Störe

Störe
Störe
Atlantischer Stör (Acipenser oxyrinchus)

Atlantischer Stör (Acipenser oxyrinchus)

Systematik
Überklasse: Kiefermäuler (Gnathostomata)
Reihe: Knochenfische (Osteichthyes)
Klasse: Strahlenflosser (Actinopterygii)
Unterklasse: Knorpelganoide (Chondrostei)
Ordnung: Störartige (Acipenseriformes)
Familie: Störe
Wissenschaftlicher Name
Acipenseridae
Bonaparte, 1831

Die Störe (Acipenseridae) sind eine Familie großer bis sehr großer, primitiver Knochenfische. Sie leben in Europa, Nord- und Zentralasien und Nordamerika. Primär sind sie Meeresfische, die als anadrome Wanderfische zum Laichen in Süßgewässer aufsteigen. Die nordamerikanischen Schaufelstöre (Gattung Scaphirhynchus) und einige Populationen anderer Störarten, zum Beispiel des Sterlets (Acipenser ruthenus) und des nordamerikanischen See-Störs (Acipenser fulvescens),[1] bleiben ständig im Süßwasser. Störe ernähren sich vor allem von wirbellosen Tieren, die beiden größten Arten als ausgewachsene Exemplare vor allem von Fischen.

Sie sind als Erzeuger von Kaviar bekannt, dem gereinigten und gesalzenen Rogen der Tiere.

Inhaltsverzeichnis

Verbreitung

Störe leben ausschließlich auf der Nordhalbkugel der Erde. Die Störe der Unterfamilie Acipenserinae kommen in der Alten Welt in Europa (nicht in Italien unterhalb der Poebene, aber in der Adria), in den in das Schwarze Meer entwässernden Flüssen der Türkei, im Schwarzen, Asowschen und Kaspischen Meer, im angrenzenden Teil des Iran, in Westsibirien und dem nördlichen Ostsibirien (unteres Stromgebiet der Lena), im Stromgebiet des Amur, auf Sachalin und Hokkaido, in Korea und in den chinesischen Flüssen Jangtsekiang und Perlfluss vor.

In Nordamerika kommen sie östlich der Appalachen, in den Großen Seen, im Sankt-Lorenz-Strom, in der Hudson Bay und in den Flüssen des pazifischen Nordamerika (westlich der Rocky Mountains) von den Aleuten über Alaska bis Kalifornien vor.

Außerdem besiedeln sie küstennah die angrenzenden Meere, darunter auch die Nord- und Ostsee, die Biskaya, das Weiße Meer, die Karasee, das Ochotskische und Japanische Meer und die Beringsee.

Die Schaufelstöre der Gattung Scaphirhynchus kommen ausschließlich im Süßwasser, in Flüssen im Einzugsgebiet des Mississippi und im Rio Grande vor, ihre Verwandten aus der Gattung Pseudoscaphirhynchus sind auf die Flüsse Amudarja und Syrdarja in Zentralasien beschränkt.

Merkmale

Die meisten Störe werden zwischen einem und drei Meter lang, die kleinste Art, der Kleine Amu-Darja-Schaufelstör (Pseudoscaphirhynchus hermanni), erreicht eine Länge von 27,5 cm[2], die größten, der Europäische und Sibirische Hausen (Huso huso und Huso dauricus), werden maximal über fünf Meter lang und dabei zwischen einer und zwei Tonnen schwer[3][4]. Sie sind damit die größten auch in Süßgewässern vorkommenden Fische.

Störe sind variabel gefärbt, meist hell- bis dunkelbraun, auch schiefergrau oder fast schwarz bis blauschwarz. Bei den Weibchen können die Ovarien bis zu 20% des Gesamtgewichts ausmachen. Sie liefern den berühmten Kaviar. Im unteren Teil des Mitteldarms ist eine Spiralfalte ausgebildet.

