Versenkung der Prince of Wales und Repulse

Versenkung der Prince of Wales und Repulse

Die Force Z war ein aus sechs britischen Kriegsschiffen bestehender Marineverband, der kurz vor Beginn des Pazifikkrieges im Zweiten Weltkrieg am 27. Oktober 1941 unter der Führung von Admiral Sir Tom Phillips zusammengestellt wurde. Dieser sollte japanische Seestreitkräfte daran hindern, eine Landung auf britischem Kolonialgebiet in Südostasien durchzuführen bzw. für die Invasion Malaysias bestimmte japanische Truppenkonvois bzw. Geleitzüge abfangen. Das Schlachtschiff HMS Prince of Wales lief am 24. Oktober zusammen mit den sie begleitenden Zerstörern HMS Electra und HMS Express von Greenock aus in Richtung Kapstadt. Unterwegs komplettierten zwei weitere Zerstörer, die britische HMS Tenedos und die australische HMAS Vampire am 27. Oktober die Force Z. Von Kapstadt aus lief die Flotte weiter nach Singapur, wo sie am 2. Dezember 1941 eintraf und von der HMS Repulse erwartet wurde.

Inhaltsverzeichnis

Vorgeschichte

Sir Tom Phillips, Befehlshaber der Force Z

Durch die zunehmende Kriegsgefahr im Pazifikraum sah es Premierminister Winston Churchill als unabdingbar an, ein Eingreifgeschwader in den britischen Kolonialgebieten in Asien zu stationieren. Diesen Entschluss setzte er am 20. Oktober 1941 in einer Kabinettssitzung gegen viele Gegenstimmen durch. Den Grundstein für dieses Geschwader sollte die Force Z, bestehend aus zwei Schlachtschiffen und vier Zerstörern, bilden. Weitere Schiffe waren zur Vergrößerung der Flotte für 1942 vorgesehen, so auch der neue Flugzeugträger HMS Indomitable.

Der nur begrenzt modernisierte Schlachtkreuzer HMS Repulse lag zu der Zeit im Hafen von Durban in Südafrika und bekam den Einsatzbefehl zum Auslaufen nach Singapur, da ein weiteres Schlachtschiff neben der modernen HMS Prince of Wales nicht entbehrlich schien. Er traf am 2. Dezember dort auf die anderen Schiffe. Admiral Sir Tom Phillips übernahm an diesem Tag das Kommando über die Flotte, und die HMS Prince of Wales wurde zu seinem Flaggschiff.

Das Eintreffen der Schiffe blieb allerdings auch den Japanern nicht verborgen, die den Kurs mitverfolgt hatten. Als Folge der britischen Aufrüstung ließ der japanische Flotten-Oberbefehlshaber Admiral Isoroku Yamamoto insgesamt 36 Betty-Bomber nach Indochina verlegen, um dort seinerseits eine schlagkräftige Luftflotte aufzubauen.

In Anbetracht der Lage begab sich Admiral Phillips kurz darauf per Flugzeug nach Manila auf die Philippinen, um dort mit dem US-amerikanischen General Douglas MacArthur und Admiral Thomas C. Hart das weitere Vorgehen zu besprechen. Währenddessen sichtete ein Aufklärungsflugzeug der Royal Air Force eine japanische Flotte mit Kurs Südwest in Richtung des Isthmus von Kra. Die Nachricht wurde sofort nach Manila weitergegeben. Daraufhin unterbrach Phillips die Unterredungen und begab sich zurück nach Singapur, wo er sogleich an Bord seines Flaggschiffs ging.

Am 8. Dezember 1941 gegen 17:35 Uhr lief die Force Z in Richtung des Golfs von Siam aus, um die gemeldeten japanischen Truppenkonvois im Südchinesischen Meer abzufangen. Mehrere Kreuzer und Zerstörer, die ebenfalls in Singapur lagen, blieben zurück, weil sie entweder zu langsam waren oder gerade repariert wurden. Phillips wusste, dass die nur mit wenigen veralteten Flugzeugen ausgerüstete Royal Air Force ihm vor Ort keine Luftsicherung geben konnte. Er ging jedoch davon aus, dass die japanischen Flugzeuge nicht so weit von ihren Flughäfen entfernt würden operieren können. Außerdem war bis zu diesem Zeitpunkt noch kein Schiff, das größer als ein Schwerer Kreuzer war, von Flugzeugen versenkt worden.

