- Pfalzgrafschaft Tübingen
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Die Pfalzgrafen von Tübingen waren ein schwäbisches Adelsgeschlecht, das von den Grafen von Nagold abstammte. Sie erwarben ausgedehnten Besitz und taten sich besonders bei der Gründung von Klöstern hervor. Die Zersplitterung in einzelne Nebenlinien, eine aufwendige Hofhaltung und großzügige Schenkungen an die von ihnen gegründeten Klöster führten zum wirtschaftlichen Niedergang der Familie. Den längsten Bestand hatten die Zweige Tübingen-Lichteneck (bis 1664) und die Grafen von Montfort in Tettnang (1779).
Inhaltsverzeichnis
Geschichte
Vorgeschichte
Hugo I. von Nagold, Sohn des Gaugrafen Anselm von Nagold, wurde im Jahr 1007 mit dem Königsgut Holzgerlingen und dem Reichsforst Schönbuch belehnt.
Tübingen wurde erstmals 1078 im Zusammenhang mit der erfolglosen Belagerung des „castrum Twingia“ durch Heinrich IV. im Zusammenhang mit dem Investiturstreit urkundlich erwähnt.
Hugo III. musste sich aber im darauffolgenden Jahr Heinrich IV. unterwerfen. Hugo III. und sein Bruder begründeten zusammen das Kloster Blaubeuren.
Pfalzgrafen von Tübingen
Hugo V. (1125–1152) wurde ab 1146 als Hugo I., Pfalzgraf von Tübingen genannt. Vermutlich beruhte diese Rangerhöhung auf Diensten, die er dem 1138 zum König gewählten Staufer Konrad III. geleistet hatte. Die Pfalzgrafenwürde war damals nicht mehr mit der ursprünglichen Aufgabe der Betreuung einer Königspfalz verbunden, sondern bedeutete eine Art Kontrollfunktion und Vertretung des Königs innerhalb der Stammesherzogtümer und damit auch die zweite Position nach dem Herzog innerhalb des Herzogtums. Damit verbunden war eine Rangerhöhung vor anderen Grafen des Herzogtums und das Recht, das Richteramt an Königs Statt auszuüben. Damit einher gingen Jagd-, Zoll- und Münzrecht, wie der seit 1185 auftretende Tübinger Pfennig zeigt.
Pfalzgraf Hugo II. (1153–1182) heiratete die Erbtochter Elisabeth von Bregenz. Er erbte dadurch Bregenz sowie weiteren Besitz in Churrätien, Tettnang und Sigmaringen. 1171 gründete er das Kloster Marchtal. Sein zweiter Sohn Hugo (–1230) begründete als Hugo I. die neue eigenständige Linie Montfort. Das Haus Montfort übernahm das pfalzgräfliche Wappen mit geänderten Wappenfarben.
Pfalzgraf Hugos II. erster Sohn, Rudolf I., gründete um 1183 das Kloster Bebenhausen. Er heiratete Mechthild, die Gräfin von Gleiberg und Erbin von Gießen. Ihr erster Sohn Rudolf II. (1224–1247) erhielt nach des Vaters Tod die Herrschaft über Horb, Herrenberg und Tübingen. Der zweite Sohn, Wilhelm, begründet die Asperg-Gießen-Böblinger Linie.
Der Sohn Rudolfs II. begründete als Rudolf III., genannt der „Scheerer“ (nach Scheer an der Donau), die Herrenberger Linie.
Gießen, 1181 durch die Heirat Rudolfs I. von der Grafschaft Gleiberg an das Haus Tübingen gelangt, wurde 1264 an die Landgrafen von Hessen verkauft.
Die einzelnen Linien starben nach und nach aus: Horb bis 1293, Asperg nach 1357, Böblingen bis 1377, Herrenberg bis 1667. Die Güter kamen vor allem durch Verkauf an Württemberg (Tübingen 1342) oder durch Schenkung an das Kloster Bebenhausen.
Uhland: Der letzte Pfalzgraf
Ludwig Uhland setzte mit seinem Gedicht „Der letzte Pfalzgraf“ dem Verfall dieses einst mächtigen Fürstenhaus ein literarisches Denkmal.
- Der letzte Pfalzgraf
- Ich, Pfalzgraf Götz von Tübingen,
- Verkaufe Burg und Stadt
- Mit Leuten, Gülten, Feld und Wald:
- Der Schulden bin ich satt.
