Werdenberger

Werdenberger
Besitz der Grafen von Werdenberg und Montfort im 14. Jahrhundert

Die Grafen von Werdenberg, nach der Burg Werdenberg in der heutigen Gemeinde Grabs (Kanton St. Gallen) benannt, waren ein südwestdeutsches-schweizerisches Adelsgeschlecht, dessen Herrschaftsschwerpunkte beidseits des Alpenrheins, an der oberen Donau und auf der Schwäbischen Alb lagen.

Anfang des 16. Jahrhunderts übte vor allem die Linie Werdenberg-Heiligenberg-Sigmaringen-Trochtelfingen einen sehr großen Einfluss aus. Als Berater König/Kaiser Maximilians war Hugo (Haug) von Werdenberg maßgeblich an der Gründung des Schwäbischen Bundes beteiligt und amtierte als dessen erster Bundeshauptmann. 1534 starb das Geschlecht im Mannesstamm aus.

Inhaltsverzeichnis

Geschichte

Schloss Werdenberg

Die Entstehung des Geschlechts der Grafen von Werdenberg lässt sich auf Pfalzgraf Hugo II. von Tübingen († 1182) zurückführen, der durch seine Heirat mit Elisabeth, der Erbtochter des letzten Grafen von Bregenz, umfangreichen Besitz im Bodenseeraum und in Churrätien erwarb.
Nach Hugos Tod ging dieses Erbe an seinen gleichnamigen zweiten Sohn über, der sich seit ca. 1200 nach seiner Burg Montfort nannte und als Hugo I. († 1228) die gräfliche Familie Montfort begründete. Ihm gehörten die Grafschaft über Churrätien, Tettnang, Bregenz, Feldkirch, Sonnenberg, Werdenberg und Sargans.

Nach Hugos I. Tod verwalteten seine Söhne den Familienbesitz zunächst gemeinsam. Als Stammvater des Hauses Werdenberg gilt Rudolf I., obwohl erst sein Sohn Hartmann den Titel comes de Werdenberch (urkundlich seit 1259) führte. Nachdem sowohl Rudolf (bereits vor 1247) als auch sein jüngerer Bruder Hugo gestorben waren, erfolgte 1258 eine Aufteilung.
Dabei erhielten Rudolfs Söhne Hugo I. und Hartmann I. den südlichen Teil des montfortischen Besitzes; mit ihnen verzweigte sich die Familie der Werdenberger in die Hauptlinien «Werdenberg-Heiligenberg» und «Werdenberg-Sargans».

Wappen

Das Werdenberger Wappen an der Mauer des Schlosses Werdenberg
Wappen der Pfalzgrafen von Tübingen

Das Wappen der verschiedenen Zweige der Werdenberger orientiert sich am Wappen der Pfalzgrafen von Tübingen, einer roten Fahne (Gonfanon; volkstümlich auch als «Kirchenfahne» bezeichnet) mit drei Hängeln und drei Ringen auf goldenem Grund.

Die Linie Werdenberg-Heiligenberg führte durch Beschluss von Hugo I. von Werdenberg 1277 in Silber eine schwarze Fahne, Werdenberg-Sargans in Rot eine silberne Fahne.

Das österreichische Bundesland Vorarlberg führt seit 1918 dieses Wappen in den Farben der Grafen von Montfort: rote Fahne auf silbernem Grund.

Grafen von Werdenberg-Heiligenberg

Wappen der Grafen von Werdenberg-Heiligenberg

Der Heiligenberger Zweig war der ältere Zweig der Werdenberger und besaß im Kern die Grafschaft Werdenberg, bestehend aus den heutigen schweizerischen Gemeinden Buchs SG und Grabs sowie dem oberen Thurtal bei Wildhaus SG. Auf der rechten Seite des Rheins gehörten ihnen die Herrschaften Schellenberg, Bludenz mit dem Montafon, der Hof Lustenau sowie in Graubünden die Vogtei über das Kloster Disentis.

Der Stammvater der Linie, Hugo I. († 1280), war eng mit Rudolf von Habsburg verbunden und konnte so 1274 die Landvogtei über Oberschwaben und Churwalden sowie 1277 die Grafschaft Heiligenberg erwerben. Graf Hugo III. fügte dem Besitz noch Burg und Stadt Rheineck, Hohentrins mit Tamins, Reichenau GR sowie durch seine Heirat mit Anna von Wildenberg die Herrschaften Freudenberg und Greifenstein hinzu.

