Waris Dirie

Waris Dirie
Waris Dirie (2006)

Waris Dirie (* 1965 in der Region von Gaalkacyo, Somalia) ist ein ehemaliges Supermodel,[1] eine Bestseller-Autorin[2] und Menschenrechtsaktivistin im Kampf gegen FGM (Female Genital Mutilation, die Beschneidung von Frauen und Mädchen).

Sie war von 1997 bis 2003 UN-Sonderbotschafterin gegen die Beschneidung. 2002 gründete sie ihre eigene Organisation, die Desert Flower Foundation.

Inhaltsverzeichnis

Leben

Waris Dirie stammt aus einer muslimischen Somali-Nomadenfamilie vom Clan der Darod. Waris bedeutet „Wüstenblume“. Ihr Geburtsdatum ist unbekannt, das zumeist mit 1965 angegebene Geburtsjahr unbelegt. Als Fünfjährige erlitt sie die Beschneidung (in Form der Infibulation).

Als sie im Alter von 13 Jahren an einen alten Mann verheiratet werden sollte, floh sie durch die Wüste in die Landeshauptstadt Mogadischu zu ihrer dort lebenden Schwester und lebte später bei einer Tante in Mogadischu. 1981 erreichte sie, dass sie von einem Onkel, der damals somalischer Botschafter in London war, als Dienstmädchen dorthin mitgenommen wurde. In London arbeitete sie in der Botschaft ohne Bezahlung. Als der Onkel nach Ausbruch des Bürgerkriegs in Somalia London verlassen musste, flüchtete Waris aus der Botschaft und lebte zuerst in den Straßen Londons, später in einem YMCA. Sie verdiente ihren Lebensunterhalt als Reinigungskraft bei McDonald's, wo sie mit 18 zufällig von dem englischen Fotografen Terence Donovan (im Film: Terry Donaldson) entdeckt wurde, der sie 1987 gemeinsam mit dem damals noch unbekannten Model Naomi Campbell für das Cover des Pirelli-Kalenders fotografierte [1]. Kurze Zeit später sorgte sie als erste schwarze Frau für Furore auf dem Cover der Vogue.[3] Sie arbeitete unter anderem für Chanel, L’Oréal, Revlon, Versace, Cartier, für die Marke Levi’s und viele andere Weltmarken. 1987 war sie im James-Bond-Film Der Hauch des Todes mit Timothy Dalton zu sehen (dort als Waris Walsh [4]). Schließlich arbeitete sie auf den Laufstegen in London, Mailand, Paris und New York. 1995 drehte die BBC die Dokumentation Eine Nomadin in New York über ihre außergewöhnliche Karriere.

Waris Dirie in Bratislava (2010)

Im Jahr 1997, auf dem Höhepunkt ihrer Modelkarriere, berichtete Waris Dirie erstmals der Journalistin Laura Ziv für die Zeitschrift Marie Claire über ihre Beschneidung und löste damit ein weltweites Medienecho aus. Im selben Jahr wurde sie UN-Sonderbotschafterin gegen Beschneidung. Außerdem besuchte sie 1997 ihre Mutter und 2000 ihre Familie im unterdessen bürgerkriegsgeplagten Somalia.

Sie veröffentlichte 1998 das Buch Wüstenblume (Originaltitel: Desert Flower), in dem sie unter anderem von ihrer Beschneidung erzählt. Durch ihre Berühmtheit schaffte sie es, auf dieses Thema aufmerksam zu machen. 1998 wählten sie die US-Leserinnen des Glamour Magazin zur Woman of the year.[5] 1999 erhielt Waris Dirie den Afrika-Preis der Deutschen Bundesregierung für ihre Verdienste für die Rechte afrikanischer Frauen.[6]

2001 erschien ihr zweites Buch Nomadentochter (Originaltitel: Desert Dawn), für das sie in Deutschland gemeinsam mit Paulo Coelho den Corine Award für das bestverkaufte Buch 2002 erhielt. 2005 erschien Schmerzenskinder, für das Waris Dirie zwei Jahre mit einem Team undercover in den afrikanischen Communities in Europas Hauptstädten recherchierte. Mit dem Buch startete sie eine europaweite Kampagne gegen FGM. 2007 erschien Brief an meine Mutter, ein weiterer Bestseller.

Im Jahr 2002 gründete Dirie die Desert Flower Foundation in Wien. Die Stiftung sammelt Geld, um auf das weltweite Problem von FGM aufmerksam zu machen und Betroffenen zu helfen (siehe Weblinks)

2004 verlieh Präsident Michail Sergejewitsch Gorbatschow Waris Dirie als erster Frau den Women's World Award.

Sie eröffnete die Weltkonferenz gegen FGM in Nairobi, hielt eine vielbeachtete Rede und veröffentlichte erstmals das Waris-Dirie-Manifest gegen FGM.

Der österreichische Bundespräsident Heinz Fischer verlieh ihr den renommierten Erzbischof-Oscar-Romero-Preis. Im März 2005 wurde Waris Dirie die österreichische Staatsbürgerschaft verliehen.

