sich der dortigen Kohlenvorräte bemächtigen. Außerdem war geplant, den britischen Gouverneur gefangen zu nehmen. Die Briten hatten jedoch mittlerweile auf die empfindliche Niederlage von Coronel fast überreagiert und zwei Schlachtkreuzer in den Südatlantik und einen (HMS Princess Royal) in die Karibik geschickt, um den Grafen Spee notfalls beim gerade neu eröffneten Panamakanal abzufangen. Die britische Kampfgruppe im Südatlantik, unter Führung des Admiral Sir Frederik Doveton Sturdee, war mit ihren Schlachtkreuzern HMS Invincible und HMS Inflexible sowie den drei Panzerkreuzern HMS Kent, HMS Carnarvon und HMS Cornwall, den deutschen Schiffen an Geschwindigkeit und Bewaffnung weit überlegen.

Versenkung bei den Falklandinseln

Achterer 21-cm-Doppelturm der Scharnhorst

Hauptartikel: Seegefecht bei den Falklandinseln

Am 8. Dezember 1914 lief der deutsche Kreuzerverband bei den Falklandinseln bei Port William diesem überlegenen britischen Geschwader geradewegs vor die Rohre, und es kam zur Schlacht bei den Falklandinseln. Zunächst versuchte Graf Spee, mit seinem Geschwader nach Osten zu entkommen. Zu seinem Unglück herrschte klarste Sicht. Gegen Mittag hatten die Briten aufgeholt. Die drei Kleinen Kreuzer wurden vom Grafen Spee durch das Signal: "Entlassen - versuchen zu entkommen!" aus dem Verbande entlassen und drehten nach Süden ab, wurden aber sogleich von zwei britischen Panzerkreuzern und der HMS Glasgow verfolgt, während Scharnhorst und Gneisenau von Invincible, Inflexible und dem Panzerkreuzer HMS Carnarvon angegriffen wurden. Die beiden deutschen Panzerkreuzer versuchten durch ihr eigenes Opfer den Kleinen Kreuzern das Entkommen zu ermöglichen. Die britischen Schiffe führten das Gefecht auffallend vorsichtig auf größte Distanz, was zur Folge hatte, dass sie im Gefecht fast ihre gesamte Munition verbrauchten. Die deutschen Panzerkreuzer ihrerseits konnten dadurch das Feuer oft nur mit den beiden Zwillingstürmen erwidern, wohingegen die Kasemattgeschütze mangels Reichweite schweigen mussten. Die Widerstandsfähigkeit der Scharnhorst-Klasse war enorm. Stundenlang erwiderten sie fast exerziermäßig das Feuer, was die Bewunderung der Briten erregte. Die Scharnhorst ging mit Admiral Graf Spee und ihrer gesamten Besatzung von 860 Mann erst um 16.17 Uhr, mit dem Bug voran, unter, nachdem sie ab 16.04 Uhr starke Schlagseite bekommen hatte. Ferner wurden noch der Große Kreuzer Gneisenau, die Kleinen Kreuzer Leipzig und Nürnberg sowie die Versorger Santa Isabel und Baden (7676 BRT) versenkt. Insgesamt gingen in der Schlacht bei den Falklandinseln über 2000 Deutsche mit ihren Schiffen unter. Der Kleine Kreuzer Dresden konnte als einziges Turbinenschiff des Verbandes in die monatelange Einsamkeit chilenischer Küstengewässer entkommen.

Die Scharnhorst-Flagge

Mitte 1915 entdeckte ein Küstendampfer vor Brasilien die im Meer treibende Leiche eines deutschen Matrosen. Daran war eine 21-cm-Kartuschbüchse befestigt, welche die im achteren Turm aufbewahrte Reservegaffelflagge der Scharnhorst enthielt. Die Flagge kam in das Museum für Meereskunde nach Berlin, ging aber während des Zweiten Weltkrieges verloren.

Literatur

  • Hans Pochhammer: Graf Spee’s letzte Fahrt, Erinnerungen an das Kreuzergeschwader. Verlag der täglichen Rundschau, Berlin 1918.

Weblinks

 Commons: SMS Scharnhorst – Album mit Bildern und/oder Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. a b Erich Gröner, Dieter Jung und Martin Maass: Die deutschen Kriegsschiffe 1815–1945 Band 1. Bernard & Graefe Verlag, München 1982, S. 78-80

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