- Wilm Hosenfeld
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Wilm Hosenfeld (eigentlich: Wilhelm Hosenfeld) (* 2. Mai 1895 in Mackenzell bei Fulda; † 13. August 1952 in Stalingrad) war ein Wehrmachtsoffizier im Zweiten Weltkrieg, der während der deutschen Besatzung Warschaus mehreren (insgesamt vermutlich zwölf) polnischen Juden und nichtjüdischen Polen das Leben rettete.
Bekannt wurde Hosenfeld durch die Beschreibung in Władysław Szpilmans Autobiographie Der Pianist - Mein wunderbares Überleben, die von Roman Polanski verfilmt wurde (Der Pianist). Die Jerusalemer Holocaustgedenkstätte Yad Vashem ernannte Hosenfeld im November 2008[1] posthum zum Gerechten unter den Völkern.[1]
Inhaltsverzeichnis
Leben
Wilhelm (genannt: Wilm) Hosenfeld wurde als viertes von sechs Kindern eines Lehrers in dem Rhöndorf Mackenzell, heute ein Stadtteil von Hünfeld bei Fulda, geboren. Geprägt wurde er durch die Prinzipien seiner katholischen Familie, durch die preußisch-patriotische Erziehung der damaligen Lehrerausbildung und vor allem durch die Ideale des Wandervogels. Später beeinflusste ihn die protestantisch-pazifistische Denkweise seiner Frau Annemarie.
Nach Abschluss seiner pädagogischen Ausbildung nahm er von 1914 an als Infanterist am Ersten Weltkrieg teil. Er kehrte 1917 schwer verwundet in die Heimat zurück. Seit 1918 wirkte er als Dorfschullehrer, zunächst in den Gemeinden Rossbach und Kassel (beides später Ortsteile von Biebergemünd im Spessart), dann in Thalau bei Fulda in der Rhön.
1920 heiratete er Annemarie Krummacher, Tochter des Worpsweder Malers Karl Krummacher. Aus dieser Ehe gingen fünf Kinder hervor, die später alle medizinische Berufe ergriffen.
Aus der völkischen Wandervogelbewegung stammend, war Hosenfeld für die Antibürgerlichkeit und die Volksgemeinschaftsidee der Nationalsozialisten empfänglich. Seit 1933 war er in der SA und im NS-Lehrerbund, seit 1935 auch in der NSDAP. Tagebuchaufzeichnungen von 1936 zeigen ihn als begeisterten Teilnehmer des Nürnberger Reichsparteitages.[2]
Bei Ausbruch des Zweiten Weltkrieges kam Hosenfeld, inzwischen 44jährig, mit einem Landesschützenbataillon nach Polen. Von 1940 bis 1944 gehörte er als Reserveoffizier der Oberfeldkommandantur in Warschau an. 1941 wurde er Leiter einer Wehrmachtsportschule. Unter dem Eindruck der deutschen Kriegsverbrechen begann er, nichtjüdische und jüdische Polen vor dem Terror zu schützen. U.a. rettete er den Priester Anton Cieciora vor der SS, später auch dessen Schwager. Er lernte Polnisch und wurde von polnischen Familien eingeladen, was äußerst ungewöhnlich war. Als Leiter der Sportschule unterstanden ihm eine Anzahl polnischer Arbeiter, die für die Pflege der Anlagen zu sorgen hatten. Dies ermöglichte ihm, einige Verfolgte unter falschem Namen zu beschäftigen. Während seines Aufenthalts in Warschau schrieb Hosenfeld Tagebücher und zahlreiche Briefe an seine Frau, in denen er sich mit der Naziherrschaft und der deutschen Besatzungspolitik sehr kritisch auseinandersetzte (die Dokumente wurden 2004 vollständig publiziert). Die Rettung des Pianisten Władysław Szpilman geschah in den letzten Tagen der Warschauer Besatzung.
Im Herbst 1944 wurde Hosenfeld Kompanieführer; im Januar 1945 geriet er in sowjetische Kriegsgefangenschaft. Wahrheitsgemäß gab er an, dass das von ihm geführte Sportamt organisatorisch der Abteilung Ic unterstand. Diese Angabe wurde ihm zum Verhängnis. Denn neben der Truppenbetreuung nahm die Abteilung auch nachrichtendienstliche Aufgaben wahr. Um von Hosenfeld Informationen über seine vermeintliche geheimdienstliche Tätigkeit zu erzwingen, setzte man ihn dem „strengen Verhör“ im Untersuchungsgefängnis Minsk aus. Nach sechs Monaten Folter und Isolationshaft war er ein gebrochener Mann. Er erlitt den ersten Schlaganfall.
