Viktor Kortschnoi

Viktor Kortschnoi
Viktor Kortschnoi, 2009 in Zurich.jpg
Viktor Kortschnoi, 2009
Name Wiktor Lwowitsch Kortschnoi
Schreibweisen Виктор Львович Корчной (Russisch)
Land SchweizSchweiz Schweiz
Geboren 23. März 1931
Leningrad, Sowjetunion
Titel Großmeister (1956)
Aktuelle Elo-Zahl 2567 (November 2011)
Beste Elo-Zahl 2695 (Januar 1979, Januar 1980)
Karteikarte bei der FIDE (englisch)

Viktor Kortschnoi (im Deutschen von Kortschnoi verwendete Namensform, bzw. Wiktor Lwowitsch Kortschnoi, russisch Виктор Львович Корчной, wiss. Transliteration Viktor L'vovič Korčnoj, englische und FIDE-Schreibweise Viktor Korchnoi; * 23. März 1931 in Leningrad[1]) ist ein schweizerischer Schach-Großmeister russischer Herkunft. Nach seiner Emigration aus der Sowjetunion (1976) unterlag er 1978 und 1981 in zwei Wettkämpfen um die Weltmeisterschaft Anatoli Karpow.

Kortschnoi wurde 2006 Seniorenweltmeister und belegte noch im Januar 2007 Rang 85 der Weltrangliste.[2] Damit war er seit deren Einführung der älteste Spieler in den Top 100.

Inhaltsverzeichnis

Biographie

Viktor Kortschnoi besuchte in Leningrad die Grundschule, studierte sechs Jahre lang Geschichte und schloss 1954 mit dem Diplom ab. Er erlernte das Schachspiel mit sieben Jahren von seinem Vater. 1943 wurde er Mitglied im Schachklub des Leningrader Pionierpalastes. Hier wurde er trainiert von Abram Modelj, Andrej Batujew und Wladimir Sak. 1947 und 1948 wurde er Jugendmeister der UdSSR. 1951 erhielt er den sowjetischen Titel „Meister des Sports“, ein Jahr später qualifizierte er sich erstmals für die UdSSR-Meisterschaft. 1954 wurde er Internationaler Meister.

Er errang den Großmeistertitel 1956 und zählt seitdem zu den besten Spielern der Welt.[3] Viermal gewann er den Titel des UdSSR-Meisters (1960, 1962, 1964, 1970). Insgesamt sechsmal war er mit der sowjetischen Mannschaft der UdSSR bei Schacholympiaden (1960, 1966, 1968, 1970, 1972 und 1974) siegreich.

Anlässlich eines internationalen Turniers in Amsterdam emigrierte er im Jahr 1976 in den Westen. Er ließ in der Sowjetunion seine Ehefrau und seinen Sohn zurück. Mit Hilfe der FIDE versuchte er danach, für seine Familie eine Ausreisegenehmigung zu erhalten. Zunächst hielt er sich in den Niederlanden, dann – ab 1978 – in der Schweiz auf, für die er seitdem bei Turnieren antritt. Nach seiner Emigration entsandte die sowjetische Schachföderation ihre Großmeister nur noch zu Turnieren, bei denen Kortschnoi nicht eingeladen war.

Das galt jedoch nicht für die Schacholympiaden, bei denen er für die Schweiz antrat. Insgesamt nahm Kortschnoi seit 1960 an 17 Schacholympiaden teil, sechsmal für die UdSSR und elfmal für seine neue Heimat, die Schweiz. Neben den sechs Goldmedaillen für die UdSSR erhielt er viermal Gold für sein bestes Brettergebnis, zuletzt 1978 am ersten Brett der Schweizer Mannschaft.[4] Fast 50 Jahre kämpfte er auf Schacholympiaden, wohl ein weltweiter Rekord.

Viktor Kortschnoi

Im Jahr 1974 unterlag er im Kandidatenfinale gegen Karpow, der im Jahr darauf Weltmeister wurde. Im Kandidatenturnier 1977/78 besiegte er Tigran Petrosjan, Lew Polugajewski und im Finale Boris Spasski und qualifizierte sich so für das Weltmeisterschafts-Match gegen Anatoli Karpow. Sein Wettkampf um die Schachweltmeisterschaft 1978 in Baguio (Philippinen) gegen Anatoli Karpow fand in einem politisch aufgeheizten Klima statt: Kortschnoi machte Karpow, der ein gutes Verhältnis zur sowjetischen Führung hatte, für die politischen Verhältnisse in der UdSSR mitverantwortlich. Im Ergebnis verlor er knapp mit 5–6 bei 21 Unentschieden, nachdem er zuvor einen 2–5 Rückstand innerhalb von vier Partien aufholte, dann aber die nächste Partie und damit das Match verlor. Im nächsten Kandidatenturnier 1980/81 bezwang Kortschnoi erneut Petrosjan und Polugajewski sowie im Finale Robert Hübner und qualifizierte sich erneut für das WM-Finale gegen Karpow. 1981 in Meran verlor er gegen Karpow mit 6–2 bei 10 Remis.

