Thomas Krüger (Politiker)

Thomas Krüger (Politiker)
Thomas Krüger (2008)

Thomas Krüger (* 20. Juni 1959 in Buttstädt) ist ein deutscher Politiker (SPD) und seit Juni 2000 Präsident der Bundeszentrale für politische Bildung.

Inhaltsverzeichnis

Leben und Wirken

Krüger studierte nach einer Ausbildung zum Facharbeiter für Plast- und Elastverarbeitung in Fürstenwalde ab 1981 Evangelische Theologie und arbeitete in Berlin und Eisenach als Vikar. Er engagierte sich in der Kirche von Unten und gehörte 1989 zu den Gründungsmitgliedern der SDP in der DDR, in der er bis 1990 Geschäftsführer der SDP in Ost-Berlin war. Er gehörte bis zu diesem Zeitraum der Volkskammer der DDR an. Im Januar 1991 war Krüger letzter (kommissarischer) Oberbürgermeister von Ost-Berlin; von 1991 bis 1994 gehörte er als Senator für Familie und Jugend dem Senat des Regierenden Bürgermeisters Eberhard Diepgen (CDU) an. Von 1994 bis 1998 war Krüger Mitglied des Deutschen Bundestages. Zuvor war er im Wahlkampf mit dem Motto „eine ehrliche Haut“ auf Postern nackt zu sehen,[1] was für bundesweites Aufsehen sorgte. 1997 heiratete er im Bahai-Ritus.[2]Bei der Bundestagswahl im September 1998 kandidierte Krüger nicht erneut, sondern legte nach der Geburt seines ersten Kindes eine Babypause ein.

Kritik und Kontroversen

2008 geriet Krüger in heftige Kritik von Evangelikalen aufgrund seines Begleitbriefs zur Verteilung der Zeitschrift Q-Rage, die einen Artikel über evangelikale Organisationen enthielt.[3] In dem Begleitbrief schrieb er: „In der Zeitung finden sich interessante Informationen, wie islamistische und evangelikale Gruppen, die wichtige Freiheitsrechte infrage stellen, Jugendliche umwerben.“[4] Kritik äußerten Evangelikale wie Hartmut Steeb, der Generalsekretär der Deutschen Evangelischen Allianz,[5] der Vorsitzenden der Kirchlichen Sammlung um Bibel und Bekenntnis in Bayern (KSBB), Andreas Späth und Wolfgang Baake, der Geschäftsführer des Christlichen Medienverbundes.[6] In Folge der Kritik distanzierte sich Krüger vom Q-Rage Artikel und konstatierte, dass dessen Gleichsetzung der evangelikalen Bewegung mit dem islamischen Fundamentalismus nicht zutreffend sei.[7] Für die Distanzierung kritisierten ihn wiederum unter anderem die tageszeitung[8], Der Spiegel,[9] dessen Online-Redakteure die jungen Autoren unterstützt hatten, und der LSVD.[10][11] Die Vorsitzenden des Kuratoriums der Bundeszentrale für politische Bildung – sowohl Ernst-Reinhard Beck (CDU) als auch Dieter Grasedieck (SPD) – reagierten auf die Protestbriefe der Evangelikalen, die ihr Büro erreichten, mit der Aussage: „Wir halten die Gleichsetzung von Evangelikalen und Islamisten durch den Präsidenten der Bundeszentrale für politische Bildung, Thomas Krüger, für absolut inakzeptabel.“[12]

Unter Krügers Leitung verfügte die Bundeszentrale die Rücknahme des Aufsatzes „Deutsche Identität in Verfassung und Geschichte“ von Konrad Löw. Daraufhin urteilte das Bundesverfassungsgericht mit Beschluss vom 17. August 2010, im Verhalten der Bundeszentrale gegenüber Löw habe die von einer staatlichen Einrichtung zu erwartende Ausgewogenheit und rechtsstaatliche Distanz gefehlt, so dass Löw in seinen allgemeinen Persönlichkeitsrechten verletzt worden sei.[13]

