Studentischer Grad

Studentischer Grad

Der studentische Grad bzw. die lateinische studentische Selbstbezeichnung wird an vielen Hochschulen traditionell in der hochschulinternen Kommunikation genutzt. Das Führen, d. h. das missbräuchliche Verwenden etwa zum unrechtmäßigen Vorteil, kann jedoch strafrechtliche Konsequenzen haben.

Inhaltsverzeichnis

Arten und Unterscheidung

Der studentische Grad enthält den Grad des Studienfortschritts (stud. oder cand.) und das Studienfach (siehe Liste) und wird meist abgekürzt. Er ist weder ein Ehrentitel noch ein akademischer Grad, da er nicht von einer Behörde in einem Verwaltungsakt vergeben wird. Die studentischen Bezeichnungen sind im deutschen Sprachraum nicht Teil des Hochschulrechts eines Landes und weder offiziell noch eindeutig zugeordnet oder abgegrenzt.

Studenten können sich dabei generell mit „stud. (studiosus) + Fachrichtung“ bezeichnen. Studiosus (abgekürzt stud.) bezeichnet in dieser Tradition alle Studenten, die studieren. Der Begriff bezieht sich auf den studiosus, den eifrigen Lernenden (studium, -i, lat. „Eifer“) an einer Universität seit dem Mittelalter.

Ab der Zwischenprüfung oder dem Beginn der Vorbereitung auf den endgültigen Studienabschluss auch als „cand. (candidatus) + Fachrichtung“. Candidatus (abgekürzt cand.) bezeichnet Studenten eines höheren Semesters, die sich kurz vor oder in der Zeit der Abschlussprüfungen befinden, also kandidieren (nämlich für einen akademischen Grad), oder je nach Studienfach oder örtlichem Gebrauch auch Studenten nach bestandener Zwischenprüfung. Der Begriff bezieht sich auf den candidatus, den (lat.) Anwärter auf ein Amt, im Römischen Reich. Als es früher auch eine „grundständige Promotion“ gab, also eine ohne vorher erworbenen akademischen Grad, konnte ein von einem Professor angenommener Doktorand diese Selbstbezeichnung haben.[1]

Für den Doktorgrad gibt es ebenfalls inoffizielle Selbstbezeichnungen, so den „Drs.“, doctorandus, für eine Person, die eine Doktorarbeit schreibt, und den „Dr. des.“, designatus für den designierten, also bestätigten, aber noch nicht verliehenen Titel. Einige Universitäten verbieten deren Gebrauch explizit.[2]

Verwendung

Die Kürzel werden in Deutschland, der Schweiz und z. T. auch Österreich von traditionsbewussten Studenten (z. B. Studentenverbindungen) im „hochschulinternen Gebrauch“ dem Namen in Verbindung mit der Fachabkürzung vorangestellt – da dort das Wissen vorausgesetzt wird, dass kein Abschluss erreicht worden ist – stellen aber keinen von einer staatlichen Behörde oder Hochschule verliehenen Titel oder akademischen Grad dar, allenfalls einen „studentischen Grad“. In Österreich wird das Kürzel „stud.“ teilweise in Protokollen von Organen der akademischen Selbstverwaltung verwendet, um studentische Mitglieder dieser Gremien zu kennzeichnen, unabhängig vom Studienfortschritt.

Strafbarkeit

Grundsätzlich gilt die Strafbarkeit der sog. unberechtigten Führung: Unter „Führung“ dabei wird verstanden, dass man sich selbst als Träger eines akademischen Grades in der Öffentlichkeit zu erkennen gibt, z. B. durch Eintragung des Grades auf der Visitenkarte oder auf dem geschäftlichen Briefpapier, aber auch durch mündliche Äußerungen. Wer sich lediglich im kleinen privaten Kreis (z. B. auf einer Party, oder unter Freunden) mit einem nicht vorhandenen Grad bezeichnet, macht sich aber nicht strafbar im Sinne unbefugter Führung. Sollte die Bezeichnung mit einem Titelmissbrauch in Verbindung gebracht werden (bei einer schriftlichen oder mündlichen Bewerbung etwa), oder im Zusammenhang mit eigennützigen Interessen stehen, gilt dies als Straftat nach § 132a StGB. Dies ist deswegen so bedeutsam, weil der Candidatus z. B. in Belgien auch als akademischer Grad vergeben wird, und auch in Dänemark ist es ein dem Magistergrad vergleichbarer Abschluss (z. B. cand. med., cand. psych. oder cand. ing.).[3] Da nach bundesdeutschem Recht auch zum Verwechseln ähnliche ausländische Grade geschützt sind (§ 132a Abs. 2 StGB), ist die Führung des Kürzels cand. außerhalb des hochschulinternen Gebrauchs nicht möglich, außer wenn „der Gesamteindruck“ der Begriffsverwendung keine Täuschung nahelegt.