Die Zerstörung der Force Z

Hinten links die brennenden HMS Prince of Wales und HMS Repulse; im Vordergrund ein Zerstörer, fotografiert aus einem japanischen Flugzeug

Am Nachmittag des 9. Dezember wurde der Verband zunächst von einem japanischen U-Boot und später von Bordflugzeugen der Kreuzer, die die Konvois deckten, östlich der Anambas-Inseln gesichtet und längere Zeit beschattet, ohne dass dies von den Briten bemerkt wurde. Am Abend wurde dann der Zerstörer HMS Tenedos wegen Treibstoffmangels nach Singapur entlassen. Die restlichen Schiffe behielten ihren Kurs zunächst bei, bis sie gegen 20:55 Uhr in Höhe von Khota Baru ebenfalls Richtung Singapur abdrehten, da sie den japanischen Verband nicht finden konnten. Die kurz darauf eingetroffenen Aufklärungsflugzeuge der Japaner fanden nun keine Schiffe mehr vor.

Um etwa 1:00 Uhr erhielt Phillips die Nachricht, dass die japanische Armee bei Kuantan gelandet sei, was sich jedoch später als Irrtum herausstellen sollte. Daraufhin steuerte die Force Z wieder nach Norden in Richtung der malaiischen Halbinsel. Phillips informierte aber den Stützpunkt in Singapur nicht über seine Kursänderung, sondern hielt Funkstille.

Um 8:00 Uhr am 10. Dezember erreichte die Force Z Kuantan. Phillips musste aber feststellen, dass keine japanischen Landungsoperationen erfolgt waren. Deshalb beschloss er, die Küste entlang wieder nach Süden zurück nach Singapur zu laufen.

Um etwa 11:00 Uhr erfassten zehn Flugzeuge des japanischen 22. Marine-Fliegergeschwaders die Force Z und flogen eine erste Angriffswelle, weitere 27 Bomber und 61 mit Torpedos bewaffnete Flugzeuge folgten kurze Zeit später. Die Schiffe wehrten sich mit heftigem Flakfeuer und bemühten sich auszuweichen, jedoch mit geringem Erfolg, dies auch aufgrund taktischer Fehler von Admiral Phillips.

Admiral Phillips Flaggschiff HMS Prince of Wales war im Zentrum der Formation das erste Ziel des Luftangriffs und wurde schon nach kurzer Zeit trotz ihrer Bemühungen auszuweichen sowie pausenlosem Flak-Feuer von Torpedos schwer getroffen. Ein japanischer Torpedo traf zwar die gutgeschützte Backbordwand und verursachte geringen Schaden, ein weiterer jedoch offenbar den Lagerblock, an dem die mit voller Drehzahl laufende Welle der äußeren Backbordschraube die Bordwand verließ. Infolge dieses Treffers in die Wellenhose der Backbordaussenwelle entstanden bis zum Stoppen der Welle erhebliche Vibrationen, die zahlreiche Schäden an Installationen und den Abdichtungen der wasserdichten Abteilungen im Schiffsinneren verursachten. Die mit hoher Drehzahl laufende Welle wurde aus ihren Lagern gerissen, was zu starken Zerstörungen im Schiffsinneren führte. Durch den Wellentunnel der getroffenen Welle drangen schnell Tausende Tonnen Wasser in den zugehörigen Maschinenraum und aufgrund der beschädigten Schotten auch in mehrere benachbarte Generatorenräume ein. Dadurch fiel aufgrund dieser konstruktiven Schwäche die Stromversorgung der gesamten achteren Hälfte des Schiffes aus. Dies erschwerte die Lecksicherung, und aufgrund des Ausfalls der elektrischen Lüfter mussten nach kurzer Zeit weitere Maschinenräume verlassen werden, da sich kein Personal mehr dort aufhalten konnte. Durch den Stromausfall fiel an Deck auch die Hälfte der Flak aus, die auf der achteren Schiffshälfte stationiert war. Das Schiff nahm durch die großflächigen Überflutungen im Inneren starke Schlagseite nach Backbord ein, was das Drehen der Flak-Türme selbst von Hand nochmals erheblich erschwerte. Das Führungsschiff des gesamten Verbandes war durch diese Kettenreaktion nach einem einzigen Treffer weitgehend gefechtsunfähig geworden.

Die bei weitem leichter gepanzerte HMS Repulse konnte sich zu Beginn noch aus dem Gefecht heraushalten und wurde in der ersten Gefechtsphase lediglich durch eine Bombe getroffen, die das Panzerdeck nicht durchschlug und zudem nur geringen Schaden anrichtete. Der Repulse gelang es auch, insgesamt 14 Torpedos auszuweichen.

Nach einer kurzen Gefechtspause erfolgte ein weiterer Angriff, bei dem die noch kämpfende HMS Repulse nunmehr von insgesamt vier oder fünf Torpedos getroffen wurde. Der nur leicht geschützte Schlachtkreuzer war danach nicht mehr schwimmfähig und kenterte innerhalb von fünf Minuten. Die manövrierunfähige HMS Prince of Wales erhielt kurz danach ebenfalls mehrere Bomben- und Torpedotreffer, und durch weiteren Wassereinbruch und dem Ausfall der Stromversorgung war sie den folgenden Angriffen praktisch hilflos ausgeliefert, bis das Schiff ebenfalls nicht mehr zu halten war.