- Zwei Rechte nur verkauf’ ich nicht,
- Zwei Rechte gut und alt:
- Im Kloster eins, mit schmuckem Turm,
- Und eins im grünen Wald.
- Am Kloster schenkten wir uns arm
- Und bauten uns zu Grund:
- Dafür der Abt mir füttern muß
- Den Habicht und den Hund.
- Im Schönbuch um das Kloster her,
- Da hab ich das Gejaid:
- Behalt’ ich das, so ist mir nicht
- Um all mein andres leid.
- Und hört ihr Mönchlein eines Tags
- Nicht mehr mein Jägerhorn,
- Dann zieht das Glöcklein, sucht mich auf!
- Ich lieg’ am schatt’gen Born.
- Begrabt mich unter breiter Eich’
- Im grünen Vogelsang
- Und lest mir eine Jägermess’,
- Die dauert nicht zu lang’.
Den konkreten Fall fasste Manfred Eimer folgendermaßen zusammen:
Um das Jahr 1304 ist der Pfalzgraf Gottfried I. beim Kloster Bebenhausen hoch verschuldet. Er überschreibt dem Kloster umfangreiche Rechte in der Stadt. Auch Böblingen und Calw waren versetzt.
1311 hatte König Heinrich VII. den württembergischen Grafen Eberhard den Erlauchten in die Reichsacht gestellt. Pfalzgraf Gottfried I. (Götz) wurde als Feldhauptmann des Bundesheeres gegen Eberhard gestellt, wohl weil er im Gegensatz zum reichsstädtischen Fußvolk Esslingens auch Reiterei stellen konnte. Nach dem Ausfall Eberhards im Zuge der Belagerung der württembergischen Stammburg auf dem Wirtemberg konnte Götz das in die Flucht geschlagene Reichsheer sammeln und Eberhard am 22. Mai 1311 eine Niederlage, verbunden mit der Zerstörung der Stammburg, beibringen. Zum Dank übernahm die Stadt Esslingen Gottfrieds Schuld in Bebenhausen und löste die Städte wieder für ihn aus.
Aber bereits seine Söhne und danach sein Enkel Gottfried III. waren schon wieder so verschuldet, dass diesmal ein Vertrag mit der Stadt Tübingen zur Übernahme der Schulden mit Graf Ulrich von Württemberg, Eberhards Sohn, als „Tröster“ (Bürge) zustande kam. Der Stadt kamen für die Dauer von 9 Jahren weitreichende Befugnisse, wie die freie Wahl ihrer Amtleute und über die Verteilung ihrer Steuereinnahmen zu. 1342 kommt Götz III. in Streit mit Ulrich von Württemberg. Im Streit zwischen Ludwig dem Baiern und den Luxemburgern steht der Pfalzgraf wohl diesmal noch auf der falschen Seite. Auf Veranlassung Kaiser Ludwig des Baiern muss er Ulrich volle Genugtuung leisten. Aus dieser Zwangslage konnte er sich nur durch Verkauf befreien. Am 5. Dezember 1342 verkauft er also Tübingen um 20.000 Goldheller. Er behielt sich nur folgende beiden Rechte vor:
- 1. das Hundelege in Bebenhausen (die Mönche mussten ihm also Jagdhunde unterhalten und bei Bedarf zur Verfügung stellen und
- 2. seine Jagdrechte im Schönbuch.
Aber bereits 1344 war die Schuldenlast so hoch, dass er beide Rechte sowie die Stadt Böblingen an die Grafen Ulrich und Eberhard von Württemberg verkaufen musste. Er erhielt diese aber zurück, in Pflege. Ebenso war er, besser gesagt seine Ehefrau Clara von Freiburg gezwungen die nach dem Tod ihres Vaters Graf Friedrich von Freiburg am 9. November 1356 sämtlich an sie zugefallenen Ansprüche auf die Herrschaft Freiburg 1365 ihrem Onkel, dem Grafen Egon von Freiburg, für 1000 Mark Silber zu verkaufen.[1] Aus einem Lehensträger der deutschen Könige war ein württembergischer Lehensmann geworden.
