Walter Becher

Walter Becher

Walter Becher (* 1. Oktober 1912 in Karlsbad; † 25. August 2005 in Pullach) war ein sudetendeutscher Journalist und Politiker (Deutsche Gemeinschaft, GB/BHE, GDP, CSU). Er gehörte nach 1945 zu den führenden Vertretern und Lobbyisten der Sudetendeutschen und Vertriebenen.

Inhaltsverzeichnis

Leben und Beruf

Walter Becher stammt aus einer Karlsbader Fabrikantenfamilie, die dort seit 1530 ansässig war. Ihr bedeutendstes Produkt war der „Karlsbader Becherbitter“, der heute unter dem Namen „Becherovka“ vertrieben wird.

Nach der Matura studierte Becher 1931 bis 1936 Staatswissenschaften an der Universität Wien, promovierte 1936 bei Othmar Spann und war anschließend als Journalist tätig. Während des Studiums hatte er sich der Deutschen Gildenschaft angeschlossen. Becher polemisierte in der ČSR mit öffentlichen Reden für die Eingliederung des Sudetenlandes in das nationalsozialistische Deutsche Reich[1]. 1938 wurde er Mitarbeiter des NSDAP-Gauorgans für das Sudetenland Die Zeit, wo er als Redakteur für die Bereiche Kunst, Wissenschaft und Unterhaltung verantwortlich zeichnete. 1939/40 wurde er im Zuge der Prozesse gegen Angehörige des sudetendeutschen Spann-Kreises für sechs Monate in Dresden inhaftiert. Ab 1940 nahm er als Soldat am Zweiten Weltkrieg teil, ab 1942 für eine Zeit als 2. Schriftleiter im Propagandazug PK 697 unter Leitung von Kurt Joachim Fischer und geriet zu Kriegsende in amerikanische Kriegsgefangenschaft.

Nach der Freilassung aus der Gefangenschaft kehrte Becher zunächst ins Sudetenland zurück, floh aber noch 1945 nach Bayern, wo er sich in der Vertriebenenbewegung engagierte. Im Juli 1945 gehörte er zu den Initiatoren der Sudetendeutschen Hilfsstelle, die sich als Kern einer neuen „sudetendeutschen Volksgruppenführung“ verstand und nur ein Jahr später von der Amerikanischen Militärregierung aufgelöst wurde. 1947 beteiligte er sich an der Gründung des Sudetendeutschen Rates, dessen Generalsekretär er bis 1982 war. Er war von 1956 bis 1958 Vorsitzender des Witikobundes. 1959 initiierte Becher das Komitee zum Schutz der Bürger gegen Diffamierung durch die Linkspresse. Außerdem war er bis 1968 stellvertretender Vorsitzender und anschließend bis 1982 Vorsitzender der Sudetendeutschen Landsmannschaft.

Becher wurde 1962 mit dem Bayerischen Verdienstorden ausgezeichnet. 1983 erhielt er den Europäischen Karlspreis der Sudetendeutschen Landsmannschaft für besondere Verdienste um das Selbstbestimmungsrecht und die Völkerverständigung.

1969 drehten die DDR-Regisseure Walter Heynowski und Gerhard Scheumann einen Dokumentarfilm über ihn unter dem Titel Der Präsident im Exil.

Sein Sohn Peter Becher ist Vorsitzender des Adalbert Stifter-Vereins.

Parteienzugehörigkeit

Becher war zunächst Mitglied im „Kameradschaftsbund, Bund für gesamtgesellschaftliche Bildung“, der von Walter Heinrich im Sinne der Lehren Othmar Spanns ausgerichtet wurde. Wie viele andere Mitglieder des Kameradschaftsbundes, darunter Konrad Henlein und Walter Brand, schloss sich Becher 1933 der neu gegründeten Sudetendeutschen Heimatbewegung, der späteren Sudetendeutschen Partei an. Ein Eintritt in die NSDAP, den Becher bestreitet, ist zum 12. Dezember 1931 belegt (Mitgliedsnummer 896.129). Sein Mitgliedsantrag aus dem Jahr 1938 wurde 1940 abgelehnt.[2]

Nach dem Zweiten Weltkrieg beteiligte Becher sich an der Gründung der Deutschen Gemeinschaft. Kurz vor den Landtagswahlen 1954 trat er zum BHE über. Am 8. Oktober 1957 verkündete er als Fraktionsvorsitzender des GB/BHE dessen Austritt aus der Viererkoalition und führte die Partei in eine Regierungskoalition mit der CSU unter Hanns Seidel. 1959 versuchte er mit der National-Demokratischen Union (NDU) eine konservative Sammlungsbewegung zu gründen, an der sich jedoch nur der BHE und der Witikobund sowie einige kleinere Organisationen beteiligten. Versuche, auch die DG und die FDP zu gewinnen, scheiterten. Durch die Fusion des BHE mit der Deutschen Partei wurde er 1961 Mitglied der Gesamtdeutschen Partei. Als diese 1962 ihre parlamentarische Repräsentanz in Bayern verlor, verhandelte er mit der FDP erfolglos über einen Übertritt. 1967 trat er der CSU bei.