Russischer Stör (Acipenser gueldenstaedtii) mit deutlich sichtbaren Knochenplatten

Der schwere, langgestreckte Körper ist mit fünf Längsreihen von gebuckelten Knochenplatten (Scuta) gepanzert. Eine Reihe erstreckt sich entlang der Mittellinie des Rückens, zwei entlang den Seitenlinien und zwei an den äußeren Bauchseiten zwischen den paarigen Flossen. Da die Knochenplatten entlang den Körperkanten liegen, ergibt sich ein abgerundet fünfeckiger Querschnitt. Die Knochenplatten der Jungfische sind rau, bei den älteren Individuen sind sie glatt. Bei einigen Arten können sie mit fortschreitendem Alter teilweise verschwinden [5]. Bei Scaphirhynchus bilden sie eine geschlossene Röhre um den Schwanzflossenstiel. Die restliche Haut ist nackt und körnig, mit kleinen Dentikeln oder Papillen (Ausstülpungen der Haut) versehen. Die Achse im oberen Schwanzflossenlobus (obere Flossenhälfte) ist mit schräg angeordneten, scharfen Ganoidschuppen (Fulcren) bedeckt.

Das Knochenskelett wurde sekundär weitgehend zu einem Knorpelskelett reduziert. Die Chorda dorsalis bleibt lebenslang erhalten, Wirbelkörper bilden sich nicht, sondern nur Neural- und Hämalbogen mit Zwischenstücken (Intercalaria). Die Intercalaria, die an die Hinterhauptregion anschließen, sind miteinander und mit dem hinteren Neurocranium verwachsen. Hier und noch ein Stück dahinter gibt es kurze Rippen. Störe haben eine größere Dichte als Süßwasser, die von einer dicken kollagenfaserreichen Wand umgebene Schwimmblase ist daher ziemlich groß. Wie im Grundbauplan der Actinopteri ist sie mit dem Vorderdarm dorsal verbunden. Luftatmung gibt es bei Stören aber nicht.

Die asymmetrische, mehr oder weniger gegabelte Schwanzflosse ist heterocerk (das Ende der Wirbelsäule biegt sich nach oben und stützt den oberen, größeren und fleischigen Teil der Schwanzflosse). In der Schwanzflosse lassen sich Hypuralia (Stützelemente des Schwanzflossenskeletts) und ventrale Schwanzflossenstrahlen unterscheiden. Eine einzelne Rückenflosse liegt weit hinten, vor dem Schwanzflossenstiel. Die Brustflossenbasis setzt niedrig an, die Bauchflossen befinden sich hinter der Körpermitte. Ein stachelartiger, erster Brustflossenstrahl, der bei einigen Arten verknöchert ist und auf einem gefensterten Brustflossen-Propterygium artikuliert, besteht aus zusammengewachsenen Flossenstrahlen. Die übrigen Flossenstrahlen sind fein gegliedert und viel zahlreicher als die sie stützenden Flossenträger (Pterygiophoren), die in drei Serien übereinander angeordnet sind.

Kopf und Schädel

Kopf des Sibirischen Störs mit nasenartigem Rostrum und Barteln vor dem Maul.

Der Kopf endet in einem harten verlängerten Rostrum, das konisch oder spatenförmig und oft etwas nach oben gebogen ist. Im Rostrum befinden sich Elektrorezeptoren. Es dient also als Sinnesorgan, außerdem hydrodynamisch als Auftriebshilfe. Einige Arten stöbern damit zur Futtersuche im Bodengrund. Die Kiefer der ausgewachsenen Tiere sind zahnlos. Auf dem Gaumen (unpaares „Palatinum“) stehen Querleisten, die funktionell Zähnen ähneln. Das unterständige Maul ist von fleischigen Lippen umgeben, durch die Homandibula weit vorstülpbar (protractil) und mit einer vor ihm liegenden Querreihe von vier Barteln ausgestattet, die von knorpeligen Stäben gestützt werden und als Tast- und chemosensorische Organe dienen. Ein Spritzloch ist bei der Unterfamilie Acipenserinae vorhanden, bei den Schaufelstören (Scaphirhynchinae) nicht. Störe haben weniger als 50 Kiemenreusenfortsätze (Spinae). Branchiostegalstrahlen sind bloß angedeutet.

Vorderkörper des Sibirischen Störs mit den stets etwas geöffneten Kiemen.

Der Kiemendeckel kann die Kiemen nicht völlig bedecken, die Kiemenspalte bleibt stets ein wenig offen, es gibt daher auch keine Saugpumpenphase der Atmung - die Störe verbrauchen wenig Sauerstoff und können dank der offenen Kiemenspalte mit dem Maul in Ruhe den Grund auf Nahrung durchmustern [6]. Die Augen sind schwachsichtig, haben aber noch drei Sehpigmente wie die der wohl sehtüchtigeren Ahnenformen (von denen sehr wenig bekannt ist).