Johann Georg, auch Hansjörg oder „Kapitän“ Tübinger genannt, war der letzte männliche Nachkomme des Pfalzgrafengeschlechts. Er diente im Dreißigjährigen Krieg seinem Herzog als Schlosskommandant.
Wappen
Das pfalzgräfliche Wappen zeigt:
- Eine dreilappige rote Fahne mit goldenen Ringen und Fransen im goldenen Schild stellt das ursprüngliche Wappen der Pfalzgrafen von Tübingen dar.
- Die Grafen von Montfort übernahmen die rote Fahne, aber im silbernen Schild. Dies wurde zum Herzschild des österreichischen Bundeslandes Vorarlberg. Auch Feldkirch übernahm das Wappen.
- Die Grafen von Werdenberg, die sich wiederum von Montfort abspalteten, wählten eine schwarze Fahne in Silber.
- Werdenberg-Vaduz, weiße Fahne in Schwarz;
- Werdenberg-Sargans, weiße Fahne in Rot. Über Werdenberg-Sargans-Trochtelfingen, welches nach Aussterben vom Haus Fürstenberg übernommen wurde, kam die Fahne auch in das Fürstenberger Wappen.
- Alle vier Linien der Pfalzgrafen von Tübingen: Tübingen, Herrenberg, Böblingen und Horb führten das pfalzgräfliche Wappen. Nur die Stadt Horb übernahm später das hohenbergische Wappen, die anderen Hauptorte behielten das pfalzgräfliche Wappen bei. Herrenberg kehrte die Farben um, goldene Fahne in Rot. Tübingen ergänzte das Wappen seit Herzog Ulrich 1514 um die gekreuzten Arme mit Hirschstangen.
Stammliste der Pfalzgrafen von Tübingen
- Hugo I. (= Hugo V. von Nagold), († um 1152), kurz vor 1146 von den Staufern zum Pfalzgrafen von Schwaben erhoben, ∞ Hemma von Zollern, Tochter des Grafen Friedrich I. von Zollern
- Friedrich, Pfalzgraf von Tübingen 1152–1162[2]
- Hugo II. (1115–1182), Pfalzgraf von Tübingen 1152–1182, ∞ Gräfin Elisabeth von Bregenz, Erbin von Bregenz, Montfort und Sigmaringen, Tochter von Graf Rudolf von Bregenz
- Rudolf I. (1160-1219) Pfalzgraf von Tübingen 1182–1219, gründet 1183 Kloster Bebenhausen ∞ Mechtild Gräfin von Gleiberg, Erbin von Gießen
- Rudolf II. († 1247), Pfalzgraf von Tübingen, Vogt von Sindelfingen
- Hugo († 1267), Pfalzgraf von Tübingen, Graf von Horb, Begründer der Linie Horb
- Ludwig († 1294), Graf von Horb nach seinem Tod gelangt Horb über seine Schwester an die Grafen von Hohenberg
- Liutgard ∞ Burkhard IV. von Hohenberg
- Rudolf II. („der Scheerer“)[3] († 1277), Graf von Tübingen in Herrenberg, Begründer der Herrenberger Linie
- Eberhard († 1304), Pfalzgraf von Tübingen, verkauft Tübingen 1294 an die Böblinger Linie
- Rudolf III. („der Scheerer“)[4] († 1317), Graf von Tübingen in Herrenberg
- Konrad I. („der Scheerer“)[5] († 1376), Graf von Herrenberg
- Konrad II. († 1391), Graf von Herrenberg, verkauft Herrenberg 1382 an Württemberg
- Konrad I. („der Scheerer“)[5] († 1376), Graf von Herrenberg
- Hugo († 1267), Pfalzgraf von Tübingen, Graf von Horb, Begründer der Linie Horb
- Wilhelm († 1252) Graf von Asperg-Gießen-Böblingen, seine Nachkommen verkaufen 1264 Gießen an die Landgrafen von Hessen
- Rudolf IV. († 1271), Graf von Böblingen
- Gottfried I. († 1316), Graf von Böblingen, Pfalzgraf von Tübingen
- Wilhelm († 1327), Pfalzgraf von Tübingen
- Gottfried II. († 1369), Pfalzgraf von Tübingen, verkauft Tübingen 1342 an Württemberg, erbt über seine Frau Lichteneck, begründet die Linie Tübingen-Lichteneck (siehe unten)
