Schalker Verein

Schalker Verein

Der Schalker Verein war ein Hüttenwerk in Gelsenkirchen.

Inhaltsverzeichnis

Geschichte

Das Unternehmen wurde als Schalker Gruben- und Hüttenverein 1872 im Stadtteil Bulmke von Friedrich Grillo gegründet, hatte seinen Verwaltungssitz jedoch im Stadtteil Schalke, was wiederum seinen Namen erklärt. Der erste Hochofen wurde 1874 gebaut und am 2. März 1875 in Betrieb genommen (erster Hochofenabstich). Auf dem Werksgelände in Gelsenkirchen fanden sich später sechs Hochöfen in denen Roheisen produziert wurde. Der Schalker Verein wurde über die Bochumer Erzbahn mit Eisenerz versorgt.

1897 fusionierte Schalke mit der AG Vulkan in Duisburg-Hochfeld, auch 1899 wurde mit der Übernahme der Zeche Pluto weiter expandiert. 1907 schloss sich der Schalker Verein mit der Gelsenkirchener Bergwerks AG zusammen, nachdem er bereits zwei Jahre zuvor eine Interessengemeinschaft mit dem "Aachener Hütten-Aktien-Verein Rothe Erde" des Montanindustriellen Adolph Kirdorf getätigt hatte und mit der er 1926 Bestandteil der Vereinigte Stahlwerke wurde. Im Jahre 1924 nahm man ein Zementwerk in Betrieb, dass den aus der Hochofenschlacke gewonnenen Hüttensand verwertete. Seit Anfang der 1920er Jahre[1] entwickelte der Schalker Verein einen Schleudergussprozess für Eisenrohre, der beim Bochumer Verein später für die Verwendung mit Stahl (Geschützrohre) weiterentwickelt wurde.

Zusammen mit der Friedrich Wilhelms-Hütte, der Meidericher Gießerei sowie der Hildener Gießerei wurde der Schalker Verein 1933 im Zuge der Neuorganisation der Vereinigten Stahlwerke in die Deutsche Eisenwerke AG als Werk Schalker Verein ausgegliedert.[2]

Zur Blütezeit des Hüttenwerkes arbeiteten hier 6.000 Menschen.

Im Zweiten Weltkrieg war der Schalker Verein ein wichtiges Ziel der Alliierten. Bei mehreren Bombenangriffen wurde das Werk erheblich beschädigt. An der Wattenscheider Straße befand sich während des Krieges ein Lager für die im Werk eingesetzten vornehmlich russischen Zwangsarbeiter.

Firmenzeichen der "Eisenwerke Gelsenkirchen" 1948-1963

Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde der Schalker Verein im Zuge der Entflechtung der Vereinigte Stahlwerke AG in die Eisenwerke Gelsenkirchen AG mit 3272 (im Jahr 1947) bzw. 5608 (im Jahr 1951) Arbeitern ausgegliedert.[3] Zusammen mit anderen Eisen- und Gussstahlwerken gründeten sie 1952 die Rheinisch-Westfälische Eisen- und Stahlwerke AG, Mülheim (Ruhr), die 1957 mit der Rheinische Stahlwerke AG in Essen fusionierte.[4]

1956 führte der Schalker Verein Wasserleitungen aus duktilem Eisenguss ein und wurde damit Marktführer für Gussrohre zur Trinkwasser- und Abwasserentsorgung, die in über 30 Länder exportiert wurden.

Ein Strassenablauf - Produkt des "Rheinstahl Eisenwerk Gelsenskirchen"

Als sich 1963 die Rheinstahl Hüttenwerke AG konstituierte, erhielt das Werk wieder den Namen „Rheinstahl-Hüttenwerke AG, Werk Schalker Verein Gelsenkirchen“. 1974 wurde Rheinstahl und damit auch das Werk in Gelsenkirchen vom Thyssen-Konzern erworben. Nach der Übernahme von Rheinstahl durch Thyssen und der Konzentration der Eisenerzeugung des Konzerns an der Rheinschiene war der Verlust des letzten aktiven Hochofens durch eine Explosion am 5. März 1982 der Ausgangspunkt für eine Reduktion der Belegschaft auf nur noch 1200 Arbeiter: neben dem Hochofenbetrieb wurde auch das von der Hochofenschlacke abhängige Zementwerk stillgelegt, die Produktion von Gussrohren aber zunächst aufrechterhalten. Das nötige Roheisen wurde in Torpedopfannenwagen aus den Thyssen-Hochöfen in Duisburg angeliefert. 1997 wurde das Werk Schalke durch Thyssen zum Verkauf angeboten, da die Eisenrohrproduktion als unstrategisch eingestuft wurde. Die mittlerweile nur noch 950 Arbeiter wurden auf 790 reduziert, bevor die Saint Gobain Gruppe das Werk 1999 übernahm und die Belegschaft bis 2004 auf 235 reduzierte.

Schließung

Torhaus des Schalker Vereins, heute Saint-Gobain Regionallager

Im März 2004 erfuhr das Werk schließlich aus einer Pressemitteilung, dass der Gussprozess in Gelsenkirchen komplett eingestellt werden soll – was direkt am nächsten Tag ungeachtet aller arbeitsrechtlichen Konsequenzen (z. B. Weiterzahlung des Lohns) geschah. In der folgenden Zeit wurde versucht, ein Anschlusskonzept zu entwickeln, dem allerdings die Grundlage dadurch entzogen wurde, dass die Produktionsausrüstung bereits nach Tschechien verkauft worden war. Das Angebot der Weiterbeschäftigung im Saarbrücker Stammwerk "Halbergerhütte"der Saint-Gobain Gruppe wurde von keinem der Arbeiter aus der Produktion angenommen.[5]

Heute

Solarbunker und ...
Energiezentrale April 2010

Bis heute erhalten sind das Torhaus 1, die Kraftzentrale, der Hochbunker, Teile eines unterirdischen Fußwegesystems und die Erzverladung.

1996 übernahm die Landesentwicklungsgesellschaft Nordrhein-Westfalen die etwa 35 Hektar große Industriebrache. Das Gelände, das nur 800 Meter vom Gelsenkirchener Hauptbahnhof entfernt ist, soll mit kleinen Handwerksbetrieben, Handel und Wohnen wiederbelebt werden.

Im Rahmen der Kulturhauptstadt Ruhr.2010 wurde der Solarbunker als Spielstätte zum Beispiel für Starke Orte genutzt. Es handelt sich dabei um den verbliebenen Hoch-Erzbunker, auf dessen Dach eine großflächige Photovoltaik-Anlage installiert ist.

Literatur

Weblinks

Nachweise

  1. Siehe Patentanmeldung DE000000378557A vom Dezember 1922 und folgende
  2. Manfred Rasch, Vera Schmidt, Gerald D. Feldmann (Hrsg.): August Thyssen und Hugo Stinnes. Ein Briefwechsel 1898–1922. Verlag C. H. Beck, München, 2003, ISBN 3-406-49637-7, S. 591, GoogleBooks
  3. o.V.: "Entflechtung der Stahl-Industrie" in: "Hüttenzeitung" des Bochumer Vereins, JG 22/23, 1951
  4. Rheinstahl-Broschüre "100 Jahre Schalker Verein", 1972
  5. Fallbeispiel Schalker Verein/St Gobain, in: Bernard Gazier (Hrsg.), Frederic Bruggeman (Hrsg.), Sian Moore (Hrsg.) Restructuring Work and Employment in Europe: Managing Change in an Era of Globalisation, Edward Elgar Publishing Ltd (30. November 2008), ISBN 978-1847205698 S. 132ff.
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