Wähe

Wähe
Fertige Apfelwähe

Als Wähe (aus der baslerischen, zürcherischen, badischen und elsässischen Dialektbezeichnung abgeleitet) werden flache Blechkuchen aus der Schweizer und der Alemannischen Küche bezeichnet. Eine Wähe besteht im Wesentlichen aus einem Mürbeteig (auch geriebener Teig oder Kuchenteig genannt) und einem Belag aus Früchten, Gemüse oder beispielsweise Käse. Mancherorts werden Wähen mit einem Hefeteig zubereitet, gelegentlich findet man auch Wähen aus Blätterteig. Meistens wird eine Wähe mit einem Milch-Ei-Guss oder Rahm-Ei-Guss zubereitet, der beim Backen verdickt und gelblich wird. Die Früchte oder das Gemüse werden bei der Wähe mitgebacken. Die Zubereitung entspricht so fast vollständig dem französischen Quiche oder Tarte, nur dass der Guss bei der Wähe zusätzlich gezuckert oder gesalzen wird.

Inhaltsverzeichnis

Geschichte

Die Wähe dürfte ihren Ursprung im Mittelland haben. Die erste urkundliche Erwähnung des Begriffs «wäye» stammt aus dem Jahr 1556. Sie wird in einem Zürcher Sprachlexikon als «Fladen oder Kuchen» beschrieben. Entstanden ist die Wähe in der Hausbäckerei. Gemäss Albert Spycher wurden Teigreste verwendet, die beim Brotbacken in der Teigschüssel blieben. Man „wallte (…) die so gewonnen Brotteigreste zu dünnen Fladen und drückte den Teigrand zu einem Wulst zusammen, damit der Belag nicht auslaufen konnte“. Belegt wurden sie dann mit denjenigen Dingen, die gerade im Haushalt aufzufinden waren. Es kamen Früchte wie Gemüse in Frage und deshalb lässt sich die Geschichte der salzigen und der süssen Wähe nicht trennen.[1]

Die Wähen blieben kein Arme-Leute-Essen, sondern fanden ihren Weg auch in die bürgerliche Küche. Es findet sich beispielsweise ein Rezept einer «Apfel Dünne» im bürgerlichen «Kochbuch der Catharina Fehr». Das Rezept beschrieb die Zubereitung aus einem Butterteig und geschnittenen Äpfel und einem Guss aus Mehl, Wein, Eier, Zucker und Rosinen. Seit dem 19. Jahrhundert werden Wähen auch in gewerblichen Bäckereien zubereitet.[1]

In den katholischen und gemischt katholisch-reformierten Teilen der Schweiz, besonders im Osten, war die Wähe ursprünglich eine Fastenspeise, in den protestantischen Gegenden, vornehmlich im Westen, dagegen eine Festspeise. Die Wähe war in einigen Regionen (Freiburg und Waadtland) eine typische Freitagsspeise, da am Freitag kein Fleisch gegessen werden durfte. Durch diese Tradition gibt es heute in dieser Region immer noch viele Bäckereien, die nur freitags Wähen im Sortiment führen. In den Bergregionen kennt man die Wähe erst seit dem frühen 20. Jahrhundert. Der Grund war vermutlich, dass es für die Wähe einen Backofen brauchte, der in den alpinen Regionen sehr selten war. In den Alpenregionen wurden durch die vorherrschende Milchproduktion und Viehwirtschaft vor allem Käse- oder Rahmwähen zubereitet. Früchtewähen waren vorwiegend in den Obstbaugebieten der ländlichen Regionen bekannt. Heute werden in allen Regionen sowohl süße wie auch salzige Wähen gebacken.[1]

Regionale Bezeichnungen

Diese Bezeichnungen werden alle als partielle Synonyme für Wähe gebraucht. Es wird unter den Begriffen nicht zwingend ausschliesslich die gleiche Zubereitungsart verstanden, denn einige Bezeichnungen sind viel weiter gefasst und können auch andere Kuchenarten bezeichnen. Für jede Region gibt es aber die Zubereitungsart der Wähe mit eigenen Bezeichnung im Dialekt.