Viktor Kortschnoi in Zürich, August 2009

Als Kortschnoi im Kandidatenhalbfinale im August 1983 gegen Garri Kasparow antreten sollte, kam es zum Streit zwischen dem Weltschachbund und der sowjetischen Schachföderation über den geplanten Austragungsort Pasadena in den USA. Die FIDE sprach Kortschnoi einen kampflosen Sieg zu, den Kortschnoi nicht annehmen wollte. Schließlich kam der Wettkampf nach dreimonatiger Verzögerung in London zustande, Kortschnoi unterlag Kasparow mit 4–7. In der Folge wurde die sowjetische Praxis des Turnierboykotts gegen Kortschnoi aufgegeben.

Im Jahre 1991 bekam Kortschnoi von seinem Wohnort Wohlen im Kanton Aargau das Schweizer Bürgerrecht.

Trotz seines fortgeschrittenen Alters nimmt er bis heute erfolgreich an hochklassigen Schachturnieren teil. Nachdem er sich lange geweigert hatte, in speziellen Seniorenwettbewerben anzutreten, wurde er im Jahr 2006 bei seiner erstmaligen Teilnahme Seniorenweltmeister. Im italienischen Arvier gewann er mit 9 Punkten aus 11 Partien knapp vor dem tschechischen Großmeister Vlastimil Jansa (8,5/11). Sein kompromissloser Stil brachte ihm den Spitznamen Viktor der Schreckliche ein. Seine beste historische Elo-Zahl war 2814. Diese erreichte er 1978 und war damit zweitbester Spieler hinter Karpow. Im Jahr 1965 lag er auf Platz 1 der Rangliste, allerdings mit einer etwas schlechteren Elo-Zahl. Kortschnois beste FIDE-Elo-Zahl war 2695 in den Listen von 1979 und 1980. In der Saison 2006/07 spielte er in der Zweiten Bundesliga eine Partie für den SV Glück auf Rüdersdorf am Spitzenbrett. In der Schweizer Nationalliga A spielt er für die Schachgesellschaft Zürich.

Aufgrund seiner ungewöhnlich langen aktiven Karriere hält er mit fast 5000 dokumentierten Partien den Rekord für die meisten gespielten Schachpartien.

Seit dem 21. Mai 1991 ist Kortschnoi mit Petra Leeuwerik verheiratet, die ihn bereits bei seinem WM-Kampf 1978 als Delegationsleiterin unterstützt hatte.

Werke

  • Ein Leben für das Schach. Rau-Verlag, Düsseldorf 1978
  • Meine besten Kämpfe. 1952 bis 1978. Rau-Verlag, Düsseldorf 1979
  • ANTISCHACH. Mein Wettkampf um die Weltmeisterschaft gegen KARPOW in Baguio City 1978. Eigenverlag, Wohlen 1980
  • Praxis des Turmendspiels. Olms-Verlag, Zürich 1999 ISBN 978-3-283-00287-9
  • Meine besten Kämpfe, Bd. 1, Partien mit Weiss. Olms-Verlag, Zürich 2001 ISBN 978-3-283-00407-1
  • Meine besten Kämpfe, Bd. 2, Partien mit Schwarz. Olms-Verlag, Zürich 2001 ISBN 978-3-283-00408-8
  • Mein Leben für das Schach. Olms-Verlag, Zürich 2004 ISBN 978-3-283-00409-5

Weblinks

 Commons: Viktor Kortschnoi – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. „Hinsichtlich seines Geburtstags existiert etwas Verwirrung, denn viele Quellen, so auch Kortschnois 400 wins, die 1978 veröffentlicht und von ihm selbst mitgeschrieben wurden, geben den 23. Juli als Datum an. Der Zufall wollte es, dass mein Sohn eben genau an diesem Tag geboren wurde, und wir nannten ihn natürlich Victor. Später kam mir die andere Version von Kortschnois Geburtstag zu Ohren, und ich entschloss mich, den großen Meister selbst um etwas Erleuchtung in dieser Angelegenheit zu bitten. Er nannte den 23. März als seinen tatsächlichen Geburtstag...“ – Mihail Marin: Von den Legenden Lernen. Quality Chess, 1. deutsche Auflage, 2008.
  2. http://www.fide.com/ratings/toparc.phtml?cod=105
  3. Willy Iclicki: FIDE Golden book 1924-2002. Euroadria, Slovenia, 2002, S. 74
  4. MEN'S CHESS OLYMPIADS - Kortschnoj, Viktor (Switzerland) auf OlimpBase (englisch)

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