Am 25. Januar 2006 sprach Waris Dirie vor den versammelten Ministern aller EU-Mitgliedsstaaten in Brüssel. Hierauf setzte die Europäische Union den Kampf gegen weibliche Genitalverstümmelung auf ihre Agenda.[7] Danach wurden in vielen europäischen Ländern Gesetze verschärft und Präventionsmaßnahmen initiiert.

2007 startete Waris Dirie eine Kampagne gegen FGM zusammen mit Scotland Yard und der BBC in Großbritannien.[8]

Am 12. Juli 2007 zeichnete der französische Präsident Nicolas Sarkozy nach seinem Amtsantritt Waris Dirie als erste Frau für ihre Verdienste im Kampf um die Rechte der Frauen zum Chevalier de la Légion d'Honneur aus.[9]

Im September 2007 erhielt Waris Dirie aus den Händen der Schweizer Parlamentspräsidentin Christine Egerszegi-Obrist den Prix des Générations der World Demographic Association.

Der arabische Sender Al Jazeera lud Waris Dirie in die populäre Talkshow von Riz Khan ein. Sie sprach erstmals in einem arabischen Sender vor über 100 Millionen Zusehern über das Tabuthema „Weibliche Genitalverstümmelung“.[10] Es folgte ein weiteres Aufklärungsprogramm über FGM mit Waris Dirie für Jugendliche auf dem Pan Arabic Youth Channel.

Im März 2008 lud die EU Waris Dirie erneut zu einem Vortrag in das EU-Parlament nach Brüssel ein, ein Treffen mit US Außenministerin Condoleezza Rice wurde angesetzt. In der Nacht vor ihrer Rede verschwand Waris Dirie spurlos und löste eine Großfahndung der belgischen Polizei aus. Am Abend des 7. März 2008 erkannte sie ein Polizist in der Nähe des Grote Markt in Brüssel. Sie gab vorerst an, ihr Hotel nicht mehr wiedergefunden zu haben. Am 10. März jedoch gab ihr Anwalt bekannt, sie sei einer Entführung und einer versuchten Vergewaltigung durch einen Taxifahrer zum Opfer gefallen.[11][12][13] Später erhielt Waris Dirie die Martin-Buber-Plakette in Kerkrade, Niederlande.

Im April 2008 begannen unter der Regie von Sherry Hormann die Dreharbeiten für die Verfilmung des Buches Wüstenblume in Dschibuti. Weitere Drehorte waren New York, London, Berlin und Köln. Der Film wird von Oscarpreisträger Peter Herrmann produziert, Benjamin Herrmann und Waris Dirie sind Co-Produzenten, die Hauptrolle spielt das äthiopische Model Liya Kebede. In weiteren Rollen sind Sally Hawkins, Juliet Stevenson, Timothy Spall, Meera Syal und Craig Parkinson zu sehen. Im September 2009 kam der Film Wüstenblume in die Kinos. Der Film verkaufte in Deutschland über eine Million Tickets und wurde mit dem Bayrischen Filmpreis ausgezeichnet.

Waris Dirie reiste auf Einladung des Präsidenten von Dschibuti zu den Dreharbeiten und hielt eine Rede über FGM vor dem Ministerrat und Abgeordneten.[14]

Im Januar 2009 wurde Waris Dirie Gründungsmitglied der PPR Foundation for Women’s Dignity and Rights, die der französische Wirtschaftstycoon François-Henri Pinault mit seiner Ehefrau Salma Hayek in Paris ins Leben gerufen hat.

Im Juli 2010 wurde Waris Dirie zur Friedensbotschafterin ("Ambassador for Peace and Security in Africa") der Afrikanischen Union (AU) ernannt. [15]

Im Oktober 2010 wurde Waris Dirie in Rimini mit der Goldmedaille des Präsidenten der Republik Italien ausgezeichnet. [16]

Waris Dirie hat zwei Söhne.

Werke

  • Wüstenblume. Autobiographie („Desert Flower“). Knaur, München 2007, ISBN 978-3-426-77978-1 (mit Cathleen Miller).
1997 erscheint ihre Biographie Wüstenblume in New York. Das Buch wird ein internationaler Bestseller und erscheint in über 50 Lizenzausgaben. Weltweit wurden bis heute über 11 Millionen Exemplare verkauft, allein 3 Millionen in Deutschland.
20 Jahre nach ihrer Flucht beschließt Waris, ihre Familie in Somalia zu besuchen. Ein abenteuerliches Unternehmen, denn Somalia wird seit Jahren von Bürgerkrieg und Hungersnöten geplagt. Ihr zweites Buch, welches ebenfalls ein internationaler Bestseller wird, beschreibt die Reise in ihr Heimatland.
Mit ihrem dritten Buch startet Waris Dirie eine europaweite Kampagne gegen FGM. Genitalverstümmelung wird nicht nur in Afrika praktiziert, sondern auch in der westlichen Welt. Sie berichtet von Begegnungen mit Opfern und Tätern, von ihren Recherchen, Rückschlägen und Erfolgen.
Waris Dirie über das Buch Brief an meine Mutter auf der Homepage der Desert Flower Foundation: „Dies ist mein persönlichstes Buch. Es gibt einfach Wunden, die nicht heilen wollen. Groß war meine Sehnsucht, meine Mutter wieder zu treffen, meiner Mutter zu verzeihen, doch ich musste erkennen, dass Liebe und Leid oft untrennbar aneinander gekettet sind. Die Arbeit an diesem Buch war für mich eine schmerzvolle, aber überlebenswichtige Erfahrung.“
In diesem Buch erzählt Waris Dirie von ihrem Leben in der neuen, weißen Heimat - und von ihrer Sehnsucht nach Afrika und dem tiefen Wunsch, ihrem Heimatkontinent zu helfen, sich von Armut, überkommenen Traditionen und Abhängigkeit zu befreien.