Nach insgesamt sieben japanischen Angriffswellen sank die HMS Repulse um 12:23 Uhr und riss 513 Männer mit in die Tiefe. 45 Minuten später folgte die HMS Prince of Wales. 327 Besatzungsmitglieder gingen mit dem Schiff unter, darunter auch Admiral Phillips und der Kommandant Captain John Leach. Die vergleichsweise hohen Verluste der HMS Repulse begründen sich in der Tatsache, dass sie unmittelbar vor ihrem Untergang noch voll einsatzfähig war und kämpfte, während die HMS Prince of Wales viel Zeit hatte, das Schiff zu evakuieren. Die HMS Prince of Wales verlor den größten Teil an Opfern schon vor dem Sinken durch einen zufälligen Bombentreffer in den "Kinosaal", bei dem hunderte dort versorgte Verwundete und zur Erholung wartendes Maschinenpersonal starben. Die Überlebenden wurden durch die Begleitzerstörer in engagierter Weise gerettet und nach Singapur gebracht.

Die britischen Streitkräfte in Südostasien waren dadurch stark geschwächt; weitere Unterstützung konnte nicht entsandt werden, da alle Kräfte in Afrika und Europa gebunden waren. In der Folgezeit fiel Singapur an die Japaner, und am 26. Dezember kapitulierten die letzten britischen Einheiten in Hongkong.

Die Bedeutung für die seestrategische Lage

Die Versenkung der beiden einzigen Großkampfschiffe, die die Alliierten im Indischen und im südlichen Pazifischen Ozean hatten, war ein herber Schlag für die Briten und erschütterte den Glauben an einen Sieg der Alliierten sehr.

Die Schiffe waren in den Pazifik entsandt worden, damit von ihnen „jene unbestimmte Drohung ausgehe, die schwerstbewaffnete Großkampfschiffe mit unbekannter Position auf gegnerische Flottenpläne ausüben“ (Winston Churchill, Der Zweite Weltkrieg, 1948). Noch am späten Abend des 9. Dezember hatte in London das Kriegskabinett über den weiteren Einsatz der beiden Schiffe beraten. Churchill hatte vorgeschlagen, dass sie sich als große völkerverbindende Geste den Resten der zwei Tage zuvor in Pearl Harbor auf Hawaii schwer angeschlagenen US-amerikanischen Pazifikflotte anschließen sollten. Er schrieb später in seiner Geschichte des Zweiten Weltkriegs: „Während des gesamten Krieges traf mich kein Schlag unerwarteter, [... erst später] erfasste ich die ungeheure Tragweite dieser Nachricht. [...] Japan herrschte unbeschränkt über die ungeheuren Weiten dieser Ozeane; wir waren, wo man hinsah, nackt und bloß.

Es war das erste Mal, dass Schlachtschiffe auf offener See durch Flugzeuge versenkt wurden. Besonders der Verlust der modernen HMS Prince of Wales war ein großer Schock, da der katastrophale Zufallstreffer zu Beginn des Gefechtes und seine Folgen erst durch Untersuchungen des Wracks nach dem Krieg bekannt wurden. Mit diesem Ereignis ging die Zeit der unbesiegbaren Schlachtschiffe zu Ende, und der Aufstieg der Flugzeugträger als dominierendes Element einer Flotte begann.

US-General Douglas MacArthur schrieb später in seinen Erinnerungen (Reminiscences, New York 1964): „Sir Tom ging mit der Prince of Wales unter und mit ihm eine ganze Ära. Niemals wieder wurden große Schiffe ohne Luftunterstützung in feindliche Gewässer geschickt; Billy Mitchell hatte recht.“ (General William "Billy" Mitchell war 1926 von einem Militärgericht verurteilt und degradiert worden, weil er seine Vorgesetzten wegen ihres Widerstandes gegen den Ausbau der US-Luftwaffe öffentlich kritisiert hatte.)

Galerie

Literatur

  • Richard Hough: The Hunting of Force Z: the brief, controversial life of the modern battleship and its tragic close with the destruction of the "Prince of Wales" and "Repulse. – London: Cassell Military Paperbacks, 1999. – ISBN 030435239X
  • Martin Middlebrook und Patrick Mahoney: The Sinking of the Prince of Wales & Repulse: The End of the Battle Ship Era – New York: Charles Scribner's Sons, 1979. – ISBN 0684163330 (Taschenbuch: Barnsley, South Yorkshire: Pen & Sword Books, 2004. – ISBN 1-84415-075-5)

Siehe auch

Weblinks


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