Viktor Schilling

Viktor Schilling

Viktor Schilling (* 28. August 1883 in Torgau; † 30. Mai 1960 in Rostock[1]) war ein deutscher Internist und Hämatologe.

Inhaltsverzeichnis

Leben

Schilling kam 1883 als Sohn des Generalarztes Rudolf Schilling (1850-1890) und seiner Frau Ernestine, geb. Blech (1856-1927) zur Welt. Er legte 1903 seine Abiturprüfung in Allenstein ab. Anschließend studierte Schilling Medizin an der Kaiser-Wilhelm-Akademie in Berlin und promovierte im Jahr 1909.[2] Von 1910 bis 1913 war Schilling Militärarzt am Institut für Schiffs- und Tropenkrankheiten in Hamburg. Während des Ersten Weltkriegs war er als Militärhygieniker in Galizien, Syrien und Russland tätig. Ab 1919 war Schilling als Stationsarzt an der I. Medizinischen Klinik der Charité tätig. 1921 folgten die Habilitation[3] und die Ernennung zum Privatdozenten für Innere Medizin in Berlin (ab 1922 a.o. Professor).

Nach der „Machtergreifung“ der Nationalsozialisten trat er 1933 der NSDAP bei und wurde stellvertretender Direktor der I. Medizinischen Klinik.[1] Im Jahr 1934 übernahm er die Leitung der Klinik für Innere Medizin in Münster. 1938 wurde er im Zuge eines Disziplinarverfahrens u. a. wegen Amtsmissbrauch von der Klinikleitung entbunden.[4] Schilling war Mitglied des wissenschaftlichen Senats des Heeressanitätswesens[1] und leitete von 1938 bis 1941 das Laboratorium für Bluttransfusion der Militärärztlichen Akademie in Berlin.[5]

1941 wurde er Ordinarius in Rostock. Er leitete die medizinische Klinik der Universität Rostock von 1941 bis 1946 und erneut ab 1948 bis zu seiner Emeritierung im Jahre 1957. Schilling veranlasste dort u. a. den Bau des neuen Klinikgebäudes in der Ernst-Heydemann-Straße. 1954 wurde er zum Hervorragenden Wissenschaftler des Volkes ernannt.[1] 1958 wurde er mit dem Silbernen Vaterländischen Verdienstorden der DDR ausgezeichnet.[1] Im selben Jahr wurde er Ehrendoktor der Universität Rostock.

Werk

Schilling gilt als Mitbegründer der Hämatologie. Auf ihn geht das Blutbild (Hämatogramm) und die biologische Leukozytenkurve zurück. Nach ihm wurde außerdem die Schilling-Zählkammer (Kammer zur Zählung von Leukozyten und Erythrozyten), der Schilling-Index (Kernverschiebungsindex) und die Schilling-Leukozytenformel benannt.

Neben seiner ärztlich-akademischen Tätigkeit war Schilling im Dritten Reich auch Schriftleiter der Medizinischen Welt und Herausgeber der Folia Haematologica. Hier trat er die Nachfolge verfolgter jüdischer Kollegen an (u.a. Hans Hirschfeld)[6] und öffnete die medizinischen Publikationsorgane der nationalsozialistischen Propaganda.[5] In seinem Eröffnungsvortrag bei einer der ersten internationalen Hämatologentagungen veranlasste Schilling 1937 eine Ergebenheitsaddresse an den »Schirmherrn deutschen Blutes« Adolf Hitler und dozierte über das »unentrinnbare Schicksal im eigenen Blute, auf dem Adolf Hitler einen der Grundpfeiler des Nationalsozialismus vorausschauend für Jahrhunderte errichtet hat«.[5]

Schriften

  • Das Blutbild und seine klinische Verwertung. Jena Fischer Verlag 1929.
  • Anleitung zur Diagnose im Dicken Bluttropfen. Jena Fischer Verlag 1951.

Literatur

  • Stefan Meisel: Prof. Dr. Dr. hc. Viktor Schilling Leben und Werk unter besonderer Berücksichtigung der Rostocker Periode. Rostock 1999 Univ. Diss.
  • Hoffmann-La Roche AG, Urban & Schwarzenberg (Hrsg.): Roche Lexikon Medizin. 4. Auflage. Urban & Schwarzenberg 1998. ISBN 3-541-17114-6.

Weblinks

Einzelnachweise

  1. a b c d e Ernst Klee: Das Personenlexikon zum Dritten Reich. Wer war was vor und nach 1945. Fischer Taschenbuch Verlag, Zweite aktualisierte Auflage, Frankfurt am Main 2005, ISBN 978-3-596-16048-8, S. 535.
  2. Viktor Schilling. Zur Morphologie, Biologie und Pathologie der Kupfferschen Sternzellen, besonders der menschlichen Leber. Virchows Archiv. 1909; 196:1-68.
  3. Victor Schilling. Die Zelltheorie des Erythrocyten als Grundlage der klinischen Wertung anämischer Blutbefunde. Virchows Archiv; 1921; 234:548-601.
  4. Der Reichsminister für Wissenschaft, Erziehung und Volksbildung. Dienststrafverfahren Schilling. (1939). Zugegriffen am 19. April 2011.
  5. a b c Wolfram Fischer (Herausgeber):Exodus von Wissenschaften aus Berlin. de Gruyter, Berlin 1994, ISBN 3-110-13945-6, S. 555 (Digitalisat)
  6. Hitmair A. In memoriam Dr. Hans Hirschfeld. Blood. 1948; 3:821.

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