Abgeordneter

Bei den Landtagswahlen 1950 wurde Becher auf der Liste Deutscher Gemeinschaftsblock der Heimatvertriebenen und Entrechteten, einem Wahlbündnis von DG (6 Mandate) und BHE (20 Mandate) in den bayerischen Landtag gewählt und zunächst stellvertretender Vorsitzender der DG-Fraktion. Von 1954 bis zu seinem Ausscheiden aus dem Landtag 1962 war er Vorsitzender der GB/BHE-Fraktion.

Aufgrund der Wahlbündnisse der GDP zur Bundestagswahl 1965 mit CDU, CSU und SPD kam Becher über die CSU-Landesliste in den Deutscher Bundestag, dem er bis 1980 angehörte. Im Bundestag profilierte er sich als strikter Gegner der Ostpolitik der sozialliberalen Koalition.

Schriften

  • Zeitzeuge. Ein Lebensbericht, München 1990.

Literatur

  • K. Erik Franzen: Der vierte Stamm Bayerns. Die Schirmherrschaft über die Sudetendeutschen 1954-1974. München 2010.
  • Rudolf Vierhaus und Ludolf Herbst (Hrsg.): Biographisches Handbuch der Mitglieder des Deutschen Bundestages 1949–2002. Band 1, A–M, Saur, München 2002, ISBN 3-598-23781-2, S. 47
  • Mandat und Dynamit. In: Der Spiegel. Nr. 44, 1964 (online).

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Angeloff, Therese. Meine Seele hat ein Holzbein. Damnitz-Verlag, 1982, S.14
  2. K. Erik Franzen: Der vierte Stamm Bayerns. Die Schirmherrschaft über die Sudetendeutschen 1954-1974. München 2010, S. 393, 501; Becher: Zeitzeuge, S. 326ff.

Wikimedia Foundation.

Игры ⚽ Поможем решить контрольную работу

Schlagen Sie auch in anderen Wörterbüchern nach:

  • Becher (Begriffsklärung) — Becher steht für: Becher, Trinkgefäß und altes deutsches Hohlmaß Becher (Sternbild), ein Sternbild des Frühlingshimmels einen Berg in den Stubaier Alpen, siehe Becherhaus Becherovka („Karlsbader Becher“), Kräuterlikör aus Karlsbad Becher ist der… …   Deutsch Wikipedia

  • Walter Ballhause — (* 3. April 1911 in Hameln; † 8. Juli 1991 in Plauen) war ein deutscher Fotograf. Walter Ballhause war ein Fotograf, der als politisch engagierter Mensch hauptsächlich sozialdokumentarisch arbeitete. Dabei wird er dem Teilbereich… …   Deutsch Wikipedia

  • Walter Heynowski — (* 20. November 1927 in Ingolstadt) ist gemeinsam mit Gerhard Scheumann einer der bekanntesten und bedeutendsten Dokumentar und Propagandafilm Regisseure der DDR. Daneben wirkte er auch als Texter, Szenarist, Drehbuchautor oder Produzent an… …   Deutsch Wikipedia

  • Walter Kreiser — (* 10. Februar 1898 in Heilbronn; † 1958 in Maringá, Brasilien) war ein deutscher Flugzeugkonstrukteur und Journalist. Wegen eines Artikel in der Zeitschrift Die Weltbühne, der sich mit dem heimlichen Aufbau einer deutschen Luftwaffe befasste,… …   Deutsch Wikipedia

  • Walter Womacka — im Dezember 2006 …   Deutsch Wikipedia

  • Walter Janka — bei einem außerordentlichen Parteitag der SED 1989 in Berlin Walter Janka (* 29. April 1914 in Chemnitz; † 17. März 1994 in Kleinmachnow) war ein deutscher Verleger …   Deutsch Wikipedia

  • Walter Ullmann (Regisseur und Journalist) — Walter Ullmann (* 5. Januar 1898 in Wien; † 5. Mai 1949 in Paris) war ein Regisseur, Theatergründer und macher, Herausgeber und Journalist in Berlin, München, Wien, Paris und einer Reihe weiterer Orte. Bekannt wurde er unter den Pseudonymen Dr.… …   Deutsch Wikipedia

  • Walter Flegel — (* 17. November 1934 in Freiburg in Schlesien, Landkreis Schweidnitz, Niederschlesien; † 14. Juni 2011 in Potsdam[1]) war ein deutscher Schriftsteller. Inhaltsverzeichnis 1 Leben 2 Ehrungen …   Deutsch Wikipedia

  • Walter Werner (Schriftsteller) — Walter Werner (* 22. Januar 1922 in Vachdorf; † 6. August 1995 in Untermaßfeld) war ein deutscher Schriftsteller. Inhaltsverzeichnis 1 Leben und Werk 2 Auszeichnungen 3 Werke …   Deutsch Wikipedia

  • Walter Basan — (* 10. August 1920 in Beyendorf, heute Stadtteil von Magdeburg; † 14. Februar 1999 in Magdeburg) war ein deutscher Schriftsteller und Hörspielautor. Inhaltsverzeichnis 1 Leben 2 Werke 3 Literatur …   Deutsch Wikipedia

Share the article and excerpts

Direct link
Do a right-click on the link above
and select “Copy Link”