Schreibweise

Die Bezeichnung wird klein sowie ohne Bindestrich und Leerzeichen geschrieben: z. B.: cand.ing., cand.med.

Alphabetische Liste der lateinischen Fachbezeichnungen

Vor die Fachbezeichnungen setzen Studierende ein „stud.“, für den Abschluss kandidierende Studenten gilt die gleiche Liste mit „cand.“. Wörtlich bedeutet das „Student der… (z. B. rer. nat.= rerum naturae = Dinge der Natur)“, daher sind die Fachbezeichnungen immer im Genitiv. Viele Fächer können nur behelfsmäßig ins Lateinische oder Griechische übersetzt werden, wobei Titel und Grade, die geschützt sind, besonders zu vermeiden sind. An der mittelalterlichen Universität bereiteten die Sieben Freie Künste auf die drei möglichen Fächer Theologie, Jura und Medizin vor, diese Ordnung wurde hier beibehalten.

theol.
theologiae Theologie
iur. (oder jur.)
iurisdictionis, iuris prudentiae Jura
med.
medicinae Medizin (candidatus nach Bestehen des ersten Abschnitts der ärztlichen Prüfung (Physikum))

Die Sieben Freien Künste, geteilt in:

phil.
philosophiae Geisteswissenschaft, vgl. trivium
rer. nat.
rerum naturalium Naturwissenschaften, vgl. quadrivium

Zu diesen frühen Hauptrichtungen gibt es zu jedem Studienfach von Studenten erdachte Latinisierungen:

philosophiae

Studenten an einer philosophischen Fakultät oder eines ursprünglich in der Philosophie enthaltenen Faches geben sich u. U. eine latinisierte Fachbezeichnung:

angl.
rerum anglicae Anglistik
arch.
archaeologiae Archäologie
ethn.
ethnologiae Völkerkunde
geogr.
geographicensis Geographie
ger.
rerum germaniae Germanistik
grae.
graeci Griechisch / Graecum
hist.
historiae Geschichtswissenschaft
lat.
linguae latinae Latein
oec. inf.
oeconomiae informaticensis Wirtschaftsinformatik
paed.
paedagogiae Pädagogik
psych.
psychologiae Psychologie
rer. oec.
rerum oeconomiae Volks- oder Wirtschaftswissenschaft
rer. phil.
rerum philosophiae Philosophie
rer. pol.
rerum politicarum Politik- oder Wirtschaftswissenschaft
rer. soc.
rerum socii Gesellschaftswissenschaft

rerum naturae

Die Mathematiker, Ingenieure und Naturwissenschaftler geben sich u. U. folgende latinisierte Fachbezeichnungen:

aer.
aeronauticus Luft- und Raumfahrttechnik
agr.
agrarius, der Agrarwissenschaften
arch.
architecturae Architektur
arch. nav.
architecturae navalis Schiffbau
biol.
biologiae Biologie
chem.
chemistriae Chemie
el.
electricarum Elektrotechnik
forest.
forestarius, der Forstwissenschaft
geod.
Geodäsie/Vermessungswesen
inf., inform.
informaticensis Informatik
ing.
Bauingenieurwesen
mach.
machinae Maschinenbau
math.
mathematicensis, mathematicae Mathematik
pharm.
pharmaciae Pharmazie
phys.
physicae Physik
rer. mont.
rerum montanum Bergbau

Fachhochschulen

Bei Fachhochschulen wird häufig der Zusatz (FH) verwendet. Beispielsweise in der Form cand.ing.(FH)

Fußnoten

  1. Glossar Uni Basel
  2. Universität Kiel, Promotionsordnung, § 22 Vollzug der Promotion, Absatz 3 "Mit dem Empfang der Promotionsurkunde erhält die Bewerberin oder der Bewerber die Berechtigung zur Führung des Doktorgrades. Vor diesem Zeitpunkt darf der Grad in keiner Form, auch nicht als Dr. des., geführt werden."
  3. Dänische Wikipedia:Kandidat
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