Der Kiemendeckel wird vor allem von einem starken Operculum gebildet (ein Suboperculum ist davon nicht abgegliedert), der Vorkiemendeckel (Präoperculum) besteht nur aus einigen Sinneskanalröhrchen. Das Praeoperculum ist funktionell ein wichtiger Teil des Suspensoriums. Acipenser hat aber kein Suspensorium im Sinne der Knochenfische, sein Kieferapparat gleicht sekundär wieder dem hyostyler Haie. Die Kiemenmembranen sind am Isthmus, dem vordersten Teil der unteren Rumpfmuskulatur zwischen Schultergürtel und Zungenbeinen, angewachsen. Wie sonst nur noch bei den Knochenhechten (Lepisosteidae) befindet sich eine große Opercularkieme innen am Kiemendeckel .

Kopf von Acipenser medirostris mit deutlich sichtbarem Dermatocranium

Der Schädel ist mit einer großen Zahl von Knochenplatten, dem Dermatocranium, gepanzert. Die hinterste dieser Knochenplatten, die unpaare Postoccipitale, ist gleichzeitig die erste Platte der Knochenplattenreihe auf dem Rücken. Auf dem Kopf folgen, von hinten nach vorne, das unpaare Dermosupraoccipitale, die paarigen Knochenplatten Supratemporale (manchmal mehrere auf jeder Kopfseite), Parietale, „Squamosum“, Postfrontalia und Frontalia. Zwischen den Frontalknochen befinden sich noch einige mittlere Knochenplatten (Medialia). Auf dem Rostrum findet man zahlreiche kleinere Knochenplatten (Rostralia), deren Anzahl sehr unterschiedlich ist.[5]

Karyotyp

Der Karyotyp der Störe gehört zu den kompliziertesten aller Wirbeltiere. Eine sehr große Zahl von Chromosomen ist vorhanden, die Hälfte davon sind Mikrochromosomen. Nach der Anzahl der Chromosomen lassen sich die Störe in zwei Gruppen unterteilen, diejenigen mit 120 Chromosomen, die wahrscheinlich diploid sind und die mit 240 Chromosomen, für die Tetraploidie angenommen wird.[7]

Lebensweise

Störe leben auf dem Gewässergrund und ernähren sich vor allem von kleinen, bodenbewohnenden Organismen (Würmer, Krebstiere, Weichtiere, Insektenlarven), einige Arten auch räuberisch von größerer Beute wie Fischen. Sie sind langsame Dauerschwimmer, die mit ihren tragflächenartigen Brustflossen, ähnlich wie Haie, Auftrieb erzeugen. Störe sind sehr langlebig, für den Hausen liegt das maximale veröffentlichte Alter bei 118 Jahren[3]. Ihre Geschlechtsreife erreichen sie erst nach einigen Jahren, und laichen viele Male während ihres Lebens. Die Fortpflanzungszeit liegt im Frühjahr und im Sommer. Alle Störe vermehren sich im Süßwasser. Während der Wanderung ins Süßwasser fressen sie wenig oder nichts. Sie laichen in fließenden Gewässern mit Kies- oder Steinboden. Die froschlaichähnlichen, klebrigen Eier sinken nach dem Ablaichen auf den Gewässerboden. Die Jungfische schlüpfen schon nach wenigen Tagen, verbringen einige Jahre im Süßwasser und wandern dann allmählich ins küstennahe Meer ab.

Systematik und Stammesgeschichte

Äußere Systematik

Die Familie der Störe gehört, als Schwestergruppe der nur zwei Arten umfassenden Familie der Löffelstöre (Polyodontidae), zur Ordnung der Störartigen (Acipenseriformes). Neben diesen beiden Familien werden noch zwei ausgestorbene Familien störartiger Fische zu der Ordnung gezählt, die Chondrosteidae, die die Schwestergruppe der beiden rezenten Familien ist, und die Peipiaosteidae. Die Störartigen werden mit einer Reihe ausgestorbener Fischgruppen zur Unterklasse der Knorpelganoiden (Chondrostei) innerhalb der Klasse der Strahlenflosser (Actinopterygii) zusammengefasst.

Zu den Knorpelganoiden wurden und werden zum Teil noch immer [8] alle Knochenfische gezählt, die ein den Stören vergleichbares Entwicklungsniveau erreicht haben. In dieser Zusammensetzung sind die Knorpelganoiden jedoch eine paraphyletische Gruppe, da sie nicht alle Nachkommen des jüngsten gemeinsamen Vorfahren beinhalten.