  • «Wäje» hat sich von Nordwesten (Basel) nach Südosten ausgebreitet und breitet sich von Zürich weiter aus. Der Begriff wird auch im deutschen Baden und im südlichen Elsass verwendet. Es ist neben dem «Chueche» der verbreitetste Begriff für diese Zubereitungsart. «Wäje» ist ein schwäbisch-alemannisches Wort, das gemäss dem Basler Volkskundler Albert Spycher möglicherweise von einem der mittelhochdeutschen Wörter «waehe» (etwas Kunstvolles), «wîhen» (Gesegnetes, Geweihtes) oder «waejen» (Wehen des Windes) abstammt.[2][3]
  • Als «Chueche» wird die Wähe in Bern, Freiburg, im Süden von Luzern, im Süden von Schwyz, Unterwalden, Uri, Wallis und Zug bezeichnet. «Chueche» kann in anderen Regionen generell süsses Backwerk bezeichnen und entspricht der hochdeutschen Bezeichnung «Kuchen». Das Wort «Chueche» geht auf das althochdeutsche «kuohho» zurück, mit dem auch das englische Wort «cake» verwandt ist.[3]
  • Als «Flade» wird die Wähe in den Kantonen Appenzell Innerrhoden und Appenzell Ausserrhoden sowie im Osten von St. Gallen bezeichnet. Das Wort «Flade» geht auf eine indogermanische Wurzel mit der Bedeutung «ausbreiten» zurück und wurde von alters her für ein flaches Gebäck verwendet.[3]
  • Als «Tünne», «Tünnele» oder als Verkürzung daraus «Tüle» wird die Wähe in Schaffhausen und Thurgau bezeichnet, vereinzelt auch südlich des Zürichsees in den Kantonen Schwyz und Zürich, was vermuten lässt, das es früher in einer grösseren Region verwendet wurde. «Dünne», «Dünnle» und «Dünnet» sind die Bezeichnungen auf der deutschen Seite des Rheins und des Bodensees. Diese Wörter sind Ableitungen des Adjektivs «dünn». Schon im Althochdeutschen wurden flache Kuchen als «dunni» bezeichnet.[3]
  • Als «Turte» wird die Wähe im Kanton Graubünden bezeichnet. «Turte» ist entweder aus dem italienischen «torta», dem französischen «tourte» oder dem rätoromanischen «tuorta» entstanden. Daneben wird die Wähe auch noch «Pitte», von rätoromanisch «pitta» (flacher Brotkuchen) verwendet und wurde behelfsmässig auf die zunächst wenig bekannte, ähnliche Wähe übertragen.[3]

In der französischsprachigen Schweiz wird das Wähen-Pendant als «gâteau», in der italienischsprachigen als «torta» oder «crostata», rätoromanisch als «tuorta» bezeichnet.

Zubereitungsarten

Salzige Wähen

Aufbau einer Wähe

Für salzige Wähen werden für den Belag Zwiebeln, Käse und Speck verwendet. Die Käsewähe (auch Käsekuchen genannt) wird mit einem Guss aus geriebenem Käse (z.B. Greyerzer), Rahm und Eiern zubereitet.

Gemüsewähen werden beispielsweise als Zucchetti-, Spinat-, Tomaten- oder Broccoliwähen zubereitet. Auch hierbei wird ein Guss aus Rahm oder Milch und Eiern verwendet.

Süße Wähen

Ein typischer Belag ist Obst, insbesondere Zwetschgen, Apfel, Rhabarber, Aprikose, Kirsche, Heidelbeere, etc. – je nach Jahreszeit frisch oder tiefgekühlt. Zu der süßen Wähe wird häufig auf den Teig eine Schicht gemahlene Nüsse gestreut und erst dann wird diese Schicht mit Früchten belegt. Vor dem Backen wird üblicherweise ein Guss aus Milch, Rahm, Ei und Zucker daraufgegeben. In der Westschweiz ist es üblich, Wähen ohne Guss (entspricht der Tarte) zuzubereiten.

Bei Varianten wie Vermicelles-, Trauben- oder Johannisbeer-Wähe wird der Belag erst nach oder zum Ende der Backzeit aufgelegt.

Eine weitere süße Art ist der Nidle-Kuchen, der aus einem Guss aus Rahm (Nidle), Eiern und Zucker zubereitet wird.

Lokale Spezialitäten

Zum Berner Zibelemärit («Zwiebelmarkt») gehört traditionellerweise ein «Zibelechueche» zum Abendessen.

Die Basler Fastenwähe ist ein salziges Hefeteiggebäck, der mit Kümmel bestreut wird und der in seiner Form an Brezeln erinnert. Fastenwähen haben mit üblichen Wähen abgesehen von der Bezeichnung nicht viel gemeinsam.

Ähnliche Gerichte

  • Quiche: französische Bezeichnung für dieselbe Gebäckart. Im strengeren Sinn bezeichnet es nur die Quiche lorraine (Lothringer Specktorte) und wird im weiteren Sinne heute für alle möglichen Gemüsebeläge verwendet und somit als Synonym zur Tarte verwendet wird.
  • Tarte: ohne Salz oder Zucker und bei Früchtebelag häufig ohne Guss.
  • Placek: polnischer Hefe- oder Mürbekuchen von vergleichbarer Grundform.
  • Fladen: Ähnliche Zubereitungsart. In Belgien ist vor allem der Reisfladen bekannt. Im Appenzell ist der Birnenfladen bekannt. Der Teig wird mit einem Mus aus Dörrbirnen, Milchbrötchen und Wein belegt.[4]
  • Dinnete: schwäbisches, flammkuchenartiges Rezept.

Einzelnachweise

  1. a b c Früchtewähen / Gâteaux aux fruits/ Torte di frutta in der Datenbank von Kulinarisches Erbe der Schweiz.
  2. Betty Bossy, Wow - Wähen!, abgerufen 31. Juli 2009
  3. a b c d e Kleiner Sprachatlas der Deutschen Schweiz (KSDS), Flachkuchen mit Belag, abgerufen 31. Juli 2009
  4. Appenzeller Birnenfladen-Rezept, abgerufen 31. Juli 2009

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