- St. Johanniskirche (Halle)
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Die im gotischen, spät- und neogotischen Stil erbaute St. Johanniskirche in Halle (Westf.) liegt im Ortskern im sogenannten Haller Herz. Sie ist die Heimat der evangelisch-lutherischen Kirchengemeinde der Stadt.
Sie wird erstmals am 9. Mai 1246 in einer Tauschurkunde erwähnt. Hintergrund des beurkundeten Tausches der Kirchen von Halle und Rheda war, dass Bischof Engelbert von Osnabrück eine widerrechtliche Aneignung der Kirche in Rheda durch den Bischof von Paderborn verhindern wollte. Er gab dem Kloster Iburg für den Besitzerwerb an der Kirche in Rheda mit allen damit verbundenen Rechten und Einkünften das am Südrand seines Bistums gelegene „tor Halle“ mit allen Rechten und Zubehör.
Nachdem sich in den Jahren 1540 bis 1595 durch die Etablierung der Herrschaft der Grafschaft Ravensberg die Reformation in Halle vollzogen hat, wurde die Kirche von der evangelischen Gemeinde genutzt. Den verbliebenen Bürger katholischen Glaubens stand bis zur Fertigstellung der Herz-Jesu-Kirche im Jahr 1907 in Halle über 300 Jahre lang nur die die Kirche in Stockkämpen zur Verfügung.
Inhaltsverzeichnis
Baugeschichte
- Etwa auf die Mitte des 13. Jh. werden die Entstehung des Turms, des zweijochigen Mittelschiffs und des Chorraums datiert
- Um 1450 wird die Kirche durch einen dreijochigen Anbau zu einer zweischiffigen Hallenkirche erweitert
- 1886 erfolgte der Anbau des nördlichen Seitenschiffs
- In den Jahren 1961/62 und 1991/92 wurden umfangreiche Restaurierungen durchgeführt, die unter anderem zum Ziel hatten, die gotische Architektur wieder zur Geltung zu bringen
Rundgang durch die Kirche
Tauschurkunde
Im Eingangsbereich ist die originalgetreue Nachbildung und die deutsche Übersetzung der oben genannten Tauschurkunde zu sehen.
Balustrade
Auf dem Weg zum Altar sind links an der Empore Reste der Balustrade von 1661 in das heutige Geländer integriert worden. Sie lassen eine einstmals reiche Ornamentik erahnen.
Kanzel
An der 1716 aus Sandstein gearbeiteten Kanzel schräg links vor dem Altar sind um die Christusfigur herum Figuren der vier Evangelisten mit ihren Symbolen angeordnet:
- Matthäus mit Symbol „Mensch“ (die Figur wurde vor Jahren entwendet)
- Markus mit Symbol „Löwe“
- Lukas mit Symbol „Stier“
- Johannes mit Symbol „Adler“
Die Kanzel wurde sowohl bei den Bauarbeiten 1886 als auch bei den Restaurierungen 1961/62 verändert.
Altar
Vier Kreuze in der Sandsteinplatte weisen darauf hin, dass der Altar einer Reliquie geweiht ist. Dies beweist, dass der Altar bereits vor der Reformation geschaffen wurde und damit mindestens etwa 400 Jahre alt ist. 1961/62 wurde das Kruzifix aus Bronze ergänzt, geschaffen von Ursula Querner aus Hamburg.
Sakramentsnische
Auch die Sakramentsnische hinter dem Altar ist aus der Zeit vor der Reformation erhalten geblieben. Die Bronzetür mit einem aufgebrachten stilisierten Kreuz wurde ebenfalls von Ursula Querner geschaffen und 1961/62 aufgestellt. Die Darstellung des auferstandenen Jesus mit den Emmausjüngern, die zusammen das Brot brechen, soll auf den früheren Verwendungszweck des Schrankes hindeuten.
Taufstein
Auch der Taufstein rechts abseits des Altars wurde nach der Restaurierung in den Jahren 1961/62 aufgestellt. Er basiert auf einem Entwurf von Prof. Karl Ehlers aus Detmold. Seine Form und Bearbeitung tragen trinitarische Anmutungen.
Osterleuchter
Der Leuchter ist eine Dankesgabe für wunderbare Bewahrung bei einem schweren Unfall. Er trägt die Initialen der bei diesem Unfall bewahrten Kinder und wurde 1992 aufgestellt. Der Leuchterschaft ist aus Bronze gearbeitet. Er stellt die Auferstehung Christi, die Begegnung von Emmaus und die Himmelfahrt Christi dar.
Fenster
Von der ursprünglichen Verglasung sind nur die Scheiben des dreibahnigen Fensters an der östlichen Stirnwand des südlichen Seitenschiffes erhalten. Die restlichen Fenster wurden 1961/62 neu gestaltet. Bemerkenswert ist das dreiteilige Chorfenster mit Hinweisen auf Weihnachten, Passion, Ostern und Pfingsten. Es wurde von Prof. Vinzenz Pieper aus Angelmodde bei Münster entworfen.