Albrecht I. war 1327 Reichslandvogt um den Bodensee, 1331 auch der Länder Uri, Schwyz und Unterwalden. Er fügte dem Besitz die Reichsvogtei über Altstätten und das Rheintal und Wartau hinzu. Albrecht I. war in eine Fehde mit Graf Rudolf III. von Montfort-Feldkirch verwickelt, die den Niedergang des Geschlechts einläutete und den Habsburgern ermöglichte, im Vorarlberg Fuß zu fassen. Die vier Enkel Albrechts I. teilten sich 1377/78 und 1387 das Erbe und begründeten vier Nebenlinien:

Nebenlinie Werdenberg

Hugo IV. erhielt Werdenberg und das obere Thurtal; diese Linie erlosch ca. 1390. Das Erbe ging an Heinrich III.

Nebenlinie Rheineck

Heinrich III. erhielt Rheineck, die Vogtei Rheintal, Hohentrins und die Vogtei über Disentis; der Sohn Heinrichs III., Rudolf II. wurde um 1395 in eine größere Auseinandersetzung um das Erbe der von Hugo IV. begründeten Seitenlinie hineingezogen, während der er praktisch seinen gesamten Besitz an Habsburg verlor. Er kämpfte deshalb in der Schlacht am Stoss an der Seite der Appenzeller. Sein Bruder konnte nach der Ächtung Friedrichs IV. von Habsburg-Tirol Heiligenberg gewinnen.

Nebenlinie Bludenz

Graf Hugo I. war der erste Bludenzer Stadtherr. Albrecht III. erhielt zu Bludenz auch das Montafon; diese Linie erlosch 1420. Den Besitz hatte Albrecht vor seinem Tod 1394 an die Habsburger verkauft.

Nebenlinie Heiligenberg

Albrecht IV., der Heiligenberg, Wartau und Freudenberg erhalten hatte, blieb kinderlos. Er kämpfte 1395 an der Seite seines Neffen und Erben Rudolf II. und wurde in die Niederlage mit hineingezogen. Nachdem er Wartau und Freudenberg verloren hatte, enterbte er Rudolf II., weil dieser mit den Appenzellern paktiert hatte, und verkaufte 1413 Heiligenberg an die Habsburger.

Als letzter Vertreter der Grafen von Werdenberg-Heiligenberg verstarb 1428 Hugo V. aus der Nebenlinie Rheineck, dem nur das Reichslehen Heiligenberg als Besitz geblieben war.

Grafen von Werdenberg-Sargans

Wappen der Grafen von Werdenberg-Sargans

Das Kernland der Grafen von Werdenberg-Sargans, deren Stammvater Hartmann I. war, umfasste die Grafschaft Sargans, die Herrschaft Vaduz, Sonnenberg-Nüziders sowie Blumenegg im Walgau. Hartmanns Sohn Rudolf III. (ca. †1322) gelang es, den Besitz erheblich zu vergrößern: Durch seine Heirat mit Adelheid von Burgau erhielt er 1289 die Herrschaft Alpeck, später erwarb er die Herrschaft Schmalegg sowie die Vogtei über das Kloster Pfäfers.

Nachdem Rudolfs III. Söhne zunächst gemeinsam regierten, schlossen sie am 3. Mai 1342 in Sargans einen Teilungsvertrag, so dass sich auch die Linie Werdenberg-Sargans in mehrere Nebenlinien verzweigte:

Nebenlinie Vaduz

Hartmann III. († 1354) erhielt Vaduz, Sonnenberg-Nüziders, Blumenegg und Besitzungen im Prättigau.

Nebenlinie Sargans-Vaz

Rudolf IV. († ca. 1361) erhielt die Grafschaft Sargans, die Vogtei Pfäfers und das habsburgische Pfand über die Grafschaft Laax. 1338 erbte er über seine Frau Ursula von Vaz das obere und das mittlere Domleschg, die Grafschaft Schams mit Rheinwald, die Täler Safien und Schanfigg sowie Obervaz mit Stürvis und Mutten. Sein Sohn, Johann I. war am Krieg der Habsburger gegen Glarus beteiligt und wurde durch den Erbfolgekrieg um die Nebenlinie Werdenberg-Heiligenberg-Rheineck 1395 finanziell ruiniert, so dass er 1396 Sargans an Habsburg verpfänden musste. Erst sein Sohn Heinrich II. (ca. †1447) löste 1436 das Pfand wieder aus, musste jedoch Nidberg und Walenstadt den Habsburgern überlassen. Graf Georg erbte von seiner Frau, Anna von Rhäzüns, 1459 umfangreiche Besitzungen der Freiherren von Rhäzüns in Graubünden, musste jedoch in einem Erbstreit mit den Grafen von Zollern die Herrschaft Rhäzüns wieder abgeben. Da er kinderlos blieb, verkaufte er zwischen 1463 und 1483 alle seine Besitzungen, zuletzt 1483 die Grafschaft Sargans an die Eidgenossen. Er verstarb in Reichsacht als letzter seiner Linie 1504 bei Weesen.