- Wilhelm († 1327), Pfalzgraf von Tübingen
- Gottfried I. († 1316), Graf von Böblingen, Pfalzgraf von Tübingen
- Ulrich I. († 1283), Graf von Asperg, verkauft 1264 Gießen
- Ulrich II. († 1341), Graf von Beilstein, verkauft Asperg 1308 an Württemberg, ∞ Anna Gräfin von Löwenstein, Erbin von Beilstein
- Wilhelm († 1357), verkauft Beilstein 1340 an Württemberg
- Ulrich II. († 1341), Graf von Beilstein, verkauft Asperg 1308 an Württemberg, ∞ Anna Gräfin von Löwenstein, Erbin von Beilstein
- Rudolf IV. († 1271), Graf von Böblingen
- Rudolf II. († 1247), Pfalzgraf von Tübingen, Vogt von Sindelfingen
- Hugo (1185-1230), Graf von Bregenz und Montfort[6]
- Rudolf I. (1160-1219) Pfalzgraf von Tübingen 1182–1219, gründet 1183 Kloster Bebenhausen ∞ Mechtild Gräfin von Gleiberg, Erbin von Gießen
Pfalzgrafen von Tübingen-Lichteneck
- Gottfried II. († 1369), Pfalzgraf von Tübingen, verkauft Tübingen 1342 an Württemberg, erbt über seine Frau Clara von Freiburg Lichteneck
- Konrad I. († 1414), Graf von Lichteneck
- Konrad II. († 1449), Graf von Lichteneck
- Konrad III. († 1477), Graf von Lichteneck
- Georg I. († 1507), Graf von Lichteneck
- Konrad V. († 1569), Graf von Lichteneck
- Georg III. († 1570), Graf von Lichteneck
- Eberhard († 1608), Graf von Lichteneck
- Georg Eberhard († 9. September 1631), Graf von Lichteneck
- Elisabeth Bernhardine, ∞ Karl Graf von Salm-Neuburg, erbt Lichteneck und verkauft es 1664
- Eberhard († 1608), Graf von Lichteneck
- Georg III. († 1570), Graf von Lichteneck
- Konrad V. († 1569), Graf von Lichteneck
- Georg I. († 1507), Graf von Lichteneck
- Konrad III. († 1477), Graf von Lichteneck
- Konrad II. († 1449), Graf von Lichteneck
- Konrad I. († 1414), Graf von Lichteneck
Literatur
- Ludwig Schmid: Geschichte der Pfalzgrafen von Tübingen, nach meist ungedruckten Quellen, nebst Urkundenbuch. Ein Beitrag zur schwäbischen und deutschen Geschichte, Fues, Tübingen 1853 (Digitalisat in der Google Buchsuche)
- Manfred Eimer: Tübingen, Burg und Stadt bis 1600. Tübingen 1940.
- Gerhard Köbler: Historisches Lexikon der deutschen Länder. 2. Auflage. Beck, München 1989, ISBN 3-406-33290-0.
Einzelnachweise
- ↑ ZGORh. Bd. 16, S. 116
- ↑ Friedrich Pfalzgraf von Tübingen, nach Dr. L. Schmid: "Geschichte des Pfalzgrafen von Tübingen" 1853, Seite 62, auf genealogie-mittelalter.de
- ↑ Namenszusatz gemäß Rudolf II., nach Dr. L. Schmid: "Geschichte des Pfalzgrafen von Tübingen" 1853, Seite 175-191, auf genealogie-mittelalter.de. In den Urkunden des Hauptstadtarchivs Stuttgart taucht der Namenszusatz erst ab 1306 auf
- ↑ Landesarchiv Baden-Württemberg, Bestand A 602: Württembergische Regesten Urkunden von 1306 und späterer Jahre belegen den Namenszusatz für diesen Rudolf
- ↑ Landesarchiv Baden-Württemberg, Urkunde von 1328 „… verkaufen den Grafen Rudolf und Konrad den Scheerern v. Tübingen alle ihre Güter …“; das Todesjahr des vorgenannten »Rudolf« steht im Widerspruch zum Datum dieser Urkunde
- ↑ Hugo I. von Tübingen, Graf von Bregenz und Montfort, nach Genealogisches Handbuch zur Schweizer Geschichte, Band I, Seite 150, auf genealogie-mittelalter.de
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