- Tributylzinnhydrid
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Strukturformel Allgemeines Name Tributylzinnhydrid Andere Namen - TBT
- Tributylstannan
- Tributylzinn
Summenformel C12H28Sn CAS-Nummer 688-73-3 Kurzbeschreibung farblose bis gelbliche Flüssigkeit[1]
Eigenschaften Molare Masse 291,04 g·mol−1 Aggregatzustand flüssig
Dichte 1,10 g·cm−3 (20 °C)[2]
Schmelzpunkt Siedepunkt 112–114 °C [bei 11 hPa][2]
Dampfdruck Löslichkeit in Wasser Zersetzung[2]
Sicherheitshinweise GHS-Gefahrstoffkennzeichnung [3] Gefahr
H- und P-Sätze H: 302-312-301-372-319-315-410 EUH: keine EUH-Sätze P: 273-302+352-305+351+338-309+310 [3] EU-Gefahrstoffkennzeichnung aus RL 67/548/EWG, Anh. I [4] Giftig Umwelt-
gefährlich(T) (N) R- und S-Sätze R: 21-25-36/38-48/23/25-50/53 S: (1/2)-35-36/37/39-45-60-61 MAK 0,004 ml·m−3[3]
LD50 127 mg·kg−1 (oral, Ratte)[2]
Soweit möglich und gebräuchlich, werden SI-Einheiten verwendet. Wenn nicht anders vermerkt, gelten die angegebenen Daten bei Standardbedingungen. Tributylzinnhydrid (TBT) ist eine metallorganische Verbindung des Zinns. Es ist eine farblose, giftige Flüssigkeit.
Inhaltsverzeichnis
Vorkommen
Tributylzinnhydrid wird ausschließlich synthetisch gewonnen und kommt nicht in der Natur vor.
Verwendung
Synthetische Anwendung
Die Sn-H-Bindung im TBT ist mit 310 kJ/mol recht schwach, sodass sie leicht homolytisch gespalten werden kann.
Mit AIBN (Azobisisobutylonitril) als Radikalstarter wird TBT in der Barton-McCombie-Reaktion und der Barton-Decarboxylierung eingesetzt. Diese beiden vom englischen Nobelpreisträger Derek H. R. Barton entdeckten Reaktionen ermöglichen die Umsetzung von Alkoholen, bzw. Säurehalogeniden in ihre entsprechenden Alkane.
Eine weitere interessante Reaktion ist die Dehalogenierung von Halogenalkanen, die auch oft in Verbindung mit einer anschließenden intramolekularen radikalischen Cyclisierung des gebildeten Alkylradikals synthetischen Nutzen findet.
TBT wird auch oft zur Synthese der zur Stille-Kupplung benötigten Zinn-Organyle verwandt.
Sonstige Anwendungen
TBT wurde über Jahrzehnte als Zusatz in Schiffanstrichen verwendet. Die giftige Substanz verhinderte, dass sich Muscheln und Algen am Schiffsrumpf festsetzen (Fouling). Seit 2003 ist TBT von der Internationalen Seeschifffahrts-Organisation in Schiffsfarben verboten.
Durch die Nahrungskette kann TBT in den menschlichen oder tierischen Organismus gelangen und dort hormonelle Störungen hervorrufen, die zur Unfruchtbarkeit führen können. In Meeresgebieten mit hohem Schifffahrtsaufkommen sind durch das TBT der Schiffsanstriche bei zahlreichen Tierarten fortpflanzungsunfähige Imposexe entstanden, d. h. bei Weibchen bildeten sich äußere Geschlechtsorgane von Männchen. Diese Formen machen bis zu 90 % einer Population aus, die Effekte sind irreversibel und die betroffenen Arten dadurch zum Teil vom Aussterben bedroht.
TBT wird auch als Stabilisator in Kunststoffen und im Druckereiwesen eingesetzt und kann daher auch in bedruckten Textilien, Outdoorjacken und 10-Euro-Geldscheinen[5] auftreten.
Siehe auch
- Tributylzinnchlorid (TBTCL) (C4H9)3SnCl, CAS: 1461-22-9
- Tributylzinnfluorid (TBTF) C12H27FSn, CAS: 1983-10-4
- Tributylzinnsulfid (TBTS) C24H54SSn2, CAS: 4808-30-4
- Tributylzinnoxid (TBTO, Bis(tributylzinn)oxid) C24H54OSn2, CAS: 56-35-9
Daneben existieren auch noch diverse Dibutyl-, Diphenyl-, Triphenyl-, Tetrabutyl-, Tetraphenyl-zinnverbindungen.
Begriff „TBT“
Der Begriff TBT bzw. Tributylzinn wird unterschiedlich benutzt. Es handelt sich um eine „überladene“ Bezeichnung:
- Als Stoff
- In Wasser, bzw. Meerwasser bilden sich in Abhängigkeit von pH-Wert und Anionen aus verschiedenen TBT-Verbindungen: TBT-Cl (-chlorid), TBT-OH (-stannol), TBT-OH2+ (Stannyl-Kation) und TBT-CO3− (-carbonat). Das TBT steht hier für das n-Bu3Sn+-Kation.
- Als Chemikalie (Handelsgut) werden unterschiedliche Verbindungen mit der (Zweit-)Bezeichnung TBT versehen. Meist/oft, aber eben nicht immer, handelt es sich um Bis(tributylzinn)oxid (TBTO) oder Tributylzinnhydrid.
- Das Radikal n-BuTributylzinnhydrid Sn(·) , das in der weiter oben erwähnten Barton-McCombie-Reaktion eine Rolle spielt.
- Als Stoffgruppe mit der charakteristischen Anordnung n-BuTributylzinnhydrid -(R). Analog dem Gebrauch einer Gruppenbezeichnung wie Sulfat(e). Es sollte gelesen werden als TBT-Verbindung(en) (TBT-compounds) oder TBT-haltige Verbindung.
Einzelnachweise
- ↑ Mike Boysen, in: Roempp Online - Version 3.5, 2009, Georg Thieme Verlag, Stuttgart.
- ↑ a b c d e f Datenblatt Tributylzinnhydrid bei Merck, abgerufen am 19. Januar 2011.
- ↑ a b c Eintrag zu Tributylzinnhydrid in der GESTIS-Stoffdatenbank des IFA, abgerufen am 24. April 2011 (JavaScript erforderlich)
- ↑ Nicht explizit in RL 67/548/EWG, Anh. I gelistet, fällt aber dort mit der angegebenen Kennzeichnung unter den Sammelbegriff „Tributylzinnverbindungen“; Eintrag in der GESTIS-Stoffdatenbank des IFA, abgerufen am 30. März 2009 (JavaScript erforderlich)
- ↑ Ökotest-Artikel: Euro-Scheine und -Münzen
Literatur
- Heinz Rüdel, Jürgen Steinhanses, Josef Müller, Christa Schröter-Kermani: Retrospektives Monitoring von Organozinnverbindungen in biologischen Proben aus Nord- und Ostsee – sind die Anwendungsbeschränkungen erfolgreich? Umweltwissenschaften und Schadstoff-Forschung 21(3), S. 282–291 (2009), ISSN 0934-3504
Weblinks
- Chemie im Alltag: Giftige Euroscheine Organozinnverbindungen in 10-Euro-Scheinen
Kategorien:- Gesundheitsschädlicher Stoff
- Giftiger Stoff
- Umweltgefährlicher Stoff
- Zinnverbindung
- Metallorganische Verbindung
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