Ursula Querner

Ursula Querner
Orpheus und Eurydike, im Oktober 2011 teilzerstört[1] (Standort, Alstervorland am Harvestehuder Weg)

Ursula Querner-Wallner (* 10. Mai 1921 in Dresden; † 23. Juni 1969 in Hamburg) war eine deutsche Bildhauerin und Grafikerin.

Inhaltsverzeichnis

Leben

Ursula Querners war das zweite Kind von vier Töchtern. Ihr Vater Rudolf war Beamter der sächsischen Landespolizei, zuletzt HSSPF, ihre Mutter Annemarie eine geborene Schorkopf. Bereits im Zwinger von Dresden, ihrer Heimatstadt, kam sie – 13-jährig – mit plastischer Kunst in Berührung. In dieser Zeit entstand ihre erste Arbeit im Albertinum, eine kleine Kopie der Statue Leda mit dem Schwan (siehe Leda). 1935 siedelte die Familie nach Berlin und 1936, als Ursula 16 Jahre alt war, nach Hamburg.

Vom Schulhof der Mädchenschule am Lerchenfeld in Hamburg-Uhlenhorst beobachtete sie oft die Studenten von der benachbarten Landeskunstschule, der späteren Hochschule für bildende Künste Hamburg (HFBK). Ihren Berufswunsch, Bildhauerin zu werden, fasste sie schon vorher.

Nach bestandenem Abitur 1939 absolvierte Querner eine dreijährige Lehre als Holzbildhauerin mit Gesellenprüfung 1943 an der Staatlichen Schnitzschule Empfertshausen in der Rhön. Hier lernte sie auch das Segelfliegen. 1943 zog die Familie nach Wien. Dort wurde Ursula als Nachrichtenhelferin verpflichtet und arbeitete als Telefonistin, sodass sie sich nur nachts künstlerisch betätigen konnte. 1945 übersiedelte die Familie nach Malente und Ursula arbeitete bei einem Eutiner Tischler als Holzbildhauerin und Drechslerin. 1946 richtete sie sich ein Atelier in Eutin ein und begann im selben Jahr in Hamburg an der HFBK, in der Bildhauerklasse von Edwin Scharff, ihr Studium. Erste Arbeiten, Kruzifixe schuf sie für Kirchen im Hamburger Umland. Da Gerhard Marcks ihr eine Assistentenstelle an der HFBK in Aussicht stellte, legte sie 1948 in Lübeck ihre Meisterprüfung als Holzbildhauerin ab und beendete im Herbst 1949 ihr Studium an der HFBK. 1950 wohnte sie in Hamburg-Eppendorf und richtete sich dort ein Atelier ein. 1952 erhielt Ursula Querner das Stipendium des Lichtwark-Preises in Hamburg, übernahm das ehemalige Dachatelier von Fritz Fleer und heiratete 1953 den Maler, Graphiker und Bildhauer Claus Wallner (1926–1979). 1959 ermöglichte ihr der Rompreis einen zehnmonatigen Aufenthalt in der Villa Massimo.

Über Kunst-am-Bau-Finanzierungen konnte Querner sehr früh neben Barbara Haeger und Maria Pirwitz – sie galten als die erfolgreichen jungen Frauen und waren Schülerinnen von Professor Erwin Scharff – Bronzeskulpturen im öffentlichen Raum schaffen.[2]

Felseninsel Scoglio Ravia vor Ponza

Auf Scoglio Ravia, einer kleinen Felseninsel – 100 Meter breit, 20 Meter lang und 20 Meter hoch – im tyrrhenischen Meer vor der italienischen Insel Ponza richtete sie zusammen mit ihrem Mann 1961 ein Sommerwohn- und Atelierhaus ein.[3] Dort verbrachte die Künstlerfamilie regelmäßig vier Monate im Jahr.

1964 erhielt Ursula Querner den Edwin-Scharff-Preis. Werke von ihr befinden sich in den Kunsthallen von Rostock und Hamburg. Plastiken von ihr stehen im öffentlichen Raum, an Schulen, Kirchen und sonstigen Gebäuden.

Privatleben

Im paradiesisch anmutendem Umfeld der Insel Scoglio Ravia entstand ihre Vorliebe für die maritime Unterwasserwelt. Das Schnorcheln inspirierte Querner zu diversen Tauchmotiven, welche in ihren Arbeiten zum Ausdruck kam.[4]

Ursula Querner wohnte und arbeitete mit ihrem Mann und den zwei gemeinsamen Kindern Florentine (*1955) und Dorothee (*1958), welche später ebenfalls Künstlerinnen wurden, zuletzt in Hamburg-Groß Flottbek. Sie starb 1969 im Alter von 48 Jahren an Krebs. Ihr Mann heiratete 1970 ihre Schwester, die Bildweberin Erika Querner und führte offene Arbeiten und Entwürfe zu Ende, beispielsweise den Schwertfischträger, eine Auftragsarbeit für das Hauptzollamt Hamburg.[5][6]

Die gemeinsame Grabstätte von Ursula Querner und ihrem Mann Claus liegt auf dem Ottensener Stadtfriedhof, ihr Grabstein trägt ein Bronzerelief mit einem Liebespaar.