Orgel
Nachdem bereits 1961/62 eine neue Orgel aufgestellt wurde, wurde diese im Jahr 1992 erneut ausgetauscht. Die neue Orgel wurde von der Orgelbaufirma Heintz aus Schiltach auf Basis eines Entwurfs von Kirchenmusikdirektor Burkhart Goethe (Orgelbauer und Kantor) aus Schwäbisch Hall errichtet. Die Orgel ist im elsässischen Stil nach Andreas Silbermann erbaut. 34 Register, die auf 3 Manualwerke und Pedal verteilt sind, und 2.198 Pfeifen machen fast die gesamte Orgelliteratur spielbar.
I Hauptwerk C–g3
1. Principal 16′ 2. Principal 8′ 3. Hohlflöte 8′ 4. Octave 4′ 5. Quinte 22/3′ 6. Superoctave 2′ 7. Mixture V 2′ 8. Cornett V (ab b0) 8′ 9. Trompete 8′ II Schwellwerk C–g3 10. Principal 8′ 11. Bourdon 8′ 12. Bifara (ab fis0) 8′ 13. Pincipal 4′ 14. Blockflöte 4′ 15. Nazard 22/3′ 16. Flageolet 2′ 17. Terz 13/5′ 18. Plein jeu IV 11/3′ 19. Trompete 16′ 20. Basson-Hautbois 8′ Tremulant III Continuo/Echowerk C–g3 21. Gedeckt 8′ 22. Flûte 4′ 23. Quinte 22/3′ 24. Doublette 2′ 25. Terz 13/5′ 26. Krummhorn 8′ Pedal C–f1 27. Principal 16′ 28. Subbaß 16′ 29. Octavbaß 8′ 30. Spitzflöte 8′ 31. Prestant 4′ 32. Bombarde 16′ 33. Trompete 8′ 34. Clairon 4′ - Koppeln: II/I, III/I, III/II, I/P, II/P, III/P
- Spielhilfen: Prinzipale an/aus, Mixutren an/aus, Anches an/aus
Gewölbe- und Wandmalereien
Die Malereien sind heute nur noch in Resten und schlecht erkennbar. Auch die an prominenter Stelle im Gewölbe des Chorraums befindliche Darstellung des „Christus in der Mandorla“ (Mandorla = mandelförmiger Heiligenschein) ist nur unvollständig erhalten und wenig detailreich, da nur noch die Symbole von Markus als geflügeltem Löwen und Lukas als Stier auszumachen sind.
Nur nach Vereinbarung zu besichtigen
Turm
Eine Begehung des Turms und damit einhergehend eine Besichtigung des Deckengewölbes von oben ist nach Vereinbarung möglich.
Archivfotos
Im Turm zeigen Archivfotos die Innenansicht der Kirche vor den Restaurierungsmaßnahmen 1961/62.
Altaraufsatz
Das im Turm aufbewahrte Bild „Christus mit ausgebreiteten Händen“ war bis zur Restaurierung 1961/62 Teil des Altars im Chorraum und wurde dann in den Turm verbracht. Zwischenzeitlich befindet es sich rechts des Eingangs zur Kirche. Das Bild stammt aus der Mitte des 19. Jh. und ist im Stil der Nazarener gemalt.
Glocken
Zur Wende vom 18. zum 19. Jahrhundert besaß die Kirche drei Bronzeglocken. Davon wurden zwei während des ersten Weltkrieges für Rüstungszwecke eingezogen. Bis heute blieb die sogenannte Bürgerglocke von 1682, die von M. Joh. Fricke gegossen wurde, erhalten. Ihr Schlagton ist das a1.
1921 goss der Bochumer Verein drei Gussstahlglocken in den Schlagtönen h0, d1 und e1 (nach der neutestamentlichen Trias Glaube, Liebe, Hoffnung genannt), sodass die Kirche heute über vier Glocken verfügt.
Der Kirchhof
Der die Kirche umgebende Kirchhof war vom 13. Jh. bis zum 15. April 1828 Friedhof. Seitdem wurden hier keine Beerdigungen mehr vorgenommen und der Kirchhof wurde nach und nach zum Kirchplatz umgestaltet. Sein jetziges Aussehen mit vielen einzeln stehenden Linden wurde im Jahr 1974 geschaffen.
Literatur
- Walter Hempelmann (Pfarrer): Ev.-luth. St. Johanniskirche Halle/Westf.. In: Schnell Kunstführer. 2233, Schnell & Steiner, Regensburg 1996, ISBN 978-3-7954-5984-0.
Einzelnachweise
Weblinks
Commons: St. Johanniskirche – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien52.0605658.362291Koordinaten: 52° 3′ 38″ N, 8° 21′ 44″ OKategorien:- Halle (Westf.)
- Gotisches Kirchengebäude in Nordrhein-Westfalen
- Kirchengebäude im Kreis Gütersloh
- Kirchengebäude der Evangelischen Kirche von Westfalen
- Johanneskirche (evangelisch)
- Disposition einer Orgel
- Baudenkmal im Kreis Gütersloh
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