In der Kladistik wird nur noch ein Taxon Knorpelganoiden sensu stricto verwendet, zu dem nur die Störartigen und ihre engsten ausgestorbenen Verwandten gehören.

Die systematische Stellung verdeutlicht folgendes Kladogramm[9]:

Birgeria sp. ein ausgestorbener Störverwandter
 Strahlenflosser 

 Cladistia (Flössler (Polypteriformes) und ausgestorbene Formen)


 Actinopteri 

 ausgestorbene Gruppen


     

 der Knorpelganoiden sensu lato


     
 Knorpelganoide 

 Birgeriidae


 Störartige 

 Peipiaosteidae


     

 Chondrosteidae


     

 Löffelstöre (Polyodontidae)


     

 Störe (Acipenseridae)






     

 ausgestorbene Gruppen


     

 der Knorpelganoiden sensu lato


     

 Neuflosser (Neopterygii) (alle moderneren Knochenfische)









Innere Systematik

Die Familie der Störe wird in zwei Unterfamilien mit je zwei Gattungen unterteilt. Die Gattung Huso, in die zwei besonders großwüchsige und piscivore (fischfressende) Arten zusammengefasst werden, ist aber möglicherweise polyphyletisch. Sowohl molekular- als auch zytogenetische Untersuchungen ergeben, dass die beiden Arten als Acipenser huso und Acipenser dauricus in die Gattung Acipenser eingeordnet werden sollten.[10] Insgesamt umfasst die Familie 26 rezente Arten.

Kurznasen-Stör
Hausen, Jungfisch beim Verschlingen eines Beutefischs
Scaphirhynchus albus
  • Familie Störe (Acipenseridae)
    • Unterfamilie Acipenserinae; Rostrum konisch mit abgerundeten Kanten, Spritzloch gut entwickelt, Pseudobranchie vorhanden.
    • Schaufelstöre (Scaphirhynchinae); Rostrum spatenförmig mit scharfen Kanten, Spritzloch geschlossen oder nur schwach entwickelt, Pseudobranchie rudimentär. Kommen nur in Flüssen Zentralasiens und Nordamerikas vor.
      • Scaphirhynchus, (3 Arten in Nordamerika (Einzugsgebiet des Mississippi))
        • Weißer Schaufelstör (Scaphirhynchus albus)
        • Schaufelstör (Scaphirhynchus platorynchus)
        • Alabama-Schaufelstör (Scaphirhynchus suttkusi)
      • Pseudoscaphirhynchus, (3 Arten in Zentralasien (Amudarja und Syrdarja))
        • Kleiner Amu-Darja-Schaufelstör (Pseudoscaphirhynchus hermanni)
        • Syr-Darja-Schaufelstör (Pseudoscaphirhynchus fedtschenkoi)
        • Großer Amu-Darja-Schaufelstör (Pseudoscaphirhynchus kaufmanni)

Fossilbericht

Peipiaosteus-Fossil im Hong Kong Science Museum

Neben den rezenten Gattungen ist mit Protoscaphirhynchus auch eine ausgestorbene Gattung aus der Oberkreide von Montana bekannt. Weitere fossile Störartige, teilweise schon aus dem Jura, wurden in eigenständigen Familien eingeordnet (Peipiaosteidae, Chondrosteidae). Die Chondrosteidae sind die primitivere fossile Schwestergruppe aller rezenten Störartigen.[11]

Gefährdung

Die atlantischen Störe (Acipenser oxyrinchus und Acipenser sturio) waren bis Ende des 19. Jahrhunderts weit verbreitet und kamen in großen Beständen vor. Während des 19. und des beginnenden 20. Jahrhunderts nahmen die Bestände rapide ab. Ursachen für den Rückgang waren neben der immer effektiver werdenden Fischerei, Veränderungen der Gewässerstrukturen, die Unterbrechung der Durchwanderbarkeit und Beeinträchtigung der Fischwanderung sowie Gewässerbelastungen durch Abwässer aus Kommunen, Industrie und Einträge aus der Landwirtschaft. Der Europäische Stör, Acipenser sturio steht bis auf eine Reliktpopulation in Frankreich in seinem gesamten historischen Verbreitungsgebiet vor dem Aussterben. Weltweit gelten fast alle Störartigen laut IUCN als "endangered" oder "critical endangered".[12]

Nutzung

Stör im Angebot auf einem Markt in Türkmenbaşy (Turkmenistan).

