Großes Schauspielhaus

Großes Schauspielhaus
Lichtsäulen im Foyer des Großen Schauspielhauses, um 1920
Zuschauerränge im Großen Schauspielhaus, vor 1933

Das Große Schauspielhaus war ein Berliner Revue- und Lustspieltheater, das zwischen Schiffbauerdamm und Reinhardtstraße lag. Es entstand 1918/19 im Auftrag der 1917 gegründeten Deutschen Nationaltheater AG durch den Umbau einer ehemaligen Markthalle nach einem Entwurf des Berliner Architekten Hans Poelzig in expressionistischer Formensprache. Als Großes Schauspielhaus bestand die Kultureinrichtung bis zum Ende des Zweiten Weltkriegs, dann wurde sie in Friedrichstadtpalast umbenannt.

Inhaltsverzeichnis

Geschichte

Das Gebäude wurde 1865 bis 1867 im Auftrag der Berliner Immobilien-Aktiengesellschaft nach Plänen von Friedrich Hitzig als erste Berliner Markthalle errichtet. 1879 übernahm Ernst Jakob Renz das Gebäude am Schiffbauerdamm (seit 1891 Am Zirkus 1) und zog dort mit seinem Circus Renz, später Zirkus Schumann ein, da er seinen ursprünglichen Standort wegen der Errichtung des Bahnhofs Friedrichstraße aufgeben musste. 1888 ließ er den Zuschauerraum auf 5600 Plätze erweitern.

Die 1919 nach dem Ersten Weltkrieg neu gegründete Deutsche Nationaltheater AG ließ in den Jahren 1919/20 das auf mehreren hundert Eichenpfählen ruhende Gebäude durch den Berliner Architekten Hans Poelzig als Revuetheater vollständig umbauen. Nachdem die gusseisernen Streben durch eine Stuckdecke mit tropfenförmig herabhängenden Zapfen ersetzt worden war, sprachen die Berliner von der Tropfsteinhöhle. Das Foyer stimmte mit weit auskragenden Lichtschirmen auf die neue Innenarchitektur ein. Am 28. November 1919 wurde das Große Schauspielhaus mit der Aufführung Die Orestie von Aischylos in der Bearbeitung und Übersetzung Karl Gustav Vollmoellers unter der Regie von Max Reinhardt feierlich neu eröffnet.

Direktoren des Großen Schauspielhauses waren

Künstlerischer Leiter war Erik Charell.

Nach dem Zweiten Weltkrieg, ab November 1947, wurde das Große Schauspielhaus zunächst als private Revue unter der Leitung von Marion Spadoni weiter betrieben. Es erhielt den Namen „Friedrichstadtpalast“ wegen seiner Nähe zur Friedrichstraße. 1949 wurden die Besitzer enteignet, der Kulturbetrieb wurde unter staatlicher Leitung in der DDR fortgeführt.

Direktoren des Friedrichstadtpalastes waren
  • Marion Spadoni (1945–1947)
  • Nicola Lupo (1947–1954)
  • Gottfried Herrmann (1954–1961)
  • Wolfgang E. Struck (1961–1986)
  • Reinhold Stövesand (1986–1990)

1980 entstanden nach der wegen des Neubaus des Charité-Bettenhochhauses erfolgten Grundwasserabsenkung durch Faulprozesse an der Luft irreparable Schäden am hölzernen Pfahlfundament des Friedrichstadtpalastes. Anlässlich einer bauaufsichtlichen Begehung wurde die sofortige Schließung der Einrichtung verfügt. Das Kinderensemble wurde dabei direkt aus den Proben heraus evakuiert. Die tatsächliche Ursache der Schließung wurde durch Partei und Regierung verschwiegen, da auch Gebiete in Westberlin von der Trockenlegung betroffen waren. 1988 wurde das Haus abgerissen, der japanische Dokumentarfilmer Ryuji Miyamoto konnte den Abbruch mit der Kamera festhalten.[1] An der Stelle des alten Kulturtempels befindet sich eine Freifläche und zur Spree hin die Grünfläche des Bertolt-Brecht-Platzes. Der Berliner Senat verkaufte das Gelände an die Deutsche Immobilien AG, die seit 2001 eine neue Bebauung plant.[2] Auf dem Grundstück wird ein Mehrzweckgebäude geplant, das 2010 fertiggestellt sein soll.

In den 1970er-Jahren war der im Palastgebäude etablierte Jazzclub „Kleine Melodie“, dessen Name sich aus dem Gegensatz zum Theaterrestaurant „Große Melodie“ herleitete, ein beliebter Treffpunkt junger Gäste.

Der neue „Friedrichstadtpalast“ wurde 1984 in der Friedrichstraße 107 unweit des alten Gebäudes unter der baulichen Leitung von Prof. Erhardt Gißke (Architektenkollektiv) errichtet. Die Premiere des neuen Friedrichstadtpalastes fand 1984 mit der Revue „Premiere Friedrichstraße 107“ unter der Intendanz des langjährigen Direktors Wolfgang E. Struck statt. Einige der nach den Plänen von Poelzig hergestellten Ausstattungsstücke, wie die Kronleuchter im Foyer, wurden in den Neubau des Friedrichstadtpalastes übernommen.

Literatur

  • Hans Poelzig: Bau des Großen Berliner Schauspielhauses. Festschrift zur Eröffnung.
  • Heike Hambrock: Marlene Moeschke – Mitarbeiterin?, das wiederentdeckte Werk der Bildhauerin und Architektin liefert neue Erkenntnisse über Hans Poelzigs Großes Schauspielhaus in Berlin. in: Kritische Berichte. Marburg, 2001, S. 37–53. ISSN 0340-7403
  • Paul Sydow: Technische Entwicklung vom Umbau des Großen Schauspielhauses. In: Wasmuths Monatshefte für Baukunst. Jg. 1920/21, Heft 1, urn:nbn:de:kobv:109-opus-8915, S. 3–27. (Vorwort von Fritz Stahl: Das Große Schauspielhaus in Berlin, S. 1–3.)

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Nikolaus Bernau: Mehr als Rokoko-Expressionismus, Artikel in der Berliner Zeitung vom 3. Januar 2008
  2. Uwe Aulich: Ein Ozeandampfer an der Spree, Artikel in der Berliner Zeitung vom 3. Dezember 2007
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