Walter E. Richartz

Walter E. Richartz

Walter E. Richartz, seit der Adoption durch den Stiefvater 1942 offiziell Walter Erich Freiherr Karg von Bebenburg (* 14. Mai 1927 in Hamburg; † 3. Februar 1980 in Klingenberg am Main durch Suizid), war ein deutscher Chemiker und Schriftsteller.

Inhaltsverzeichnis

Leben

Walter Erich Richartz war der Sohn des Korvettenkapitäns Karl Richartz. Bis 1944 lebte er in Stuttgart, Vaihingen an der Enz und Weilheim. Er nahm als Soldat der Wehrmacht an der Schlussphase des Zweiten Weltkriegs teil und geriet in Kriegsgefangenschaft. Ab 1946 studierte er Chemie an der Technischen Universität München und ab 1952 an der Universität Hamburg, wo er 1955 zum Doktor der Naturwissenschaften promoviert wurde. Er war anschließend wissenschaftlicher Assistent und hielt sich von 1957 bis 1960 in den USA auf. Nach seiner Rückkehr in die Bundesrepublik Deutschland war er Angestellter in einem Forschungslabor eines Betriebes der chemischen Industrie. Seit 1979 war er freier Schriftsteller.

Walter E. Richartz ("W.E.R.") nahm sich Anfang Februar 1980 in Klingenberg am Main das Leben. Er wurde einen Monat später dort tot aufgefunden.

Werk

Walter E. Richartz ist vor allem mit realistisch erzählten und zum Satirischen tendierenden Werken hervorgetreten, in denen er den ihm vertrauten Wissenschaftsbetrieb und den Arbeitsalltag von Angestellten schildert. Daneben war er als Übersetzer aus dem Englischen tätig. Richartz war Mitglied des deutschen P.E.N.-Zentrums.

Als Naturwissenschaftler hat der Autor im Anschluss an Ernst Blochs „Geist der Utopie“ in seinem Wissenschaftsessay „Plädoyer für das Utopische in der Wissenschaft“ (1971) die „fortgesetzte Verarmung der Anschauungsformen“ in allen „positivistischen“ Wissenschaften kritisiert, „für die Offenheit der Wissenschaft und ihrer Vermittler gegenüber allen kreativen Möglichkeiten“ plädiert und an die „Sprachtechnik des ´tongue in cheek´“ zur Herstellung von Doppel- und Mehrdeutigkeiten zur Produktion von Texten im „Schwebezustand […] zwischen Fiktion und Wirklichkeit […] im ´Utopischen Zustand´“ des „Unvorstellbaren […] als eine Eigenart der wahren Utopie“ erinnert mit dem Ziel der „vollen Entfaltung aller Möglichkeiten des Denkens und der Imagination“ in Wissenschaft, Literatur und Kunst (vgl. „Vorwärts ins Paradies. Aufsätze zur Literatur und Wissenschaft“, Zürich 1979: 128 ff., hier besonders 166-187).

Bücher

  • Die Jazz-Diskothek (als „Walter von Bebenburg“, mit Gernot W. Elmenhorst). Rowohlt, Reinbek bei Hamburg 1961
  • Es funktioniert. Eremiten-Presse, Stierstadt im Taunus 1964
  • Mutterleiber, Vaterländer (mit Arno Waldschmidt). Eremiten-Presse, Stierstadt im Taunus 1965
  • Meine vielversprechenden Aussichten. Diogenes, Zürich 1966
  • Prüfungen eines braven Sohnes. Diogenes, Zürich 1966
  • Tod den Ärtzten. Diogenes, Zürich 1969
  • Noface – nimm was du brauchst. Diogenes, Zürich 1973
  • Büroroman. Diogenes, Zürich 1976
  • Das Leben als Umweg und andere Geschichten. Diogenes, Zürich 1976
  • Der Aussteiger. Diogenes, Zürich 1979
  • Vorwärts ins Paradies. Diogenes, Zürich 1979
  • Reiters westliche Wissenschaft, Zürich 1980
  • Tunneltexte. Patio, Frankfurt am Main 1981
  • ... auch so ein großer Klotzer. Patio, Neu-Isenburg 1983
  • Vom Äußersten. Diogenes, Zürich 1986
  • Schöne neue Welt der Tiere. Diogenes, Zürich 1987
  • Eterna. Patio, Dreieich 2005 (mit Illustrationen von Klaus Münchschwander und Walter Zimbrich; Nachwort von Pitt von Bebenburg)
  • es funktioniert. Patio, Dreieich 2007 (mit Illustrationen von Klaus Münchschwander und Walter Zimbrich; Nachwort von Pitt von Bebenburg)

Hörspiele

  • Abrichter. Regie: Fritz Schröder-Jahn (NDR 1970)
  • Total Immersion (1977)
  • Krankfeiern. Regie: Hermann Naber (BR/RIAS/WDR 1978) – Hörspiel des Monats Mai 1978
  • Bürohörspiel. Regie: Walter Adler (BR/HR 1979)
  • Der Installateurlehrling. Regie: Horst Loebe (HR 1980)
  • Die Spitzensubstanz. Regie: Walter Adler (WDR/BR/HR/SFB 1980) – Hörspiel des Monats September 1980
  • Stadt und Land. Regie: Hans Gerd Krogmann (BR 1980)