Nebenlinie Alpeck

Heinrich III. (in der Zählung der Nebenlinie Heinrich I., ca. †1332) begründete diese Linie. Nachdem er anlässlich seiner Heirat mit Agnes von Württemberg 1316 die Herrschaft Trochtelfingen erhalten hatte, konzentrierte er sich auf die Besitzungen nördlich des Bodensees. Als einziger Graf aus den Familien Werdenberg und Montfort stellte er sich in den durch die Doppelwahl 1314 ausgelösten Kämpfen auf die Seite Ludwigs des Bayern, der ihn dafür zum Landvogt in Oberschwaben ernannte. Seine Söhne, beim Sarganser Vertrag nicht anwesend, teilten 1349 den schwäbischen Besitz: Heinrich II. erhielt Alpeck, das seine Nachkommen bis 1385 an die Reichsstadt Ulm verkauften; diese Linie erlosch 1415. Eberhard I. († 1383) begründete die

Nebenlinie Trochtelfingen

Sie erhielt 1399 von Württemberg pfandweise die Herrschaft Sigmaringen und die obere Grafschaft Veringen, zehn Jahre später auch die untere Grafschaft. Bis 1421 gelang der Erwerb der Herrschaft Jungnau, die das Gebiet an Donau und Lauchert abrundete, dafür wurde die Herrschaft Schmalegg 1413 an die Stadt Ravensburg verkauft. 1434 beerbten die gemeinsam regierenden Grafen Heinrich XII., Johann IV. und Eberhard IV., Urenkel von Eberhard I., die Linie Werdenberg-Heiligenberg. Nach Heinrichs Tod wurde 1441 geteilt.
Eberhard IV. erhielt die Allodien Trochtelfingen und Jungnau, Johann IV. das Reichslehen Heiligenberg sowie die Pfänder Sigmaringen und Veringen, die er 1460 in Reichslehen umwandeln konnte. Nachdem Johann IV. 1465 gestorben war und der kinderlose Eberhard IV. auf seine Ansprüche verzichtete, verfügten die drei erbberechtigten Söhne Johanns wieder gemeinsam über den Besitz. Sigmaringen und Trochtelfingen wurden als Residenzstädte ausgebaut.
Diese Nebenlinie Werdenberg-Heiligenberg-Sigmaringen-Trochtelfingen wurde – ähnlich wie die Grafen von Werdenberg-Heiligenberg – in eine Auseinandersetzung mit anderen rivalisierenden Adelsgeschlechtern hineingezogen, die sogenannte Werdenbergfehde. Die Linie starb mit Graf Christoph († 29. Januar 1534) im Mannesstamm aus. Die Eigengüter und Heiligenberg gingen an das Haus Fürstenberg. Sigmaringen, als erledigtes Reichslehen, wurde neu an die Grafen von Zollern vergeben.

Bekannte Namensträger

  • Hartmann IV., Bischof von Chur (1388–1416)
  • Agnes von Werdenberg-Trochtelfingen († 1447)
  • Jörg von Werdenberg (1425–1504), in Sargans [1]
  • Hugo (Haug) von Werdenberg (1459–1508), erster Hauptmann des Schwäbischen Bundes
  • Felix von Werdenberg (†1530), Mörder des Andreas von Sonnenberg

Literatur

  • Carl Borromäus Alois Fickler: Heiligenberg in Schwaben. Mit einer Geschichte seiner alten Grafen und des von ihnen beherrschten Linzgaues. Macklot, Karlsruhe 1853 (Digitalisat)
  • Gerhard Köbler: Werdenberg (Grafschaft), in: Historisches Lexikon der deutschen Länder. Die deutschen Territorien vom Mittelalter bis zur Gegenwart. 2. verbesserte Auflage, München 1989, Seite 605
  • Johann Nepomuk von Vanotti: Geschichte der Grafen von Montfort und von Werdenberg. Belle-Vue bei Konstanz 1845 (Digitalisat) Werdenberg ab Seite 209.
  • Herman Wartmann: Werdenberg, Grafen von. In: Allgemeine Deutsche Biographie (ADB). Band 41, Duncker & Humblot, Leipzig 1896, S. 749–759.


Einzelnachweise

  1. Martin Bundi: Werdenberg, Jörg von (Sargans) im Historischen Lexikon der Schweiz

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