- Schwarze Romantik
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Die Schwarze Romantik (auch Schauerromantik) ist innerhalb der Romantik eine literarische Unterströmung, die gegen 1793 aufkam. Sie ist nicht allein eine Unterströmung der Romantik, sondern auch ein häufig verwendetes Element in romantischen Werken.
Inhaltsverzeichnis
Charakteristika
Die Schwarze Romantik zeichnet sich dadurch aus, dass sie irrationale, melancholische Züge besonders betont und sich auch von der Gestaltung menschlichen Wahnsinns und vom »Bösen« fasziniert zeigt. Künstler und Autoren der Strömung beschäftigen sich mit der Kehrseite der Romantik, wobei ihre Werke einen düsteren und resignativen oder sogar makaberen, schaurig-dämonischen bis satanischen Charakter aufweisen. Oft dient zur Schilderung abseitig-exzessiver Verhaltensweisen und phantastischer, grotesker Phänomene ein verfeinert-dekadenter Ästhetizismus in das Erotisch-Sensitive und Übersteigert-Morbide.
Entwicklung
Ende des 18. Jahrhunderts bildet sich in England die Schauerliteratur (Gothic Novel) als eigene Stilrichtung heraus. Stark von dieser englischen Dichtungsart beeinflusst ist der romantische Roman Nachtwachen, den Ernst August Friedrich Klingemann 1804 unter seinem Pseudonym »Bonaventura« veröffentlicht. Aus der Schwarzen Romantik und Schauerliteratur wiederum entwickelt sich im 19. Jahrhundert die moderne Horrorliteratur.
Motive
Die Auflistung folgender Haupt-Motive der Schwarzen Romantik geschieht in der Reihenfolge des ungefähren Beklemmungs-Grades von »leicht« (oben) bis »stark« (unten).
- Sehnsucht, Fenstermotiv, Fernweh, Eskapismus, Wandermotiv, Wanderlust
- Natur (z.B. Wanderwege, Berge, Höhlen, tiefe Gewässer, dunkle Wälder, einsame Lichtungen; aber auch symbolträchtige Tiere, Pflanzen und Naturerscheinungen wie Nebel, Mondschein, Gewitter)
- Nacht
- Gemäuer (z.B. Burgen, Schlösser, Klöster, Verliese, Kellergewölbe, Gruften)
- Das Böse
- Kirche, Theologie, Religion, aber auch Glaubenszweifel und Philosophie
- Phantastik
- Fabelwesen (z.B. Elfen, Feen, Gespenster, Wiedergänger, Dämonen, Femmes fatales, Formwandler)
- Doppelgänger
- Parawissenschaft, Alchemie, Magie, Nekromantie, Okkultismus, Satanismus, Hexerei
- Paraphile Erotik, Sadomasochismus, Perversion
- Drogen (z.B. Alkohol, Opium, Morphium, Pilz-Extrakte, Tier-Elixiere)
- (Alb-)Traum und Wirklichkeit
- Melancholie, Depression, Resignation, Verzweiflung, Todessehnsucht
- Hysterie, Besessenheit, Wahnsinn
- Verfall
- Suizid
- Tod
Vertreter und Beispielwerke
- Marquis de Sade (1740–1814): Juliette
- Ludwig Tieck (1773–1853): Der Runenberg
- E. T. A. Hoffmann (1776–1822): Die Elixiere des Teufels
- Jacob Grimm (1785–1863): Kinder- und Hausmärchen
- Lord Byron (1788–1824): Childe Harold’s Pilgrimage
- Mary Shelley (1797-1851): Frankenstein
- Gérard de Nerval (1808–1855): Aurelia
- Edgar Allan Poe (1809–1849): Der Untergang des Hauses Usher
- Charles Baudelaire (1821–1867): Die Blumen des Bösen
- Gustave Flaubert (1821–1880): Die Versuchung des heiligen Antonius
- Algernon Charles Swinburne (1837–1909): Tristram of Lyonesse
- Howard Phillips Lovecraft (1890–1937): Berge des Wahnsinns
Literatur
- Mario Praz (1963): Liebe, Tod und Teufel. Die schwarze Romantik, ISBN 342304375X, dtv, München. – Die bis heute umfangreichste Monographie zum Thema.
- Karin Gollesch (2004): Nachtseiten. Die „Schwarze Romantik“ in der deutschsprachigen Prosaepik, Dipl.-Arb., Uni Wien.
- André Vieregge (2007): Nachtseiten. Die Literatur der Schwarzen Romantik, Diss., Uni Kiel. – Auch: ISBN 9783631577004, Lang, Frankfurt a.M. 2008.
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