- Tom Kummer
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Tom Kummer (* 14. Januar 1963 in Bern) ist ein Schweizer Journalist, der im Jahr 2000 wegen fiktiver Interviews einen Medienskandal auslöste.
Inhaltsverzeichnis
Biographisches
Tom Kummer war mehrere Jahre als Reporter für die Zeitschrift Tempo tätig. Ab 1993 arbeitete er als Hollywood-Korrespondent für die Magazine der Süddeutschen Zeitung (SZ) und des Tages-Anzeigers sowie als freier Journalist (etwa für Die Zeit, Der Spiegel, Neue Zürcher Zeitung, Frankfurter Allgemeine, Stern, Vogue). Er gilt als Vertreter des Borderline-Journalismus, einem Euphemismus für die Vermischung Realität und Fiktion, worüber der Leser im Unklaren gelassen wird. 1996 veröffentlichte Kummer das Buch Good Morning, Los Angeles, in dem er sich offen zum Borderline-Journalismus bekannte.
Im Jahr 2000 entwickelte sich ein Presseskandal, als die Zeitschrift Focus[1] enthüllte, dass Kummer mehrere Interviews mit Prominenten nicht selbst geführt, sondern aus vorhandenem Material neu zusammengesetzt oder erfunden hatte. Darunter waren Hollywood-Stars wie Sharon Stone, Pamela Anderson, Charles Bronson, Sean Penn, Mike Tyson,[1] Brad Pitt[2] und andere. Beide Chefredakteure des SZ-Magazins, Ulf Poschardt und Christian Kämmerling, wurden daraufhin entlassen.
Nach mehreren Jahren Pause erhielt Kummer von der Berliner Zeitung eine neue Chance auf dem deutschsprachigen Printmarkt. 2005 erwies sich eine von Kummer veröffentlichte Reportage als Konvolut aus zwei Texten, die er bereits in der NZZ und im SZ-Magazin veröffentlicht hatte.[3] Obwohl es in der Branche als nicht ungewöhnlich gilt, bereits veröffentlichte Storys wiederzuverwerten, brach die Berliner Zeitung die Zusammenarbeit sofort ab, weil die Redaktion nicht darüber informiert war, dass es sich um alte, schon veröffentlichte Texte handelte.
2009 erschien der Artikel Nation ohne Boden[4] über den Super Bowl von Kummer in der WOZ Die Wochenzeitung. Der Artikel wurde danach in der Zeitung Der Sonntag vom Journalisten Peter Hossli kritisiert, Fakten seien unrichtig, Passagen überhöht und verdreht worden.[5] Die Redaktion der WOZ rechtfertigte sich in einem separaten Artikel über die Anschuldigungen.[6] Peter Hossli wiederum kritisierte die Rechtfertigung und lieferte weitere Fakten zu Ungereimtheiten in Kummers Artikel.[7]
Im Oktober 2010 schrieb er für die Wochenzeitung Der Freitag einen Artikel.[8][9]
2010 erschien der Dokumentarfilm «Bad Boy Kummer», Regie führte Miklós Gimes, der 1997 stellvertretender Chefredaktor war beim Tages-Anzeiger-Magazin als Kummer für das Magazin anfing zu schreiben.[10] Der Film startete am 21. Oktober 2010 in Schweizer Kinos,[11][12] in Deutschland am 5. Mai 2011.[3]
Kummer arbeitet heute als Paddle-Tennis-Trainer und lebt mit seiner Frau und zwei Kindern in Los Angeles.[13]
Bücher
- Good Morning, Los Angeles. Die tägliche Jagd nach der Wirklichkeit. Mit einem Nachwort von Claudius Seidl. dtv, München 1996
- Gibt es etwas Stärkeres als Verführung, Miss Stone? Star-Interviews von Tom Kummer. Mit einem Vorwort von Ulf Poschardt. dtv, München 1997
- Sharon Stone (Bildband mit Vorwort von Tom Kummer). Schirmer/Mosel, München 1998
- Jackie! Ein Body-Bildungsroman. Ullstein, Berlin 1999
- We love you (Kunstkatalog von Com&Com mit einem Text von Tom Kummer). Niggli, Zürich 2002, ISBN 3-7212-0459-X
- Blow up. Die Story meines Lebens. blumenbar, München 2007, ISBN 978-3-936738-26-1
- Kleiner Knut ganz groß. Der berühmteste Eisbär der Welt im Gespräch mit Tom Kummer. Heyne, München 2007, ISBN 978-3-453-14658-7
Dokumentarfilme
- Miklós Gimes: «Bad Boy Kummer». T&C Film, Columbus Film. 92 Minuten, CH 2010.