Übersetzungen

Herausgeberschaft

  • Shakespeares Geschichten, Band 1. Nacherzählt von Walter E. Richartz. Diogenes, Zürich 1978
  • Dreizeiler. Eine Anthologie (mit Karl Riha). Patio, Frankfurt am Main 1978
  • Schön ist die Jugend bei guten Zeiten. Prosa und Lyrik (mit Heinrich Droege). Athenäum, Königstein im Taunus 1980

Literatur

  • Gregor Arzt: Walter E. Richartz. Über literarische und naturwissenschaftliche Erkenntnis. Igel, Paderborn 1995 (Diss. FU Berlin 1994), ISBN 3-927104-95-7
  • Uwe Herms: Keiner kennt dich mehr, wenn du am Ende bist. In: die horen, 30. Jg., Bd. 3/1985, Ausgabe 139, S. 42–46.
  • Harald Wieser: Noface. Der Schriftsteller Walter E. Richartz, in (ders.): Von Masken und Menschen II. Essais und Affairen. Haffmans, Zürich 1991, S. 12–23, ISBN 3-251-01082-4
  • Doppel-Talente: Günter Grass & Walter E. Richartz / Hommage und Memorial. In: die horen, 52. Jg., Bd. 3/2007, Ausgabe 227 (Texte von Walter E. Richartz sowie Beiträge über ihn von Uwe Herms, Pitt von Bebenburg, Karl Riha, Tatjana Hauptmann, Wil Frenken, Urs Widmer, Gerd Haffmans, Sven Hanuschek, Heiko Postma/Dieter Fringeli/Gert Ueding, Robert Stauffer, Werner Klippert, Heribert Offermanns, Bernd Kebelmann, Wolfgang Frühwald, Michael Schulte und Gottfried Erb).

Weblinks


Wikimedia Foundation.

Игры ⚽ Поможем сделать НИР

Schlagen Sie auch in anderen Wörterbüchern nach:

  • Richartz — ist der Name von Johann Heinrich Richartz (1795–1861), Kaufmann und Museumsstifter Johann Matthias Firmenich Richartz (1808–1889), Germanist und Dichter Walter E. Richartz (Walter Erich Freiherr Karg von Bebenburg; 1927–1980), deutscher Chemiker… …   Deutsch Wikipedia

  • Walter Adler — (2005) Walter Adler (* 14. September 1947 in Dümpelfeld bei Adenau) ist ein deutscher Regisseur mit Schwerpunkt auf Hörspielen für die ARD. In den letzten Jahren waren das vor allem opulente Großproduktionen von Hörspielen mit vielen Stunden… …   Deutsch Wikipedia

  • Walter Lemcke — Walter E. Lemcke (* 19. August 1891 in Prellwitz, heute Przelewice bei Człopa; † ? 1955 in Berlin) war ein deutscher Bildhauer. Inhaltsverzeichnis 1 Leben 2 Leistungen 3 Werke 4 Literatur …   Deutsch Wikipedia

  • Walter E. Lemcke — (* 19. August 1891 in Prellwitz, heute Przelewice bei Człopa; † ? 1955 in Berlin) war ein deutscher Bildhauer. Inhaltsverzeichnis 1 Leben 2 Leistungen 3 Werke …   Deutsch Wikipedia

  • Richartz — Rịchartz,   Walter Erich, eigentlich W. E. Freiherr Kạrg von Bebenburg (seit 1942), Schriftsteller, * Hamburg 14. 5. 1927, ✝ (Selbstmord) Klingenberg am Main Februar 1980; Chemiker; seit 1979 freier Schriftsteller. Schrieb Erzählungen und… …   Universal-Lexikon

  • Leopold Karl Walter Graf von Kalckreuth — Leopold von Kalckreuth auf einer Fotografie von Jacob Hilsdorf. Leopold Karl Walter Graf von Kalckreuth (* 15. Mai 1855 in Düsseldorf; † 1. Dezember 1928 in Eddelsen, heute Teil von Seevetal) war ein deutscher …   Deutsch Wikipedia

  • Hörspiel des Jahres — Das Hörspiel des Monats ist ein Hörspielpreis, der seit 1977 von der Deutschen Akademie der Darstellenden Künste in Bensheim vergeben wird. Die Auswahl trifft eine jährlich wechselnde Jury. Sie wählt aus monatlich etwa zehn bis zwölf Hörspiel… …   Deutsch Wikipedia

  • Hörspiel des Monats — Das Hörspiel des Monats ist ein Hörspielpreis, der seit 1977 von der Deutschen Akademie der Darstellenden Künste in Bensheim vergeben wird. Die Auswahl trifft eine jährlich wechselnde Jury. Sie wählt aus monatlich etwa zehn bis zwölf Hörspiel… …   Deutsch Wikipedia

  • Liste der Suizidenten — Diese Liste sammelt in der Wikipedia mit einem Artikel vertretene Personen, die ihr Leben durch Selbsttötung (Suizid) beendeten. Die Liste ist aufsteigend nach dem Jahr des Todes geordnet, innerhalb desselben Jahres alphabetisch.… …   Deutsch Wikipedia

  • Alice im Wunderland — Der Autor Lewis Carroll, 1863 Alice im Wunderland (ursprünglich: Alices Abenteuer im Wunderland; englischer Originaltitel: Alice’s Adventures in Wonderland) ist ein erstmals 1865 erschienenes Kinderbuch des britischen Schriftstellers Lewis… …   Deutsch Wikipedia

Share the article and excerpts

Direct link
Do a right-click on the link above
and select “Copy Link”