Störe werden des Kaviars und ihres wohlschmeckenden Fleisches wegen befischt. Aus der Schwimmblase kann Fischleim gewonnen werden[13]. Fast alle Arten sind in ihrem Bestand gefährdet[14]. Die meisten Störe werden im Kaspischen Meer gefangen, in weitem Abstand gefolgt vom Asowschen Meer, dem Schwarzen Meer und allen anderen Fanggebieten. Einige Störe werden inzwischen in Aquakulturen gehalten, darunter der Sibirische Stör[15] und der Bester, ein raschwüchsiger Hybride von Sterlet und Hausen[16].

Etymologie

Die Familie erhielt ihren wissenschaftlichen Namen Acipenseridae 1831 durch Charles Lucien Bonaparte nach der Typusgattung Acipenser Linnaeus, 1758. Die Etymologie von acipenser gilt bisher als unklar.[17] Auf Grund der dünnen Quellenlage ist es nicht sicher, ob acipenser, acupensis u. Ä. im Alten Rom wirklich der Stör war, er wird ja nirgends genauer oder mit einer charakteristischen Eigenschaft beschrieben.

Man deutete das lat. Wort acu-, acipensis oder -penser[18] als „mit spitzen (acu- [19]) Flossen“ (pesna, wegen leichterer Aussprache *pensa > penna, pinna[20]) oder „mit schnellen (oci-, vgl. ociter, (gr.) ὠκύς „schnell“ [21]) Flossen, d.h. schnellschwimmend". Aber Störe haben weder spitze Flossen noch schwimmen sie besonders schnell.

Marinelli (1973) bringt ein, dass die Schwanzflosse der Störe vorne mit scharfkantigen Ganoidschuppen bedeckt ist, die man bei Naturvölkern sogar als Angelhaken verwendet hat.[22] Trägt man einen Stör am Schwanz, so können diese Fulcren (Ganoidschuppen) unerwartet Schmerzen hervorrufen - also könnte es sein, dass der Wortteil -pens- gar nicht auf zur leichteren Aussprache umgestelltes pesn- zurückgeht, sondern mit pensum „Last“ (von pendere „hängen“) zusammenhängt.[23]

Eine andere Deutung bringt A. Guasparri[24] ins Spiel: Vor dem Maul hängen die vier mitunter recht steifen, dünnen (abgeflachten) Barteln herab, die er mit acus (pl, „Nadeln“) vergleicht – acupensis ist hier der „Fisch, an dem vorne Borsten nach unten hängen“ (acuum pensum). Pensum bedeutet im Speziellen aber auch eine "Zuteilung" einer bestimmten Menge - hier also vielleicht von Spitzen ("von Spitzem"). Guasparri bemerkt auch wie schon Varro, dass die Italer die Namen von Tieren ohne Wissen über deren Lebensweise bildeten, während etwa „Stör“ (Mittellatein sturio) mit „Stöbern“ (im Bezug auf die Nahrungssuche am Gewässergrund) zusammenhängt.[25]

Kultur

Ein Stör ist im Wappen von Bahrenfleth und von Bekmünde zwei Gemeinden im Kreis Steinburg in Schleswig-Holstein zu sehen. Beide Gemeinden liegen an der Stör, einem rechten Nebenfluss der Elbe. Die russische Stadt Belosersk in Nordwestrussland zeigt auf ihrem Wappen zwei Störe in Form eines Schrägkreuzes.

Quellen

Literatur

  • Joseph S. Nelson: Fishes of the World. John Wiley & Sons, 2006, ISBN 0-471-25031-7
  • Kurt Fiedler: Lehrbuch der Speziellen Zoologie, Band II, Teil 2: Fische. Gustav Fischer Verlag, Jena 1991, ISBN 3-334-00339-6
  • Leonid I. Sokolov & Lev S. Berdischevskii: Acipenseridae. Seite 150-152, in Juraj Holcik: The Freshwater Fishes of Europe, 9 Vols., Vol. 1/2 : General Introduction to Fishes, Acipenseridae. Aula-Verlag, Wiesbaden 1989, ISBN 3-891-04431-3
  • K.E. Carpenter (Hrsg.): The living marine resources of the Western Central Atlantic. Volume 2: Bony fishes part 1 (Acipenseridae to Grammatidae). In: FAO Species Identification Guide for Fishery Purposes and American Society of Ichthyologists and Herpetologists Special Publication. 5, FAO, Rom 2002, S. 670–671 (Volltext).
  • Peter Bartsch: Chondrostei, (Acipenseriformes), Störe und Löffelstöre Seite 232-236 in Wilfried Westheide & Reinhard Rieger: Spezielle Zoologie Teil 2: Wirbel- oder Schädeltiere, 1. Auflage, Spektrum Akademischer Verlag Heidelberg • Berlin, 2004, ISBN 3-8274-0307-3
  • Günther Sterba: Süsswasserfische der Welt. Urania-Verlag, 1990, ISBN 3-332-00109-4
  • Wilhelm Marinelli und Anneliese Strenger: Vergleichende Anatomie und Morphologie der Wirbeltiere IV: Acipenser ruthenus. Wien (Deuticke) 1974.