Weblinks
Zum Autor
- Literatur von und über Tom Kummer im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
- Tom Kummer in der deutschen und englischen Version der Internet Movie Database
- Die Welt von Tom Kummer Rezension zu Blow up von Sabine Vogel in der Berliner Zeitung vom 12. April 2007
Zum Fälschungsskandal
- Thomas Schuler: Vergiss die Zweifel in der Berliner Zeitung vom 23. Mai 2000
- Thomas Schuler: Die Gegendarstellung der Woche in der Berliner Zeitung vom 29. Mai 2000
- Nils Minkmar: Das gedopte Magazin in: DIE ZEIT Nr. 22/2000
- Rudolf Maresch: Kummer über Kummer in Telepolis vom 31. Mai 2000
- Holger Schulze: Wirklichkeit messen. Tom Kummer vs. Reality in Nachdemfilm 2/2000
- Fritz Wolf: Grenzgänger. Kurzer Blick zurück auf den Fall Tom Kummer in freitag.de vom 30. Juni 2000
- Adrian Pohr: Die zweite Chance in DIE ZEIT 05/2005 vom 3. Februar 2005
- Andrea Höhne, Stephan Ruß-Mohl: Schwarze Schafe in medialen Grauzonen in der NZZ vom 24. März 2005
Interviews
- "Das Argument der Gutgläubigkeit ist ziemlich lächerlich" in: persoenlich.com. Interview mit Tom Kummer vom 20. Oktober 2010
- "Durch meine Naivität habe ich im Kummer-Theater mitgespielt" in: persoenlich.com. Interview mit Regisseur Miklós Gimes von «Bad Boy Kummer» vom 21. Oktober 2010
Quellen
- Cover, Frühjahr 2005
- ↑ a b Bad Boy Kummer. Video in: WDR Mediathek vom 26. April 2011 (5:54 Minuten, nicht mehr online abrufbar)
- ↑ Als Tom Kummer die Welt zum Narren hielt in: Focus Magazin vom 25. Oktober 2010
- ↑ a b Der Fälscher der Wahrheit in: RP Online vom 3. Mai 2011
- ↑ Nation ohne Boden in: WOZ Die Wochenzeitung vom 5. Februar 2009
- ↑ Peter Hossli: Kummer kummert wieder hossli.com, Der Sonntag vom 8. Februar 2009
- ↑ Kummer mit Tom in: WOZ Die Wochenzeitung vom 12. Februar 2009
- ↑ Peter Hossli: Spielberg kummern in: hossli.com vom 12. Februar 2009
- ↑ Mit Katrin Krabbe auf Kreta in: der Freitag vom 5. Oktober 2010
- ↑ Die Sucht nach mehr in: Frankfurter Rundschau vom 20. Oktober 2010
- ↑ Bad boy und ich − Anmerkungen des Regisseurs (pdf) in: kummer-film.ch, abgerufen am 21. Oktober 2010
- ↑ Offizielle Website des Films
- ↑ Der Fälscher in Tages-Anzeiger vom 20. Oktober 2010
- ↑ «Meine Chefs waren Kummer-Junkies» Interview in: Der Sonntag vom 16. Oktober 2010
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