Stammlager

Stammlager
Stammlager Luft III im Modell.
Lagertoreingang des Stammlagers IV B bei Mühlberg/Elbe
Blick über die Lagerstraße des Stammlager IV B
Appell der deutschen Wachmannschaften
Wachturm

Stammlager (im militärischen Sprachgebrauch Stalag) war in der Zeit des Nationalsozialismus die Bezeichnung für Lager zur Unterbringung Kriegsgefangener des Zweiten Weltkriegs. Die korrekte Bezeichnung lautete „Mannschaftsstamm- und Straflager”. In Stammlagern durften gemäß der zweiten Genfer Konvention von 1929 nur Kriegsgefangene - also keine Zivilisten - festgehalten werden.

Ursprünglich waren die Stammlager als Lager für Mannschaften und Unteroffiziere vorgesehen. Im Laufe des Krieges wurden aufgrund der steigenden Zahl an Gefangenen dann auch Offiziere, die zuvor - traditionell und gemäß der Haager Vereinbarung - stets von ihren Mannschaften getrennt in Oflags untergebracht waren, Stammlagern zugeteilt.

Der Begriff Stammlager wird auch im Zusammenhang mit deutschen Konzentrationslagern benutzt. Er kennzeichnet dort die Verwaltungsstelle für weitere Konzentrationslager (Nebenlager), die sich evtl. auch sehr weit entfernt befinden konnten. Der Grad der Unter- und Überordnung innerhalb der SS-Inspektion der KZ ist damit nicht eindeutig beschrieben worden.

Für das Kriegsgefangenenwesen im „Heimatkriegsgebiet“ und seine Stammlager war das Allgemeine Wehrmachtsamt (AWA) unter der Leitung von General Hermann Reinecke im Oberkommando der Wehrmacht verantwortlich, für die Front-Stalags außerhalb der Grenzen des Deutschen Reichs das Oberkommando des Heeres. Am 25. September 1944 wurde das Kriegsgefangenenwesen dem Reichsführer SS Heinrich Himmler in seiner Eigenschaft als Befehlshaber des Ersatzheeres (BdE) unterstellt. Himmler ernannte den SS-Obergruppenführer und General der Waffen-SS Gottlob Berger zum Chef des Kriegsgefangenenwesens. Für die einzelnen Stalags hatte diese Änderung der Zuständigkeit jedoch nur eine geringe Bedeutung.

Inhaltsverzeichnis

Stammlager und Zwangsarbeit

Die Stammlager dienten als Durchgangsstationen für Kriegsgefangene in den Arbeitseinsatz in der Kriegswirtschaft, in Außenkommandos, Zechen und industriellen Betrieben aller Art. Sowjetische Gefangene, die mit Zügen aus dem Osten ankamen, wurden von hier aus weiterverteilt. Waren diese Ostarbeiter in den Betrieben infolge schlechter Behandlung, Überarbeitung und Hunger arbeitsunfähig geworden, wurden sie wieder in das Stammlager, meist den dortigen San(itäts)bereich, zurückgeschickt. Ein Teil von ihnen kam daraufhin in die Landwirtschaft, ein anderer Teil starb. Da nur wenige zum Arbeitseinsatz zurückkamen und ein erheblicher Arbeitskräftemangel bestand, gingen einzelne Betriebe dazu über, Gefangene ausreichend zu ernähren und so zu behandeln, dass ihre Arbeitskraft erhalten blieb und weiter ausgebeutet werden konnte, anstatt sie der Vernichtung durch Arbeit, wie diese Vorgehensweise in der Sprache des Nationalsozialismus euphemistisch genannt wurde, zuzuführen.

Bezeichnung der Lager

Das Großdeutsche Reich war in insgesamt 17 Wehrkreise (WK) unterteilt. (WK XIV bis WK XVI und WK XIX fehlten, sodass die höchste Ziffer WK XXI war.) Während das Generalkommando des von einem Wehrkreis gestellten Armeekorps an der Front stand, blieb das Stellvertretende Generalkommando, auch als Wehrkreiskommando (WKKdo) bezeichnet, im Wehrkreis zurück und nahm dort die Geschäfte des Befehlshabers wahr. Die Nummerierung der Lager erfolgte dem Wehrkreis entsprechend mit römischen Ziffern. Der Buchstabe hinter der Ziffer bezeichnete das Lager in aufsteigender Folge. Zum Beispiel war Stammlager III B in Fürstenberg (Oder) das zweite Stammlager im dritten Wehrkreis (WK III). Lager, deren Bezeichnung ein „/Z” nachgestellt wurde, etwa wie Stammlager IVB/Z, waren „Zweiglager” und somit einem Hauptlager angegliedert. Das Hauptlager ist durch ein nachgestelltes /H” bezeichnet worden.