Einzelnachweise

  1. Peter Bartsch (2004), Seite 235
  2. Fishbase Pseudoscaphirhynchus hermanni (Kessler, 1877)
  3. a b Fishbase Huso huso (Linnaeus, 1758)
  4. Fishbase Huso dauricus (Georgi, 1775)
  5. a b Sokolow & Berichevskii, S. 150 in Holcik (1989)
  6. Wilhelm Marinelli, Anneliese Strenger: Vergleichende Anatomie und Morphologie der Wirbeltiere, Band 1. Acipenser ruthenus L., Superklasse: Gnathostomata (Kiefermäuler). Klasse; Osteichthyes (Knochen- bzw. Kiemendeckelfische). Lfg. 4., Franz Deuticke, Wien 1973, ISBN 3-7005-4397-2.
  7. Sokolow & Berichevskii, S. 151–152 in Holcik (1989)
  8. Nelson (2006), Seite 90-95.
  9. Michael J. Benton: Paläontologie der Wirbeltiere. Seite 187, 2007, ISBN 3899370724
  10. E. D. Vasil’eva, V. P. Vasil’ev, S. V. Shedko, G. V. Novomodny: The Revision of the Validity of Genus Huso (Acipenseridae) Based on Recent Morphological and Genetic Data with Particular Reference to the Kaluga H. dauricus. In: Journal of Ichthyology. 49, Nr. 10, 2009, S. 861–867 (http://ibss.febras.ru/files/00008399.pdf).
  11. Michael J. Benton: Paläontologie der Wirbeltiere. Seite 187, 2007, ISBN 3-89937-072-4
  12. Jörn Gessner, Frank Fredrich, Gerd-Michael Arndt und Henning von Nordheim, 2010: "Arterhaltung und Wiedereinbürgerungsversuche für die atlantischen Störe (Acipenser sturio und A. oxyrinchus) im Nord- und Ostseeeinzugsgebiet - Conserving and reintroducing the Atlantic sturgeon in North and Baltic Sea tributaries". Natur und Landschaft, 85. Jg. S. 514. Vlg. W. Kohlhammer
  13. Sterba (1990), Seite 25.
  14. IUCN 2010. IUCN Red List of Threatened Species. Version 2010.4. Abfrage am 2 November 2010.
  15. FAO Fisheries and Aquaculture Department: Cultured Aquatic Species Information Programme Acipenser baerii
  16. W. E. Engelmann: Zootierhaltung - Tiere in menschlicher Obhut - Fische. Seite 237, Verlag Harri Deutsch, 1. Auflage, 2005, ISBN 3-8171-1352-8
  17. H. Menge, Langenscheidts Taschenwörterbuch Lateinisch-Deutsch, Neubearbeitung 1960 von Erich Pertsch, S. 16
  18. Heinrich Georges: Ausführliches lateinisch-deutsches Wörterbuch 1913, Sp. 87 u. 95
  19. Georges, Sp. 97
  20. Georges, Sp. 1553
  21. vgl. auch accipiter, Georges Sp. 64
  22. Marinelli und Strenger, Vergleichende Anatomie und Morphologie der Wirbeltiere, Seite 322
  23. F. Muller: Latijnsche woordverklaringen op semantisch-taalhistorischen grundslag. Verhandl. knkl. Akad. Wet. Amsterdam, Letterk. 1920 (3): 102-104
  24. Acipenser. Glotta 76 (2000): 50-52; vgl. http://annali.unife.it/lettere/animali/guasparri.pdf (2007), S. 76
  25. Deutsches Wörterbuch der Brüder Grimm 19, Sp. 358 ff.

Weblinks

 Commons: Störe – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

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