Auf scharfe Kritik und Rücktrittsforderungen durch christliche Gruppen und Unionspolitiker stießen Krügers Ausführungen zum Gender-Mainstreaming. Ende Oktober 2010 forderte Krüger in einer Rede in offizieller Funktion dazu auf, „das Prinzip des Gender Mainstreaming als zentrale Dimension aller gesellschaftlichen und politischen Bereiche“ zu etablieren. Er lobte die gesellschaftliche Stellung der Frau in der DDR und die dortige liberale Abtreibungspraxis und würdigte den Kampf der „Feministinnen wie Clara Zetkin und Rosa Luxemburg für Gleichberechtigung und das Frauenwahlrecht“[14]. Mechthild Löhr von der CDU-Organisation „Christdemokraten für das Leben“ (CDL) forderte daraufhin den Rücktritt Krügers, dann könne er „seine völlig einseitigen linksideologischen Überzeugungen zu seinem privaten Vergnügen, nicht aber länger auf Kosten und zu Lasten des Steuerzahlers“ ausleben. Martin Lohmann warnte vor einer Ausbreitung des Gender-Mainstreaming-Konzeptes: „Wir brauchen keine Ideologie zur Zerstörung der Gleichwertigkeit in der Tarnung der Gleichheit.“ Auch Hubert Gindert, Vorsitzender des Forums Deutscher Katholiken forderte die Ablösung Krügers. Der frühere bayerische Minister Thomas Goppel erinnerte Krüger „an das geltende Mäßigungsgebot“ für Personen in hohen staatlichen Positionen. Er habe seine Forderungen so eindeutig artikuliert, dass sie keinerlei Interpretationsspielraum mehr zuließen. (Eines der drei Grundprinzipien politischer Bildung ist das Kontroversitätsgebot, nach welchem Kontroverses auch diskutierbar bleiben muss.) Goppel richtete seine Vorwürfe dabei nicht nur gegen Krüger, sondern auch gegen das aus 22 Bundestagsabgeordneten bestehende Kuratorium der Bundeszentrale.[15]

Engagement und Ehrungen

Krüger ist Präsident der gemeinnützigen Kinderrechtsorganisation Deutsches Kinderhilfswerk[16]und sitzt im Beirat des Deutschen Kinderpreises von World Vision Deutschland[17]. Für seine Verdienste für die politische Bildung in Deutschland wurde Krüger 2006 mit dem Bundesverdienstkreuz ausgezeichnet. Der polnische Botschafter Dr. Marek Prawda verlieh ihm 2008 das polnische Verdienstkreuz in Silber als Anerkennung für sein besonderes Engagement für die deutsch-polnische Versöhnung.

Veröffentlichungen (Auswahl)

  • Thomas Krüger (Hrsg.): Die bewegte Stadt. Berlin am Ende der Neunziger, Berlin 1998

Siehe auch

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Abbildung auf Spiegel.de
  2. Einer aus achtzig Millionen, Berliner Zeitung vom 31. Dezember 1997
  3. Q-rage in Der Spiegel 28. November 2008, S. 11
  4. Präsident vergleicht Evangelikale mit Islamisten, in der Welt 16. Dezember 2008
  5. EAD: Die Bundesregierung fördert Agitation gegen entschiedene Christen
  6. EAD: Nach umstrittener Veröffentlichung in Schülerzeitung „Q-rage“
  7. bpb distanziert sich von Artikel in Q-rage, Pressemitteilung 15. Dezember 2008
  8. Bundeszentrale knickt ein in taz
  9. Evangelikale führen Kreuzzug gegen Schüler-Autoren in Der Spiegel 20. Dezember 2008
  10. Klaus Jetz: Stellungnahme des LSVD zum Streit um Q-rage. Abgerufen am 13 February 2010.
  11. Pro: „Q-rage“-Debatte geht weiter: Vom „Kreuzzug“ der Evangelikalen
  12. Bpb-Kuratorium stellt sich gegen Präsident Krüger (PDF) – taz
  13. Pressemitteilung des Bundesverfassungsgerichts Nr. 87/2010 vom 28. September 2010
  14. Das flexible Geschlecht: Gender, Glück und Krisenzeiten in der globalen Ökonomie, Berlin 28.-30. Oktober 2010
  15. Goppel: Krüger hätte nie Präsident werden dürfen
  16. Thomas Krüger. In: Der Spiegel. Nr. 48, 2004 (online).
  17. Beirat. Abgerufen am 11. Juli 2010.

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