Auszeichnungen

Filme

  • 1995: Eine Nomadin in New York. Dokumentation der BBC über die außergewöhnliche Karriere von Waris Dirie
  • 2009: Wüstenblume

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Somalia's Desert Flower. In: Time Magazine vom 7. Juli 2002
  2. Wüstenblume Waris Dirie: „Könnte die Welt umarmen“ in oe24.at
  3. Waris Dirie im Mutterglück in Madonna24.at vom 7. Februar 2009
  4. Waris Dirie auf IMDb
  5. www.uneca.org
  6. VG Archiv ORF
  7. EU Außenkommissarin Benita Ferrero-Waldner
  8. Kopfgeld für illegale Beschneidung in London. In: Die Presse vom 11. Juli 2007
  9. Palais de l'Élysée
  10. Riz Khan-Waris Dirie auf Youtube
  11. Diries Manager spricht von versuchter Vergewaltigung. In: Der Spiegel vom 10. März 2008
  12. Siehe etwa: „Sie hat sich doch nicht selbst geschlagen“. In: Der Spiegel vom 12. März 2008
  13. Ex-model Waris Dirie found in Brussels. In: USA today vom 7. März 2008
  14. „Ich bin nicht hier, um anderen zu gefallen“
  15. http://www.makepeacehappen.net/?id=105
  16. http://www.piomanzu.org/it/le-giornate/speakers/waris-dirie/
  17. „Das neue Afrika erkennen“ Rede von Bundespräsident Horst Köhler beim Festakt zum 30-jährigen Bestehen der Deutschen Afrika-Stiftung am 4. Dezember 2008 in Berlin
  18. Pressemitteilung der World Demographic Association (PDF)

Wikimedia Foundation.

Игры ⚽ Нужно решить контрольную?

Schlagen Sie auch in anderen Wörterbüchern nach:

  • Waris Dirie — Naissance 1965 (Non vérifié) région de Galkacyo,  Somalie Nationalité …   Wikipédia en Français

  • Waris Dirie — (n. 1965 en la región de Gallacio, Somalia) es una top model,[1] escritora y activista en la lucha contra la mutilación genital femenina …   Wikipedia Español

  • Waris Dirie — Infobox Person name = Waris Dirie واريس ديري caption = birth date = 1965 (unverified) birth place = Somalia occupation = Model, UN Special Ambassador (1997 2003), author nationality = Somali children an= Aleeke (born 1997) title = Special… …   Wikipedia

  • Dirie — Waris Dirie (* 1965 in der Region von Gaalkacyo, Somalia) ist Supermodel[1], Bestseller Autorin[2] und Menschenrechtsaktivistin im Kampf gegen weibliche Genitalverstümmelung. Sie war von 1997–2003 UN Sonderbotschafterin gegen die Verstümmelung… …   Deutsch Wikipedia

  • Dirie — is a somali name, which may refer to: Haji Dirie Hirsi, 1905 1975, trader, businessman, and politician. Waris Dirie, born in 1965, model, author, actress and human rights activist. Mohammed Ali Dirie, connected to the 2006 Toronto terrorism… …   Wikipedia

  • Dirie, Waris — ▪ 2001       Having in her lifetime gone from Somalian nomad to international supermodel, Waris Dirie continued in 2000 to exert her influence as an activist in the fight against female genital mutilation (FGM; also called female circumcision).… …   Universalium

  • Waris — This article is about a television program. For the fashion model, see Waris Dirie. Waris is a drama created by PTV, written by Amjad Islam Amjad. The drama ran in early 1980s and was a huge success. The show had 13 episodes, which is a… …   Wikipedia

  • Wüstenblume — Filmdaten Deutscher Titel Wüstenblume Originaltitel Desert Flower Produkti …   Deutsch Wikipedia

  • Female genital mutilation — Description Partial or complete removal of the external female genitalia, or other injury to the female genital organs, for non medical reasons Areas practiced Western, eastern, and north eastern Africa, Middle East, Near East, Southeast Asia… …   Wikipedia

  • Women's World Award — Anastacia, World Artist Award 2009 Claudia Cardinale, Benazir Bhutto World Tolerance Award 2009 …   Deutsch Wikipedia

Share the article and excerpts

Direct link
Do a right-click on the link above
and select “Copy Link”