Lager außerhalb des Reichsgebietes hatten arabische Ziffern. Wenn diese Lager in das Reichsgebiet verlegt wurden, erhielten sie die gängige Wehrkreisbezeichnung, führten aber in Klammern auch weiterhin die arabischen Nummern.

Lagerarten

  • Dulag (Durchgangslager)
  • Stalag (Mannschaftsstammlager)
  • Frontstalag (Frontstammlager)
  • Oflag (Offizierlager; in Oflags waren Mannschaften nur als Ordonnanzen untergebracht)
  • Stalag Luft (Mannschaftstammlager, Luftwaffe)
  • Marlag (Marinelager, Kriegsmarine)
  • Milag (Marinelager, Handelsmarine)
  • Ilag (Internierungslager, Zivilpersonen)
  • Heilag (Heimkehrerlager)

Kriegsgefangenenlager der Waffen-SS

Bei Kriegsbeginn gegen die Sowjetunion befahl Hitler Himmler mit der Sicherung der eroberten Gebiete auch den Bau des Kriegsgefangenenlagers der Waffen-SS Lublin, das später, immer noch unter Standartenführer Koch als Kommandant, als Konzentrationslager Lublin der SS-Inspektion der Konzentrationslager weitergeführt wurde. Entsprechend gab es in Auschwitz-Birkenau auch ein Kriegsgefangenenlager für sowjetische Soldaten, die großteils getötet wurden. Im nationalsozialistischen Deutschland war der Übergang zwischen Kriegsgefangenem- und Konzentrations- bzw. Vernichtungslager fließend.

Siehe auch

Verwandte Themen

  • Stalag 17 ist ein Film von Billy Wilder, der die Geschehnisse im berüchtigten Stammlager XVII B in Krems-Gneixendorf beschreibt. Nach diesem Film wurde auch das Reggae-Instrumentalstück Stalag 17 benannt, das später zu einem der bekanntesten Reggae-Riddims wurde (Stalag Riddim).
  • Die Serie Ein Käfig voller Helden spielt in einem fiktiven Stalag 13, das sich in Anlehnung an das reale Stalag XIII C in der Nähe der Kleinstadt Hammelburg befindet.
  • Als Stalags wird darüber hinaus eine bestimmte Sorte Groschenromane bezeichnet, die in den 1960er Jahren zur Zeit des Eichmann-Prozesses in Israel massenhaft in Umlauf kamen. Als pornographisches Subgenre der Holocaustliteratur handeln sie stereotyp von weiblichen SS-Offizieren, die sich sexuell an Gefangenen vergehen. Eine Auseinandersetzung mit diesem Phänomen leistet der Dokumentarfilm Stalags – Holocaust and Pornography in Israel des israelischen Regisseurs Ari Libsker (Israel 2007).[1]

Literatur

  • Axel Drieschner; Barbara Schulz (Hrsg.): Stalag III B Fürstenberg (Oder). Kriegsgefangene im Osten Brandenburgs 1939–1945. Metropol Verlag, Berlin 2006, ISBN 3-936411-91-3 (Beiträge zur Geschichte Eisenhüttenstadts 4)
  • Uwe Mai: Kriegsgefangen in Brandenburg, Stalag III A in Luckenwalde 1939–1945, Metropol Verlag Berlin, 1999, ISBN 3-932482-25-5
  • Ray T. Matheny: Die Feuerreiter. Gefangen in „Fliegenden Festungen“. Albrecht Knaus Verlag, München u. a. 1988, ISBN 3-8135-0568-5 (Bericht eines Gefangenen des Stalag XVII B)
  • Gianfranco Mattiello; Wolfgang Vogt: Deutsche Kriegsgefangenen- und Internierungseinrichtungen 1939-1945. Handbuch und Katalog, Lagergeschichte und Lagerzensurstempel, Bd. 1 Stammlager (Stalag), Bd. 2 Oflag, BAB, Dulag. Mailand (Selbstverlag) 1986 u. 1987
  • Jörg Osterloh: Ein ganz normales Lager. Das Kriegsgefangenen-Mannschaftsstammlager 304 (IV H) Zeithain bei Riesa/Sa. 1941 bis 1945. 2. Auflage. Kiepenheuer, Leipzig 1997, ISBN 3-378-01018-5 (Schriftenreihe der Stiftung Sächsische Gedenkstätten zur Erinnerung an die Opfer politischer Gewaltherrschaft 2)

Quellen

  1. Vgl. Tal Sterngast: Schultzes Hündin, in: taz vom 5. August 2007; Ruth Schneeberger: Stalag-Romane: Von der Gier nach dem Schock, in: Süddeutsche Zeitung, Online-Ausgabe, 18. September 2007; sowie die Website zum Film: www.stalags.com

Weblinks


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