Werke

Schwertfischträger, 1969, am Hauptzollamt Hafen Hamburg

Eine kleine Auswahl:

  • Kruzifixe in zahlreichen Kirchen des Hamburger Umlandes
  • Altarkreuz, in den 50er Jahren ursprünglich geschaffen für die Stephanuskirche in Eimsbüttel und im Dezember 2010 aus der Apostelkirche Eimsbüttel gestohlen.[7]
  • Kanzel der Erlöserkirche (Hamburg-Borgfelde) sowie der Dreifaltigkeitskirche (Hamburg-Hamm)
  • Aurora, eine weibliche Gestalt, Bronzeplastik, 1953 in Planten un Blomen am Kräutergarten
  • Eselreiter, Bronzeplastik, 1956 (bei den Grindelhochhäusern), ein 2. Abguss der Plastik wurde kurze Zeit späater im Volkspark von Hagen/Westfalen aufgestellt
  • Orpheus und Eurydike, Bronzeplastik zur griechischen Sage Orpheus und Eurydike, hergestellt 1958, stand ursprünglich ab 1963 anlässlich der IGA-Hamburg in den Wallanlagen und ab 1971 im Alsterpark, im Oktober 2011 teilzerstört
  • Daphnis und Chloe, 1958, Bronzeplastik zur gleichnamigen Liebesgeschichte (siehe Daphnis und Chloe), Auftragsarbeit für die SAGA. Ursprünglicher Standort: Goethestrasse, Altona. Derzeit am Haupteingang der Holsten-Brauerei in der Holstenstrasse, ebenfalls Altona
  • Drei Knaben, Bronzeplastik, 1960, Standort: Berne, An der Berner Au
  • Großer Taucher, 1965, Bronzeplastik im Schwimmbad am Bondenwald in Niendorf
  • Gruppe von fünf Sitzenden auch genannt Bürger von Billstedt, 1967, Bronzeplastik in Hamburg-Billstedt
  • Twen-Gruppe, 1968, Bronzeplastik in Rahlstedt
  • Schwertfischträger, 1969, Bronzeplastik, Standort: Hauptzollamt Hafen Hamburg, Asiakai 4
  • Erlkönig, 1968, Bronzeplastik in Neuwiedenthal
  • Tauben-Mädchen in Harburg
  • Reiherplastik, 1965
  • Bronzetaufbecken, 1987 in der Kirche von Nienstedten[8]
  • einige weitere Werke befinden sich in der Hamburger Kunsthalle

Galerie, Arbeiten von und nach Entwürfen von Ursula Querner

Trivia

  • Die meisten ihrer Arbeiten signierte Ursula Querner mit einem „Q“.
  • Eine Ursula-Querner-Straße gibt es seit 1985 in Hamburg-Neuallermöhe.

Einzelnachweise

  1. Denis Fengler: Westliches Alsterufer: Bronzediebe stehlen Eurydike. Hamburger Abendblatt vom 17. Oktober 2011
  2. Volker Plagemann: Kunst im öffentlichen Raum. Galerie Schwerin (Online, abgerufen am 21. Oktober 2011)
  3. h24notizie.com Ponza in onda sabato 9 luglio su RAI Uno – Lineablu (abgerufen am 19. Oktober 2011)
  4. Eberhard von Wiese: Künstler auf eigener Insel. Hamburger Abendblatt vom 21. Juni 1969, Seite 65 (Online im Goolge-Cache, abgerufen am 8. November 2011)
  5. Dagmar Klein: Der Maler Claus Wallner und seine Glasfenster für Gießener Kirchen. Zeitschrift Denkmalpflege & Kulturgeschichte. Online bei Bibelwelt.de (abgerufen am 20. Oktober 2011)
  6. Helga Jörgens-Lendrum, Ursula Querner, Gottfried Sello: Die Bildhauerin Ursula Querner 1921–1969. Verlag Sautter & Lackmann (1991), 127 Seiten
  7. Apostelkirche in Eimsbüttel: Wer hat den Heiland geklaut? Hamburger Morgenpost/mopo.de vom 24. Dezember 2010 (ohne Autorenangabe, abgerufen am 24. Oktober 2011)
  8. Geschichte der Nienstedtener Kirche, kirche-nienstedten.de (abgerufen am 24. Oktober 2011)

Literatur

  • Claus Wallner (Hrsg.): Ursula Querner. Plastiken und Grafiken 1946-1969. Auszüge aus Tagebüchern und Briefen. Hans-Christians-Verlag Hamburg, 1971.
  • Ursula Querner, Gottfried Sello, Helga Jörgens-Lendrum: Die Bildhauerin Ursula Querner. 1921–1969. Sautter & Lackmann. Hamburg 1991, ISBN 3-88920-019-2.
  • Heinz Zabel: Plastische Kunst in Hamburg. Skulpturen und Plastiken im öffentlichen Raum. (Mit einer Liste von 23 Ursula-Querner-Plastiken in Hamburg.) Dialog-Verlag Reinbek, 1986.
  • Christine Kracht: Das Bild des Menschen im Werk der Bildhauerin Ursula Querner: Eine Studie zur figuralen Plastik der 50er und 60er Jahre in der Bundesrepublik Deutschland. Dissertation. Roderer, 2000 (471 Seiten inkl. vollständiges Verzeichnis ihrer plastischen Arbeiten.)

Weblinks


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