Ohne Nachweis eines Vergehens wurde er 1950 als Kriegsverbrecher zu fünfundzwanzig Jahren Zwangsarbeit verurteilt. Mehrfach bemühte er sich vergeblich um eine Auslieferung nach Polen. Trotz der Fürsprache von ihm Geretteter wurde Hosenfeld nicht entlassen. Halbseitig gelähmt und seelisch verzweifelt starb er am 13. August 1952 im Alter von 57 Jahren im Kriegsgefangenenlager Stalingrad.
Posthume Würdigungen
Seit 2005 verleiht die Leuphana Universität Lüneburg jährlich den Hosenfeld/Szpilman-Gedenkpreis. Eingereicht werden können musikwissenschaftliche Untersuchungen, Forschungsarbeiten aus den Kultur- und Geisteswissenschaften und Untersuchungen aus pädagogischer Perspektive.
Im Oktober 2007 wurde Hosenfeld posthum durch den polnischen Präsidenten Lech Kaczyński für die Rettung jüdischer und nichtjüdischer Polen mit dem Orden Polonia Restituta (Komtur) geehrt.[3]
Im Oktober 2008 wurde in dem hessischen Dorf Kassel (Gemeinde Biebergemünd) ein Platz nach Wilm Hosenfeld benannt.
Die Jerusalemer Holocaustgedenkstätte Yad Vashem ernannte Hosenfeld am 25. November 2008[1] posthum zum Gerechten unter den Völkern. Die Ernennung des ehemaligen Wehrmachtsoffiziers erfolgte auf Antrag von Władysław Szpilman aus dem Jahr 1998 und nach jahrelangen Bemühungen von dessen Sohn Andrzej Szpilman. Vorausgegangen waren intensive Recherchen seitens der Gedenkstätte, die sicherstellten, dass Hosenfeld in keine Kriegsverbrechen verwickelt gewesen war.[1]
Wilm Hosenfelds Geburtshaus wurde am 11. März 2011 in Mackenzell ehrenhalber in Wilm-Hosenfeld-Haus benannt.[4]
Literatur
- Thomas Vogel: "Ich versuche jeden zu retten". Das Leben eines deutschen Offiziers in Briefen und Tagebüchern. Dt. Verlag-Anstalt: München 2004, ISBN 3-421-05776-1
- Dirk Heinrichs: Hauptmann d.R. Wilm Hosenfeld - Retter in Warschau. In: Wolfram Wette (Hrsg.): Retter in Uniform. Handlungsspielräume im Vernichtungskrieg der Wehrmacht. Mit einem Geleitwort von Fritz Stern. Fischer Taschenbuch Verlag: Frankfurt/Main 2002, S. 69-88
- Dirk Heinrichs: Was besagt Vergessen & Erinnern des Guten? Edition Temmen: Bremen 2007 (Inhaltsverzeichnis)
Weblinks
- Literatur von und über Wilm Hosenfeld im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
- Biographie auf der Seite des Deutschen Historischen Museums Berlin
- Linksammlung zu Wilm Hosenfeld bei hosenfeld.de
- Hanns-Georg Rodek: Die wahre Geschichte von Hosenfeld und Szpilman. In: Die Welt vom 24. Oktober 2002.
Einzelnachweise
- ↑ a b c d Yad Vashem: “The “Pianist”’s Rescuer - Wilhelm (Wilm) Hosenfeld – Germany. In: yadvashem.org - The Righteous Among The Nations, abgerufen am 14. März 2011.
- ↑ Stefan Reinecke: Wilms Vermächtnis. In: taz.de vom 20. Juli 2009, abgerufen am 14. März 2011.
- ↑ Kaczynski verleiht deutschem Wehrmachtsoffizier hohen Orden. In: Der Tagesspiegel vom 10. Oktober 2007
- ↑ Vgl. Marie-Theres Schindler: Vereinshaus heißt jetzt offiziell »Wilm-Hosenfeld-Haus«. In: Fuldaer Zeitung vom 11. März 2011, abgerufen am 14. März 2011.
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