Wehrsportgruppe Hoffmann

Wehrsportgruppe Hoffmann

Die Wehrsportgruppe Hoffmann (manchmal auch Wehrsportgruppe Hoffmann und Harder) war eine terroristische Vereinigung neonazistischer Prägung, die 1980 verboten wurde. Sie war die bislang größte und bekannteste der in der Bundesrepublik aktiven rechtsextremen Wehrsportgruppen (WSG).

Inhaltsverzeichnis

Geschichte

Gründung

Schloss Ermreuth

1973 gründete Karl-Heinz Hoffmann die nach ihm benannte Wehrsportgruppe Hoffmann (WSG). Als „Hauptquartier” der WSG diente das Schloss Ermreuth bei Neunkirchen am Brand.

Aktivitäten

Die Wehrsportgruppe Hoffmann trat erstmals ab dem folgenden Jahr öffentlich in Erscheinung. So übernahmen die Mitglieder beispielsweise den Saalschutz für die NPD und die DVU. In mehreren Orten, so unter anderen in Tübingen oder Hamburg, kam es zu gewaltsamen Zusammenstößen zwischen Ordnern der WSG Hoffmann - zum Teil unterstützt von der Wiking-Jugend und dem ebenfalls rechtsextremen Hochschulring Tübinger Studenten - einerseits, und antifaschistischen Gegendemonstranten andererseits. In deren Folge wurden z. B. in Hamburg mehrere Gegendemonstranten verletzt und mussten im Krankenhaus behandelt werden.

Die Wehrsportgruppe Hoffmann entwickelte sich rasch zur größten deutschen Wehrsportgruppe, die im gesamten Bundesgebiet Zweigstellen unterhielt, und der etwa 440 militante Rechtsextremisten angehört haben sollen. Unter anderem soll Odfried Hepp, ein Mitglied der Wehrsportgruppe, die Befreiung des Hitler-Stellvertreters Rudolf Heß aus dem Kriegsverbrechergefängnis Berlin-Spandau geplant haben. Die Wehrsportgruppe Hoffmann hatte Vorbildcharakter für andere ideologisch ähnlich ausgerichtete Gruppen, wie beispielsweise die von Michael Kühnen ins Leben gerufene Wehrsportgruppe Werwolf.

Verbot

Die WSG Hoffmann wurde am 30. Januar 1980 als verfassungsfeindlich verboten und offiziell aufgelöst. Nach dem Verbot wurden bei Hausdurchsuchungen nach offizieller Angabe in drei Bundesländern 18 Lastwagenladungen an Material beschlagnahmt. Darunter befanden sich z. B. Propagandamaterial und Stahlhelme, aber auch Waffen wie Karabiner, Pistolen, Munition für diese Waffen, Bajonette und Handgranaten. Am Tage des Verbots am 30. Januar 1980 hatte die WSG ca. 440 Mitglieder.

Nach dem Verbot

Die WSG wurde nach ihrem Verbot in der Neonazi-Szene mythologisiert. So kursierten beispielsweise T-Shirts mit dem Konterfei des „Chefs”, wie Hoffmann sich selbst in Anlehnung an Ernst Röhm nannte.

Ein Mitglied der WSG Hoffmann, Gundolf Köhler, verübte acht Monate nach dem Verbot der Gruppe, am 26. September 1980, einen Bombenanschlag auf das Münchner Oktoberfest, bei dem 13 Menschen, darunter Köhler selbst, getötet und über 200 zum Teil schwer verletzt wurden. Eine unmittelbare Beteiligung von Hoffmann und anderen WSG-Mitgliedern konnte zwar nicht nachgewiesen werden, doch hatte Köhler in diesem Umfeld seine ideologische und technische Ausbildung erhalten. An einer Alleintäterschaft Köhlers bestehen bis heute Zweifel.[1]

Am 19. Dezember 1980 wurden der jüdische Verleger und ehemalige Vorsitzende der israelitischen Kultusgemeinde Nürnberg, Shlomo Levin, und seine Lebensgefährtin Frieda Poeschke in Erlangen von Uwe Behrendt, einem Mitglied der Wehrsportgruppe Hoffmann, erschossen. Levin hatte zuvor mehrfach öffentlich vor der deutschen Neonaziszene und insbesondere vor Hoffmann gewarnt. Die Tatwaffe, eine Maschinenpistole vom Typ Beretta, gehörte Hoffmann, am Tatort wurde die Brille von Hoffmanns Ehefrau Franziska gefunden. Uwe Behrendt flüchtete anschließend in den Libanon und gründete zusammen mit Hoffmann, der sich schon zuvor in den Libanon abgesetzt hatte, gemeinsam mit der palästinensischen Al-Fatah eine „Wehrsportgruppe Ausland” im Palästinenserlager Bir Hassan bei Beirut. Wenig später fand man Behrendts Leiche, angeblich hatte er Selbstmord begangen. Bei späteren Prozessen berichteten Mitglieder der Wehrsportgruppe von hartem Drill, grausamen Folterungen und den Plänen Hoffmanns, einen Staatsanwalt ermorden zu lassen.

Personen, die der Wehrsportgruppe zugerechnet werden

Folgende Personen wurden der Wehrsportgruppe Hoffmann zugeordnet.[2][3][4]

Literatur

  • Rainer Fromm: Die „Wehrsportgruppe Hoffmann“: Darstellung, Analyse und Einordnung: ein Beitrag zur Geschichte des deutschen und europäischen Rechtsextremismus. Frankfurt/Main u.a., Lang 1998.

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Frank Gutermuth, Wolfgang Schoen (Regie): Gladio - Geheimarmeen in Europa. SWR-Dokumentation, Deutschland 2010, 85 Min.
  2. http://www.spiegel.de/spiegel/print/d-14342686.html
  3. http://www.hagalil.com/archiv/2006/01/hoffmann.htm
  4. http://www.bnr.de/content/toedliche-schuesse

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