Talgrund

Talgrund
Schematischer Querschnitt eines quartär geprägten Gebirgstales in den Zentralalpen

Als Talboden oder Talgrund wird der flache Teil eines Gebirgstales bezeichnet. Er ist im Regelfall durch Erosion und nachfolgende Auffüllung mit Sedimenten oder anderem Lockergestein entstanden. Bei einem nur schmalen Talgrund spricht man hingegen von der Tallinie, bei einer ausgedehnten Talweitung von einem Talkessel.

Inhaltsverzeichnis

Entstehung und Nutzung

Breite Talböden sind besonders in alpinen Trog- oder U-Tälern vorzufinden, die in mittlerer Höhe häufig auch Talschultern aufweisen. Sie gehen im allgemeinen auf den Gletscherschliff der Eiszeiten zurück. Vielfach haben fluviatile Sedimente von Überschwemmungen und nachfolgende Erosionsvorgänge bzw. das Mäandrieren der Bäche auch zur Ausbildung von Talterrassen geführt, deren jüngste meist in der Talmitte liegen und die Verkehrswege tragen. In Tourismusregionen werden hier oft Wanderwege oder Langlauf-Loipen angelegt.

Je nach Höhenlage und oberflächennahem Wasserhaushalt sind die Talböden besiedelt bzw. landwirtschaftlich genützt oder sie sind Waldflächen. Häufig haben postglaziale Einflüsse zur Bildung von Feuchtgebieten geführt, die als Almböden oder als Streuobstwiesen genützt werden. Viele Hochmoore wurden in den letzten Jahrhunderten trockengelegt oder durch Torfstechen zerstört. Heute trachtet man, diese Feuchtgebiete zu erhalten oder als Biotope wiederherzustellen (siehe auch Natura 2000).

Vereinzelt dient das Suffix "Boden" auch zur Kennzeichnung von Örtlichkeiten (z.B. Bodenbauer oder Mooser- und Seeboden) oder von Unternehmen (z.B. "Talboden-Immobilien AG" oder "Raiffeisenkasse Lienzertalboden".

Die Siedlungen selbst finden sich - je nach der regionaler Tradition, der Besonnung und den möglichen Umweltgefahren - entweder im Talboden, auf den höheren Terrassen bzw. den Schuttkegeln der Seitenbäche, oder auf der sonnseitigen Hangschulter.

Zur Geomorphologie von Talböden

Viele Gebirgstäler sind in Längsrichtung durch eine Reihe von Talstufen gegliedert. Sofort am unteren Ende dieser Stufen bilden sich meist kleinere Talböden aus, wenn sich das Geschiebe aus der Talenge hinunter ergießt. Auf diese Art serden viele Längstäler zu einer steten Folge einzelner, immer breiter und tiefer liegender Talgründe, während dies bei Quertälern seltener auftritt. Ausgeprägte Engstellen werden wegen des Höhenunterschiedes oft zum Bau von Talsperren für Wasserkraftwerke benützt.

Je breiter ein Talboden ist, desto ebener ist er meistens. Bisweilen kann er jedoch talabwärts geringfügig ansteigen. Dies geht auf das Überfließen großer eiszeitlicher Talgletscher zurück (siehe Transfluenzsattel) oder auf überschobene Endmoränen. Häufig hat sich auch beim Ausgang eines Seitentales ein Gletscherzungensee gebildet, der aber meist durch Sturzbäche am Ende der Eiszeit ausgeräumt wurde und zur Schlucht oder Klamm wurde. Da diese aber schmäler ist als der glaziale Seitentalboden, blieb rechts und links oft eine Erosionsterrasse stehen. Stark ausgeprägt sind z.B. die südseitligen Talschluchten der Salzach im Pinzgau (Kitzloch-, Gasteiner- und Liechtensteinklamm), die sich am unteren Ende direkt in den breiten Talboden des Haupttales öffnen.

Die Talböden von alpinen Hochtälern sind häufig von Lawinen oder Bergsturz bedroht, während die häufigste Gefahr tieferer Lagen die Wildbäche und der Abgang von Muren sind. In tieferen Lagen oder unterhalb einer Schlucht kann der Talgrund aus verschiedenen Sedimentarten bzw. Schottern von variierender Korngröße aufgebaut sein, sodass neben dem Flussbett flache Terrassen, einige Altwässer und zeitweilig überflutete Auwälder zu finden sind.

In ostalpinen Hochtälern oder inneralpinen Becken gibt es oft merkwürdige Schotter, die in Österreich „Augensteingerölle“ genannt werden. Sie beweisen, dass ein bestimmtes Gebiet früher (häufig im Miozän) ein Talboden war. Geologisch gut untersucht sind unter anderem der „Miesboden“ im Kemetgebirge (Steiermark), einige Böden bei Rax- und Schneealpe (Niederösterreich) und in der Südtiroler Fanesgruppe.

Siehe auch

Weblinks


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